16. Juli 2020
HGB § 161

Grundbuchtauglicher Nachweis des liquidationslosen Erlöschens einer KG

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Gutachten des Deutschen Notarinstituts
Abruf-Nr.: 175028
letzte Aktualisierung: 1 6 . Juli 2020

HGB § 161
Grundbuchtauglicher Nachweis des liquidationslosen Erlöschens einer KG

I. Sachverhalt

Die H-KG ist im Grundbuch als Eigentümerin eingetragen. Die H-KG wurde schon vor langer
Zeit liquidiert und im Handelsregister gelöscht. Gesellschafter der H-KG waren H. sen. und
H. jun. H. sen. ist vor ebenfalls langer Zeit verstorben und wurde von seiner Ehefrau allein
beerbt. Diese ist ebenfalls verstorben, ihr Alleinerbe ist H. jun. Ein schriftlicher Gesellschaftsvertrag
besteht nicht/ist nicht mehr auffindbar.

II. Frage

Wie ist im Rahmen einer Grundbuchberichtigung nachzuweisen, dass H. jun. Eigentümer des
Grundstücks ist?

III. Zur Rechtslage

1. Stellt sich bei einer liquidierten KG nachträglich, wie hier, das Vorhandensein von Gesellschaftsvermögen
heraus, bedeutet dies, dass die KG trotz ihrer bereits erfolgten Löschung
im Handelsregister nicht vollbeendet ist, sondern fortwährend existiert.

In diesem Sinne ist nach Löschung eine Nachtragsliquidatin erforderlich, für die allerdings
nach ganz h. M. die bisherigen Liquidatoren weiterhin zuständig sein sollen (vgl.
etwa MünchKommHGB/K. Schmidt, 4. Aufl. 2016, § 155 Rn. 56; weitergehend das
OLG Saarbrücken NZG 2018, 1185, das die analoge Anwendung von § 273 Abs. 4 AktG
und damit die Möglichkeit der gerichtlichen Bestellung von Nachtragsliquidatoren von Fall
zu Fall auch für Personengesellschaften fordert; ausführlich zur Bestellung von Nachtragsliquidatoren
bei Personengesellschaften Neumann, NZG 2015, 1018 sowie Karsten
Schmidt/Cziupka, in: Scholz, GmbHG, 12. Aufl. 2020, § 74 Rn. 57 [zur GmbH & Co. KG]
– juris). Die Möglichkeit der Fortsetzung der Liquidation hat sich hier indes gewissermaßen
durch den Tod des vorletzten Gesellschafters überholt.

2. Bei einer zweigliedrigen KG führt nämlich das todesbedingte Ausscheiden des (einzigen)
Komplementärs (§ 131 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 HGB) – gleichermaßen der nicht zum Ausscheiden
(§ 177 HGB) führende Tod des (einzigen) Kommanditisten, sofern der einzige
Komplementär (zufällig auch) Gesamtrechtsnachfolger des Kommanditisten geworden ist
(die konkrete Rollenverteilung lässt der Sachverhalt offen) – zum liquidationslosen
Erlöschen der KG und zu einer Gesamtrechtsnachfolge beim letztverbliebenen Gesellschafter
(BGH NJW 1978, 1525, zur Anteilsabtretung; BGH NZG 2004, 611; vgl. auch
Gutachten DNotI-Report 2010, 45 f.). Da die KG demnach hier als Rechtsträgerin nicht
mehr existiert, kommt eine Nachtragsliquidation von vornherein nicht in Betracht. Die
Anteilsvereinigung bei der Personengesellschaft lässt keinen Zweifel daran, dass die Gesellschaft
untergegangen ist (Unmöglichkeit der Ein-Mann-Personengesellschaft). Der Gesamtrechtsnachfolger
kann hier ohne Weiteres handeln, eine Vertretung des Rechtsvorgängers
ginge ins Leere. Es fehlt allein ggf. an hinreichenden Nachweismöglichkeiten.

3. Für die Nachweismöglichkeiten für die Eigentümerstellung des H. jun. im Rahmen einer
Grundbuchberichtigung gilt Folgendes:

a) Generell gilt für den grundbuchrechtlichen Nachweis der Gesamtrechtsnachfolge
bei liquidationslosem Erlöschen einer Personenhandelsgesellschaft: Die Gesamtrechtsnachfolge
infolge liquidationslosen Erlöschens der KG ist nach überwiegender
Ansicht nicht bereits durch die Handelsregistereintragung des Ausscheidens des
Komplementärs und des Erlöschens der KG grundbuchtauglich nachweisbar (vgl.
BayObLG DNotZ 1990, 171, 172; DNotZ 1993, 601, 602; Schöner/Stöber, Grundbuchrecht,
15. Aufl. 2012, Rn. 984). Dies beruht darauf, dass dem Handelsregister
(bzw. den darin enthaltenen Eintragungen) im Grundbuchverkehr jenseits der Fälle des
§ 32 GBO keine Beweiskraft zukommt, jedenfalls nicht in Bezug auf zusätzliche Vermerke,
deren Eintragung in das Handelsregister nicht vorgeschrieben ist (vgl. nur für
diese h. M. BayObLG DNotZ 1993, 601, 602; krit. Kuntze, DNotZ 1990, 172, 175).

Ausreichend dürfte aber die Vorlage der notariell beglaubigten Handelsregisteranmeldung
(aller Gesellschafter) bzgl. des Ausscheidens i. V. m. der darauf
beruhenden Eintragung sein (OLG Hamm, Beschl. v. 23.1.2013 – 15 W 427/11,
BeckRS 2013, 6296; KG, Beschl. v. 21.8.2012, BeckRS 2012, 18896). Dem hat sich der
BGH in seiner Entscheidung vom 5.7.2019 (NJW 2018, 3310, 3312) ausdrücklich
angeschlossen, der zufolge die Gesamtrechtsnachfolge bei einer zweigliedrigen
Personenhandelsgesellschaft grundbuchverfahrensrechtlich jedenfalls dann nachgewiesen
sein soll, wenn zum einen die notariell beglaubigte Handelsregisteranmeldung
beider Gesellschafter, aus der sich die zur Gesamtrechtsnachfolge führende Rechtsänderung
ergibt, oder eine notariell beglaubigte Ausscheidensvereinbarung der Gesellschafter
vorgelegt wird und zum anderen das Ausscheiden des Gesellschafters sowie
das Erlöschen der Gesellschaft im Handelsregister eingetragen ist. Diese Grundsätze
müssen u. E. erst recht für die liquidationslose Vollbeendigung einer Personenhandelsgesellschaft
aufgrund Ausscheidens des vorletzten Gesellschafters und damit verbundener
Gesamtrechtsnachfolge beim letztverbliebenen Gesellschafter gelten.

b) Problematisch ist hier jedoch, dass die KG bereits vor der Vollbeendigung aufgrund
Ausscheidens des vorletzten Gesellschafters im Handelsregister gelöscht wurde.

Auch wenn zum Zwecke der Nachtragsliquidation eine Wiedereintragung der KG vonnöten
wäre, hat sich die Notwendigkeit dieser Nachtragsliquidation, wie geschildert,
infolge der zwischenzeitlichen Vollbeendigung überholt. Damit aber dürfte auch der
übliche Weg eines grundbuchtauglichen Nachweises über Handelsregisterauszug in
Verbindung mit Handelsregisteranmeldung ausscheiden. Denn das Handelsregister
bildet zwar den Endzustand der KG (Vollbeendigung) richtig ab, nicht aber den hier
dafür ausschlaggebenden Grund (Ausscheiden des vorletzten Gesellschafters). Ungeachtet
dessen dürfte zur Ermöglichung der Beschreitung dieses Weges in Absprache
mit dem Handelsregister erwägenswert sein, die Vollbeendigung aufgrund Erwerbs
aller Mitgliedschaftsrechte durch einen Gesellschafter von Todes wegen trotz bereits
erfolgten Löschungseintrags zum Handelsregister anzumelden; ähnlich wie bei
der Wiedereintragung der KG im Falle der Nachtragsliquidation müsste hierfür die
Rötung des Registerblatts zuvor wieder aufgehoben werden und sodann der „wahre“
Erlöschensgrund eingetragen werden.

Die Erbfolge ist dem Registergericht gem. § 12 Abs. 1 S. 4 HGB – soweit tunlich –
in öffentlicher Form nachzuweisen. Ein Erbschein erfüllt das Nachweiserfordernis in
jedem Fall. Regelmäßig akzeptieren die Registergerichte entsprechend § 35 GBO auch
die Vorlage einer elektronisch beglaubigten Abschrift einer notariellen Verfügung samt
Eröffnungsniederschrift; zwingend ist dies jedoch nicht. Der Gesellschaftsvertrag muss
u. E. jedoch nicht vorgelegt werden, zumal sich der Nachweis einer etwaigen Nachfolgeklausel
aufgrund der übereinstimmenden Anmeldung sämtlicher Gesellschafter
und Erben (hier in Person der überlebenden Ehegattin bzw. von deren Gesamtrechtsnachfolger)
erübrigt (Goslich, in: Beck'sches Formularbuch Zivil-, Wirtschafts- und
Unternehmensrecht, 4. Aufl. 2018, I. Ziff. III. 8. Anm. 6 – Handelsregisteranmeldung
des Todes des einzigen Komplementärs).

c) Sofern die Erbfolge nach dem erst- und dem letztversterbenden Ehegatten (und damit
die Gesamtrechtsnachfolge des H. jun.) in der Form des § 35 GBO dem Grundbuchamt
gegenüber nachgewiesen werden können sollte, müsste sich jenseits dieses
Weges u. E. auch daraus für das Grundbuchamt der lückenlose Nachweis ergeben, dass
H. jun. als Alleinerbe Gesamtrechtsnachfolger geworden ist. Denn: Unterstellt, der
erstverstorbene Ehegatte (H. sen.) wäre Komplementär der KG gewesen, hätte sein
Tod gem. § 162 Abs. 2, § 131 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BGB zu dessen Ausscheiden geführt.

Anderes gälte nur, wenn eine Nachfolgeklausel im Gesellschaftsvertrag enthalten
gewesen wäre; da die überlebende Ehegattin Alleinerbin geworden ist, hätte nur sie
unmittelbar die Nachfolge in die Komplementärbeteiligung antreten können. In beiden
Fällen wäre es mit ihrem späteren Tod zum Erlöschen der KG infolge Zusammenfallens
der Anteile in der Hand von H. jun. gekommen. Sollte der erstverstorbene Ehegatte
Kommanditist gewesen sein, wäre die KG mangels anderweitiger gesellschaftsvertraglicher
Regelung ohnehin nach Maßgabe des § 177 HGB mit seiner überlebenden
Ehefrau als Alleinerbin fortzusetzen gewesen; auch in diesem Fall wäre es mit dem Tod
der längerlebenden Ehefrau zu einer Vollbeendigung der KG gekommen.

Sollten diese Nachweise dem Grundbuchamt nicht genügen, müsste notfalls der Alleinerbe
H. jun. im Rahmen einer Berichtigungsbewilligung in Ermangelung eines schriftlichen
Gesellschaftsvertrages Auskunft über dessen nachfolgerelevanten Inhalt in
unterschriftsbeglaubigter Form erbringen; ist er hierzu außerstande, dürfte auch die
Erklärung genügen, dass er vom Inhalt des Gesellschaftsvertrags keine Kenntnis hat;
ggf. kann das Grundbuchamt eine entsprechende eidesstattliche Versicherung vor dem
Notar nach § 22 Abs. 2 BNotO verlangen (vgl. Weber, ZEV 2015, 200, 202).

Gutachten/Abruf-Nr:

175028

Erscheinungsdatum:

16.07.2020

Rechtsbezug

National

Rechtsgebiete:

Kommanditgesellschaft (KG)

Normen in Titel:

HGB § 161