01. April 2021
HGB § 25

Haftung bei Fortführung der Firma und Übernahme eines Handelsgeschäfts; Erwerb einer Apotheke; Filialapotheke; Haftungsausschluss; Eintragung im Handelsregister

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Abruf-Nr.: 179927
letzte Aktualisierung: 1. April 2021

HGB § 25
Haftung bei Fortführung der Firma und Übernahme eines Handelsgeschäfts; Erwerb
einer Apotheke; Filialapotheke; Haftungsausschluss; Eintragung im Handelsregister

I. Sachverhalt
Anlässlich des Erwerbes einer Apotheke wünscht der Erwerber die Eintragung der mit dem
Veräußerer getroffenen Vereinbarung im Handelsregister, dass die Haftung des Erwerbers für
die im Betrieb des Geschäfts begründeten Verbindlichkeiten des Veräußerers als bisherigem
Inhaber sowie der Übergang der in dessen Betriebe begründeten Forderungen auf den Erwerber
ausgeschlossen ist (§ 25 Abs. 2 HGB). Der Erwerber betreibt bereits eine Apotheke. Die neu
übernommene Apotheke kann somit unter Löschung ihrer bisherigen Eintragung im Handelsregister
als Filialapotheke nur im bisherigen Handelsregisterblatt des Erwerbers eingetragen werden.

II. Frage
Ist die gewünschte Eintragung der Haftungsbeschränkung mit der Wirkung von § 25 Abs. 2
HGB gemäß § 40 Ziff. 5 HRV (Eintragungen in Spalte 5 Buchstabe b) auch in dem Handelsregister
(des Erwerbers) zulässig, wo die neu übernommene Apotheke nur als Filialapotheke eingetragen
wird?

III. Zur Rechtslage
1. Haftung bei Firmenfortführung
Wer ein unter Lebenden erworbenes Handelsgeschäft unter der bisherigen Firma fortführt,
haftet gem. § 25 Abs. 1 S. 1 HGB für alle im Betrieb des Geschäfts begründeten Verbindlichkeiten
des früheren Inhabers. Voraussetzung hierfür ist, dass ein Handelsgeschäft erworben
wird und die Firma dieses Handelsgeschäftes weitgehend unverändert fortgeführt
wird. Dabei kommt es vorrangig auf den Eindruck der angesprochenen Verkehrskreise an
(Heckschen/Heidinger, Die GmbH in der Gestaltungs- und Beratungspraxis, 4. Aufl. 2018,
Kap. 21 Rn. 24). Jedoch ist Voraussetzung für die direkte Anwendung des § 25 Abs. 1 S. 1
HGB, dass der Veräußerer eine Firma führt, die vom Erwerber fortgeführt wird. Nach
überwiegender Ansicht ist § 25 HGB nämlich auf die Übernahme und Fortführung einer
Geschäfts- bzw. Etablissementbezeichnung, wie z.B. „West-Apotheke“, nicht anwendbar.
Auch eine analoge Anwendung des § 25 HGB auf eine Geschäftsbezeichnung kommt nach
h.A. nicht in Frage (BGH v. 17.12.2013, NZG 2014, 459: „A-Hotel B“; dazu Schodder,
EWiR 2014, 407; abl. K. Schmidt, ZGR 2014, 844).

2. Registerrechtliche Behandlung einer dazu erworbenen Filialapotheke
Im hier vorliegenden Fall des Zuerwerbs einer zweiten Apotheke gibt es drei Varianten, wie
diese Apotheke geführt und benannt werden kann:

a) Die dazu erworbene Apotheke kann unter einer einzigen einzelkaufmännischen Firma
eine unselbstständige Betriebsabteilung einer einheitlichen Apotheke ohne besondere
Eintragung im Handelsregister sein; für die Hauptapotheke, sowie auch für die dazu
erworbene Apotheke, kann der Kaufmann neben seiner Firma verschiedene Geschäftsbezeichnungen,
wie West-Apotheke oder Hirsch-Apotheke u. Ä. verwenden, ohne dass
diese Geschäftsbezeichnung eine Firma würde, die nach § 25 Abs. 1 HGB fortgeführt
wird.

b) Die dazu erworbene Apotheke kann neben der schon beim Erwerber existenten, einzelkaufmännischen
Apotheke als getrennte gesondert im Handelsregister eingetragene
einzelkaufmännisch geführte Hauptapotheke mit unterscheidungskräftiger eigener Firma
weitergeführt werden.

c) Eine dazu erworbene organisatorisch selbstständige – aber dennoch abhängige –
Apotheke, kann als Zweigniederlassung im Handelsregister einer beim Erwerber bereits
bestehenden einzigen einzelkaufmännisch geführten Apotheke eingetragen werden.
Der uns mitgeteilte Sachverhalt lässt nicht genau erkennen, um welche Bezeichnung der
dazu erworbenen Apotheke es sich hier handelt, die von dem Erwerber weitergeführt werden
soll. Wir gehen davon aus, dass es sich bei dem Erwerber um einen Einzelkaufmann
handelt, der bisher nur eine Apotheke unter einer einheitlichen Firma zusätzlich mit einer
Geschäftsbezeichnung geführt hat. Als Einzelkaufmann steht ihm der Weg unter b) offen,
da ein Einzelkaufmann auch zwei separate Unternehmen mit getrennten Firmen führen
kann. Der Sachverhalt deutet jedoch darauf hin, dass hier eine Filialapotheke im Sinne einer
Zweigniederlassung der Hauptapotheke zum Handelsregister angemeldet werden soll.

3. Firmierung der Zweigniederlassung
Für die Zweigniederlassung gibt es verschiedene Formen der Firmierung
(Kersten/Bühling/Wachter, Formularbuch und Praxis der Freiwilligen Gerichtsbarkeit,
26. Aufl. 2019, § 127 Rn. 11):

a) Die Firma der Hauptniederlassung unverändert übernehmen,

b) den Firmenkern der Hauptniederlassung mit Beifügung eines Zweigniederlassungszusatzes,
der die Zugehörigkeit der Zweigniederlassung zur Hauptniederlassung zum
Ausdruck bringt, verwenden oder

c) die Firma mit neuem Firmenkern (meist mit der eigenen, bisherigen Firma) bilden, dem
ein Zweigniederlassungszusatz beizufügen ist (OLG Düsseldorf NJW-RR 2017, 742).

Wir verstehen den Sachverhalt so, dass hier für die Filialapotheke die ehemalige Firma des
Veräußerers als Zweigniederlassungsfirma wie unter c) verwendet werden soll. Wie oben
dargestellt kann diese Art der Fortführung eines Handelsgeschäftes und der mit ihm verbundenen
Firma die Haftung des Erwerbers nach § 25 Abs. 1 HGB auslösen.

4. Die Haftung bei Firmenfortführung durch eine Zweigniederlassung
Die Fortführung eines Handelsgeschäftes und der mit ihm verbundenen bisherigen Firma
der Zweigniederlassung (Nr. 3 c.) kann die Haftung des Erwerbers nach § 25 Abs. 1 HGB
auslösen. Denn eine Zweigniederlassung gilt auch als Handelsgeschäft i. S. v. § 25 HGB
(MünchKommHGB/Thiessen, 4. Aufl. 2016, § 25 Rn. 39; BeckOGK-HGB/Moser, Std.:
1.7.2020, § 25 Rn. 63).

Tatbestandsmäßig ist die Haftung des Erwerbers zwar auf diejenigen Verbindlichkeiten beschränkt,
die im Geschäftsbereich der Zweigniederlassung selbst begründet worden waren
(MünchKommHGB/Thiessen, § 25 Rn. 39; Staub/Burgard, HGB, 6. Aufl., § 25 Rn. 58 ff.).
War jedoch die jetzt als Zweigniederlassung fortgeführte Filialapotheke beim Veräußerer die
einzige Apotheke, ist diese Überlegung irrelevant, weil die Haftung nach § 25 HGB im Ergebnis
sämtliche Verbindlichkeiten im Geschäftsbereich des Veräußerers umfasst.

5. Der Haftungsausschluss nach § 25 Abs. 2 HGB
Wenn man vom Sachverhalt her davon ausgeht, dass ein Fall von § 25 Abs. 1 S. 1 HGB tatbestandsmäßig
vorliegt, stellt sich die Frage, ob die Haftung für den Erwerber ausgeschlossen
werden kann. Nach § 25 Abs. 2 HGB kann die Haftung des firmenfortführenden
Nachfolgers mit Wirkung gegenüber Dritten nur ausgeschlossen werden, wenn eine entsprechende
Vereinbarung zwischen beiden Firmenträgern in das Handelsregister eingetragen
und bekannt gemacht wird. Auf der Basis der Entscheidung des OLG Düsseldorf
(RNotZ 2008, 424) geht die ganz allg. M. in der Literatur davon aus, dass der Haftungsausschluss
nach § 25 Abs. 2 HGB im Register des die Firma fortführenden Rechtsträgers einzutragen
und bekannt zu machen ist (Staub/Burgard, § 25 Rn. 131;
MünchKommHGB/Krafka, § 8 Rn. 56).

Die ganz allg. M. geht weiter davon aus, dass § 25 Abs. 2 HGB auch auf die selbstständige
Firma der Zweigniederlassung anwendbar ist. Nach einer Meinung ist die Eintragung in das
dortige Register der Zweigniederlassung erforderlich und genügend (BeckOGKHGB/
Moser, Std. 1.7.2020, § 25 Rn. 238; MünchKommHGB/Thiessen, 4. Aufl. 2016, § 25
Rn. 99). Eine andere Auffassung hält das Gericht der Hauptniederlassung auch in diesen
Fällen für zuständig (BeckOK-HGB/Bömeke; 15.7.2020, § 25 Rn. 73; Staub/Burgard, § 25
Rn. 131). Dieser Streit ist u. E. durch die Regelung des § 13 Abs. 2 HGB jedenfalls bei
Unternehmen mit Sitz im Inland obsolet, da die Zweigniederlassung nur noch auf dem Registerblatt
der Hauptniederlassung eingetragen wird (Krafka, Registerrecht, 11. Aufl. 2019,
Rn. 300).

6. Ergebnis
Im Ergebnis kann die Filialapotheke die frühere Firma des Veräußerers als Firma der
Zweigniederlassung mit entsprechendem Zweigniederlassungszusatz weiterführen. Diese
Firma wird bei der Hauptniederlassung eingetragen. Tatbestandsmäßig kann § 25 Abs. 1 S. 1
HGB, beschränkt auf die betrieblichen Schulden der dazu erworbenen Zweigniederlassung,
eingreifen. Nach § 25 Abs. 2 HGB führt die Eintragung im Handelsregister der Hauptniederlassung
bei der Zweigniederlassung zu einem Haftungsausschluss.

Gutachten/Abruf-Nr:

179927

Erscheinungsdatum:

01.04.2021

Rechtsbezug

National

Rechtsgebiete:

Handelsregisterrecht und allgemeines Gesellschaftsrecht

Normen in Titel:

HGB § 25