21. Februar 2020
ErbbauRG § 1 Abs. 4

Zulässigkeit von Heimfallgründen; Pflichtverletzung im Rahmen eines Pachtvertrages über Nebenflächen des Erbbaugrundstücks als Heimfallgrund

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Gutachten des Deutschen Notarinstituts
Abruf-Nr.: 173328
letzte Aktualisierung: 21. Februar 2020

ErbbauRG §§ 1 Abs. 4, 32
Zulässigkeit von Heimfallgründen; Pflichtverletzung im Rahmen eines Pachtvertrages
über Nebenflächen des Erbbaugrundstücks als Heimfallgrund

I. Sachverhalt
Der Eigentümer mehrerer Grundstücke stellt diese bereits seit mehreren Jahren einem als
Kommanditgesellschaft organisierten Golfclub zur Verfügung. Es bestehen u. a. folgende Verträge
zwischen Eigentümer und KG:
1. Ein Erbbaurecht über die zur Golfanlage gehörenden Gebäude.
2. Ein schuldrechtlicher (nicht dinglich gesicherter) Pachtvertrag über die umliegenden zur
Golfanlage gehörenden Flächen.
Beide Verträge laufen demnächst aus und sollen nun verlängert werden. Aufgrund der inhaltlichen
Verbundenheit wird auch die Verlängerung des Pachtvertrages mitbeurkundet. Dem
Eigentümer kommt es nun u. a. auf eine inhaltliche Synchronisierung der beiden Vertragswerke
an und er bittet um Aufnahme einer Klausel in den Erbbaurechtsvertrag, wonach bestimmte
Pflichtverletzungen aus dem pachtvertraglichen Verhältnis (insb. die Kündigung des Pachtvertrages
wegen Zahlungsverzuges) auch den Heimfall des Erbbaurechts auslösen.

II. Fragen
1. Ist eine Regelung in einem Erbbaurechtsvertrag zulässig und wirksam, wonach der Heimfall
auch dadurch ausgelöst wird, dass eine Pflichtverletzung im Rahmen eines begleitend zum
Erbbaurechtsvertrag bestehenden Pachtverhältnisses begangen wird?
2. Falls eine solche Regelung im Erbbaurechtsvertrag nicht mit dinglicher Wirkung vereinbart
werden kann: Ist eine schuldrechtliche Regelung zulässig, wonach sich der Erbbauberechtigte
zur Übertragung des Erbbaurechts an den Eigentümer verpflichtet, für den Fall, dass bestimmte
Pflichtverletzungen im Rahmen des Pachtverhältnisses begangen werden?
3. Falls weder eine dingliche noch eine schuldrechtliche Regelung wirksam vereinbart werden
können: Sind abgesehen von der inhaltlichen Erstreckung des Erbbaurechts auf die gepachteten
Flächen andere Lösungen ersichtlich, um das geäußerte Gestaltungsziel zu verwirklichen?

III. Zur Rechtslage
1. Vereinbarung eines Heimfallgrundes
Nach § 2 Nr. 4 ErbbauRG kann zum Inhalt des Erbbaurechts die Verpflichtung des Erbbauberechtigten
gemacht werden, das Erbbaurecht „beim Eintreten bestimmter Voraussetzungen
an den Grundstückseigentümer zu übertragen“ (Heimfall). Aufgrund des offenen
Gesetzeswortlautes gilt das Prinzip der Vertragsfreiheit, sodass grds. jedes Ereignis als
den Heimfallanspruch auslösend vereinbart werden kann (vgl. BGH DNotZ 2004,
143; OLG Karlsruhe NZM 2001, 1054; OLG Hamm Rpfleger 1986, 51; Hustedt, in:
Ingenstau/Hustedt, ErbbauRG, 11. Aufl. 2018, §2 Rn. 64; MünchKommBGB/Heinemann,
7. Aufl. 2017, § 2 ErbbauRG Rn. 26; Staudinger/Rapp, BGB, 2017, § 2 ErbbauRG Rn. 21;
Maaß, in: Würzburger Notarhandbuch, 5. Aufl. 2018, Teil 2 Kap. 5 Rn. 77;
v. Oefele/Winkler/Schlögel, Handbuch Erbbaurecht, 6. Aufl. 2016, § 4 Rn. 78; Ott, DNotZ
2015, 341, 345).

Dennoch dürfen Heimfallgründe nicht beliebig ausgestaltet werden. Folgende rechtliche
Grenzen sind in Literatur und Rechtsprechung (überwiegend) anerkannt (vgl. im
Ganzen, jeweils m. w. N. MünchKommBGB/Heinemann, § 2 ErbbauRG Rn. 27-27b;
v. Oefele/Winkler/Schlögel, § 4 Rn. 79-90; Maaß, Teil 2 Kap. 5 Rn. 78-79):
- Es muss ein Heimfallgrund vorliegen, ein frei ausübbarer Heimfallanspruch ist unzulässig;
- der Heimfallgrund muss hinreichend bestimmt sein, wobei die Verwendung generalklauselartiger
Rechtsbegriffe („wichtiger Grund“, „unbillige Härte“) zulässig sein soll;
- es muss ein rechtlicher oder wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen Erbbaurecht
und Heimfallgrund bestehen;
- der Heimfallgrund darf nicht gesetz- oder sittenwidrig (bspw. Austreten aus Religionsgemeinschaft)
sein, §§ 134, 138 BGB; – Ergänzung v. 25.1.2021: Nach Auffassung des
OLG Schleswig (BeckRS 2020, 24507 Rn. 86) ist die Verknüpfung des Heimfalls mit
einem Kirchenaustritt nicht sittenwidrig.;
- der Heimfallgrund darf nicht in der bloßen Tatsache der Veräußerung liegen, da die
Veräußerlichkeit nach § 1 Abs. 1 ErbbauRG gesetzliches Wesensmerkmal des Erbbaurechts
ist;
- nach § 9 Abs. 4 ErbbauRG darf der Heimfall bei Rückständen mit dem Erbbauzins nur
vereinbart werden, wenn diese Rückstände die Summe von mind. zwei Jahresbeträgen
erreicht hat;
- nach § 6 Abs. 2 ErbbauRG kann der Heimfall nicht wegen Verstoßes gegen das nach
§ 5 ErbbauRG vereinbarte Zustimmungserfordernis vereinbart werden;
- schließlich ergeben sich Schranken für die Heimfallvereinbarung auch aus den §§ 305 ff. BGB.

2. Insbesondere: Zusammenhang zwischen dem Heimfallgrund und dem Erbbaurecht
a) Kopplung von Heimfallgründen an ein anderes Rechtsgeschäft
Unter dem Aspekt, dass ein Zusammenhang zwischen dem Heimfallgrund und dem
Erbbaurecht als solchem bestehen müsse (v. Oefele/Winkler/Schlögel, § 4 Rn. 83;
RGRK-BGB/Räfle, 12. Aufl., Stand: 1986, § 2 ErbbauVO Rn. 28; LG Oldenburg
Rpfleger 1979, 383), wird eine Heimfallvereinbarung für unzulässig erachtet, die den
Heimfall vorsieht, wenn ein zwischen dem Grundstückseigentümer und dem Erbbauberechtigten
über ein anderes Grundstück abgeschlossener Pachtvertrag beendet wird
(v. Oefele/Winkler/Schlögel, § 4 Rn. 83; RGRK-BGB/Räfle, § 2 ErbbauVO Rn. 28;
Ingenstau/Hustedt, ErbbauRG, 10. Aufl. 2014 § 2 Rn. 68). Ob der Heimfallgrund
generell nicht an ein anderes Rechtsgeschäft – respektive an dessen Beendigung –
gekoppelt werden darf (so ausdrücklich BeckOK-BGB/Maaß, 51. Ed. 1.8.2019, § 2
ErbbauRG Rn. 17) oder ob dies unter gewissen Voraussetzungen möglich ist (in diesem
Sinne RGRK-BGB/Räfle, § 2 ErbbauVO Rn. 28; wohl auch v. Oefele, MittBayNot
2004, 186, 187 – für Pachtvertrag bzgl. des Erbbaugrundstücks selbst; ausf. dazu
sogleich), wird dabei unterschiedlich beurteilt (offenlassend Staudinger/Rapp, § 2
ErbbauRG Rn. 21). Eine eingehendere Auseinandersetzung mit der letztgenannten
Fragestellung erfolgt – soweit ersichtlich – jedoch nicht.

In diesem Zusammenhang ist auch die Entscheidung des BGH vom 11.7.2003 (NJWRR
2003, 1524) zu beachten. Dort wurde nochmals betont, dass die Verwendung eines
unbestimmten Rechtsbegriffs zur Beschreibung der Voraussetzungen, bei deren Eintritt
der Heimfall des Rechts verlangt werden kann, wirksam ist. Im zugrunde liegenden
Sachverhalt konnte das Heimfallrecht u. a. auch dann geltend gemacht werden, wenn
das Grundstück dadurch für den Grundstückseigentümer „günstiger genutzt oder verwertet“
werden konnte. Der BGH legte dabei die günstigere Nutzung i. S. einer wirtschaftlich
günstigeren Nutzung aus und bejahte das Heimfallrecht, wenn der Grundstückseigentümer
bei einer Übertragung des Erbbaurechts auf sich für die restliche
Dauer des Bestehens des Rechts eine höhere Rendite erwarten konnte, als aufgrund der
Belastung des Grundstücks mit dem bisherigen Erbbaurecht zu erzielen war.

Diese Entscheidung des BGH ist unabhängig von ihrem Kernproblem, inwieweit ein
unbestimmter Rechtsbegriff zur Beschreibung der Voraussetzungen für die Geltendmachung
eines Heimfallrechts verwendet werden kann, für den vorliegenden Fall von
Interesse. So hatte der Kläger dort der (Rechtsvorgängerin der) Beklagten eine Brauerei
mit Gaststätte mittels eines „Betriebsüberlassungs- und Pachtvertrages“ überlassen und
jeweils ein Erbbaurecht an zwei weiteren, zum Betrieb von Gastwirtschaften genutzten
Grundstücken eingeräumt. In dem Erbbaurechtsvertrag hieß es:
„Der Grundstückseigentümer ist berechtigt die Übertragung des
Erbbaurechts an sich als Gesamtheit oder an einen von ihnen bezeichneten
Dritten zu verlangen (Heimfallanspruch),
...
5. wenn der Betriebsüberlassungs- und Pachtvertrag vom
26. März 1980 über die Brauerei J. P. D. aus Gründen, die der
Erbbauberechtigte zu vertreten hat, vorzeitig erlischt.“
Erst danach kommt die den Schwerpunkt der Entscheidung bildende Passage, wonach
der Grundstückseigentümer das Heimfallrecht auch dann geltend machen kann, wenn
das Grundstück dadurch für ihn günstiger genutzt oder verwertet werden kann. In den
Entscheidungsgründen heißt es dann, aus dem Zusammenhang mit dem im Erbbaurechtsvertrag
in Bezug genommenen „Betriebsüberlassungs- und Pachtvertrag“ folge,
dass nur eine i. d. S. günstigere Nutzung den Heimfallanspruch begründe. Ein solcher
Vertrag werde nicht aus ideellen Gründen geschlossen. Der zur Überlassung und Verpachtung
der Brauerei und der zu dieser gehörigen Gastwirtschaften geschlossene Vertrag
sei bis zum 31. Dezember 1999 befristet gewesen. Die Vereinbarung eines Heimfallanspruchs
bei Beendigung dieses Vertrages habe offensichtlich dem Ziel gedient, die
wirtschaftliche Verbindung zwischen dem Brauereiunternehmen und den auf den Erbbaugrundstücken
betriebenen Gaststätten nach einer Beendigung des „Betriebsüberlassungs-
und Pachtvertrages“ erhalten zu können. Dieser Zusammenhang habe von
vornherein den Inhalt der Erbbaurechte mitbestimmt (BGH, a. a. O., juris Rn. 15 f.).
Diese Erwägungen könnte man u. E. auch auf den vorliegenden Fall übertragen. Auch
hier steht das Ziel im Vordergrund, die wirtschaftliche Verbindung zwischen den auf
dem Erbbaugrundstück befindlichen, zur Golfanlage gehörenden Gebäude und den
umliegenden, zur Golfanlage gehörenden Grundstücksflächen zu erhalten. Nachdem
der BGH darauf abstellt, dass dieser Zusammenhang von vornherein den Inhalt der
Erbbaurechte mitbestimmt habe (BGH, a. a. O.), dürfte es sich empfehlen, diesen
Zweck in den Erbbaurechtsvertrag aufzunehmen.

Jedenfalls aber dürfte die zitierte Entscheidung des BGH kaum mit der im Schrifttum
vertretenen Ansicht zu vereinbaren sein, dass eine Heimfallvereinbarung für den Fall,
dass ein zwischen dem Grundstückseigentümer und dem Erbbauberechtigten über ein
anderes Grundstück abgeschlossener Pachtvertrag beendet wird, unzulässig ist (so auch
v. Oefele in einer kritischen Anmerkung zu dieser Entscheidung, MittBayNot 2004, 186 f. – anbei).

Vor diesem Hintergrund erscheint es durchaus vertretbar, einen wirtschaftlichen Zusammenhang
des Heimfallgrundes mit dem Rechtsverhältnis zwischen dem Grundstückseigentümer
und dem Erbbauberechtigten auch nach den tendenziell strengeren
Anforderungen der Literaturmeinung zu bejahen, sofern der Pachtvertrag sich nicht auf
ein anderes Grundstück, sondern auf das Erbbaugrundstück selbst bezieht (insoweit
ausdrücklich differenzierend auch v. Oefele, MittBayNot 2004, 186, 187).

Rspr. und Lit. vertreten hier, wie soeben dargelegt, keine ganz einheitliche Linie. Im
Hinblick auf die vorzitierte Entscheidung des BGH vom 11.7.2003 würden wir die Zulässigkeit
des intendierten Heimfallgrundes in der Tendenz bejahen, sofern der Pachtvertrag
(ausschließlich) Flächen des Erbbaugrundstücks selbst betrifft. Im Hinblick auf
die bei v. Oefele/Winkler/Schlögel vertretene Ansicht, derzufolge ein Zusammenhang
zwischen dem Heimfallgrund und dem Erbbaurecht als solchem bestehen muss, erscheint
dieses Ergebnis gleichwohl nicht frei von Zweifeln. Zumal eine Abhängigmachung
von einem anderen Rechtsgeschäft unter diesem Gesichtspunkt insbesondere
von Maaß (BeckOK-BGB, § 2 ErbbauRG Rn. 17) kategorisch und ohne jede Einschränkung
abgelehnt wird.

Sollten abweichend von vorstehender Sachverhaltsannahme auch Flächen außerhalb
des Erbbaugrundstücks betroffen sein, erscheint die Annahme eines wirtschaftlichen
Zusammenhangs auf Grundlage der BGH-Rechtsprechung bei unbefangener Betrachtung
der Urteilsgründe zwar gleichfalls vorstellbar. Mit der dargestellten herrschenden
Literaturmeinung dürfte dies aber keinesfalls mehr in Einklang zu bringen sein.
Im Ergebnis muss die Rechtslage mangels ausdrücklicher höchstrichterlicher Klärung
als unsicher bezeichnet werden.

b) Mögliche Sittenwidrigkeit aufgrund überlanger Pachtdauer
In diesem Zusammenhang erlauben wir uns jedoch auch darauf hinzuweisen, dass die
beabsichtigte Verknüpfung, wonach das Pachtverhältnis während der gesamten Laufzeit
des Erbbaurechts fortgeführt werden soll, darauf hindeutet, dass eine sehr lange
Pachtdauer vorgesehen ist. Sollte im Einzelfall deshalb ein Verstoß gegen § 138 BGB
vorliegen, erscheint nicht ausgeschlossen, dass die Sittenwidrigkeit des Pachtvertrages
trotz der grundsätzlichen Zulässigkeit eines entsprechenden Heimfallgrundes auch auf
die Vereinbarung des Heimfallrechts durchschlägt.

Für die geplante Laufzeitverlängerung hinsichtlich des bestehenden Pachtvertrages ist
die zeitliche Grenze des § 544 S. 1 BGB kraft der Verweisungsnorm des § 581 Abs. 2
BGB unmittelbar einschlägig und damit uneingeschränkt zu beachten. Obgleich für
einen Pachtvertrag demnach grundsätzlich auch eine längere Laufzeit vereinbart werden
kann, ist dieser, sofern er nicht gem. § 544 S. 2 BGB auf die Lebenszeit des Verpächters
oder des Pächters abgeschlossen wurde, nach Ablauf von 30 Jahren von jeder Vertragspartei
frei kündbar. Nach allgemeiner Auffassung ist die Vorschrift hierbei analog auch
auf andere Vertragsverhältnisse jeglicher Art anzuwenden, die eine Gebrauchs- oder
sonstige Nutzungsüberlassung zum Gegenstand haben (jurisPK-BGB/Münch, 8. Aufl.
2017, § 544 Rn. 3, BeckOK-BGB/Herrmann, 51. Ed. Stand: 1.8.2019, § 544 Rn. 2 jeweils
m. w. N.; für die Leihe auch BGH, Urt. v. 17.3.1994 – III ZR 10/93, juris Rn. 47).
Diese Regelung ist gesetzlich zwingend und steht nicht zur Disposition der Vertragsparteien
(jurisPK-BGB/Münch, § 544 Rn. 12).

Die Vereinbarung einer Miet- oder Pachtdauer kann bei individualvertraglich vereinbarten
Bindungsfristen, die über eine Dauer von 30 Jahren hinausreichen, im Einzelfall
zwar gegen die guten Sitten verstoßen und damit gem. § 138 Abs. 1 BGB unwirksam
sein, während bei formularvertraglichen Abreden in den Fällen einer überlangen Vertragsbindung
regelmäßig § 307 Abs. 1 S. 1 BGB eingreift. Dies ist nach der Rechtsprechung
jedoch v. a. dann anzunehmen, wenn ein Vermieter/Verpächter die schwächere
Lage des Mieters/Pächters bewusst zum Abschluss einer objektiv unangemessenen
Vereinbarung ausnutzt oder sich ohne ersichtlichen Grund der Erkenntnis verschließt,
dass ein Mieter/Pächter sich nur aufgrund einer Zwangslage auf den ungünstigen Vertrag
einlässt (vgl. BeckOGK-BGB/Mehle, Stand: 1.10.2019, § 544 Rn. 4.2 m. w. N.;
BGH NJW 1980, 1155). Im Bereich der Geschäftsraummiete werden gemeinhin großzügige
Maßstäbe angelegt. Hier kann eine unangemessene Benachteiligung oder Sittenwidrigkeit
auch bei langen Laufzeiten regelmäßig nicht angenommen werden (so ausdrücklich
BeckOGK-BGB/Mehle, § 544 Rn. 4.9 m. w. N.).

Diese großzügigeren Maßstäbe dürften auch im vorliegenden Fall der Verpachtung von
Außenflächen einer Golfanlage an einen als Kommanditgesellschaft organisierten
Golfclub Anwendung finden. Zumal in der vorliegenden Sachverhaltskonstellation
keinerlei Anhaltspunkte für die sittenwidrige Ausnutzung einer Zwangslage bestehen.
Denn der Golfclub als Pächter hat gerade mit Blick auf die von ihm getätigten Investitionen
bei Errichtung der dem Erbbaurecht unterliegenden zugehörigen Gebäude ein
erhebliches Eigeninteresse an der dauerhaften Absicherung der Nutzungsrechte bzgl.
der umliegenden Anlageflächen.

Die vorliegend angedachte Vertragsverlängerung dürfte demzufolge zwar möglich sein,
die Fortdauer des Pachtverhältnisses über eine 30-jährige Laufzeit hinaus steht jedoch
unter dem gesetzlichen Vorbehalt der vorzeitigen Kündigungsmöglichkeit. Auf die Zulässigkeit
des Heimfallgrundes dürfte sich diese Einschränkung u. E. aber zumindest
dann nicht auswirken, wenn der Heimfallgrund an eine Pflichtverletzung des Pächters
anknüpft, die zu einer von ihm zu vertretenden Vertragsbeendigung durch den Grundstückseigentümer
führt. Denn in diesem Fall kann (wohl) nicht davon die Rede sein,
dass die vorgenannte Kündigungsmöglichkeit des Pächters durch die Vereinbarung unangemessen
beeinträchtigt würde.

3. Zulässigkeit einer schuldrechtlichen Verpflichtung zur Übertragung des Erbbaurechts
Ob und inwiefern die gesetzlichen Beschränkungen des ErbbauRG auch für schuldrechtliche
Vereinbarungen, die auf Übertragung des Erbbaurechts auf den Eigentümer gerichtet
sind, Schranken vorgeben, ist in Anbetracht der existierenden Literatur nicht klar zu beantworten.
Ausgangspunkt der Diskussion ist hierbei § 1 Abs. 4 ErbbauRG, wonach das Erbbaurecht
nicht durch auflösende Bedingungen beschränkt werden kann und sich der Grundstückseigentümer
auf eine Vereinbarung, durch die sich der Erbbauberechtigte verpflichtet,
beim Eintreten bestimmter Voraussetzungen das Erbbaurecht aufzugeben, nicht berufen
kann.

a) Unzulässigkeit von Aufhebungsverpflichtungen (§ 1 Abs. 4 ErbbauRG)
§ 1 Abs. 4 S. 2 ErbbauRG betrifft nach seinem Anwendungsbereich nur den Fall, dass
sich der Erbbauberechtigte verpflichtet, beim Eintreten bestimmter Voraussetzungen
das Erbbaurecht aufzugeben und seine Löschung im Grundbuch zu bewilligen.

aa) Ausweitung der Vorschrift auf Rücktrittsrecht
Teilweise wird in der Literatur angenommen, dass ein vertragliches Rücktrittsrecht
eine gem. § 1 Abs. 4 S. 2 ErbbauRG unzulässige Verpflichtung, bei Eintritt
gewisser Voraussetzungen (Rücktrittsgrund und Rücktrittserklärung), das Erbbaurecht
aufzugeben, darstelle, mit der Folge, dass auch ein vertragliches Rücktrittsrecht
weder als dinglicher Inhalt des Erbbaurechts noch schuldrechtlich vereinbart
werden könne (v. Oefele/Winkler/Schlögel, § 2 Rn. 156; Erman/Grziwotz,
BGB, 15. Aufl. 2017, Vor § 1 ErbbauRG Rn. 12; Linde/Richter, Erbbaurecht und
Erbbauzins, 3. Aufl. 2001, Rn. 90). Begründet wird diese Ansicht damit, dass ein
entsprechendes Rücktrittsrecht ebenfalls auf eine Aufgabe des Erbbaurechts
hinausliefe und zu einer Umgehung von § 1 Abs. 4 S. 2 ErbbauRG
führe.

Argumentativ stützen sich v. Oefele/Winkler/Schlögel dabei auf ein Urteil des
V. Zivilsenats des BGH aus dem Jahre 1987, in dem einem Erwerber ein Erbbaurecht
an Bauerwartungsland bestellt worden war und der Erwerber die Zahlung des
Erbbauzinses verweigerte, weil ein Bebauungsplan für das in Frage stehende
Gebiet nicht aufgestellt wurde. Der BGH führte in diesem Zusammenhang aus:

„Es ist Sache des Käufers, eine das Verwendungsrisiko begrenzende
Regelung in dem schuldrechtlichen Erbbaurechtsvertrag zu
treffen. Zwar kann sich der Erbbaurechtskäufer nicht durch
einen Rücktrittsvorbehalt absichern (§ 1 Abs. 4 ErbbauVO); er
kann aber jedenfalls die Höhe des Erbbauzinses von dem Eintritt
der Bebaubarkeit abhängig machen.“

(BGH BWNotZ 1988, 44, 46).

Zumindest aus dieser Urteilspassage geht hervor, dass auch der BGH die Vereinbarung
eines Rücktrittsvorbehalts als Verstoß gegen § 1 Abs. 4 ErbbauRG einzustufen
scheint.

bb) Aufhebung oder Rückübertragung
Ob § 1 Abs. 4 S. 2 ErbbauRG allerdings nur ein vertragliches Rücktrittsrecht,
welches auf Aufhebung eines bestellten Erbbaurechts gerichtet ist, erfasst oder
auch eine vertragliche Vereinbarung, welche auf Übertragung des fortbestehenden
Erbbaurechts an den bestellenden Grundstückseigentümer abzielt, wird – soweit
ersichtlich – nicht erörtert.

Letzteres ist jedoch u. E. abzulehnen. Zweck von § 1 Abs. 4 ErbbauRG ist es, die
unkontrollierte Beendigung des Erbbaurechts zu verhindern und damit die
Beleihbarkeit zu erhöhen (Erman/Grziwotz, § 1 ErbbauRG Rn 20). Dieser
Zweck wird nicht dadurch konterkariert, dass das Erbbaurecht bei Eintritt bestimmter
Bedingungen und im Falle der Ausübung des Ankaufsrechts auf den
Grundstückseigentümer zu übertragen ist, da dadurch das Erbbaurecht als solches
bestehen bleibt. Demnach würde nur ein Rücktritts- bzw. Rückforderungsrecht,
das auf Aufhebung des Erbbaurechts gerichtet ist, gegen § 1 Abs. 4 S. 2 ErbbauRG
verstoßen, nicht jedoch ein Übertragungs- bzw. Ankaufsrecht des Grundstückseigentümers.

cc) Zwischenergebnis
Folglich steht u. E. § 1 Abs. 4 ErbbauRG der vorliegenden Gestaltung nicht entgegen.

b) Stellungnahme und Auswertung
Soweit sich die Literatur explizit mit der Zulässigkeit der Vereinbarung aufschiebend
bedingter schuldrechtlicher Übertragungsverpflichtungen auseinandergesetzt hat, betreffen
die verfügbaren Stellungnahmen vormerkungsgesicherte Übertragungsansprüche
für den Fall eines Verstoßes gegen ein schuldrechtliches Veräußerungsverbot.
Für diesen Fall scheint die Literatur im Grundsatz einhellig auch beim Erbbaurecht
von der Zulässigkeit derartiger Gestaltungen auszugehen (speziell für das
Ankaufsrecht: Linde/Richter, Rn. 218). Ein Verstoß gegen § 1 Abs. 4 ErbbauRG
dürfte hierin jedenfalls nicht zu sehen sein. Die dortigen Erwägungen zum Sinn und
Zweck der gesetzlich angeordneten Bedingungsfeindlichkeit des Erbbaurechts dürften
sich uneingeschränkt auch auf eine Vereinbarung übertragen lassen, die die Anspruchsentstehung
an sonstige Umstände (hier: die Pflichtverletzung im Rahmen eines
flankierenden Pachtvertrages über Nebenflächen) anknüpft.

Auch insoweit wäre grundsätzlich zu beachten, dass im Hinblick auf die lange Pachtdauer
abhängig von den Umständen des Einzelfalls eine Sittenwidrigkeit gem. § 138
BGB in Betracht kommen könnte. Der Erbbaurechtsberechtigte unterliegt insoweit
zwar erheblichen zeitlichen Bindungen. Ein entsprechender Sittenverstoß erscheint in
der vorliegenden Sachverhaltskonstellation aus den bereits genannten Gründen aber
eher fernliegend. Rechtsprechung oder Literatur betreffend die Sittenwidrigkeit eines
überlangen Übertragungs- bzw. Ankaufsrechts ist nicht ersichtlich. Insbesondere
werden in der Kommentarliteratur keine konkreten Zeiträume genannt, ab wann ein
Verstoß gegen § 138 BGB (oder ggf. § 307 BGB) in Betracht kommt, so dass die
Rechtslage diesbezüglich als offen bezeichnet werden muss.

Des Weiteren wäre ein vollständig kompensationsloser Übertragungsanspruch ggf. als
Verstoß gegen §§ 27, 32 ErbbauRG zu werten und damit zumindest im Anwendungsbereich
der AGB-Inhaltskontrolle als unzulässig anzusehen. Gemäß § 27 Abs. 1
ErbbauRG hat der Grundstückseigentümer dem Erbbauberechtigten eine Entschädigung
für das Bauwerk zu leisten, wenn das Erbbaurecht durch Zeitablauf erlischt.

Gemäß § 32 Abs. 1 S. 1 ErbbauRG hat der Grundstückseigentümer dem Erbbauberechtigten
eine angemessene Vergütung für das Erbbaurecht zu gewähren, wenn
er von seinem Heimfallanspruch Gebrauch macht. Aus der Zusammenschau dieser
Normen folgt u. E., dass die Vereinbarung eines kompensationslosen Übertragungsrechts
unzulässig sein dürfte, soweit ein Ausschluss des gesetzlichen Vergütungsanspruchs
bei Ausübung des Heimfallrechts ebenfalls unzulässig wäre.

Wie sich aus §§ 27 Abs. 1 S. 2, 32 Abs. 1 S. 2 ErbbauRG ergibt, können Vereinbarungen
über die Höhe des gesetzlichen Vergütungsanspruchs jedenfalls im
Individualvertrag (der hier vorliegen dürfte), die Art ihrer Zahlung sowie über ihre Ausschließung
als Inhalt des Erbbaurechts getroffen werden. Es ist also ausdrücklich zulässig,
den Entschädigungs- bzw. Vergütungsanspruch vollständig auszuschließen. Dies
gilt wegen des identischen Wortlauts sowohl für den Entschädigungsanspruch wegen
Zeitablaufs als auch für den Vergütungsanspruch bei Heimfall des Erbbaurechts.
In beiden Fällen ist die Vertragsfreiheit jedoch durch den jeweiligen Abs. 2 eingeschränkt.
Danach darf in Fällen, in denen das Erbbaurecht zur Befriedigung der
„Wohnbedürfnisse minderbemittelter Bevölkerungskreise“ bestellt wird, der Entschädigungs-
bzw. Vergütungsanspruch nicht weiter als auf 2/3 des gemeinen Werts
des Erbbaurechts zur Zeit der Übertragung abgesenkt werden (zu den Rechtsfolgen
statt aller: Ingenstau, in: Ingenstau/Hustedt, Erbbaurecht, 9. Aufl. 2010, § 27 Rn. 14 ff.).
Diese Vorschriften sind im vorliegenden Fall jedoch ersichtlich unanwendbar, weil
das Erbbaurecht nicht für eine solche Zwecksetzung bestellt wurde.

Gutachten/Abruf-Nr:

173328

Erscheinungsdatum:

21.02.2020

Rechtsbezug

National

Rechtsgebiete:

Erbbaurecht

Normen in Titel:

ErbbauRG § 1 Abs. 4