02. September 2022
BGB § 307

Schuldanerkenntnis bei Werkvertrag; AGB-Kontrolle

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Abruf-Nr.: 191603
letzte Aktualisierung: 2. September 2022

BGB § 307
Schuldanerkenntnis bei Werkvertrag; AGB-Kontrolle

I. Sachverhalt
Ein Bauunternehmer schließt mit einem Verbraucher einen Werkvertrag (Bauvertrag ohne Übereignung
eines Grundstücks) ab. Dieser wurde nicht beurkundet und dementsprechend inhaltlich
nicht vom Notar geprüft. Zur Absicherung des Werklohns verlangt der Bauunternehmer ein notarielles
Schuldanerkenntnis samt Unterwerfung unter die sofortige Zwangsvollstreckung des Verbrauchers.
Dieser ist einverstanden und es wird eine entsprechende Beurkundung beim Notar
beauftragt.

II. Frage
Ist das notarielle Schuldanerkenntnis in zeitlichem und sachlichem Zusammenhang mit dem Bauvertragsschluss
zur Absicherung des Werklohns zulässig?

III. Zur Rechtslage
1. Rechtsprechung des BGH zu Sicherungsmöglichkeiten des Bauunternehmers
Der BGH hält eine Zwangsvollstreckungsunterwerfung im Rahmen eines (hier nicht vorliegenden)
Bauträgervertrags für unzulässig.

a) Urteil des BGH vom 22.10.1998
Eine Unwirksamkeit einer Unterwerfungserklärung hat der BGH bereits 1998 bei
einem Bauträgervertrag angenommen, weil ein Verstoß gegen § 3 Abs. 2 MaBV vorliege
(Urt. v. 22.10.1998, NJW 1999, 51), soweit eine Vollstreckungsklausel ohne Nachweis
des Bautenstandes erteilt werden sollte. § 3 Abs. 2 MaBV soll den Auftraggeber
möglichst weitgehend vor Vermögensschädigungen schützen und sei deshalb weit auszulegen.
Die Unterwerfungserklärung mit Nachweisverzicht ermögliche dem Bauträger,
im Wege der Zwangsvollstreckung auf Vermögensgegenstände des Auftraggebers zuzugreifen,
obwohl die in § 3 MaBV geregelten Fälligkeitsvoraussetzungen nicht vorlägen.
Dies komme einer Ermächtigung des Bauträgers, über Vermögenswerte des Erwerbers
zu verfügen, wirtschaftlich nahe. Nach § 12 MaBV sei dem Bauträger die in der Vereinbarung
der Vollstreckungsunterwerfung mit Nachweisverzicht liegende Beschränkung
seiner Verpflichtung nach § 3 MaBV verboten. Da ein Schutz des Auftraggebers nur
durch die Nichtigkeit der mit Nachweisdispens versehenen Unterwerfungserklärung zu
erreichen sei, sei § 134 BGB anwendbar (BGH NJW 1999, 51).

b) Urteil des BGH vom 27.9.2001
Mit Urt. v. 27.9.2001 (BGH NJW 2002, 138) hat der BGH für eine Zwangsvollstreckungsunterwerfung
in einem nicht der MaBV unterliegenden Generalunternehmervertrag
entschieden, dass bei Verträgen, die nicht unter die MaBV fallen, eine in einem
notariellen Vertrag enthaltene Klausel in der Form einer allgemeinen Geschäftsbedingung,
mit der sich der Erwerber eines noch zu errichtenden Hauses der sofortigen
Zwangsvollstreckung in sein gesamtes Vermögen unterwirft und der Unternehmer berechtigt
ist, sich ohne weitere Nachweise eine vollstreckbare Ausfertigung der Urkunde
erteilen zu lassen, gegen § 9 AGBG, d. h. heute also gegen § 307 Abs. 2 BGB n. F.,
verstößt. Wesentlicher Gesichtspunkt für den BGH war in dieser Entscheidung, dass
aufgrund einer derartigen Zwangsvollstreckungsunterwerfung ohne weitere Nachweise
der Unternehmer jederzeit vom Notar eine vollstreckbare Ausfertigung erlangen könnte,
ohne nachweisen zu müssen, dass das Bauvorhaben auch wirklich fertiggestellt sei. Damit
sei aber die Möglichkeit für den Unternehmer eröffnet, den Werklohn beim Besteller
schon zwangsweise beizutreiben, obwohl das Bauvorhaben nicht vollendet ist. Folglich
geraten bei einer derartigen Klausel die Auftraggeber in die Gefahr einer Vorleistung,
die gerade die Umkehrung der gesetzlichen Regelung des Werkvertrages (§§ 641, 320
BGB) darstellen würde. Da der BGH ein besonderes rechtfertigendes Interesse des
Unternehmers an der Verwendung derartiger Klauseln nicht erkennen kann und nach
Auffassung des BGH die ZPO auch keine ausreichenden Rechtsbehelfe zum Schutz des
Bestellers bietet, hält er eine derartige Klausel aufgrund eines Verstoßes gegen die grundlegenden
Prinzipien des Werkvertragsrechts des BGB für unzulässig (vgl. hierzu auch
Basty, Der Bauträgervertrag, 10. Aufl. 2021, Kap. 8 Rn. 8; Vogel, in: Grziwotz/
Koeble/Riemenschneider, Handbuch Bauträgerrecht, 2004, 4. Teil Rn. 140
m. w. N.; OLG Hamm IBR 2002, 21).

Aus dieser Rechtsprechung wird allgemein der Schluss gezogen, dass jedenfalls Unterwerfungsklauseln
mit Nachweisverzicht in Bauverträgen unwirksam sind. Der dem Urteil
zu entnehmende zentrale Gedanke, dass das Vorleistungsverbot nicht durch AGB umgangen
werden darf, dürfte auch für den vorliegenden Fall zu berücksichtigen sein.

c) Urteil des BGH vom 27.5.2010
In einem Urteil, das die AGB eines Einfamilienfertighausanbieters betraf, hat der BGH
eine Formulierung, dass eine unbefristete, selbstschuldnerische Bankbürgschaft zur
Absicherung der Zahlungsverpflichtungen des Bauherrn vorzulegen war, nicht für nach
§ 307 BGB unwirksam gehalten (BGH NJW 2010, 2272). Der Norm des § 648a BGB
a. F. (entspricht § 650f BGB n. F.) kam dabei keine Leitbildfunktion zu, da diese lediglich
nachvertragliche Sicherheitsverlangen betrifft. Für eine bereits im Vertrag vereinbarte Sicherheit
entfaltete § 648a BGB a. F. keine Sperrwirkung. Die vom BGH vorgenommene
Gesamtabwägung (NJW 2010, 2272, 2274 Rn. 22 ff.) ergab, dass das Sicherheitsverlangen
angemessen war. Gerade die Vorleistungspflicht des Werkunternehmers begründet
ein Sicherungsverlangen, dass durch die gesetzliche Sicherungshypothek (§ 648
BGB a. F.) regelmäßig nicht befriedigt werden kann, weil das Baugrundstück regelmäßig
bereits bei Baubeginn bis an die Grenze der Beleihungsfähigkeit belastet ist.

Es erscheint daher denkbar, aus diesem Urteil zu folgern, dass – wenn eine selbstschuldnerische
Bürgschaft zulässig ist – auch ein den Bauhandwerker weniger stark absichern
des Schuldanerkenntnis zulässig sein muss. Auch hierbei bestehen jedoch Bedenken wegen
des Vorleistungsrisikos, das durch eine Vollstreckungsmöglichkeit begründet wird.
Denn bei einer selbstschuldnerischen Bürgschaft wird – gerade anders als bei einem
Schuldanerkenntnis – keine Vorausleistung ermöglicht, da dem Schuldner die Einrede
(§ 770 Abs. 2 BGB) verbleibt, dass die Forderung noch nicht fällig ist.

2. Anwendung auf den vorliegenden Fall
a) Prüfungsmaßstab
Das Zivilrecht allgemein verbietet Sicherungsmittel nicht (Wolfsteiner, Die vollstreckbare
Urkunde, 4. Aufl. 2018, Rn. 6.23). Grenzen zulässiger Vereinbarungen können sich
jedoch aus §§ 134, 138 BGB oder aus den §§ 305 ff. BGB ergeben. Für eine Sittenwidrigkeit
oder einen Gesetzesverstoß – insbesondere einen Verstoß gegen die MaBV – liegen
hier nach dem Sachverhalt keine Anhaltspunkte vor.

Denkbar ist jedoch einen Verstoß gegen die §§ 305 ff. BGB. Voraussetzung für eine
Prüfung nach §§ 305 ff. BGB ist, dass es sich um Allgemeine Geschäftsbedingungen
handelt. Diese müssten also insbesondere zur mehrmaligen Verwendung vorformuliert
sein. Ob der Werkunternehmer hier eine mehrfache Verwendung der Klausel beabsichtigt,
ist für uns nicht ersichtlich, erscheint aber möglich. Das Merkmal des „Stellens“
durch den Unternehmer wird in einer Unternehmer-Verbraucher-Konstellation gem.
§ 310 Abs. 3 Nr. 1 BGB vermutet. Wir gehen dabei davon aus, dass der „Werkunternehmer“
nicht nur „Unternehmer“ im werkvertragsrechtlichen Sinn (als Gegenbegriff
zu: Besteller) ist, sondern auch gewerblich tätig wird („Unternehmer“ als Gegenbegriff
zu „Verbraucher“).

Nachfolgend wird als Zwischenergebnis davon ausgegangen, dass jedenfalls nach den
erleichterten Voraussetzungen des § 310 Abs. 3 BGB Allgemeine Geschäftsbedingungen
anzunehmen sind.

b) Schuldanerkenntnis als Vorleistung?
Zuzugeben ist, dass der BGH ein Sicherungsbedürfnis des Werkunternehmers anerkannt
hat, das aus dessen Vorleistungspflicht resultiert. Gleichwohl gilt es zu beachten,
dass der BGH in seiner Entscheidung 2001 die Vorleistung des Bestellers durch Abgabe
der ZV-Unterwerfung als Verstoß gegen den wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen
Regelung angesehen hat. Daran dürfte sich auch durch die zwischenzeitlich erfolgte
Modernisierung des Bauträgerrechts nichts geändert haben. Auch die vom BGH
2010 als zulässig angesehene selbstschuldnerische Bürgschaft eines Kreditinstituts ist
keine Abkehr von diesem Prinzip.

Möglicherweise anders liegt es aber bei einem Schuldanerkenntnis nach § 781 BGB,
das – je nach Ausgestaltung – konstitutiv oder deklaratorisch ausgestaltet sein kann, also
einen neuen Schuldgrund schaffen oder ein bestehendes Schuldverhältnis bestätigen
kann. Auch in letzterem Fall hat das Schuldanerkenntnis insofern, als Uneinigkeiten oder
Streit über das Bestehen des Schuldverhältnisses beseitigt werden, eine potentiell konstitutive
Wirkung (Grüneberg/Sprau, BGB, 81. Aufl. 2022, § 781 Rn. 2 f.).

Dem Sachverhalt ist nicht zu entnehmen, inwieweit das Schuldanerkenntnis die Ansprüche
des Bauunternehmers gegenüber der gesetzlichen Lage verbessern würde. Es ist
aber davon auszugehen, dass eine solche Verbesserung – insbesondere durch entbehrliche
Nachweise – vorliegt, da ansonsten das Schuldanerkenntnis wirtschaftlich uninteressant
wäre. Soweit der Bauunternehmer bereits vor der Fälligkeit der werkvertraglichen
Forderung einen Anspruch aus dem Schuldanerkenntnis hat, liegt u. E. ein Verstoß
gegen das Vorleistungsverbot vor.

Dabei dürfte es auch nicht entscheidend sein, ob der Anspruch (wie hier) zusätzlich durch
eine Zwangsvollstreckungsunterwerfung abgesichert wird. Denn bei einer unmittelbaren
Vollstreckungsmöglichkeit ist zwar der Zugriff des Bauunternehmers auf Vermögen des
Bestellers vor Fälligkeit seiner Ansprüche deutlich erleichtert. Auch bei fehlender
unmittelbarer Vollstreckungsmöglichkeit wäre jedoch durch die Begründung eines
Anspruchs die Grundlage gelegt, dass es – im Wege „freiwilliger“, d. h. nicht im Wege
der Zwangsvollstreckung durchgesetzter, Zahlung auf den Anspruch oder nach Ausstellung
eines entsprechenden Titels, ggf. im Klageweg – zu Vorleistungen des Bestellers
kommen kann. Bereits die Begründung eines Anspruchs, aus dem vor Fälligkeit der Werklohnforderung
Zahlungen verlangt werden können, verstößt daher nach Ansicht des
Sachbearbeiters dieser Anfrage gegen das Vorleistungsverbot.

c) Urteil des OLG Oldenburg v. 18.2.2020
Ähnlich hat jüngst auch das OLG Oldenburg entschieden (OLG Oldenburg, Urt. v.
18.2.2020 – 2 U 260/19 –, juris). Bei einem Architektenvertrag, der an §§ 307 ff., 648a
BGB a. F. zu messen war, stellte das Gericht – neben einem Verstoß gegen § 648a BGB
a. F., da das Schuldanerkenntnis erst nachträglich verlangt wurde – auch einen Verstoß
gegen § 307 BGB fest und stützte sich dabei auf das oben erwähnte Urteil des BGH:
„Die Klausel verstößt gegen § 307 BGB soweit man sie im Wege
der Auslegung so verstünde, dass der Kläger als Auftragnehmer
zur Absicherung des Honorars des Beklagten sowie der EE GmbH
ein notarielles Schuldanerkenntnis mit Vollstreckungsunterwerfung
als Sicherheit leisten sollte. Denn die Leistung einer derartigen
Sicherheit widerspricht den wesentlichen Grundgedanken der
Rechtsordnung. So würde sie dem Auftragnehmer den Zugriff auf
das Vermögen des Auftraggebers eröffnen, ohne dass es eines
Nachweises bedürfte, dass er seine Architekten- und Ingenieursleistung
in einem der jeweiligen Abschlagsrechnung entsprechenden
Umfang erbracht hat. Damit setzt die Regelung den Auftraggeber
der Gefahr einer Vorleistung aus, die den gesetzlichen Regelungen
des Werkvertrags – und nichts anderes ist nach dem bis
zum 31.12.2017 geltenden Werkvertragsrecht ein Vertrag über Architekten-
und Ingenieurleistungen – fremd ist (vgl. §§ 641, 320
BGB). Denn der mit dem notariellen Schuldanerkenntnis mit Vollstreckungsunterwerfung
einhergehende Verzicht auf den Nachweis
der Fälligkeit der Forderung ermöglicht dem Unternehmer
den schnellen Zugriff ohne Darlegung seiner materiellen Berechtigung,
so dass der Auftraggeber in die Rolle der Verteidigung seiner
Rechte gedrängt wird (vgl. BGH NJW 2002, 138). Insbesondere
liefe er Gefahr, Vermögenswerte endgültig zu verlieren, ohne dafür
einen entsprechenden Gegenwert am Bauvorhaben erhalten zu haben,
wofür es keine sachliche Rechtfertigung gibt (vgl. BGH
a.a.O.).“

(OLG Oldenburg, Urt. v. 18.2.2020 – 2 U 260/19 –, juris, Rz. 45)
Der BGH hat die Nichtzulassungsbeschwerde gegen die Entscheidung zurückgewiesen
(BGH, Beschl. v. 7.7.2021 – VII ZR 36/20 –, juris).

3. Ergebnis
Wir gehen daher davon aus, dass die Pflicht zur Abgabe eines Schuldanerkenntnisses in AGB
nicht wirksam wäre, da diese gegen das in §§ 307 Abs. 2, 641, 320 BGB verankerte Vorleistungsverbot
verstoßen würde.

Gutachten/Abruf-Nr:

191603

Erscheinungsdatum:

02.09.2022

Rechtsbezug

National

Normen in Titel:

BGB § 307