01. Januar 2004
GBO § 32; GBO § 29; BNotO § 21

Panama: Vertretung einer corporation

DNotI
Deutsches Notarinstitut

GUTACHTEN Dokumentnummer: letzte Aktualisierung: 14164 25.06.2004

EGBGB ­ Int. GesR; BNotO § 21; GBO §§ 29, 32 Panama: Vertretung einer corporation

I.

Sachverhalt Eine panamaische Gesellschaft (Inc.) hat durch Kaufvertrag ein in Deutschland belegenes Grundstück erworben. Die Gesellschaft wurde bei Abschluss des Kaufvertrags vollmachtlos vertreten. Sie

II. Frage Wie kann die Vertretungsbefugnis für die Gesellschaft nachgewiesen werden, um die Wirksamkeit der Genehmigung durch die Gesellschaft festzustellen? III. Zur Rechtslage 1. Anwendbares Recht Nach der in Deutschland in der Literatur herrschenden und von der Rechtsprechung einhellig angewandten sog. Sitztheorie wird die Rechtsfähigkeit und Vertretung einer Gesellschaft dem Recht des Staates unterstellt, in dem die Gesellschaft den tatsächlichen Sitz ihrer Hauptverwaltung hat (siehe z. B. BGH NJW 1997, 657; BayObLG DNotZ 1999, 233; Palandt/Heldrich, 63. Aufl. 2003, Anh. zu Art. 12 EGBGB Rn. 2). Ausnahmen ergeben sich in der Folge der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs infolge der Entscheidungen ,,Centros", ,,Überseering" (NJW 2002, 3614) und ,,Inspire Art" für Gesellschaften, die in einem anderen EU-Mitgliedsstaat inkorporiert worden sind bzw. die aus einem anderen EWR-Mitgliedsstaat stammen. Eine weitere Ausnahme gilt für Gesellschaften aus den USA aufgrund des Freundschaftsvertrages mit den USA. Diese Ausnahme gilt im vorliegenden Fall jedoch nicht, da es sich um eine panamaische Gesellschaft handelt. Bei Gesellschaften aus Panama, die im Inland auftreten, handelt es sich vielfach um sog. Off-shore-Gesellschaften, also Gesellschaften, die schon nach dem Recht von Panama in Panama keinerlei Geschäfte führen können. Solche Gesellschaften haben ihren tatsächlichen Verwaltungssitz also notwendigerweise außerhalb von Panama. Des Weiteren werden panamaische Gesellschaften in Deutschland auch gewerblich ,,vertrieben", um gutgläubigen Beteiligten eine (scheinbare) Möglichkeit zu geben, Restriktionen des deutschen Gewerberechts, Steuerrechts und Gesellschaftsrechts zu umgehen. In diesem Zusammenhang sollte der Notar darauf hinweisen, dass dann, wenn tatsächlich die Ge-

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Seite 2 schäftsleitung im Inland sitzt, die Gesellschaft nicht panamaischem, sondern deutschem Recht unterliegt. Es handelt sich dann um keine ,,corporation" als eigenständige juristische Person, sondern allenfalls um eine Personengesellschaft ­ sollte ein alleiniger Gesellschafter vorhanden sein, wäre nicht einmal die Konstruktion einer Personengesellschaft möglich, sondern würde ein ,,Nullum" vorliegen. Aus Sicht der deutschen Gerichte, insbesondere des Grundbuchamts ist vorbehaltlich anderweitiger Anhaltspunkte davon auszugehen, dass ein Anschein dahingehend vorliegt, dass sich der tatsächliche Verwaltungssitz der Gesellschaft in dem Staat befindet, nach dessen Recht die Gesellschaft erkennbar organisiert ist (so z. B. OLG München, NJW 1996, 2197; OLG Hamm, DB 1995, 107, 39; Demharter, GBO, § 24 Rn. 64; a. A. MünchKomm-Kindler, 3. Aufl. 1998, Internationales Gesellschaftsrecht, Rn. 331). 2. Zur Rechtsform Im vorliegenden Fall ist die Rechtsform der Gesellschaft nicht eindeutig. Das Recht von Panama lässt zunächst die Errichtung von Aktiengesellschaften nach dem Recht von Panama zu (sog. Sociedad Anonima ­ S.A.) (vgl. Respondek, Die Gründung von Aktiengesellschaften in Panama, in: RIW 1993, S. 730 ff.). Möglich ist aber auch, dass eine nach ausländischem Recht gegründete Gesellschaft (z. B. eine corporation, die nach dem Recht eines der US-amerikanischen Einzelstaaten gegründet worden ist) ihren Sitz in die Republik Panama verlegt (siehe hierzu IPG 1985/1986 Nr. 22 (Münster) S. 240). Im letzteren Fall ist dann davon auszugehen, dass sich die Rechtsfähigkeit und die innere und äußere Organisation der zugezogenen Gesellschaft weiter nach dem Gründungsrecht richten. Insoweit wäre also im vorliegenden Fall genauer zu untersuchen, um welche Rechtsform es sich handelt, insbesondere nach welchem Recht die Gesellschaft gegründet worden ist. 3. Vertretung einer S. A. panamaischen Rechts Eine Aktiengesellschaft hat nach dem Recht von Panama als Organe sowohl die Hauptversammlung als auch einen Verwaltungsrat (junta directiva), der sich aus mehreren directores zusammensetzt. Die Mindestzahl der Direktoren beträgt drei (siehe IPG, a. a. O., S. 241). Die gesetzliche Vertretung einer Aktiengesellschaft unterliegt nach panamaischem Recht dem Verwaltungsrat. Daneben kann offenbar durch die Satzung der Gesellschaft auch weiteren Personen bzw. Amtsträgern eine Vertretungsmacht verliehen werden (so im Fall Gutachten der Universität Münster (IPG 1985/1986 Nr. 22, S. 240), dem presidente der Gesellschaft). Darüber hinaus wird auch wohl in Panama allein der Satzung der Gesellschaft zu entnehmen sein, ob und in welcher Weise der Verwaltungsrat die Gesellschaft vertritt. Denkbar wäre insoweit, dass der Verwaltungsrat als Kollegialorgan auftritt, die einzelnen directores Einzelvertretungsbefugnis haben oder aber der Verwaltungsrat selber bestimmten directores Vertretungsmacht einräumt, sei es einzeln oder als Gesamtvertretungsbefugnis.

Seite 3 4. Nachweis der Existenz und Vertretungsbefugnis Der Nachweis der Existenz der Gesellschaft kann im vorliegenden Fall durch einen Auszug aus dem Register in Panama erfolgen, bei dem die Gesellschaft registriert worden ist ­ wobei dahingestellt bleiben kann, ob es sich insoweit um die originäre Registrierung als S.A. panamaischen Rechts handelt oder aber um die ,,sekundäre" Registrierung einer im Ausland gegründeten Gesellschaft nach Verlegung ihres Sitzes nach Panama. Der tatsächliche Verwaltungssitz der Gesellschaft freilich kann nicht entsprechend formell nachgewiesen werden. Insoweit handelt es sich um tatsächliche Verhältnisse, die auch nur durch entsprechenden Nachweis (z. B. den Nachweis, dass die laufenden Geschäfte tatsächlich aus Panama abgewickelt werden) erfolgen kann. Nicht nur die Gründung der Gesellschaft, auch sämtliche Änderungen in der Zusammensetzung des Verwaltungsrates der Gesellschaft sowie ihrer leitenden Angestellten (Sekretär, Präsident und Schatzmeister) sind nach panamaischen Recht zum Handelsregister anzumelden (siehe Tang/Sum/Yuen, The Hong Kong Secretary's Handbook, 3. Aufl., Rn. 33.14). Dementsprechend besteht also die Möglichkeit, die Zusammensetzung des Verwaltungsrates bzw. des board of directors durch eine entsprechende Bescheinigung des Handelsregisters in Panama nachzuweisen. Ob das Handelsregister in Panama auch verlautbart, in welcher Weise die Mitglieder des Verwaltungsrates bzw. des board of directors zur Vertretung der Gesellschaft berufen sind, ergibt sich aus den uns vorliegenden Unterlagen nicht. Jedenfalls dürfte es insoweit genügen, wenn der gesamte Verwaltungsrat durch Beschluss gehandelt hat, an dem dann sämtliche Direktoren beteiligt waren. Sollte eine andere weitere Person gehandelt haben, käme zum Nachweis ihrer Vertretungsbefugnis in Betracht, dass sie ihre Bestellung durch entsprechende Handelsregisterauszug nachweist, ggf. verbunden mit einer beglaubigten Abschrift der Satzung der Gesellschaft, aus der sich herleitet, dass sie auch in dieser Funktion zur entsprechenden Vertretung der Gesellschaft befugt war. I. Ü. wäre auch denkbar, dass der Sekretär der Gesellschaft, seinerseits unter Nachweis seiner Bestellung durch entsprechenden Handelsregisterauszug, eine Bestätigung abgibt, in dem er die Vertretungsbefugnis bescheinigt. Schließlich wäre auch denkbar, dass ein in Panama ansässiger Notar, der z. B. mit der Beglaubigung der Genehmigungserklärung befasst ist, diese mit einer entsprechenden Vertretungsbescheinigung versieht. Eine solche dem § 21 BNotO vergleichbare Vertretungsbescheinigung wird erfahrungsgemäß von den Grundbuchämtern in Deutschland als Nachweis der Vertretungsbefugnis und Existenz der Gesellschaft anerkannt. 5. Apostille Die Republik Panama ist seit dem 4.10.1991 Vertragspartner der Haager Konvention über die Befreiung ausländischer öffentlicher Urkunden von der Legalisation vom 5.10.1961 (BGBl 1991 II, S. 998). Daher bedarf eine entsprechende Bescheinigung, die von einer in Panama aus ansässigen öffentlichen Stelle ausgestellt worden ist, bei Verwendung in Deutschland keiner Legalisation, soweit das Grundbuch Zweifel an ihrer Echtheit hat, vielmehr genügt die Anbringung einer Apostille entsprechend den Vorschriften der Haager Konvention.

Gutachten/Abruf-Nr:

14164

Erscheinungsdatum:

01.01.2004

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International

Normen in Titel:

GBO § 32; GBO § 29; BNotO § 21