22. Januar 2021
BGB § 94 Abs. 2; BGB § 97

Treppenlift als Zubehör

Gutachten des Deutschen Notarinstituts
Abruf-Nr.: 181354
letzte Aktualisierung: 22. Januar 2021

BGB §§ 94 Abs. 2, 97
Treppenlift als Zubehör

I. Sachverhalt

In der zu verkaufenden Immobilie befindet sich ein Treppenlift, der – wie üblich – an die Wand
angeschraubt ist.

II. Frage

Gehört dieser Treppenlift zum mitverkauften gesetzlichen Zubehör?

III. Zur Rechtslage

I. Generelle Anforderungen an das gesetzliche Zubehör

Nach § 97 Abs. 1 S. 1 BGB sind Zubehör bewegliche Sachen, die, ohne Bestandteil der
Hauptsache zu sein, dem wirtschaftlichen Zwecke der Hauptsache zu dienen bestimmt sind
und zu ihr in einem dieser Bestimmung entsprechenden räumlichen Verhältnis stehen.
Nach § 97 Abs. 1 S. 2 BGB ist eine Sache nicht Zubehör, wenn sie im Verkehr nicht als
Zubehör angesehen wird.

1. Voraussetzung ist demnach zunächst, dass es sich um eine bewegliche Sache handelt.
Zubehör kann demnach insbesondere grundsätzlich nur eine Sache sein, die selbstständig
und nicht Bestandteil derjenigen Sache ist, der sie zugeordnet ist; eine Sache kann
also nicht gleichzeitig Zubehör und Bestandteil derselben Hauptsache sein. Dies gilt jedenfalls
bei wesentlichen Bestandteilen einer Sache, da diese nicht sonderrechtsfähig
sind (vgl. MünchKommBGB/Stresemann, 8. Aufl. 2018, § 97 Rn. 6 m. w. N.).

2. Weiterhin ist Voraussetzung, dass das Zubehör Nebensache zu einer Hauptsache
ist. Für die Frage, was als Hauptsache und als Nebensache anzusehen ist, kommt es auf
die Verkehrsanschauung, nicht aber auf das Wertverhältnis oder das Verhältnis des
räumlichen Umfangs an. Als Hauptsache kommen insbesondere Grundstücke in Betracht
(vgl. MünchKommBGB/Stresemann, § 97 Rn. 10).

3. Das Zubehör muss zweckdienende Funktion zum wirtschaftlichen Zweck der
Hauptsache haben. Der wirtschaftliche Zweck der Hauptsache ergibt sich aus ihrer objektiven
Beschaffenheit, ihrer tatsächlichen Nutzung oder aus anderen nach der Verkehrsauffassung
maßgeblichen Umständen (vgl. MünchKommBGB/Stresemann, § 97
Rn. 15). Eine Sache dient dem wirtschaftlichen Zweck der Hauptsache, wenn sie die
Zweckerreichung ermöglicht oder fördert. Unerheblich ist, ob die Sache für den Zweck
der Hauptsache unentbehrlich ist oder nicht; auch nur mittelbare wirtschaftliche Vorteile
für die Verwendung der Hauptsache genügen (vgl. MünchKommBGB/Stresemann,
§ 97 Rn. 16).

Voraussetzung ist weiterhin, dass das Dienen zum wirtschaftlichen Zweck der
Hauptsache die Bestimmung des Zubehörs ist. Bestimmt, dem Zweck der Hauptsache
zu dienen, ist eine Sache, wenn sie auf Dauer in den Dienst dieses Zwecks gestellt
worden ist. Diese Widmung kann jeder treffen, der die tatsächliche Verfügungsmacht
über die Hauptsache und das Zubehörstück hat. Regelmäßig wird das der Eigentümer
sein. Die tatsächliche Benutzung einer Sache für den wirtschaftlichen Zweck einer anderen
ist hierbei zwar ein Indiz für eine entsprechende Widmung; deren zwingende
Voraussetzung ist sie jedoch nicht. Die Benutzung des Zubehörs für den Zweck der
Hauptsache braucht noch nicht begonnen zu haben; es genügt, dass die Sache hierfür
bereitgehalten wird (vgl. MünchKommBGB/Stresemann, § 97 Rn. 20 m. w. N.).
4. Nach § 97 Abs. 2 S. 1 BGB begründet die vorübergehende Benutzung einer Sache für
den wirtschaftlichen Zweck einer anderen nicht die Zubehöreigenschaft. Die Zubehörsache
muss demnach den Zweck der Hauptsache auf Dauer zu dienen bestimmt sein
(vgl. BGH NJW 2009, 1078, Rn. 21; MünchKommBGB/Stresemann, § 97 Rn. 22
m. w. N.).

5. Weiterhin muss die Sache, um Zubehör sein zu können, in einem räumlichen Verhältnis
zur Hauptsache stehen, das ihrer Bestimmung, deren wirtschaftlichem Zweck zu
dienen, entspricht. Hierzu ist nach der Rechtsprechung ein gewisser örtlicher Zusammenhang
zwischen Hauptsache und Zubehör erforderlich. Dies bedeutet jedoch nicht,
dass ein körperlicher Zusammenhang der beiden in Betracht kommenden Sachen gefordert
wird. Geht es um die Frage, ob eine Sache Zubehör eines Grundstücks ist, so
kann es für einen örtlichen Zusammenhang bereits genügen, wenn sie nur in dessen
Nähe untergebracht ist (vgl. MünchKommBGB/Stresemann, § 97 Rn. 27 m. w. N.).

6. Nach § 97 Abs. 1 S. 2 BGB ist eine Sache schließlich dann nicht Zubehör, wenn sie
im Verkehr nicht als Zubehör angesehen wird. Auch wenn alle Voraussetzungen
der Zubehöreigenschaft im Übrigen vorliegen, ist eine Sache daher bei entgegenstehender
Verkehrsanschauung nicht Zubehör. Unter Verkehrsanschauung versteht man
hierbei die Auffassung, die sich allgemein oder in dem fraglichen Gebiet gebildet hat
und die in den Lebens- und Geschäftsgewohnheiten dort in Erscheinung tritt (vgl.
BeckOK-BGB/Fritzsche, Std.: 1.4.2020, § 97 Rn. 17 m. w. N. auch zur Rechtsprechung).
Zubehör soll eine Sache demnach nur dann sein, wenn der Rechtsverkehr
auf den Bestand des äußerlich erkennbaren Zusammenhangs als wirtschaftliche Einheit
vertraut (vgl. MünchKommBGB/Stresemann, § 97 Rn. 30).

II. Zubehöreigenschaft eines Treppenlifts

1. Vorbemerkung zur Prüfung der Zubehöreigenschaft

Die gesetzliche Definition der Zubehöreigenschaft wird allgemein als vergleichsweise
unscharf angesehen. Das OLG Frankfurt a. M. formuliert hierzu treffend, dass die sich
hinsichtlich § 97 BGB ergebenden Abgrenzungsfragen „auch für einen Rechtskundigen
äußerst zweifelhaft“ sind (NJW 1982, 653, 654; vgl. auch Schulte-Thoma, RNotZ 2004,
61, 62 m. w. N.). Sofern – wie vorliegend – zu dem in Rede stehenden etwaigen
Zubehörstück keine gefestigte Rechtsprechung existiert, kann daher ausgehend lediglich
von der gesetzlichen Definition eine wirklich sichere Entscheidung der Frage regelmäßig
nicht erfolgen. Weiterhin ist zu beachten, dass es bei der Einordnung einer
Sache als gesetzliches Zubehör in erheblichem Maße auf die konkreten Umstände des
Einzelfalls ankommt.

Zu dem hier zur Begutachtung gestellten Sachverhalt konnten wir weder unmittelbar
einschlägige Gerichtsentscheidungen noch entsprechende Literatur finden. Weiterhin
sind dem DNotI naturgemäß nicht sämtliche konkreten Umstände des Einzelfalls bekannt.
Eine abschließende und belastbare Einschätzung ist dem DNotI daher nicht
möglich. Die nachfolgenden Ausführungen stellen nur mögliche Auslegungsüberlegungen
bezüglich der einschlägigen Rechtsvorschriften dar. Es bleibt abzuwarten, wie
die konkrete Frage von einem unabhängigen Gericht beantwortet wird. Wir bitten daher,
die nachfolgenden Ausführungen unter diesen Einschränkungen zu sehen.

2. Prüfung der Zubehöreigenschaft

a) Zunächst dürfte es sich bei einem Treppenlift – auch wenn dieser mit der Wand
verschraubt ist – nicht um einen wesentlichen Bestandteil des Gebäudes i. S. v.
§ 94 Abs. 2 BGB und damit weiter um eine bewegliche Sache im Rechtssinne
handeln. Denn ein Treppenlift dürfte nicht „zur Herstellung“ des Gebäudes in
dieses eingefügt sein. Dies ist regelmäßig nämlich nur dann der Fall, wenn ohne die
eingefügte Sache das Gebäude nach der Verkehrsanschauung noch nicht fertiggestellt
ist (BeckOGK-BGB/Mössner, 1.4.2020, § 94 Rn. 24). Da das Gebäude
auch ohne dessen Einbau zu Wohnzwecken genutzt werden kann, dürfte dies zu
verneinen sein. Anderes könnte allenfalls dann gelten, wenn – was im Sachverhalt
nicht mitgeteilt worden ist – es sich bei der entsprechenden Immobilie auch nach
der Verkehrsanschauung um eine solche handelt, die explizit zur Beherbergung von
alten und/oder gehbehinderten Menschen dient und – auch – der Treppenlift dem
Gebäude ein bestimmtes Gepräge gibt (BeckOGK-BGB/Mössner, § 94 Rn. 24 ff.).

Etwas anderes wird man auch nicht daraus herleiten können, dass bei größeren
gewerblichen Gebäuden mit erheblichem Kundenverkehr – etwa Hotels oder
Läden –regelmäßig die elektrischen Aufzüge und Rolltreppen als wesentlicher
Bestandteil angesehen werden (BeckOGK-BGB/Mössner, § 94 Rn. 26.5), zumal
diese – anders als Treppenlift und Wohngebäude – üblicherweise auch nicht voneinander
getrennt werden können, ohne dass der ein oder andere zerstört oder in
seinem Wesen verändert wird (§ 93 BGB).

b) Als Hauptsache (vgl. oben I. 2.) kommt ohne Weiteres das Gebäude in Betracht.
Zu diesem kann ein Treppenlift prinzipiell als Nebensache angesehen werden.
c) Der Lift ist auch geeignet, dem wirtschaftlichen Zweck der Hauptsache zu dienen,
da durch diesen die im Haus befindlichen Treppen überwunden werden können,
ohne diese fußläufig begehen zu müssen.

Der Treppenlift ist auch dazu bestimmt, diesem wirtschaftlichen Zweck der
Hauptsache zu dienen. Gerade hierzu (vgl. oben I. 3.) wurde der Lift vom seinerzeitigen
Inhaber der tatsächlichen Verfügungsmacht über die Hauptsache gewidmet.

d) Fraglich ist allerdings, ob die Zweckdienung auf Dauer angelegt ist oder ob lediglich
eine vorübergehende Benutzung einer Sache im Sinne des § 97 Abs. 2
S. 1 BGB vorliegt. Der BGH (NJW 2009, 1078, Rn. 21) hat hierzu hinsichtlich der
Zubehöreigenschaft von Einbauküchen betont, dass allein die Widmung des Einfügenden,
seine Zweckbestimmung, darüber entscheide, ob die Einbauküche Zubehör
wird. Weiter führt das Gericht aus:

„Richtig nimmt das BerGer. an, dass ein Mieter die Küche in aller
Regel beim Auszug wieder mitnehmen will, er also gerade
keine Zweckbestimmung trifft, dass die Einbauküche Zubehör
werden soll. Da es unterstellt, dass die Bekl. zu 1 die Küche aus
eigenen Mitteln erworben hat und Mieterin war, lag der Schluss
nahe, dass auch sie die Einbauküche nur zur vorübergehenden
Nutzung eingebracht hatte, die Zubehöreigenschaft also nicht
begründet wurde. Die vom BerGer. für sein gegenteiliges Ergebnis
angeführten Umstände beruhen weder auf ausreichenden tatsächlichen
Feststellungen noch sind sie erheblich.

a) Das BerGer. unterstellt, ohne Feststellungen dazu zu treffen,
dass die Nutzung der Wohnung unbegrenzt dauern sollte. Die
Bekl. hätten nicht damit rechnen müssen, die Wohnung
einmal verlassen zu müssen. Dies ist mit der Unterstellung
eines Mietvertrags nicht vereinbar; die Bekl. hatten danach kein
gesichertes Wohnrecht. Ihnen konnte wie einem fremden Mieter
gekündigt werden. Der Bekl. zu 2 war auch mit der damaligen Eigentümerin
des Grundstücks nicht verwandt.

[…]

d) Schließlich spricht auch das Wertverlustargument und das
Nachkaufproblem nicht für einen auf Dauer angelegten
Einbau bei einer acht Jahre alten Küche. Die durchschnittliche
Verwendungs- und Lebensdauer einer Einbauküche ist weitaus
länger als acht Jahre. Demgemäß hat die Bekl. sie auch mitgenommen.
Die damit verbundenen, vom BerGer. vermuteten
Probleme haben sie davon ersichtlich nicht abgehalten. Wäre die
Küche kaum mehr etwas wert gewesen, wie das BerGer. vermutet,
wäre auch das Interesse der Kl. an dem Wiedereinbau nicht
nachvollziehbar, das sie mit 5000 Euro beziffert haben.“

(BGH NJW 2009, 1078, Rn. 22 ff.)

Dementsprechend dürfte es im vorliegenden Fall darauf ankommen, ob derjenige,
der den Treppenlift seinerzeit installierte, den Willen hatte, den Lift dauerhaft zur
Zweckförderung in die Immobilie einzubringen. Das dürfte zu bejahen sein, wenn
– was nach unserem Dafürhalten regelmäßig jedenfalls bei einem Einbau durch
den Eigentümer des Grundstücks überzeugend sein dürfte – der Einbauende
davon ausging, die Immobilie bis zu seinem Tode oder doch jedenfalls bis zu
einem etwaigen Umzug in ein Pflegeheim zu bewohnen. Anders stellte sich die
Rechtslage dar, wenn der Wille nur auf ein vorübergehendes Einbringen gerichtet
war, was etwa bei der Installation durch einen Mieter oder bei dem Vorbehalt, in
eine andere altersgerechte Wohnung umzuziehen, naheliegen könnte.
Letztlich handelt es sich hier um eine Tatfrage, die vom DNotI nicht abschließend
beantwortet werden kann.

e) Ob die (örtliche) Verkehrsanschauung schließlich die Zubehöreigenschaft verneint,
vermögen wir mangels entsprechender Stellungnahmen in Literatur oder
Rechtsprechung nicht zu beurteilen. Allerdings neigt die jüngere Rechtsprechung
nur in seltenen Fällen dazu, einer Sache, die die Zubehöreigenschaft an sich erfüllt,
nur mit Rücksicht auf die Verkehrsanschauung gem. § 97 Abs. 1 S. 2 BGB abzusprechen
(MünchKommBGB/Stresemann, § 97 Rn. 31).

Gutachten/Abruf-Nr:

181354

Erscheinungsdatum:

22.01.2021

Rechtsbezug

National

Rechtsgebiete:

Sachenrecht allgemein

Normen in Titel:

BGB § 94 Abs. 2; BGB § 97