Wiedereintragung eines Nacherbenvermerks nach vorheriger Löschung aufgrund Löschungsbewilligung
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Gutachten des Deutschen Notarinstituts
Abruf-Nr.: 185759
letzte Aktualisierung: 13. Mai 2022
Wiedereintragung eines Nacherbenvermerks nach vorheriger Löschung aufgrund
Löschungsbewilligung
I. Sachverhalt
Es wurde ein notarieller Kaufvertrag über ein bebautes Grundstück beurkundet. Der Alleineigentümer
des Grundstücks ist hinsichtlich eines ideellen 1/2 Miteigentumsanteils nur Vorerbe.
Entsprechend fand sich in Abteilung II des Grundbuchs ein Nacherbenvermerk. Sämtliche
Nacherben waren an dem Vertrag beteiligt und haben der Veräußerung zugestimmt. Im Rahmen
des notariellen Vertrages wurde die Löschung des Nacherbenvermerks bewilligt und beantragt.
Im Rahmen der Abwicklung des Vertrages wurde aufgrund eines Büroversehens bereits mit dem
Schriftsatz an das Grundbuchamt, in dem gem.
beantragt wurde, auch die Löschung des Nacherbenvermerks beantragt. Die Löschung
hätte aber erst mit dem Antrag auf Eigentumsumschreibung beantragt werden dürfen. Das
Grundbuchamt hat die Löschung antragsgemäß vorgenommen. Die weitere Abwicklung des
Vertrages gestaltet sich schwierig, da die Käufer offensichtlich Probleme haben, den Kaufpreis
aufzubringen und die Grunderwerbsteuer zu zahlen. Es deutet sich an, dass der Verkäufer vom
Vertrag zurücktreten und dieser rückabzuwickeln sein wird. Nachdem das Büroversehen aufgefallen
ist, hat der Notar bereits informell mit dem zuständigen Grundbuchamt Kontakt aufgenommen
und nachgefragt, unter welchen Voraussetzungen der Nacherbenvermerk wieder in
Grundbuch einzutragen wäre. Hierzu wurde seitens des Grundbuchamts mitgeteilt, eine
Wiedereintragung des Nacherbenvermerks wäre auch auf Antrag der Vertragsbeteiligten nicht
mehr möglich. Eine Eintragung erfolge nur ein Mal von Amts wegen gem.
Mal aufgrund Bewilligung der Berechtigten gelöschter Nacherbenvermerk könne nicht mehr
erneut eingetragen werden.
II. Frage
Kann ein einmal gelöschter Nacherbenvermerk von Amts wegen oder auf Antrag erneut eingetragen
werden?
III. Zur Rechtslage
1. Voraussetzungen der Löschung des Nacherbenvermerks
Ein Nacherbenvermerk kann nach h. M. durch Bewilligung der Nacherben gelöscht
werden (OLG Düsseldorf NJOZ 2014, 1735; OLG Hamm
KEHE/Munzig, Grundbuchrecht, 8. Aufl. 2019,
Grundbuchrecht, 16. Aufl. 2020, Rn. 3512). Hierfür müssen alle Nacherben und ggf. Ersatznacherben
die Bewilligung abgeben. Für unbekannte Nacherben muss ein Pfleger bestellt
werden (Schöner/Stöber, Rn. 3512). Betreuer bedürfen der Genehmigung des Betreuungsgerichts
(Schöner/Stöber, Rn. 3514).
2. Wiedereintragung des Nacherbenvermerks von Amts wegen
Vorliegend haben sämtliche Nacherben die Löschung des Nacherbenvermerks bewilligt.
Der weiter für die Löschung erforderliche Antrag wurde
– wenngleich versehentlich – gestellt. Der Irrtum ergab sich nicht aus dem Antrag selbst
und dürfte für das Grundbuchamt auch nicht aus anderen Unterlagen ersichtlich gewesen
sein. Da eine Anfechtung von Bewilligung und Antrag dann nicht möglich ist (vgl.
Meikel/Böttcher, GBO, 12. Aufl. 2021, § 19 Rn. 163 bzw. § 13 Rn. 98), verbleibt es bei der
Wirksamkeit von Bewilligung und Antrag. Wir gehen daher nach dem geschilderten Sachverhalt
davon aus, dass das Grundbuchamt sich korrekt verhalten hat, sodass die Löschung
des Nacherbenvermerks nicht von Amts wegen zu „berichtigen“ ist.
Wenn das Grundbuchamt bei der Löschung des Nacherbenvermerks gegen gesetzliche
Vorschriften verstoßen haben sollte, wäre das richtige Vorgehen, gegen die Löschung einen
Amtswiderspruch gem.
14; Schöner/Stöber, Rn. 3523). Eine Wiedereintragung des versehentlich gelöschten Rechts
ist dem Grundbuchamt nach
Nacherbenvermerk aber antragsgemäß gelöscht, so dass sich diese Frage letztlich nicht
stellt.
3. Wiedereintragung des Nacherbenvermerks auf Antrag
Grundsätzlich wird der Nacherbenvermerk gem.
zugleich von Amts wegen eingetragen. Wird der Nacherbenvermerk zwischenzeitlich
gelöscht, kommt grundsätzlich eine Wiedereintragung auf Antrag des Nacherben in
Betracht (Bauer/Schaub, GBO, § 51 Rn. 89; Schöner/Stöber, Rn. 3504). Für die Eintragung
eines Nacherbenvermerks müssen jedoch folgende Voraussetzungen (weiterhin) erfüllt sein:
- es muss eine Nacherbschaft bestehen,
- das betreffende Grundstück muss zur Vorerbschaft gehören,
- die Verfügungsbeschränkungen der
- der Vorerbe muss eingetragen sein (Meikel/Böhringer, GBO, 12. Aufl. 2021, § 51
Rn. 81).
Vorliegend könnte es allein an der zweiten Voraussetzung, der Zugehörigkeit des
betreffenden Grundstücks zur Vorerbschaft, fehlen.
a) Ausscheiden des Grundstücks aus dem Nachlass aufgrund Abgabe einer Löschungsbewilligung?
Nach ganz h. M. wird die Löschung aufgrund Bewilligung der Nacherben nach § 19
GBO lediglich als Verzicht auf den durch den Nacherbenvermerk gem.
vermittelten verfahrensrechtlichen Schutz vor einem gutgläubigem Wegerwerb nach
des Nachlassgegenstandes zur Vorerbschaft lässt eine derartige Löschung hingegen
unberührt (KGJ 52, 166, 170; OLG Frankfurt
Formularbuch Erbrecht, 3. Aufl. 2020, Kap. 5 Rn. 60). Diese ändert mithin an der
materiell-rechtlichen Stellung der Nacherben nichts. Nach – soweit für uns ersichtlich –
einhelliger Meinung in der Literatur wird daher auch nach einem Verzicht die Eintragung
eines Nacherbenvermerks durch Widerruf des Verzichts und Antrag des Nacherben
für möglich gehalten (BeckOGK-BGB/Küpper, Std.: 15.6.2021, § 2100 Rn. 269;
Meikel/Böhringer, § 51 Rn. 123; Schöner/Stöber, Rn. 3507; Schaub, in: Bauer/Schaub,
GBO, 4. Aufl. 2018, § 51 Rn. 84).
b) Ausscheiden des Grundstücks aus dem Nachlass aufgrund Zustimmung zur
Veräußerung?
Einer Wiedereintragung des Nacherbenvermerks könnte jedoch entgegenstehen, dass
alle Nacherben der Veräußerung zugestimmt haben, sofern das Grundstück hierdurch
bereits aus dem Nachlass ausgeschieden ist. Dies trifft jedoch nicht zu. Denn ein Ausscheiden
des Grundstücks aus dem Nachlass erfolgt erst durch Vollzug der Verfügung
im Grundbuch (vgl. BeckOGK-BGB/Müller-Christmann, Std.: 1.4.2021, § 2113
Rn. 138 zu entgeltlichen Verfügungen eines befreiten Vorerben). Dies erscheint uns
auch deshalb konsequent, da sich
ausschließlich dinglich wirkende Rechtsübertragungen, Belastungen, Inhaltsänderungen
sowie die Aufgabe eines Grundstücksrechts erfasst (MünchKommBGB/Lieder,
8. Aufl. 2020, § 2113 Rn. 12). Auch die Zustimmung zu einer solchen Übertragung
kann sich daher ausschließlich auf Verfügungen beziehen. Die Verfügung ist aber vorliegend
noch nicht vollzogen worden, da hierzu weder die schuldrechtliche Verpflichtung
zur Übertragung des Eigentums am Grundstück noch die Vormerkung zählt,
und mangels Grundbucheintragung des Käufers ein Eigentumsübergang noch nicht
stattgefunden hat. Wirkung konnte die Zustimmung zur Verfügung daher noch nicht
entfalten, sodass das Grundstück noch nicht aus dem Nachlass ausgeschieden ist. Dies
erscheint uns auch insoweit konsequent, als ein unterbliebener Nacherbenvermerk bis
zur Umschreibung des zum Nachlass gehörenden Rechts auf einen Dritten nachgeholt
werden kann (OLG Hamm
4. Ergebnis
Sofern das Grundbuchamt bei der Löschung des Nacherbenvermerks nicht gegen gesetzliche
Vorschriften verstoßen hat, wofür nach dem uns mitgeteilten Sachverhalt keine Anhaltspunkte
ersichtlich sind, scheidet ein Tätigwerden von Amts wegen aus. Selbst wenn
man einen Verfahrensverstoß unterstellt, könnte lediglich ein Amtswiderspruch gegen die
Löschung des Nacherbenvermerks erfolgen, nicht jedoch eine Wiedereintragung von Amts
wegen. Hingegen ist uns kein Grund ersichtlich, weshalb eine Wiedereintragung des Nacherbenvermerks
nicht auf Antrag der Nacherben erfolgen könnte. Die Abgabe einer Löschungsbewilligung
führt nicht dazu, dass das Grundstück aus dem Nachlass ausscheidet,
vielmehr wird hierdurch lediglich auf den verfahrensrechtlichen Schutz verzichtet. Auch der
Zustimmung zur Verfügung über das Grundstück kommt diese Wirkung vor Umschreibung
des Grundbuchs auf den Erwerber aus unserer Sicht nicht zu. Insofern ist davon auszugehen,
dass der Nacherbenvermerk auf Antrag der Nacherben wieder eingetragen werden
kann und muss.
185759
Erscheinungsdatum:13.05.2022
RechtsbezugNational
Rechtsgebiete:Grundbuchrecht
Normen in Titel:GBO § 51