15. Dezember 2021
ErbbauRG § 27; ErbbauRG § 1; ErbbauRG § 14

Automatische Verlängerung eines Erbbaurechts

Gutachten-Abruf-Dienst
Gutachten des Deutschen Notarinstituts
Abruf-Nr.: 185211
letzte Aktualisierung: 15. Dezember 2021

ErbbauRG §§ 1, 14, 27
Automatische Verlängerung eines Erbbaurechts

I. Sachverhalt

Es wurde ein Erbbaurecht für eine Dauer von 99 Jahren bestellt. Ziff. IV des Erbbaurechtsbestellungsvertrages
lautet:

„Vor Beendigung des Erbbaurechts durch Zeitablauf haben sich
der Grundstückseigentümer und der Erbbauberechtigte darüber
zu verständigen, ob der Erbbauberechtigte das Grundstück oder
der Grundstückseigentümer das Erbbaurecht käuflich erwerben
will. Kommt es hierüber bis zum Zeitablauf zu keiner Einigung,
so wird das Erbbaurecht um weitere neunundneunzig Jahre zu
den bisherigen Bedingungen verlängert.“

II. Fragen

1. Wie ist die Klausel unter IV des Erbbaurechtsvertrags auszulegen? Kann es hierbei dazu
kommen, dass das Erbbaurecht tatsächlich weitere 99 Jahre besteht?

2. Falls Ziffer 1 mit ja beantwortet wird, ist diese Klausel wirksam vereinbart?

III. Zur Rechtslage

I. Automatische Verlängerung eines Erbbaurechts

1. Grundsätzliches

Das Erbbaurecht erlischt grundsätzlich nach Ablauf des Zeitraums, für den es bestellt
ist (§ 27 Abs. 1 ErbbauRG). Es stellt sich die Frage, ob im Erbbaurechtsvertrag mit
dinglicher Wirkung vereinbart werden kann, dass sich das Erbbaurecht um eine weitere
Zeitdauer unter gewissen Bedingungen – etwa, dass weder der Erbbauberechtigte noch
der Grundstückseigentümer widerspricht – automatisch verlängert. Insbesondere
könnte hierin eine nach § 1 Abs. 4 S. 1 ErbbauRG unzulässige auflösende Bedingung
des Erbbaurechts liegen.

Mit Urteil vom 14.7.1969 hat der BGH mit knapper, aber prägnanter Begründung entschieden,
dass eine Verlängerungsklausel, die mangels Widerspruch zu einer Verlängerung
führe, zulässig ist (BGH NJW 1969, 2043). In der Entscheidung führt der
BGH u. a. aus, dass eine automatische Verlängerung eines auf 99 Jahre bestellten Erbbaurechts
auf je fünf Jahre bei „Nicht-Kündigung“ mit § 1 Abs. 4 S. 1 ErbbauRG (bzw.
ErbbauVO) vereinbar ist. Der BGH begründete dies damit, dass hier nicht das Recht
eingeräumt werde, beim Eintritt bestimmter Voraussetzungen die vorzeitige Aufgabe
des Erbbaurechts zu fordern, sondern sich das Erbbaurecht bei Ausbleiben der Kündigung
automatisch verlängert. Es gehe nicht um eine unzulässige auflösende Bedingung
i. S. d. § 1 Abs. 4 S. 1 ErbbauRG, sondern um eine aufschiebende Bedingung der Verlängerung
des Erbbaurechts (BGH NJW 1969, 2043, 2046). Die Entscheidung des
BGH bezog sich auf die aufschiebende Bedingung, dass der Eigentümer der Verlängerung
des Erbbaurechts nicht widerspricht.

Die Literatur stimmt dieser Entscheidung zu und geht zumindest implizit davon aus,
dass es mit Blick auf die Zulässigkeit der Verlängerung nicht darauf ankommt, ob der
Eigentümer oder der Erbbauberechtigte die Widerspruchsmöglichkeit hat (vgl.
BeckOK-BGB/Maaß, Std.: 1.11.2021, § 1 ErbbauRG Rn. 43; Böttcher, Praktische Fragen
des Erbbaurechts, 9. Aufl. 2020, Rn. 255; Hustedt, in: Ingenstau/Hustedt,
ErbbauRG, 11. Aufl. 2018, § 1 Rn. 126; Keller, in: Keller/Munzig, Grundbuchrecht,
8. Aufl. 2019, Teil 1, § 3 Rn. 164; Krauß, Immobilienkaufverträge in der Praxis, 9. Aufl.
2020, Rn. 4503; MünchKommBGB/Heinemann, 8. Aufl. 2020, § 1 ErbbauRG Rn. 74;
Staudinger/Rapp, BGB, Neubearb. 2021, § 1 ErbbauRG Rn. 31; König, MittRhNotK
1989, 261, 262; Weber, ZWE 2019, 251, 256; Winkler/Schlögel, Erbbaurecht, 7. Aufl.
2021, § 2 Rn. 143; DNotI-Internetgutachten Nr. 3156).

Gesetzgeberischer Hintergrund für die Bestimmungen des § 1 Abs. 4 ErbbauRG ist,
dass sowohl die Beteiligten des Erbbaurechtsvertrages als auch eventuelle dinglich
Berechtigte am Erbbaurecht „Planungssicherheit“ dahingehend haben sollen, für welche
Frist das Erbbaurecht mindestens bestellt ist. Innerhalb dieser festgelegten Frist soll
es daher keine Möglichkeit geben (sei es durch eine auflösende Bedingung oder durch
einen Anspruch des Grundstückseigentümers, dass der Erbbauberechtigte verpflichtet
wäre, bei Eintreten bestimmter Voraussetzungen das Erbbaurecht aufzugeben), vorzeitig
gegen den Willen von Erbbauberechtigtem und am Erbbaurecht dinglich Berechtigten
das Erbbaurecht zum Erlöschen zu bringen. Diese Gesichtspunkte sind u. E. allerdings
nicht berührt, wenn eine Mindestlaufzeit des Erbbaurechts feststeht und dieses
sich dann lediglich ohne Widerspruch des Erbbauberechtigten und/oder des Eigentümers
automatisch für eine gewisse Zeitspanne verlängert.

2. Einschränkung: Grundbucheintragung notwendig

Vereinbarungen über eine aufschiebend bedingte Verlängerung sind nach Auffassung
der Literatur in das Grundbuch einzutragen (BeckOK-BGB/Maaß, § 14 Rn. 2; Krauß,
Rn. 4503; MünchKommBGB/Heinemann, § 1 ErbbauRG Rn. 74¸ Palandt/Wicke,
BGB, 80. Aufl. 2021, § 14 ErbbauRG Rn. 1; Schöner/Stöber, Grundbuchrecht,
16. Aufl. 2020, Rn. 1680; Winkler/Schlögel, § 2 Rn. 143). Diese Eintragung soll dabei
konstitutiv sein (Krauß, Rn. 4503; MünchKommBGB/Heinemann, § 1 ErbbauRG
Rn. 74; Palandt/Wicke, § 14 ErbbauRG Rn. 1; Schöner/Stöber, Rn. 1680), sodass das
Erbbaurecht ohne Eintragung der aufschiebenden Bedingung zum angegebenen Zeitpunkt
trotz abweichender Vereinbarung im Vertrag erlischt (Schöner/Stöber,
Rn. 1680).

Das OLG München hat sich in einer Entscheidung (MittBayNot 2019, 144) dieser Ansicht
angeschlossen. Eine Bezugnahme auf die Eintragungsbewilligung nach § 874 BGB
reiche nicht aus und komme nur in Bezug auf die nähere Ausgestaltung der Verlängerung
in Betracht. Es führt dazu aus:

„Bedingungen (ebenso Befristungen) gehören nach allgemeinem
Verständnis nicht zum Inhalt einer dinglichen Grundstücksbelastung,
die durch Bezugnahme zum Grundbuchinhalt gemacht
werden könnte. Sie müssen daher im Eintragungsvermerk selbst
zum Ausdruck gebracht werden; nur zur näheren Kennzeichnung
der Bedingung (oder Befristung) ist eine Bezugnahme zulässig
(OLG Düsseldorf, OLGZ 1983, 352; Demharter, GBO, § 44
Rdnr. 20, Anhang zu § 8 Rdnr. 40). In Bezug auf das Erbbaurecht
wird – soweit sich die Fachliteratur hierzu verhält – verlangt, dass
im Grundbuch des belasteten Grundstücks neben dem Erbbaurecht
selbst und dem (ersten) Erbbauberechtigten auch Beginn
und Dauer des Erbbaurechts sowie etwa vereinbarte aufschiebende
Bedingungen – auch Verlängerungsoptionen – einzutragen
sind (Schreiber/Grundmann, Handbuch Immobilienrecht,
Kapitel 10 Rdnr. 8 und 9; Ingenstau/Hustedt/Bardenhewer,
ErbbauR, § 14 Rdnr. 5; von Oefele/Winkler/Schlögel, Handbuch
Erbbaurecht, § 2 Rdnr. 143 und § 5 Rdnr. 268 f.; MünchKomm-
BGB/Heinemann, § 14 ErbbauRG Rdnr. 2; BeckOK-BGB/Maaß,
§ 14 ErbbauRG Rdnr. 2; Heller, ErbbauRG, § 14 Rdnr. 2 und 4;
Bauer/Schaub/Maaß, GBO, AT F Rdnr. 3; Meikel/Ebeling, GBO,
8. Aufl., Vor §§ 54-60 GBV Rdnr. 5 und § 56 GBV Rdnr. 8;
Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 15. Aufl., Rdnr. 1724 f..; auch
Demharter, GBO, § 44 Rdnr. 32 mit 20; zur ausdrücklichen Eintragung
einer aufschiebenden Bedingung im Bestandsverzeichnis
des Erbbaugrundbuchs: Meikel/Morvilius, GBO, 11. Aufl., Einl. B
Rdnr. 304; zur Rechtsprechung: BayObLGZ 1959, 521, 527). Nur
im Übrigen kann zur näheren Bezeichnung des Inhalts des Erbbaurechts
im Grundstücksgrundbuch auf das Erbbaugrundbuch
Bezug genommen werden (§ 14 Abs. 2 ErbbauRG).“
(OLG München MittBayNot 2019, 144 Tz. 24).

3. Anwendung auf den vorliegenden Sachverhalt

Im vorliegenden Sachverhalt wurde im Rahmen der Erbbaurechtsbestellung eine automatische
Verlängerung für den Fall vereinbart, dass weder der Erbbauberechtigte das
Grundstück erwirbt noch der Eigentümer das Erbbaurecht. Auch wenn es sich bei der
Auslegung dieser Vereinbarung letztlich um eine Tatfrage handelt, die nicht das DNotI,
sondern nur ein mit der Sache befasstes Gericht verbindlich vornehmen kann, dürfte
u. E. einiges dafür sprechen, dass mit der Regelung unter Ziff. IV des Erbbaurechtsbestellungsvertrages
eine (aufschiebende) Bedingung vereinbart werden sollte, bei deren
Vorliegen sich das Erbbaurecht automatisch verlängert. Wie diese Bedingung inhaltlich
konkret ausgestaltet ist, dürfte – solange es sich um eine aufschiebende und nicht etwa
eine auflösende Bedingung handelt – grundsätzlich nicht entscheidend sein. Somit
dürfte schließlich die Frage, ob sich im vorliegenden Sachverhalt das Erbbaurecht bei
mangelnder Einigung der Beteiligten nach erstmaligem Zeitablauf um die Dauer von
weiteren 99 Jahren verlängert, maßgeblich von der entsprechenden Grundbucheintragung
abhängen, die uns jedoch nicht bekannt ist. Sofern jedoch bis zum
erstmaligen Zeitablauf eine solche nicht vorhanden sein sollte, dürfte das Erbbaurecht
erlöschen.

Ist hingegen eine entsprechende Grundbucheintragung vorhanden, dürfte sich das
Erbbaurecht grds. entsprechend verlängern. Hierbei sind für uns insbesondere auch
keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass diese Klausel bspw. vor dem Hintergrund
des § 138 BGB unwirksam sein könnte. Im Ausgangspunkt dürfte insofern zu berücksichtigen
sein, dass nach wohl allgemeiner Auffassung ein Erbbaurecht grundsätzlich
auch als sog. „ewiges Erbbaurecht“ ohne eine Befristung nach § 27 ErbbauRG bestellt
werden kann (vgl. MünchKommBGB/Heinemann, § 1 ErbbauRG Rn. 73;
Palandt/Wicke, § 1 ErbbauRG Rn. 15; Staudinger/Rapp, § 1 ErbbauRG Rn. 30;
Winkler/Schlögel, § 2 Rn. 146 m. w. N.). Zwar wird insofern betont, dass dies nur zulässig
sei, wenn dem Eigentümer bezüglich des Grundstückes eine eigene Nutzungsmöglichkeit
verbleibe, bspw. also bei räumlicher Beschränkung des Ausübungsbereichs
auf einen Teil des Grundstücks (vgl. Staudinger/Rapp, § 1 ErbbauRG Rn. 30; LG
Deggendorf, MittBayNot 1987, 254). Der Hintergrund dafür dürfte jedoch insbesondere
darin liegen, dass andernfalls das Eigentum am Grundstück völlig ausgehöhlt
und lediglich noch ein Scheinrecht darstellen würde. So liegt es hier u. E. bei einer einmaligen
Verlängerung des Erbbaurechts um weitere 99 Jahre jedoch gerade nicht.

Selbst wenn das Erbbaurecht insofern für 198 Jahre bestehen sollte, dürfte hierdurch –
auch, soweit dem Eigentümer in dieser Zeit keine Nutzungsmöglichkeit verbliebe – das
Eigentum gerade nicht derartig ausgehöhlt werden, dass es letztlich nur noch ein
Scheinrecht darstellen würde. Andere Anhaltspunkte dafür, die bspw. im Rahmen des
Zustandekommens des Vertrages eine Sittenwidrigkeit nahelegen würden, sind uns aus
dem mitgeteilten Sachverhalt nicht ersichtlich.

Allerdings erlauben wir uns, auf Folgendes hinzuweisen: Für den Fall, dass sich das
Erbbaurecht mangels Einigung verlängert, dürfte wiederum zu fragen sein, welche Folgen
bei einem erneuten Zeitablauf eintreten, insbesondere also, ob Ziff. IV des Erbbaurechtsbestellungsvertrages
auch auf ein bereits verlängertes Erbbaurecht Anwendung
findet. Auch wenn es sich hierbei um eine Auslegungsfrage handelt, die wir als
Tatfrage nicht abschließend beurteilen können, dürfte im Ausgangspunkt jedenfalls die
Regelung in Ziff. IV dafürsprechen; dort heißt es nämlich ausdrücklich, dass sich das
Erbbaurecht zu den „bisherigen Bedingungen“ verlängert. Auch wäre zu berücksichtigen,
dass ein – somit potenziell entstehendes – „ewiges Erbbaurecht“ entsprechend der
vorstehenden Ausführungen nicht per se unzulässig sein dürfte. Allerdings wäre bei
einem derartigen Auslegungsergebnis sorgsam zu prüfen, ob nicht insbesondere ein
Verstoß gegen § 138 BGB vorliegen könnte, wenn dem Eigentümer keine Nutzungsmöglichkeit
verbleiben würde. U. E. dürften Bedenken gegen die Zulässigkeit eines die
Nutzungsmöglichkeiten des Grundstückseigentümers vollständig und dauerhaft ausschließenden
Erbbaurechts nicht dadurch ausgeräumt werden können, dass als Gegenleistung
für ein das Eigentum aushöhlendes Erbbaurecht ein Erbbauzins vereinbart
wird. Denn selbst unter Berücksichtigung der Tatsache, dass dieser Entgeltanspruch für
zukünftig fällig werdende Raten nicht vom Eigentum am Grundstück getrennt werden
kann (§ 9 Abs. 2 ErbbauRG), wäre der Grundstückseigentümer dennoch auf Dauer
von der eigentlichen Nutzung des Grundstücks abgeschnitten und vielmehr hinsichtlich
des Erbbauzinses (nur) Berechtigter einer Belastung des Erbbaurechts. Mangels ein-
schlägiger Rechtsprechung dürfte die Rechtslage diesbezüglich allerdings nicht abschließend
geklärt und damit letztlich offen sein.

Dessen ungeachtet dürfte entsprechend der vorstehenden Ausführungen aber auch in
diesem Fall eine konstitutive Grundbucheintragung hinsichtlich der mehrfachen Verlängerungsmöglichkeit
notwendig sein (vgl. nur Schöner/Stöber, Rn. 1680;
Winkler/Schlögel, § 2 Rn. 143). Ob eine entsprechende Grundbucheintragung besteht,
können wir nicht beurteilen.

II. Anspruch auf Neubestellung des Erbbaurechts bei fehlender Eintragung der Verlängerungsmöglichkeit
im Grundbuch

Soweit zwar im Erbbaurechtsbestellungsvertrag eine Regelung hinsichtlich einer etwaigen
automatischen Verlängerung getroffen wurde, ein entsprechender Grundbucheintrag jedoch
unterblieben ist, stellt sich die Frage, inwiefern es dennoch einen Anspruch auf Verlängerung
oder Neubestellung des Erbbaurechts geben kann.

Eine Verlängerung eines zeitlich befristeten Erbbaurechts ist, wie – vorstehend ausgeführt –
nur möglich, wenn die Verlängerung gem. §§ 873, 877 BGB als Inhaltsänderung des dinglichen
Rechts noch vor Zeitablauf des befristeten Erbbaurechts im Grundbuch eingetragen
wurden; ein Anspruch auf Verlängerung des Erbbaurechts dürfte daher in diesen Fällen
ausscheiden.

Soweit die Folgen eines Erlöschens des Erbbaurechts aufgrund etwaig unterbliebener
Grundbucheintragung trotz Vorliegen der Voraussetzungen für eine Verlängerung vertraglich
nicht geregelt sind, könnte sich im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung ein Anspruch
auf Neubestellung eines inhaltsentsprechenden Erbbaurechts ergeben; nur so ließe
sich nämlich ein wirtschaftlich ähnliches Ergebnis erreichen. Letztlich handelt es sich bei einer
solchen Auslegung jedoch ebenfalls um eine Tatfrage, die anhand aller Umstände des
Einzelfalls nur ein mit der Sache befasstes Gericht, nicht aber das DNotI, abschließend beurteilen
kann.

Für eine Auslegung in diese Richtung könnte aber etwa eine Entscheidung des OLG Celle
(Beschl. v. 30.6.1997, BeckRS 2014, 05969) sprechen, in dem es die Auffassung vertreten
hat, dass sich die Vereinbarung einer Verlängerung des Erbbaurechts möglicherweise in eine
Vereinbarung eines neu einzutragenden Erbbaurechts zu den gleichen wirtschaftlichen
Konditionen umdeuten lässt. In der Literatur haben sich dieser Auffassung insb.
Schöner/Stöber (Rn. 1872) angeschlossen. Im Übrigen wird die Entscheidung, soweit für uns
ersichtlich, nicht thematisiert. Offen ist daher, ob sich dies auf Sachverhalte wie den vorliegenden
übertragen lässt. Die Erfüllbarkeit eines ggf. bestehenden Anspruchs hängt zusätzlich
davon ab, ob Rechte Dritter eingetragen sind. Die Bestellung eines neuen Erbbaurechts
wäre dann nur möglich, wenn diese bereit sind, mit ihren Rechten zurückzutreten. Schließlich
ist die Bestellung eines Erbbaurechts nach § 10 Abs. 1 S. 1 ErbbauRG ausschließlich an
erster Rangstelle möglich. Außerdem dürfte entsprechend der vorstehenden Ausführungen
zum „ewigen Erbbaurecht“ zu prüfen sein, ob ein stets wiederkehrender Anspruch auf
Neubestellung nach Ablauf des Erbbaurechts mit § 138 BGB zu vereinbaren wäre.

III. Ergebnis

Im vorliegenden Sachverhalt dürfte u. E. der Inhalt von Ziff. IV des Erbbaurechtsbestellungsvertrages
dafürsprechen, dass sich das Erbbaurecht bei mangelnder Ei-
nigung des Erbbauberechtigten und des Grundstückseigentümers nach Zeitablauf automatisch
verlängern soll; letztlich handelt es sich hierbei jedoch um eine Auslegungsfrage, die als
Tatfrage nur ein mit der Sache befasstes zuständiges Gericht abschließend beurteilen kann
(Frage 1).

Die Vereinbarung einer Verlängerung des Erbbaurechts für den Fall, dass keine Einigung
hinsichtlich eines Erwerbs des Grundstücks bzw. des Erbbaurechts erfolgt, dürfte grds. zulässig
sein. Als aufschiebende Bedingung ist diese Verlängerungsoption jedoch ins Grundbuch
einzutragen, wobei dieser Eintragung nach der übereinstimmenden Ansicht von
Literatur und Rechtsprechung konstitutive Wirkung zukommt. Ob eine solche Eintragung
im vorliegenden Sachverhalt vorhanden und damit insbesondere die Vereinbarung über die
automatische Verlängerung letztlich wirksam ist, entzieht sich unserer Kenntnis (Frage 2).

Ist keine Eintragung im Grundbuch erfolgt, erscheint es jedenfalls grundsätzlich denkbar,
dass sich aufgrund ergänzender Vertragsauslegung ein Anspruch auf Neubestellung eines
inhaltsentsprechenden Erbbaurechts ergibt.

Gutachten/Abruf-Nr:

185211

Erscheinungsdatum:

15.12.2021

Rechtsbezug

National

Rechtsgebiete:

Erbbaurecht

Normen in Titel:

ErbbauRG § 27; ErbbauRG § 1; ErbbauRG § 14