10. Oktober 2019
BGB § 664 Abs. 1; BGB § 181; BGB § 2197

Erteilung einer Generalvollmacht durch einen Testamentsvollstrecker

BGB §§ 2197, 2218 Abs. 1, 664 Abs. 1 S. 1, 164 ff., 181
Erteilung einer Generalvollmacht durch einen Testamentsvollstrecker

I. Sachverhalt
Im Grundbuch sind als Eigentümer eingetragen:

1. Frau A,
2. Kinder des verstorbenen Herrn A, nämlich K1 bis K3 in ungeteilter Erbengemeinschaft.

Abt. II enthält folgende Eintragungen:

1. Testamentsvollstreckervermerk auf dem gesamten Grundbesitz (Testamentsvollstreckerin ist Frau A),
2. Nießbrauch auf dem gesamten Grundbesitz für Frau A.

Der Grundbesitz soll veräußert werden. Dabei soll K1 allein auf Verkäuferseite auftreten, handelnd aufgrund notarieller Generalvollmacht (Vorsorgevollmacht) für Frau A. Im Ergebnis muss K1 sowohl für Frau A als Eigentümerin laut Grundbuch handeln wie auch für Frau A als Testamentsvollstreckerin.

In der Vorsorgevollmacht ist K1 von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit, zur Übertragung der Testamentsvollstreckerbefugnisse verhält sich die Vollmacht nicht. In der Ausfertigung des Testamentsvollstreckerzeugnisses steht nichts zu § 181 BGB. Im Erbvertrag heißt es: „ernannt mit allen Rechten, die einem Testamentsvollstrecker nach dem Gesetz eingeräumt werden können.“

II. Fragen
1. Ist es möglich, die Befugnisse eines Testamentsvollstreckers durch Generalvollmacht auf einen Bevollmächtigten zu übertragen?

2. Ist ein Fall des § 181 BGB gegeben?

III. Zur Rechtslage
1. Ausgangspunkt: höchstpersönliche Natur des Testamentsvollstreckeramts
Hinsichtlich der „Übertragung“ der Befugnisse eines Testamentsvollstreckers durch Generalvollmacht sind mehrere Fragen zu unterscheiden. Im Ausgangspunkt gilt:

Das Amt des Testamentsvollstreckers ist nach dem Gesetz höchstpersönlicher Natur. Es kann als Ganzes nicht auf einen Dritten übertragen werden, auch nicht mit Zustimmung der Erben (s. etwa BeckOGK-BGB/Tolksdorf, Std.: 1.9.2019, § 2218 Rn. 20; Staudinger/Reimann, BGB, 2016, § 2218 Rn. 10). Lässt sich kein abweichender Erblasserwille nachweisen, so ist der Testamentsvollstrecker im Zweifel zur persönlichen Amtsführung verpflichtet (§§ 2218 Abs. 1, 664 Abs. 1 S. 1 BGB; KG DNotZ 2019, 304 = ZEV 2019, 27; Palandt/Weidlich, BGB, 78. Aufl. 2019, § 2218 Rn. 2; Müller-Engels, ZEV 2019, 251, 252; Weber, DNotZ 2019, 306). Eine Voll- oder Teilübertragung des Amts ist dem Testamentsvollstrecker daher im Zweifel nicht gestattet.

2. Zulässigkeit einer Generalvollmacht des Testamentsvollstreckers
Von der durch §§ 2218 Abs. 1, 664 Abs. 1 S. 1 BGB im Zweifel untersagten Amtsübertragung (Substitution) ist die Frage zu unterscheiden, ob dem Testamentsvollstrecker grundsätzlich die Erteilung einer Generalvollmacht an Dritte gestattet ist, die auch die Wahrnehmung seiner Aufgaben als Testamentsvollstrecker umfasst. Vereinzelt wird angenommen, die Erteilung einer Generalvollmacht sei dem Testamentsvollstrecker grundsätzlich verwehrt, soweit sich nicht aus dem Erblasserwillen etwas anderes ergebe. Denn der Testamentsvollstrecker enttäusche das in ihn gesetzte Vertrauen nicht minder, wenn er seine Befugnisse durch Vollmacht pauschal auf Dritte übertrage (so insbesondere Winkler, Der Testamentsvollstrecker, 22. Aufl. 2016, Rn. 468). Mit der h. M. halten wir diese Auffassung für zu restriktiv (so auch kürzlich KG DNotZ 2019, 304 Tz. 18; zuvor bereits KG JFG 7, 279, 281 f.; KGJ 27, 197, 199; KGJ 32, 91, 93). Nach ganz überwiegender Meinung ist das Regel-Ausnahme-Verhältnis bei Erteilung einer Generalvollmacht durch den Testamentsvollstrecker umgekehrt zu sehen. Es ist also nicht Voraussetzung, dass der Erblasser diese in seinen testamentarischen Anordnungen ausdrücklich zugelassen hat. Wohl aber darf der Erblasser keine der Erteilung einer Generalvollmacht entgegenstehende Anordnung getroffen haben. Darüber hinaus muss die interne Entscheidungsbefugnis gegenüber dem Generalbevollmächtigten beim Testamentsvollstrecker verbleiben. Folglich muss die Generalvollmacht als jederzeit widerruflich ausgestaltet sein, denn nur in diesem Fall ist der Testamentsvollstrecker rechtlich in der Lage, seinen Willen durchzusetzen, um nach Widerruf der Vollmacht die Angelegenheit wieder selbst zu übernehmen (Müller-Engels, ZEV 2019, 251, 252; Weber, DNotZ 2019, 306; Reimann, MittBayNot 2019, 275, 276; so auch KG DNotZ 2019, 304 Tz. 17; Demharter, GBO, 31. Aufl. 2018, § 52 Rn. 19; J. Mayer, in: Mayer/Bonefeld, Testamentsvollstreckung, 4. Aufl. 2015, § 15 Rn. 15; BeckOGK-BGB/Tolksdorf, § 2218 Rn. 38 ff.; Staudinger/Reimann, § 2218 Rn. 15; NK BGB/Kroiß, 5. Aufl. 2018, § 2218 Rn. 6). Bei Beachtung dieser Maßgaben tritt keine andere Person an die Stelle des Testamentsvollstreckers, vielmehr bleibt dieser berechtigt, neben dem Bevollmächtigten persönlich aus eigenem Recht Rechtsgeschäfte für den Nachlass vorzunehmen (KG DNotZ 2019, 304 Tz. 17; JFG 7, 279, 282).

Sind im vorliegenden Fall mithin keine entgegenstehenden testamentarischen Anordnungen getroffen und ist die Generalvollmacht der Frau A – wie regelmäßig – widerruflich ausgestaltet, so könnte sie prinzipiell den Inhalt haben, dass Frau A auch in ihrer Funktion als Testamentsvollstrecke­rin über den Nachlass des verstorbenen Herrn A vom Bevollmächtigten vertreten werden kann.

3. Auslegungsfrage: Erteilung einer Generalvollmacht durch den Testamentsvollstrecker im konkreten Fall
Dies leitet zu der Auslegungsfrage über, ob die von Frau A erteilte Generalvollmacht auch im konkreten Fall mit dem Inhalt erteilt worden ist, dass der Bevollmächtigte K1 die Frau A in ihrer Funktion als Testamentsvollstreckerin vertreten kann. In seiner schon oben in Bezug genommenen Entscheidung hat das KG diese Auslegungsfrage für eine allgemeine General- und Vorsorgevollmacht unbedenklich bejaht (DNotZ 2019, 304 Tz. 22). Richtigerweise ist jedoch genauer zu prüfen (so auch Reimann, MittBayNot 2019, 275, 276). Entscheidend ist dabei die Sachfrage, ob die erteilte Generalvollmacht nur die eigene Rechtssphäre des Vollmachtgebers betreffen sollte oder auch Angelegenheiten, die der Vollmachtgeber fremdnützig wahrnimmt. Um solche fremden Angelegenheiten handelt es sich bei der Wahrnehmung der Testamentsvollstreckung über den Nachlass eines anderen.

Typischerweise dürfte sich die Vorsorgevollmacht, wenn sie nicht ausdrücklich etwas anderes anordnet, nicht auf die Wahrnehmung derarti­ger fremder Angelegenheiten erstrecken. Die Vorsorgevollmacht dient nämlich der eigenen Vorsorge, insbesondere der Vermeidung einer Betreuerbestellung (§ 1896 Abs. 2 BGB). Die Betreuung nach §§ 1896 ff., 1902 BGB bezieht sich allerdings nur auf die Wahrnehmung eigener Angelegenheiten des Betreuten durch den als Vertreter eingesetzten Betreuer (§ 1896 Abs. 1 S. 1 BGB; dazu G. Müller, in: Müller/Renner, Betreuungsrecht und Vorsorgeverfügungen in der Praxis, 5. Aufl. 2018, Rn. 33 ff.). Eine Betreuung kann daher von vornherein nicht angeordnet werden, wenn es um Angelegenheiten eines anderen als des Betreuten geht. In diesem Sinne sind bspw. Angelegenheiten der elterlichen Sorge zugleich Angelegenheiten der Kinder, sodass diese nicht vom Betreuer wahrgenommen werden können (LG Rostock NJW-RR 2003, 1370, 1371). Dies spricht dagegen, zumindest einer Vorsorgevollmacht ohne ausdrückliche Regelung durch Auslegung den Inhalt zu entnehmen, sie solle zugleich die Wahrnehmung der Aufgaben als Testamentsvollstrecker mitumfassen (Müller-Engels, ZEV 2019, 251, 253 f.; zu einem vergleichbaren Sachverhalt Gutachten DNotI-Report 2018, 185, 187). Das Erfordernis der Auslegung im Einzelfall betont auch Tersteegen (notar 2019, 208 f.), lehnt dabei aber die regelhafte Vermutung ab, dass fremde Angelegenheiten wie die Testamentsvollstreckerfunktion nicht von der Vollmacht umfasst sind. Selbst von diesem Ausgangspunkt aus müsste der weitergehende Vollmachtsumfang aber positiv durch Auslegung festgestellt werden. Letztlich ist in diesem Zusammenhang der anerkannte Grundsatz zu beachten, dass bei nicht aufzuklärenden Unsicherheiten über den Vollmachtsumfang im Zweifel vom geringeren Umfang auszugehen ist (BayObLG DNotZ 1997, 470; OLG München DNotZ 2011, 379, 380; NJW-RR 2012, 392, 393; DNotZ 2013, 139, 141; Staudinger/Schilken, 2014, § 167 Rn. 84; Demharter, § 19 Rn. 75).

Speziell bei der Übertragung von Aufgaben des Testamentsvollstreckers kommt noch ein besonderer gesetzlicher Gesichtspunkt hinzu (Müller-Engels, ZEV 2019, 251, 253 f.): Das Amt des Testamentsvollstreckers erlischt u. a. dann, wenn er geschäftsunfähig wird (§§ 2225, 2201 Var. 1, 104 Nr. 2 BGB). In solchen Fällen ist ggf. ein Ersatztestamentsvollstrecker zu bestellen (§§ 2197 Abs. 2, 2199, 2200 BGB). Sollte also Frau A aufgrund einer geistigen Erkrankung mittlerweile geschäftsunfähig sein, so wäre ihr Amt als Testamentsvollstreckerin kraft Gesetzes erloschen. Dann käme die Wahrnehmung dieses Amts aufgrund der Generalvollmacht ungeachtet der erörterten Auslegungsfrage aus Rechtsgründen nicht mehr in Betracht (so für eine andere Fallgruppe der Beendigung des Testamentsvollstreckeramts OLG Düsseldorf ZEV 2001, 281, 282 m. w. N.). Die Unabhängigkeit der vom Testamentsvollstrecker erteilten Vollmacht vom Fortbestand seiner eigenen Amtsstellung hat dagegen Muscheler (ZEV 2008, 213, 214 f.) mit der Begründung befürwortet, der Bevollmächtigte vertrete nicht den Testamentsvollstrecker, sondern durchgangsweise die Erben. Selbst diese Mindermeinung macht aber nur nochmals anschaulich, dass eine vom Testamentsvollstrecker nach dem Urkundswortlaut eigenen Namens erteilte (Vorsorge-)Vollmacht regelmäßig eben nicht im Sinne einer Vertretung anderer Personen ausgelegt werden kann.

Unseres Erachtens deckt daher im Ergebnis eine Vorsorgevollmacht, die sich zur Wahrnehmung der Testamentsvollstreckeraufgaben nicht ausdrücklich verhält, diese Angelegenheiten nicht ohne Weiteres mit ab. Ist ein Fall der §§ 2225, 2201 BGB eingetreten, so kommt die Wahrnehmung dieser Aufgaben durch den Bevollmächtigten schon von Gesetzes wegen nicht mehr in Betracht.

4. Anwendung des § 181 BGB
§ 181 BGB ist wegen seines Schutzzwecks nach allgemeiner Auffassung zwar auch auf Parteien kraft Amtes (wie den Testamentsvollstrecker) entsprechend anzuwenden (vgl. BGH NJW 1981, 1271; Palandt/Weidlich, § 2205 Rn. 25). Die Formulierung im Erbvertrag würden wir im Zweifel auch nicht dahin auslegen, dass sie eine Befreiung von § 181 BGB einschließt. Eine entsprechende Klarstellung dürfte bei dem notariell beurkundeten Erbvertrag nach § 17 BeurkG zu erwarten gewesen sein. Letztlich kann diese Auslegungsfrage vorliegend aber dahinstehen.

Vertritt man nämlich die Ansicht, dass entgegen den oben angeführten Gründen (Ziff. 3) die Vorsorgevollmacht dennoch die Wahrnehmung der Testamentsvollstreckeraufgaben mit abdeckt (auch weil kein Fall der §§ 2225, 2201 BGB gegeben ist), so wäre in dem geplanten Handeln von K1 gleichwohl kein Fall des § 181 BGB zu sehen. § 181 BGB ist tatbestandlich nur erfüllt, wenn der Vertreter auf beiden Seiten des Rechtsgeschäfts handelt. Unanwendbar ist die Norm deswegen, wenn der Vertreter nicht gegenläufige, sondern parallele Willenserklärungen abgibt. Davon ist auszugehen, wenn der Vertreter auf derselben Seite des Rechtsgeschäfts für sich und zugleich für einen von ihm Vertretenen oder als Vertreter für mehrere Vertretene handelt (OLG Jena NJW 1995, 3126, 3127 = DNotI-Report 1995, 202; OLG Düsseldorf NJW 1985, 390; BayObLG NJW-RR 1986, 1077, 1078; Staudinger/Schilken, § 181 Rn. 8; Palandt/Ellenberger, § 181 Rn. 7). Eine solche Konstellation wäre gegeben, da K1 lediglich auf der Verkäuferseite des Rechtsgeschäfts aufträte und dabei für sich selbst und für die weiteren Verkäufer handelte. Einer Befreiung von § 181 BGB auch auf der Ebene der Anordnung der Testamentsvollstreckung (Verfügung von Todes wegen) bedarf es daher nicht.

5. Ergebnis
Die Testamentsvollstreckerin könnte nach herrschender Auffassung eine widerrufliche Generalvollmacht zur Wahrnehmung der Testamentsvollstreckeraufgaben erteilen. Ob die von Frau A als Privatperson und nicht ausschließlich in ihrer Funktion als Testamentsvollstreckerin erteilte Vollmacht zur Vertretung der Erben berechtigt, ist durch Auslegung zu ermitteln und im Fall einer Vorsorgevollmacht, die der Eigenvorsorge dient, eher abzulehnen. Beurteilt man dies im konkreten Sachverhalt anders, so wäre der Bevollmächtigte K1 nicht durch § 181 BGB am Auftreten für alle Verkäufer gehindert.

Gutachten/Abruf-Nr:

171065

Erscheinungsdatum:

10.10.2019

Rechtsbezug

National

Rechtsgebiete:

Testamentsvollstreckung
Vollmacht, Genehmigung, Ermächtigung

Erschienen in:

DNotI-Report 2019, 156-158

Normen in Titel:

BGB § 664 Abs. 1; BGB § 181; BGB § 2197