09. Oktober 2020
BeurkG § 17 Abs. 2a; BGB § 13; BGB § 14

Unternehmereigenschaft bei Geschäftsaufgabe; Verkauf des Betriebsgrundstücks

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letzte Aktualisierung: 9. Oktober 2020

BGB §§ 13, 14; BeurkG § 17 Abs. 2a
Unternehmereigenschaft bei Geschäftsaufgabe; Verkauf des Betriebsgrundstücks

I. Sachverhalt
Der Verkäufer, eine natürliche Person, betreibt auf dem Grundstück (das Kaufobjekt) ein Hotel
mit angeschlossener Gaststätte. Der Betrieb wird zum nächsten Monatsende eingestellt. Der
Käufer, eine GmbH & Co. KG, kauft das Grundstück ohne betriebliches Inventar, das vom
Verkäufer zu entfernen ist. Er wird in dem Objekt kein Hotel und keine Gaststätte betreiben.

II. Fragen
1. Liegt ein Verbrauchervertrag i. S. d. § 17 Abs. 2a Nr. 2 BeurkG vor? Handelt insbesondere
der Verkäufer als Unternehmer i. S. d. § 14 BGB?
2. Ändert sich an der Beurteilung etwas vor dem Hintergrund der Entscheidung des BGH v.
28.5.2020 (Az. III ZR 58/19)?

III. Zur Rechtslage
1. Einhaltung der Zwei-Wochen-Frist
Bei Verbraucherverträgen, die der Beurkundungspflicht nach § 311b Abs. 1 S. 1 und
Abs. 3 BGB unterliegen, soll dem Verbraucher der beabsichtigte Text des Rechtsgeschäfts
vom beurkundenden Notar oder einem Notar, mit dem sich der beurkundende Notar zur
gemeinsamen Berufsausübung verbunden hat, zur Verfügung gestellt werden. Dies soll im
Regelfall zwei Wochen vor der Beurkundung erfolgen. Wird diese Frist unterschritten,
sollen die Gründe hierfür in der Niederschrift angegeben werden, § 17 Abs. 2a Nr. 2 HS. 2
BeurkG.

2. Vorliegen eines Verbrauchervertrags
Mit dem Begriff des Verbrauchervertrags hat sich der Gesetzgeber an der Definition in
§ 310 Abs. 3 BGB orientiert (BT-Drucks. 14/9266, S. 50), sodass die zu § 310 Abs. 3 BGB
entwickelten Grundsätze auch für die Frage, ob ein Verbrauchervertrag i. S. d. § 17 Abs. 2a
Nr. 2 HS. 2 BeurkG vorliegt, heranzuziehen sind (einhellige Meinung, vgl. OLG Celle
BeckRS 2017, 134423 Rn. 26; Staudinger/Hertel, BGB, Neubearb. 2017, BeurkG Rn. 519;
Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 15. Aufl. 2012, Rn. 3144b; BeckOK-BeurkG/Raude,
Std.: 1.5.2020, § 17 BeurkG Rn. 68; BeckOGK-BeurkG/Regler, Std.: 1.4.2020, § 17 Rn. 152;
Sorge, DNotZ 2002, 593, 598; Struck, MittBayNot 2003, 259, 263). Verbraucherverträge
sind demnach solche, an denen ein Unternehmer und ein Verbraucher beteiligt sind.
Wer Unternehmer und wer Verbraucher ist, richtet sich nach den §§ 13, 14 BGB
(Staudinger/Piekenbrock, BGB, Neubearb. 2019, § 310 Rn. 87).

3. Verbraucherbegriff des § 13 BGB
Gem. § 13 BGB ist Verbraucher jede natürliche Person, die ein Rechtsgeschäft zu Zwecken
abschließt, die überwiegend weder ihrer gewerblichen noch ihrer selbständigen beruflichen
Tätigkeit zugerechnet werden können. Da die Vorschrift der Umsetzung der EUVerbraucherschutzrichtlinien
dient, ist der Verbraucherbegriff des § 13 BGB europarechtskonform
auszulegen, wobei zu beachten ist, dass der deutsche Gesetzgeber sich in
zulässiger Weise für eine überschießende Umsetzung i. S. e. weitergefassten persönlichen
Anwendungsbereichs entschieden hat (MünchKommBGB/Micklitz, 8. Aufl. 2018, § 14
Rn. 9).

Ob ein rechtgeschäftlicher Kontakt der Verbraucher- oder der Unternehmenssphäre zuzurechnen
ist, bestimmt sich dabei jeweils nach den Umständen des konkreten Einzelfalles.
Eine abschließende Beurteilung ist dementsprechend für den einzelnen Notar schwierig, da
er zwar gem. § 17 Abs. 1 BeurkG zur Klärung des Sachverhalts verpflichtet ist, ihm aber
keine Möglichkeiten der Ermittlung oder Beweiserhebung zur Verfügung stehen (vgl. ausführlich
Winkler, BeurkG, 19. Auflage 2019, § 17 Rn. 213). Er muss die Verbraucher- bzw.
Unternehmereigenschaft deshalb an objektiven Kriterien festmachen und sich hierbei auf
die Angaben der Beteiligten verlassen können (ständige Rechtsprechung, vgl. nur BGH
DNotZ 1958, 99; BGH DNotZ 1961, 162; BGH NJW-RR 1999, 1214, 1215).

Maßgeblich für die Einordnung ist die jeweilige Zweckrichtung des rechtsgeschäftlichen
Handelns (vgl. den insofern eindeutigen Wortlaut des § 13 BGB). Die Verbrauchereigenschaft
ist zu bejahen, wenn der Betroffene bei objektiver Betrachtung aus der Sicht eines
verständigen Dritten zu privaten Zwecken handelt. Mit Blick auf den Schutzzweck des Gesetzes
und den Wortlaut, der eine Negativabgrenzung vornimmt, ist es ausreichend, wenn
sein Verhalten der Privatsphäre im weitesten Sinne zugeordnet werden kann (ausf. zur allgemeinen
Begriffsdefinition anhand der Zweckrichtung jeweils m. w. N.: BeckOGKBGB/
Alexander, Std.: 1.7.2020, § 13 Rn. 260 ff.; BeckOK-BGB/Bamberger, Std.: 1.5.2020,
§ 13 Rn. 30 f.).

4. Unternehmerbegriff des § 14 Abs. 1 BGB
Nicht vom Verbraucherbegriff erfasst ist hingegen jedes (überwiegende) selbstständige berufliche
oder gewerbliche Handeln. Letzteres ist dann anzunehmen, wenn im Rahmen einer
planmäßigen und auf eine gewisse Dauer angelegten Tätigkeit entgeltliche Leistungen am
Markt angeboten oder nachgefragt werden, und die Tätigkeit wirtschaftlichen Charakter besitzt
und selbstständig erfolgt (BeckOGK-BGB/Alexander, § 14 Rn. 144). Gem. § 14
Abs. 1 BGB können sowohl natürliche als auch juristische oder rechtsfähige Personengesellschaften
Unternehmer i. S. d. Norm sein. Es kommt dementsprechend auf eine Eintragung
als Kaufmann im Handelsregister nicht an (BeckOK-BGB/Bamberger, § 14 Vor
Rn. 1; BeckOGK-BGB/Alexander, § 14 Rn. 57).

5. Unternehmerisches Handeln bei Geschäftsaufgabe
Es dürften keine Zweifel bestehen, dass der Verkäufer vorliegend als Betreiber eines Hotels
mit angeschlossener Gaststätte während der Ausübung dieser Tätigkeit gewerblich und damit
auch unternehmerisch i. S. d. § 14 Abs. 1 BGB tätig ist. Es stellt sich allerdings die
Frage, ob dies auch gilt, wenn er den Betrieb einstellt und das Betriebsgrundstück veräußert.
Zweifel hieran könnten sich daraus ergeben, dass die Betriebsaufgabe und Liquidation des
Betriebsvermögens gerade das Gegenteil einer „auf Dauer angelegten entgeltlichen Leistung
am Markt“ sind.

Nach h. M. wird jedoch die Veräußerung im Rahmen einer Existenzaufgabe der unternehmerischen
Tätigkeit zugeordnet (so ausdrücklich MünchKommBGB/Micklitz, § 14
Rn. 18; Staudinger/Fritzsche, BGB, Neubearb. 2018, § 14 Rn. 63; Böhr, RNotZ 2003, 287,
287). Der Existenzaufgabe sollen dabei alle Geschäfte zuzurechnen sein, bis die unternehmerische
Tätigkeit endgültig eingestellt ist (BeckOGK-BGB/Alexander, § 13 Rn. 344).
Auf den Unternehmensgegenstand bzw. Geschäftszweck kommt es dabei ausdrücklich
nicht an (MünchKommBGB/Micklitz, § 14 Rn. 18).

Dem hat sich auch der EuGH in einer Entscheidung zur Haustürgeschäfterichtlinie (Richtlinie
85/577/EWG des Rates vom 20. 12. 1985 betreffend den Verbraucherschutz im Falle
von außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen) angeschlossen. Wörtlich
führt der EuGH aus:

„Die den Verkauf eines Gewerbebetriebs vorbereitenden Rechtsgeschäfte,
wie der Abschluß eines Vertrags über die Veröffentlichung
eines Inserats in einer periodisch erscheinenden
Zeitschrift, stehen im Zusammenhang mit der beruflichen oder
gewerblichen Tätigkeit des Gewerbetreibenden; sie können zwar
diese Tätigkeit beenden, stellen jedoch Rechtsgeschäfte der Betriebsführung
dar, die der Gewerbetreibende zur Befriedigung
anderer als seiner familiären oder persönlichen Bedürfnisse vornimmt.“
(EuGH, Urt. v. 14.3.1991 – C-361/89, BeckRS 2004, 76741
Rn. 16)

Die Entscheidung des EuGH erging zwar zur Haustürgeschäfterichtlinie, sodass sie methodisch
sauber nur eingeschränkt zur Auslegung des derzeitigen nationalen Rechts herangezogen
werden kann, da sie zwischenzeitlich durch die Richtlinie 2011/83/EU des Europäischen
Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2011 über die Rechte der Verbraucher
(Verbraucherrechterichtlinie) ersetzt wurde. In diesem Punkt haben sich jedoch keine
wesentlichen Änderungen ergeben, so dass die Grundsätze fortgelten dürften. Auch in der
Sache halten wir die Entscheidung für überzeugend.

Auf den Unternehmensgegenstand bzw. Geschäftszweck kann es schon deshalb nicht
ankommen, da anerkannt ist, dass auch branchenfremde Nebengeschäfte ein unternehmerisches
Handeln i. S. d. § 14 Abs. 1 BGB nicht ausschließen (BGH NJW 2011, 3435
Rn. 19). Der Geschäftszweck bzw. Unternehmensgegenstand begrenzt insofern nicht die
Sphäre, in der der Unternehmer gewerblich tätig sein kann. Selbst wenn man dies annähme,
würde man wohl nicht zu einem anderen Ergebnis kommen. Denn in dem Entschluss, die
gewerbliche Tätigkeit aufzugeben, dürfte eine Änderung des Geschäftszwecks dahingehend
zu sehen sein, dass Geschäftszweck nunmehr die Liquidation des Betriebsvermögens „als
letzter Akt“ ist (Staudinger/Fritzsche, § 14 Rn. 63).

Etwas anderes dürfte sich auch nicht aus der in der Fragestellung angesprochenen jüngeren
Rechtsprechung des BGH (Urt. v. 28.5.2020 – III ZR 58/19, BeckRS 2020, 12794) ergeben.
Die Entscheidung betrifft die Abgrenzung von gewerblichem Immobilienhandel und
privater Vermögensverwaltung und unterscheidet sich vom vorliegenden Fall grundlegend.
Der dortige Kläger (Erwerber der Immobilien) betrieb selbst kein Unternehmen i. S. d. § 14
BGB, sondern war angestellter Arbeitnehmer und erwarb Immobilien zur Weiterveräußerung
in Gewinnerzielungsabsicht. Eine unternehmerische Tätigkeit des Erwerbers –
abgesehen von dem in Rede stehenden Immobilienerwerb – lässt sich dem Sachverhalt der
besagten Entscheidung nicht entnehmen. Der BGH kam zu dem Ergebnis, dass der Erwerber
nicht als Unternehmer einzuordnen sei, da es an einem planmäßigen Geschäftsbetrieb
mangels entsprechender Unterhaltung eines Büros bzw. einer erforderlichen geschäftsmäßigen
Organisation fehle (BGH BeckRS 2020, 12794 Rn. 20).

Selbst wenn man die Entscheidung des BGH für zutreffend halten würde, dürfte sie sich
auf den vorliegenden Fall nicht übertragen lassen. Denn im vorliegenden Fall ist der Verkäufer
ohne Weiteres bzgl. des Betriebs des Hotels als Unternehmer einzuordnen, sodass es
schon deswegen der Unterhaltung einer geschäftsmäßigen Organisation bedarf. Es kommt
also nicht mehr auf die Frage an, ob die Veräußerung der Betriebsimmobilie eine solche geschäftsmäßige
Organisation erfordert, sondern allenfalls auf die oben diskutierte Frage, ob
eine solche Veräußerung noch der unternehmerischen Tätigkeit zugeordnet werden kann –
was wir im Ergebnis bejahen würden.

6. Ergebnis
Im Ergebnis würden wir demnach davon ausgehen, dass der Veräußerer im Rahmen der
Betriebsaufgabe bei der Veräußerung von Betriebsmitteln als Unternehmer i. S. d. § 14
Abs. 1 BGB einzuordnen ist. Sollten an dieser Einordnung Zweifel bestehen – aber auch
nur dann –, fordert der BGH nach dem Prinzip des sichersten Weges von einer Verbrauchereigenschaft
auszugehen (BGH BeckRS 2020, 12794 Rn. 14).

Gutachten/Abruf-Nr:

179100

Erscheinungsdatum:

09.10.2020

Rechtsbezug

National

Rechtsgebiete:

Beurkundungsverfahren

Normen in Titel:

BeurkG § 17 Abs. 2a; BGB § 13; BGB § 14