01. Oktober 2021
BGB § 308

AGB-rechtliche Zulässigkeit des Ausschlusses der Abtretung des Eigentumsverschaffungsanspruchs in Grundstückskaufverträgen ab dem 1.10.2021

BGB § 308 Nr. 9
AGB-rechtliche Zulässigkeit des Ausschlusses der Abtretung des Eigentumsverschaffungsanspruchs in Grundstückskaufverträgen ab dem 1.10.2021
I. Sachverhalt
Mit Wirkung zum 1.10.2021 wurde § 308 BGB um eine Ziffer 9 ergänzt, die wie folgt lautet:

„In Allgemeinen Geschäftsbedingungen ist insbesondere unwirksam: […]

9. (Abtretungsausschluss)
eine Bestimmung, durch die die Abtretbarkeit ausgeschlossen wird
a) für einen auf Geld gerichteten Anspruch des Vertragspartners gegen den Verwender oder
b) für ein anderes Recht, das der Vertragspartner gegen den Verwender hat, wenn
aa) beim Verwender ein schützenswertes Interesse an dem Abtretungsausschluss nicht besteht oder
bb) berechtigte Belange des Vertragspartners an der Abtretbarkeit des Rechts das schützenswerte Interesse des Verwenders an dem Abtretungsausschluss überwiegen; […]

II. Frage
Hat die Änderung Auswirkungen auf den Ausschluss der Abtretung des Eigentumsverschaffungsanspruchs bei Verbraucherverträgen?

III. Zur Rechtslage
1. Zu § 308 Nr. 9 BGB
a) Anwendungsbereich
Die Norm wurde durch das „Gesetz für faire Verbraucherverträge“ vom 10.8.2021 (BGBl. I 2021, 3433) in § 308 BGB eingefügt. Die Norm ist gem. Art. 229 § 60 EGBGB auf ab dem 1.10.2021 entstandene Schuldverhältnisse anzuwendenden.

Gleichzeitig wurde § 308 Nr. 9 BGB in den Katalog des § 310 Abs. 1 S. 1 BGB aufgenommen. Bei Verwendung von AGB gegenüber Unternehmern findet die Norm damit keine Anwendung. Gem. § 310 Abs. 1 S. 2 BGB ist indes nicht ausgeschlossen, dass der Norm Indizwirkung bei der Beurteilung der Wirksamkeit von Klauseln nach § 307 Abs. 1 u. 2 BGB im unternehmerischen Rechtsverkehr zukommt (vgl. statt aller BeckOGK-BGB/Richters/Friesen, Std.: 1.7.2021, § 310 Rn. 52 ff.).

Die Vorschrift findet zudem nur dann Anwendung, wenn es sich bei den Vertragsbedingungen um Allgemeine Geschäftsbedingungen handelt. Dies wird bei Verbraucherverträgen gem. § 310 Abs. 3 BGB regelmäßig der Fall sein, da hier die einmalige Verwendungsabsicht genügt und die Bedingungen als vom Unternehmer gestellt gelten. Liegt kein Verbrauchervertrag vor, sondern ein Vertrag zwischen zwei Unternehmern oder zwischen zwei Verbrauchern, findet § 310 Abs. 3 BGB keine Anwendung. Dann muss im Einzelfall geprüft werden, ob die Voraussetzungen des § 305 Abs. 1 S. 1 BGB vorliegen, insb. ob bei Vorformulierung der Bedingungen durch den Notar ein Stellen der Bedingungen einer Vertragspartei vorliegt (ausführlich zur Thematik des „Stellens“ bei einer Vorformulierung durch den Notar Leuschner, in: Leuschner, AGB-Recht im unternehmerischen Rechtsverkehr, 2021, § 305 Rn. 124; vgl. auch BGH NJW 1991, 843). Das wird aufgrund der Neutralitätspflicht des Notars regelmäßig nicht der Fall sein.

b) Auswirkungen auf die Inhaltskontrolle
Mit dem Klauselverbot des § 308 Nr. 9 BGB sollen ausweislich der Gesetzgebungsmaterialien nicht nur Vereinbarungen erfasst werden, durch die die Abtretung eines Anspruchs gänzlich ausgeschlossen wird, sondern auch solche, durch die die Abtretbarkeit lediglich beschränkt wird (Wais, NJW 2021, 2833, 2834). So sollen auch Klauseln unter das neue Klauselverbot fallen, mit denen eine Abtretung des Anspruchs nur an bestimmte Personen zugelassen, beschränkt, an bestimmte Voraussetzungen gebunden oder von einer Zustimmung des Schuldners abhängig gemacht wird (BT-Drs. 19/26915, S. 30).

Ausgangspunkt der Regelung ist, dass nach § 399 Alt. 2 BGB die Abtretbarkeit von Ansprüchen grundsätzlich durch Vereinbarung mit dem Schuldner ausgeschlossen werden kann. Für Geldforderungen enthielt bisher bereits § 354a HGB eine Sonderregelung für Kaufleute, die zumindest die Abtretung weiterhin wirksam werden ließ. Weitere Beschränkungen bezüglich Abtretungsausschlüssen bestanden bisher nicht.

Während ausweislich der Begründung des Entwurfs der Bundesregierung alle Abtretungsbeschränkungen bei Ansprüchen eines Verbrauchers gegen den Verwender von AGB, die auf die Zahlung von Geld gerichtet sind, gem. § 308 Nr. 9 lit. a) BGB unwirksam sein sollen, soll durch § 308 Nr. 9 lit. b) für andere Ansprüche und Rechte die anhand der Generalklausel des § 307 Abs. 1 S. 1 BGB entwickelte und von der Gesetzesbegründung explizit in Bezug genommene Rechtsprechung festgeschrieben werden, wonach ein Abtretungsausschluss unwirksam ist, wenn ein schützenswertes Interesse des Verwenders nicht besteht oder berechtigte Belange des Verbrauchers an der Abtretbarkeit des Anspruchs oder des Rechts das berechtige Interesse des Verwenders der AGB überwiegen (BT-Drs. 19/26915, S. 11 und 30).

Tatsächlich entspricht die Regelung des § 308 Nr. 9 lit. b) BGB der ständigen Rechtsprechung des BGH (vgl. zuletzt BGH NJW 2012, 2107 Rn. 9 m. w. N.; zudem BGH NJW 1995, 665, 666; BGH NJW 1990, 1601; BGH NJW 1989, 2750; MünchKommBGB/Roth/Kieninger, 8. Aufl. 2019, § 399 Rn. 40; BeckOGK-BGB/Quantz, Std.: 1.5.2021, § 307 Abtretungsklausel Rn. 49; BeckOGK-BGB/Lieder, Std.: 1.8.2021, § 399 Rn. 82 f.). Die Gesetzesbegründung führt in der Folge ausdrücklich an, dass sich insofern keine Änderung der Rechtslage ergebe (BT-Drs. 19/26915, S. 21). Der Gesetzgeber geht dementsprechend davon aus, dass ein Abtretungsausschluss hinsichtlich nicht auf Geld gerichteter Ansprüche und Rechte in den AGB des Schuldners unter den gleichen Voraussetzungen wie bisher vereinbart werden kann (BT-Drs. 19/26915, S. 30).

Nach dem der Gesetzesbegründung insoweit eindeutig zu entnehmenden Willen des Gesetzgebers sollte durch die Einfügung von § 308 Nr. 9 lit. b) BGB die Rechtslage bezüglich nicht auf Geld gerichteter Ansprüche und Rechte gerade nicht geändert werden. Zwar wurden im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens teilweise Befürchtungen geäußert, dass die Kodifizierung der bisherigen Rechtsprechung in § 308 Nr. 9 BGB dazu führen könnte, dass Entscheidungen der Gerichte künftig eher zur Unwirksamkeit des Abtretungsverbots gelangen (so bspw. der Deutschen Anwaltverein in seiner Stellungnahme zum Referentenentwurf abrufbar unter: https://anwaltverein.de/de/newsroom/sn-10-20-refe-faire-verbrauchervertraege, dort S. 4). Gleichwohl wird ebenda davon ausgegangen, dass die bisherigen Grundsätze der Rechtsprechung weiterhin Geltung behielten (ebenso LG Berlin, Urt. v. 20.4.2021 – 65 S 241/20, Rn. 41 ff.; BeckOGK-BGB/Lieder, § 399 Rn. 82; wohl auch Ring, NJ 2021, 393 f.; für den unternehmerischen Rechtsverkehr – angesichts der Rechtsprechung zur Indizwirkung der §§ 308, 309 BGB jedenfalls bezüglich Geldforderungen i. S. v. § 308 Nr. 9 lit. a) BGB u. E. zumindest zweifelhaft – eine Indizwirkung von § 308 Nr. 9 BGB verneinend Leuscher/Sajnovits, AGB-Recht im unternehmerischen Rechtsverkehr, 2021, Teil 3 Rn. 3).
Nach bisheriger Rechtsprechung ist für das Abwägen der einander gegenüberstehenden Interessen des Schuldners an einem Abtretungsausschluss und des Klauselgegners an der Abtretbarkeit ein generalisierender, überindividueller Prüfungsmaßstab und eine typisierende Betrachtungsweise zu Grunde zu legen. Auf die speziellen Umstände des Einzelfalls kommt es insoweit nicht an, sondern darauf, wie die Klausel unter Berücksichtigung aller nicht fernliegenden Fallgestaltungen verwendet werden kann (BGH NJW 2012, 2107 Rn. 10 m. w. N.). Regelmäßig setzen sich dabei die Interessen des Forderungsschuldners an klarer und übersichtlicher Vertragsabwicklung gegenüber dem Interesse des Gläubigers an der wirtschaftlichen Verwertbarkeit der Forderung durch (BeckOGK-BGB/Lieder, § 399 Rn. 82 f.; krit. und für eine Vermutung der Unzulässigkeit eines formularmäßigen Abtretungsausschlusses, die der Verwender entkräften müsse, aber MünchKommBGB/Roth/Kieninger, § 399 Rn. 40).

Etwas anderes könnte allenfalls gelten, wenn der Vertragspartner des Verwenders (regelmäßig der Verbraucher als Erwerber) auf eine Abtretung oder Verpfändung (vgl. § 1274 Abs. 2 BGB) des Eigentumsverschaffungsanspruchs zu Finanzierungszwecken angewiesen ist (bspw. beim Erwerb einer Teilfläche oder beim Bauträgervertrag, bei dem der Bauträger eine Sicherheit gem. § 7 MaBV stellt). Dann würde ein Ausschluss der Abtretung des Eigentumsverschaffungsanspruchs ggf. zur Unmöglichkeit der Finanzierung führen, so dass man in diesem Fall vertreten könnte, dass das Interesse an einer Sicherungsmöglichkeit das Interesse des Verwenders überwiegt. Dabei muss allerdings berücksichtigt werden, dass die Finanzierung grundsätzlich allein Angelegenheit des Erwerbers ist. Es scheint also ebenso vertretbar, dass man auch in diesem Fall das Interesse daran, dass ihm kein Vertragspartner aufgedrängt wird, als überwiegend ansieht. In diesen Fällen wird aber schon der Notar regelmäßig versuchen, darauf hinzuwirken, dass ein solcher Abtretungsausschluss in den Vertrag gar nicht erst aufgenommen wird, wenn ihm bekannt ist, dass der Erwerber auf eine entsprechende Abtretung zu Finanzierungszwecken angewiesen ist. Gestalterisch abmildern lässt sich das Risiko für den Veräußerer, indem man die Abtretungsmöglichkeit dahingehend beschränkt, dass eine Abtretung nur an Kreditinstitute zulässig ist.

2. Auswirkungen auf den formularmäßigen Ausschluss der Abtretung des Eigentumsverschaffungsanspruchs in Grundstückskaufverträgen
Bezüglich des vertraglich begründeten Eigentumsverschaffungsanspruchs aus §§ 433 Abs. 1 S. 1, 311b BGB in Grundstückskaufverträgen dürfte sich daher weiterhin das schützenswerte Interesse des Verkäufers, bis zur Kaufpreiszahlung oder bis zu seiner Zustimmung an dem von ihm ausgesuchten ursprünglichen Vertragspartner festhalten zu wollen und sich nicht nach Abtretung des Anspruchs einem anderen, quasi aufgedrängten Forderungsinhaber gegenüberzusehen, überwiegen. Dem Verbraucher-Käufer dürfte regelmäßig schon nicht an einer wirtschaftlichen Verwertung im Wege der Abtretung gelegen sein (BeckOGK-BGB/Quantz, § 307 Abtretungsklausel Rn. 54), jedenfalls dürfte ein solches Interesse des Käufers das Beharrungsinteresse des Verkäufers als Schuldner in der Regel nicht überwiegen.

Dies gilt u. E. selbst dann, wenn die Rechtsprechung künftig eine restriktivere, eher zu einer Vermutung der Unzulässigkeit eines Abtretungsausschlusses in AGB neigende Tendenz entwickeln sollte. Insoweit besteht nämlich ein integrales Interesse des Veräußerers daran, dass der Vertragspartner Inhaber des Anspruchs bleibt, weil nur so die häufig vereinbarten Löschungsmöglichkeiten für die Vormerkung als Sicherungsinstrument zu Gunsten des Verkäufers ihre Wirksamkeit behalten können, soweit entsprechende Vollmachten oder Erklärungen durch den Käufer abgegeben werden. Diese Gefahr kann zwar durch Vereinbarung einer aufschiebend bedingten Vormerkung reduziert werden. Die im vorangegangenen Absatz genannten Argumente gelten aber auch in diesem Fall.

Wir gehen im Ergebnis daher davon aus, dass sich § 308 Nr. 9 BGB auf den formularmäßigen Ausschluss der Abtretung des Eigentumsverschaffungsanspruchs in Grundstückskaufverträgen regelmäßig nicht auswirkt und dieser somit grundsätzlich weiterhin zulässig bleibt. Der Ausschluss der Abtretung des Eigentumsverschaffungsanspruches ist gemäß § 308 Nr. 9 lit. b) BGB nur dann unwirksam, wenn beim Verwender, also dem Verkäufer, kein schützenswertes Interesse an dem Abtretungsausschluss besteht. Dies wird man aber regelmäßig bejahen können.

Gutachten/Abruf-Nr:

187074

Erscheinungsdatum:

01.10.2021

Rechtsbezug

National

Rechtsgebiete:

AGB, Verbraucherschutz

Erschienen in:

DNotI-Report 2021, 145-147

Normen in Titel:

BGB § 308