15. Mai 2009
EGBGB Art. 115; BGB § 1105; BGB § 1018

Dingliche Sicherung einer Verpflichtung zur Belieferung eines anderen Grundstücks mit Heizwärme (Schleswig-Holstein)

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Gutachten des Deutschen Notarinstituts Dokumentnummer: 91044# letzte Aktualisierung: 15. Mai 2009

BGB §§ 1105 ff., 1018 ff.; EGBGB Art. 115, 116 Dingliche Sicherung einer Verpflichtung zur Belieferung eines anderen Grundstücks mit Heizwärme (Schleswig-Holstein)

I. Sachverhalt
Eine Baugenossenschaft ist Eigentümerin zweier Grundstücke, die jeweils mit Mehrfamilienhäusern bebaut sind. Nur eines der Häuser hat eine Heizungsanlage, die beide Häuser mit Heizwärme versorgt. Der Eigentümer des Grundstücks 1 (mit Heizung) soll sich nunmehr verpflichten, den jeweiligen Eigentümer des Grundstücks 2 (ohne Heizung) mit Heizwärme zu beliefern; Grundstück 2 soll verkauft werden.

II. Frage
Ist die Verpflichtung des jeweiligen Eigentümers eines Grundstücks zur Belieferung des jeweiligen Eigentümers eines anderen Grundstücks mit Heizwärme in Schleswig-Holstein dinglich absicherbar?

III. Zur Rechtslage
Die dingliche Absicherung von Bezugsverpflichtungen über Versorgungsleistungen (insbesondere Heizwärme und Energie) betrifft eine in Literatur und Rechtsprechung häufig diskutierte Fallgruppe. Weil die diesbezügliche Ausgangskonstellation der vorstehenden nicht unähnlich ist, wird nachstehend zuerst auf die üblicherweise diskutierte Gestaltung von (Versorgungs-) Bezugsverpflichtungen Bezug genommen, bevor auf den vorliegenden Sachverhalt eingegangen wird. 1. Kombination von Unterlassungsdienstbarkeit und Reallast Um die Verpflichtung des Versorgungsempfängers zum Bezug von Versorgungsleistungen (insbesondere Heizwärme und Energie) gegenüber dem Versorger dinglich abzusichern, wird in der Praxis üblicherweise eine Kombination aus Unterlassungsdienstbarkeit zur Erzeugung und Abnahme von Energie und aus Reallast auf Lieferung von Energie empfohlen. Dabei wird an dem Grundstück des Versorgungsempfängers in der Regel eine Unterlas-

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sungsdienstbarkeit und an dem Grundstück des Versorgers in der Regel eine Reallast bestellt (vgl. Linde, BWNotZ 1980, 29 ff.). Allerdings ist bei derartigen Konstruktionen zu beachten, dass die Unterlassungsdienstbarkeit sich nicht tatsächlich als Bezugsverpflichtung darstellen darf, denn ein positives Tun des Grundstückseigentümers kann grundsätzlich nicht zum Inhalt einer beschränkten persönlichen Dienstbarkeit gemacht werden. Die Vereinbarung einer Bezugsverpflichtung zur Abnahme von Energie im Wege der beschränkten persönlichen Dienstbarkeit wäre daher unzulässig (Staudinger/J. Mayer, BGB, Neubearb. 2008, § 1090 Rn. 11; MünchKomm/Joost, BGB, 4. Aufl. 2004, § 1090 Rn. 9; Wegmann, in: Bamberger/Roth, BGB, 2. Aufl. 2008, § 1018 Rn. 42). Im Zusammenhang mit Bezugsverpflichtungen für Versorgungsleistungen wird des Weiteren diskutiert, dass sich eine Unterlassungsdienstbarkeit im Einzelfall als Bezugsverpflichtung auswirken kann. So hat das BayObLG die Eintragungsfähigkeit einer Dienstbarkeit abgelehnt, die die Verpflichtung eines Wohnungseigentümers enthielt, es zu unterlassen, Wärme oder Wärmeenergie zum Zwecke der Raumheizung und der Bereitung von Gebrauchswasser aus einer bestimmten Wasserversorgungsanlage zu beziehen (BayObLG v. 06.03.1980, MittBayNot 1980, 70 f.; BayObLG v. 06.08.1976, DNotZ 1977, 303 ff.; hierzu auch: Walter/J. Mayer, NJW 1988, 377, 381 f.). Der BGH ist jedoch der Auffassung des BayObLG nicht gefolgt. In seinem Urteil vom 02.03.1984 (MittBayNot 1984, 126 ff.) hat der BGH grundsätzlich die Zulässigkeit derartiger Wärmebezugsdienstbarkeiten bejaht (dem folgend die herrschende Meinung in der Literatur: Staudinger/J. Mayer, BGB, Neubearb. 2008, § 1018 Rn. 123 und § 1090 Rn. 17; Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 14. Aufl. 2008, Rn. 1223, 1226; Bauer, in: Bauer/v. Oefele, GBO, 2. Aufl. 2006, AT III Rn. 318 ff.; grds. a. A.: MünchKomm/Joost, BGB, 4. Aufl. 2004, § 1090 Rn. 20 ff.). Es ist aber zu berücksichtigen, dass die Unterlassungsdienstbarkeit nicht in der Weise ausgestaltet werden darf, dass der Bezug von Waren (z. B. Bierbezug bei einer Brauerei, Betriebsstoffbezug bei einer Tankstelle) von allen anderen als einem bestimmten Hersteller unzulässig ist. So ist es jedenfalls nach der herrschenden Meinung unzulässig, wenn in einer Dienstbarkeit als Inhalt geregelt wird, dass andere Waren als die eines bestimmten Herstellers auf dem Grundstück nicht vertrieben werden können; denn das Recht zur freien Auswahl des Warenlieferanten ist nicht Ausfluss des Eigentumsrechts am Grundstück (so BGH v. 30.01.1959, BGHZ 29, 244, 248 ff.; MünchKomm/Joost, BGB, 4. Aufl. 2004, § 1090 Rn. 17, 22 m. w. N.; Staudinger/J. Mayer, BGB, Neubearb. 2008, § 1018 Rn. 113). 2. Dingliche Sicherung der Lieferverpflichtung des Versorgers Der vorliegende Sachverhalt betrifft dagegen gerade die umgekehrte Konstellation: Nicht der Versorgungsempfänger soll zum Bezug, sondern der Versorger zur Belieferung verpflichtet werden. Auf diese Fallkonstellation ist das vorstehend erörterte Kombinationsmodell, das in erster Linie der Absicherung des Versorgers dient, nicht übertragbar. Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, welche dinglichen Sicherungsmittel bei dieser umgekehrten Verpflichtungskonstellation (Absicherung des Versorgungsempfängers) in Betracht kommen. a) Reallast Grundsätzlich denkbar wäre es, die Berechtigung des Versorgungsempfängers durch eine subjektiv-dingliche Reallast dergestalt zu sichern, dass der jeweilige Eigentümer des Grundstücks 2 berechtigt ist, die Heizung auf dem Grundstück 1 mitzubenutzen.

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Möglicher Inhalt einer Reallast Eine Reallast ist gem. § 1105 Abs. 1 BGB die Belastung eines Grundstücks in der Weise, dass an den Berechtigten wiederkehrende Leistungen aus dem Grundstück zu entrichten sind. Dies bedeutet, dass nur in einem Geben oder Nehmen bestehende Leistungen (positive Leistungen), nicht jedoch Unterlassungen Inhalt einer Reallast sein können. Hierunter fällt grundsätzlich auch die Lieferung von Strom, Wasser, Wärme, Bodenbestandteilen und sonstigen Naturalien (Staudinger/J. Mayer, Neubearb. 2008, § 1105 Rn. 22). Das Grundbuchamt muss dabei das Recht nicht als ,,Recht auf Bezug von Wärme und Gebrauchswasser" eintragen, sondern kann vielmehr auch die schlagwortartige Bezeichnung ,,Verpflichtung zur Lieferung von Wärme und Gebrauchswasser" wählen (BayObLG v. 09.12.1992, DNotZ 1993, 597). Entrichtung der Leistungen ,,aus dem Grundstück" bedeutet wie bei § 1147 BGB, dass der Anspruch aus § 1105 Abs. 1 BGB sich auf Duldung der Zwangsvollstreckung in das Grundstück wegen der Leistungen richtet, und zwar auch wegen Rückständen des Voreigentümers (Staudinger/J. Mayer, BGB, Neubearb. 2008, § 1105 Rn. 48).

bb) Landesgesetzlicher Vorbehalt (Art. 115 EGBGB) Durch das Inkrafttreten des BGB sind allerdings die landesrechtlichen Vorschriften unberührt geblieben, welche die Grundstücksbelastung mit Reallasten untersagen oder beschränken, sowie die landesgesetzlichen Vorschriften, welche den Inhalt und das Maß von Reallasten näher bestimmen (Art. 115 EGBGB). So findet in Schleswig-Holstein über Art. 115 EGBGB das Gesetz betreffend die Ablösung der Reallasten in der Provinz Schleswig-Holstein vom 03.01.1873 (Preußen) weiter Anwendung. Nach dessen § 54 Abs. 2 können mit Ausnahme fester Geldrenten keine anderen Reallasten begründet werden, außer für Bau und Unterhalt von Schulen und Kirchen sowie Leibgedingsleistungen (vgl. Staudinger/J. Mayer, BGB, Neubearb. 2008, Einl. zu §§ 1105 bis 1112, Rn. 18; Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 14. Aufl. 2008, Rn. 1318). Mit Gesetz vom 09.12.2005 wurde dieses Gesetz zwar geändert (GVOBl. 2005, 538). Danach sind die Bestellung und die Eintragung von anderen als Geldrenten nicht deshalb unwirksam und inhaltlich unzulässig, weil die Reallast vor dem 23.12.2005 entgegen § 54 Abs. 2 bestellt und im Grundbuch eingetragen worden ist. Einer jetzigen Bestellung einer Reallast zur Sicherung einer Wärmelieferungsverpflichtung steht § 54 Abs. 2 aber nach wie vor entgegen. cc) Zwischenergebnis Die Bestellung einer Reallast scheidet vorliegend daher aus. b) Grunddienstbarkeit In Betracht käme als Alternative die Bestellung einer Grunddienstbarkeit dergestalt, dass der jeweilige Eigentümer des Grundstücks 2 berechtigt ist, die Heizung, die sich auf dem Grundstück 1 befindet, mitzubenutzen. Zwar kann der Hauptinhalt einer Grunddienstbarkeit keine positive Verpflichtung zu einem Tun sein. Es ist jedoch ohne weiteres zulässig, eine Benutzungsdienstbarkeit zu vereinbaren. Danach darf der Eigentümer des herrschenden Grundstücks das dienende Grundstück ,,in einzelnen Beziehungen benutzen" (§ 1018 1. Fallgruppe BGB). Unerheblich ist es dabei, ob es sich um

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eine einzelne Sachnutzung oder einen Gebrauchsvorteil handelt (Staudinger/J. Mayer, BGB, Neubearb. 2008, § 1018 Rn. 75). Problematisch könnte bei einer solchen Gestaltung jedoch sein, dass der Berechtigte in diesem Fall lediglich zur Nutzung der Heizungsanlage (mit-) berechtigt wäre. Seine Berechtigung würde daher nicht das ,,Endprodukt" (= Lieferung von Wärme) zum Inhalt haben, sondern lediglich an die Nutzung der ,,Produktionsanlage" anknüpfen. Würde die Heizungsanlage untergehen (oder stark renovierungsbedürftig werden), hätte der Berechtigte ­ anders als bei Bestellung einer Reallast ­ keine Möglichkeit, in das Grundstück die Zwangsvollstreckung zu betreiben. Relativiert werden könnte dieses Risiko lediglich durch eine entsprechende Ausgestaltung der Unterhaltungspflicht (§§ 1020, 1021 BGB). So könnten beispielsweise nach § 1021 BGB Unterhaltungspflichten in bestimmten Grenzen mit dinglicher Wirkung getroffen werden, d. h. Unterhaltungspflichten, die auch für und gegen den jeweiligen Rechtsnachfolger wirken. Darüber hinaus könnten flankierende Nebenpflichten ggf. im Rahmen des Begleitschuldschuldverhältnisses zur Grunddienstbarkeit vereinbart werden (siehe hierzu: Staudinger/J. Mayer, BGB, Neubearb. 2008, § 1018 Rn. 134 ff.; Amann, DNotZ 1989, 531 ff.). 3. Vereinbarungen zur Unterhaltungspflicht bei der Grunddienstbarkeit Nach dem mitgeteilten Sachverhalt haben Eigentümer und Nutzungsberechtigter vorliegend ein gemeinsames Nutzungsrecht an der Anlage auf dem dienenden Grundstück. Würde man bei dieser Ausgangslage eine (Benutzungs-) Grunddienstbarkeit zugunsten des jeweiligen Eigentümers des Grundstücks 2 an dem Grundstück 1 bestellen, wäre hinsichtlich der Unterhaltungspflicht die Frage zu stellen, ob die tatsächliche Unterhaltungslast und die diesbezüglichen Kosten zwischen beiden Eigentümern nur aufgeteilt werden könnten (§ 1021 Abs. 1 S. 1 und S. 2 BGB) oder ob auch dem Eigentümer des dienenenden Grundstücks die alleinige Unterhaltungslast dinglich auferlegt werden kann (§ 1021 Abs. 1 S. 1 BGB). Bei dem System der gesetzlichen und vertraglichen Unterhaltungspflichten ist nach dem Regelungsgehalt der §§ 1020 ff. BGB maßgeblich danach zu unterscheiden, wer bezüglich der Anlage nutzungsberechtigt ist (z. B. Berechtigter alleine, gemeinsame Nutzung etc.) und welche Lastenverteilung erreicht werden soll und kann (z. B. alleinige Unterhaltungspflicht des Belasteten, gemeinsame Unterhaltungspflicht etc.). a) Verteilung der Unterhaltungslast Nimmt man § 1021 Abs. 1 S. 2 BGB wörtlich, ist es bei einem gemeinsamen Nutzungsrecht der beiden Eigentümer eigentlich nur zulässig, dass der Berechtigte der Grunddienstbarkeit die Anlage alleine zu unterhalten hat (BayObLG v. 17.01.1990, DNotZ 1991, 257 f.). Denn § 1021 Abs. 1 BGB sieht lediglich in Satz 2 BGB ein Recht des Eigentümers des belasteten Grundstücks zur Mitbenutzung der Anlage vor, nicht jedoch in Satz 1. Dies könnte evtl. so interpretiert werden, dass § 1021 Abs. 1 S. 1 BGB nur in dem Fall anwendbar ist, in dem das Benutzungsrecht an der Anlage nur dem Berechtigten der Dienstbarkeit alleine zusteht. Trotzdem wird in Rechtsprechung und Literatur die Frage unterschiedlich beantwortet, ob in dem Fall, dass der Eigentümer des herrschenden und des dienenden Grundstücks die Anlage gemeinsam nutzen dürfen, mit dinglicher Wirkung vereinbart werden kann, dass der Eigentümer des dienenden Grundstücks alleine die Unterhaltungslast und die Unterhaltungskosten zu tragen hat.

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Alleinige Unterhaltungslast des Eigentümers des dienenden Grundstücks In der Rechtsprechung deutet ein Beschluss des KG Berlin vom 03.04.1970 in einem obiter dictum an, dass auch bei gemeinsamer Nutzung dem Eigentümer des dienenden Grundstücks die gesamte Unterhaltungslast bzw. die diesbezüglichen Kosten auferlegt werden können (KG Berlin v. 03.04.1970, DNotZ 1970, 606, 608 f.). Diese Ansicht vertreten ausdrücklich auch einige Kommentatoren zu § 1021 BGB (Staudinger/J. Mayer, BGB, Neubearb. 2008, § 1021 Rn. 7; Wegmann, in: Bamberger/Roth, BGB, 2. Aufl. 2008, § 1021 Rn. 6; NomosK/Otto, BGB, 2. Aufl. 2008, § 1021 Rn. 13; Soergel/Stürner, BGB, 13. Aufl. 2001, § 1021 Rn. 3)

bb) Nur Aufteilung der Unterhaltungslast bei gemeinsamer Nutzung Dagegen könnte man die Kommentierungen von Grziwotz und Münch jeweils dahingehend interpretieren, dass bei einer gemeinsamen Benutzung der Anlage durch den Berechtigten und den Verpflichteten der Dienstbarkeit nur die Regelung des § 1021 Abs. 1 S. 2 BGB einschlägig ist, die jedoch höchstens eine Kostenteilung zwischen Dienstbarkeitsberechtigten und Dienstbarkeitsverpflichteten vorsieht, nicht jedoch eine Kostentragung durch den Dienstbarkeitsverpflichteten allein (Erman/Grziwotz, BGB, 12. Aufl. 2008, § 1021 Rn. 3; juris PK/Münch, BGB, 3. Aufl. 2007, § 1021 Rn. 10). Auch die Ausführungen von Schöner/Stöber deuten in diese Richtung (Schöner/Stöber Grundbuchrecht, 14. Aufl. 2008, Rn. 1153b; ähnlich auch Schmenger, BWNotZ 2007, 73, 90). cc) Stellungnahme Gegen die Möglichkeit, auf dinglicher Ebene eine alleinige Unterhaltungslast des Eigentümers des dienenden Grundstücks bei gemeinsamer Nutzung vereinbaren zu können, spricht sicherlich der Wortlaut des Gesetzes (§ 1021 Abs. 1 S. 2 BGB). Andererseits lässt sich dem Wortlaut des § 1021 Abs. 1 S. 1 BGB aber auch keine Einschränkung entnehmen, dass dieser nur dann gelten soll, wenn die Anlage allein von dem Berechtigten benutzt wird. Demzufolge dürfte auch der sachenrechtliche Typenzwang es nicht notwendig ausschließen, § 1021 Abs. 1 S. 1 BGB auch bei gemeinsamer Nutzung entsprechend anzuwenden (Staudinger/J. Mayer, BGB, Neubearb. 2008, § 1021 Rn. 7). Ein Argument auf der Wertungsebene, das u. E. für die Anwendbarkeit des § 1021 Abs. 1 S. 1 BGB auch bei gemeinsamer Nutzung spricht, ergibt sich aus einem Vergleich zu der Konstellation der alleinigen Nutzungsbefugnis des Dienstbarkeitsberechtigten. So wäre es widersprüchlich und sachlich nicht zu rechtfertigen, wenn man zwar bei einer alleinigen Benutzung durch den Dienstbarkeitsberechtigten dem Eigentümer des dienenden Grundstücks die alleinige Unterhaltungslast aufbürden könnte, nicht jedoch in dem Fall, dass der Eigentümer gemeinsam mit dem Dienstbarkeitsberechtigten die Anlage benutzen dürfte. Vor diesem Hintergrund erscheint es u. E. überzeugend, § 1021 Abs. 1 S. 1 BGB systematisch als ,,Obersatz" zu begreifen, der unabhängig davon anwendbar ist, ob die Nutzungs-

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befugnis dem Dienstbarkeitsberechtigten allein oder neben dem Eigentümer zusteht (so auch Staudinger/J. Mayer, BGB, Neubearb. 2008, § 1021 Rn. 7). Ausdrückliche Rechtsprechung gibt es zu dieser Frage ­ soweit ersichtlich ­ aber noch keine. b) Begriff der Unterhaltung In welchem Umfang vorliegend Unterhaltungspflichten bezüglich der Heizungsanlage getroffen werden könnten, richtet sich maßgeblich danach, welche Maßnahmen unter den Begriff der Unterhaltung im Einzelnen gefasst werden können. Im Gesetz ist der Begriff der Unterhaltung nicht ausdrücklich festgelegt. Generell ist darunter jedoch jede Tätigkeit zu verstehen, die darauf gerichtet ist, die Anlage in einem ordnungsgemäßen und gebrauchsfähigen Zustand zu erhalten. Hierzu gehören Ausbesserung und Erneuerung (Staudinger/J. Mayer, BGB, Neubearb. 2008, § 1020 Rn. 17). Auch die Wiederherstellung der Anlage kann umfasst sein (MünchKomm/Falckenberg, BGB, 4. Aufl. 2004, § 1020 Rn. 11). Die Unterhaltungspflicht ist verschuldensunabhängig und umfasst auch und gerade die Verkehrssicherungspflicht hinsichtlich der Anlage (DNotI-Gutachten, DNotI-Report 2000, 117, 118; BayObLG v. 17.04.1990, MittRhNotK 1990, 80 ff.; Staudinger/J. Mayer, BGB, Neubearb. 2008, § 1020 Rn. 17). Abzugrenzen von dem ,,Unterhalten" der Anlage ist die Neuherstellung, die zumindest dann nicht als dinglicher Inhalt einer Grunddienstbarkeit vereinbart werden kann, soweit ,,sie nicht als Ersatz für eine in Abgang gekommene Anlage dient" (OLG Düsseldorf v. 16.12.2002, RNotZ 2003, 455, 457; vgl. auch Staudinger/J. Mayer, BGB, Neubearb. 2008, § 1020 Rn. 17). Dabei ist im Einzelfall maßgeblich zu berücksichtigen, dass es bei der Auslegung des § 1021 Abs. 1 S. 1 BGB im Gegensatz zu § 1020 S. 2 BGB nicht darum geht, dass das Integritätsinteresse des Eigentümers des dienenden Grundstücks geschützt wird, sondern dass es darauf ankommt, dass das Benutzungsinteresse des Eigentümers des herrschenden Grundstücks an der Benutzung der für seine Dienstbarkeit wesentlichen Anlage betroffen ist (Staudinger/J. Mayer, BGB, Neubearb. 2008, § 1021 Rn. 4). Weil demzufolge im Rahmen des § 1021 Abs. 1 S. 1 BGB die Funktionsfähigkeit der Anlage betroffen ist, ist die Zweckbestimmung der Anlage und das Benutzungsinteresse des Berechtigten maßgebend, um den Umfang der dinglich vereinbarungsfähigen Unterhaltungspflicht zu bestimmen (Staudinger/J. Mayer, BGB, Neubearb. 2008, § 1021 Rn. 4; vgl. LG Heilbronn v. 14.03.1975, BWNotZ 1975, 124 f.; MünchKomm/Falckenberg, BGB, 4. Aufl. 2004, § 1021 Rn. 8). 4. Rechtsfolgenverweisung auf die Reallast (§ 1021 Abs. 2 BGB) Vor dem Hintergrund, dass § 1021 Abs. 2 BGB bezüglich einer Unterhaltungspflicht, die durch Vereinbarung der Beteiligten zustande gekommen ist, auf die Vorschriften über die Reallast verweist, stellt sich vorliegend die Folgefrage, ob eine zwischen Eigentümer und Berechtigtem vereinbarte Unterhaltungspflicht nicht über die vorgenannte Verweisung doch als selbstständige Reallast im Grundbuch eingetragen werden könnte bzw. müsste. Diese Frage ist umstritten. a) Allgemeines zur Rechtsfolgenverweisung nach § 1021 Abs. 2 BGB Bei der Verweisung des § 1021 Abs. 2 BGB, die auf die durch Gesetz geregelte Unterhaltungspflicht keine Anwendung findet, handelt es sich um eine Rechtsfolgenverwei-

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sung, welche in erster Linie die Haftungsfolgen bei der Reallast betrifft (vgl. Staudinger/J. Mayer, BGB, Neubearb. 2008, § 1021 Rn. 18). Der landesrechtliche Vorbehalt nach Art. 113 bis Art. 115 EGBGB über die Einschränkung und Ablösung von Reallasten findet auf diese besondere Art reallastartiger Rechte gem. Art. 116 EGBGB keine Anwendung (Staudinger/J. Mayer, BGB, Neubearb. 2008, § 1021 Rn. 15). Im Ergebnis ist über § 1021 Abs. 2 BGB sowohl der dingliche Anspruch aus der Reallast gemäß §§ 1105 Abs. 1, 1107, 1147 BGB als auch der dem dinglichen Anspruch akzessorische Anspruch aus § 1108 Abs. 1 BGB auf eine getroffene Unterhaltungsvereinbarung anwendbar (Staudinger/J. Mayer, BGB, Neubearb. 2008, § 1021 Rn. 17; Wegmann, in: Bamberger/Roth, BGB, 2. Aufl. 2008, § 1021 Rn. 10; NomosK/Otto, BGB, 2. Aufl. 2008, § 1021 Rn. 5; RGRK/Rothe, BGB, 12. Aufl. 1996, § 1021 Rn. 6). b) Rechtsprechung zur Grundbucheintragung Das LG Hagen und das LG Münster leiten im Zusammenhang mit der Verweisung nach § 1021 Abs. 2 BGB aus Art. 116 EGBGB die Schlussfolgerung ab, dass eine Reallast, die zur Sicherung einer sich in den Grenzen der §§ 1021, 1022 BGB bewegenden Unterhaltungspflicht bestellt wird, entgegen den landesrechtlichen Sondervorschriften, die über Art. 115 EGBGB zur Anwendung gelangen, als selbständiges Recht eintragungsfähig sei (LG Hagen v. 12.10.2004, Rpfleger 2005, 21; LG Münster v. 18.10.1988, Rpfleger 1989, 56 f.). Das LG Hagen führt hierzu aus: ,,Da sich ... die Eintragung als unselbständiger Teil einer Grunddienstbarkeit in diesem Fall weder inhaltlich noch hinsichtlich der Rechtswirkungen von einer Eintragung derselben Unterhaltungspflicht als selbständiger Reallast unterscheidet, kann nach Auffassung der Kammer die Anwendung des Art. 116 EGBGB nicht davon abhängig gemacht werden, ob die dort genannten Unterhaltungspflichten als unselbständiger Teil einer Grunddienstbarkeit oder aber als Reallast in das Grundbuch eingetragen werden. Art. 116 EGBGB schließt vielmehr die Anwendung des Art. 115 EGBGB auch für solche selbständigen Reallasten aus, die inhaltlich der in § 1021 Abs. 1 BGB geregelten Unterhaltungspflicht entsprechen [...]." (LG Hagen v. 12.10.2004, Rpfleger 2005, 21 f.) Ähnlich bemerkenswert ist eine vom AG Aalen erlassene und vom LG Ellwangen bestätigte Entscheidung. Dieser Entscheidung lag als Sachverhalt zugrunde, dass der Eigentümer des dienenden Grundstücks und der Eigentümer des herrschenden Grundstücks beide zur Unterhaltung verpflichtet waren. In den Entscheidungen wird hierzu die Meinung vertreten, dass eine solche Unterhaltungsverpflichtung, die auch den Eigentümer des herrschenden Grundstücks betrifft, selbst bei diesem Grundstück als Reallast im Grundbuch eingetragen werden müsse. Ansonsten wirke sie gegen den Sonderrechtsnachfolger des herrschenden Grundstücks nicht; eine bloße Bezugnahme auf die Dienstbarkeit nach § 874 BGB sei in diesem Zusammenhang nicht ausreichend (AG

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Aalen v. 15.10.1996, BWNotZ 141 f., mit Auszügen aus der Entscheidung des LG Ellwangen). c) Ablehnende Rechtsprechung und Literatur In der Literatur ist die vorgenannte Rechtsprechung ­ soweit Stellungnahmen überhaupt vorhanden sind ­ auf Ablehnung gestoßen (Streuer, Rpfleger 1989, 57; Jurksch, Rpfleger 2005, 22; Böhringer, BWNotZ 1987, 142 f.; vgl. auch: Volmer, MittBayNot 2000, 387, 388 f.; Staudinger/J. Mayer, BGB, Neubearb. 2008, § 1021 Rn. 6). Jurksch führt hinsichtlich des hier interessierenden Sonderfalls (landesrechtlicher Vorbehalt) Folgendes aus: ,,§ 1021 BGB verweist in seinem Absatz 2 zwar auf die Vorschriften über die Reallasten, es fehlt allerdings ein umgekehrter Verweis. Somit wäre allenfalls eine analoge Anwendung des Art. 116 EGBGB auch auf Reallasten möglich. Die analoge Anwendung von Dienstbarkeitsbestimmungen auf Reallasten ist jedoch nur in seltenen Ausnahmefällen möglich. Es müsste dazu eine Regelungslücke bestehen, aufgrund derer die Parteien ihr Ziel nicht im Rahmen der bestehenden gesetzlichen Bestimmungen erreichen könnten. Hier hätte es jedoch eine Regelung gegeben, die aus grundbuchrechtlicher Sicht völlig unbedenklich gewesen wäre: eine Dienstbarkeit gem. §§ 1090, 1018, 1021 BGB mit dem Inhalt ,Duldung einer Grundstücksbegrenzung' unter gleichzeitiger Vereinbarung der Nebenpflicht, dass der Grundstückseigentümer für die Unterhaltung der Begrenzung zu sorgen hätte." (Jurksch, Rpfleger 2005, 22) Auch das OLG Köln wendet sich in einem Beschluss vom 09.10.1995 inzident gegen die Eintragungsfähigkeit einer Unterhaltsvereinbarung als selbstständige Reallast in einem Sachverhalt, in dem ­ wie hier ­ eine Verpflichtung zur Wärmelieferung in Frage stand: ,,Auch der Umstand, daß gem. Art. 116 EGBGB die landesrechtlichen Vorbehalte nicht für die in den §§ 1021, 1022 BGB bestimmten Unterhaltungspflichten gelten, rechtfertigt keine andere Beurteilung. Die Unterhaltung einer Anlage, die zur Ausübung einer Grunddienstbarkeit gehört, ist etwas anderes als die Pflicht zum positivem Tun der Heizenergielieferung, die Gegenstand der Reallast ist." (OLG Köln v. 09.10.1995, MittRhNotK 1995, 349, 350) Grunddienstbarkeit und Reallast könnten zwar insoweit den gleichen wirtschaftlichen Zielen dienen, seien aber als Pflichten zur Duldung oder aber zum Handeln doch unterschiedlicher Rechtsnatur. Daran ändere sich nichts dadurch, dass mit der Grunddienstbarkeit Unterhaltungspflichten verbunden seien (OLG Köln v. 09.10.1995, MittRhNotK 1995, 349, 350).

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d) Stellungnahme Sonstige Gerichtsentscheidungen bzw. Äußerungen in der Literatur sind bislang ­ soweit ersichtlich ­ zu der Frage der Eintragungsfähigkeit bzw. -bedürftigkeit von Unterhaltsvereinbarungen als selbständige Reallasten (§ 1021 Abs. 2 BGB) nicht ergangen. Nach unserem Dafürhalten erscheint es insbesondere in Konstellationen, in denen ­ wie hier ­ nach Landesrecht andere Verpflichtungen als Geldrenten nicht bzw. nur eingeschränkt als Inhalt einer Reallast wirksam vereinbart werden können, vorzugswürdig, den eher zweifelhaften Weg einer selbstständigen Reallastbestellung nicht zu beschreiten und es bei der Vereinbarung von Unterhaltungspflichten als dinglichem Inhalt einer Grunddienstbarkeit (unter Ausnutzung der Verweisung gemäß § 1021 Abs. 2 BGB) zu belassen. Im Gegensatz zu selbstständigen ­ in §§ 1105 ff. BGB geregelten ­ Reallasten haben vereinbarte Unterhaltungspflichten als Teil von Dienstbarkeiten bereits nach § 1021 Abs. 2 BGB Reallastwirkung, sodass einer gesonderten Eintragung nicht zuletzt auch das Verbot der Doppelsicherung entgegen gehalten werden könnte (Staudinger/J. Mayer, BGB, Neubearb. 2008, § 1021 Rn. 6; vgl. Volmer, MittBayNot 2000, 387, 388 f.).

Gutachten/Abruf-Nr:

91044

Erscheinungsdatum:

15.05.2009

Rechtsbezug

National

Rechtsgebiete:

Reallast
Dienstbarkeiten und Nießbrauch

Normen in Titel:

EGBGB Art. 115; BGB § 1105; BGB § 1018