03. September 2021
BGB § 883; BGB § 2174; BGB § 2151

Sicherung des Anspruchs aus einem Bestimmungsvermächtnis durch Vormerkung nach Eintritt des Erbfalls

BGB §§ 2174, 2151, 883
Sicherung des Anspruchs aus einem Bestimmungsvermächtnis durch Vormerkung nach Eintritt des Erbfalls

I. Sachverhalt
Ein Ehepaar möchte sich erbvertraglich bindend gegenseitig zu alleinigen Erben einsetzen. Der Ehemann ist Eigentümer eines Grundstücks. Für den Fall, dass er als Erstversterbender von seiner Ehefrau beerbt wird, beschwert er diese mit einem Vermächtnis, wonach das Grundstück einer oder mehrere seiner (einseitigen) Abkömmlinge erhalten. Das Vermächtnis soll erst mit dem Tod der beschwerten Ehefrau anfallen und dann sogleich zu erfüllen sein. Die Ehefrau soll zu bestimmen haben, welcher Abkömmling bzw. welche Abkömmlinge dieses Vermächtnis erhalten sollen.

II. Fragen
1. Kann der Vermächtnisanspruch nach dem Ableben des Ehemannes, aber vor Bestimmung des Bedachten, durch Vormerkung gesichert werden?

2. Kann dies nur für alle – zumindest alle bei Eintragung der Vormerkung vorhandenen – Bedachten erfolgen oder auch für einzelne Bedachte?

3. Wäre für jeden einzelnen Bedachten eine eigene Vormerkung einzutragen oder eine gemeinsame Vormerkung für alle gesicherten Bedachten? Welches Berechtigungsverhältnis wäre in letzterem Fall anzugeben?

III. Zur Rechtslage
1. Keine Absicherbarkeit der Position des Vermächtnisnehmers vor dem Erbfall
Durch das Vermächtnis wird für den Bedachten das Recht begründet, von dem Beschwerten die Leistung des vermachten Gegenstands zu fordern (§ 2174 BGB). Regelmäßig entsteht die Forderung des Vermächtnisnehmers mit dem Erbfall (Anfall des Vermächtnisses; § 2176 BGB). Hieraus hat die ganz h. M. zunächst gefolgert, dass der (künftige) Vermächtnisnehmer vor dem Erbfall nicht durch Eintragung einer Vormerkung am vermachten Grundbesitz gesichert werden kann, und zwar auch dann nicht, wenn das Vermächtnis in einem Erbvertrag mit Bindungswirkung angeordnet worden ist (BGH NJW 1954, 633; Staudinger/Otte, BGB, 2019, § 2174 Rn. 21; NK-BGB/Horn/J. Mayer, 5. Aufl. 2018, § 2176 Rn. 6a; MünchKommBGB/Rudy, 8. Aufl. 2020, § 2174 Rn. 24). Der BGH hat in der genannten Grundsatzentscheidung im Wesentlichen argumentiert, dass durch eine Verfügung von Todes wegen – auch wenn sie vertragsmäßig getroffen wird – niemals ein Anspruch gegen den Erblasser begründet wird. Rechte der Bedachten entstehen erst mit dem Eintritt des Erbfalls. Vor Eintritt des Erbfalls hat der Vermächtnisnehmer lediglich eine tatsächliche Aussicht.

Auch ein Erbvertrag bewirkt dagegen keine Sicherung dafür, dass dem Bedachten der vermachte Gegenstand später zufallen wird; denn nach § 2286 BGB ist der Erblasser durch den Erbvertrag nicht gehindert, über sein Vermögen durch Rechtsgeschäft unter Lebenden zu verfügen. Ausnahmen hiervon regeln lediglich die §§ 2287, 2288 BGB. Die durch den Erbvertrag geschaffene erbrechtliche Bindung besteht nur zwischen denjenigen, die den Erbvertrag geschlossen haben. Weiter führte der BGH gegen die Eintragbarkeit einer Vormerkung ins Feld, dass der ge­sicherte Anspruch gegen denjenigen bestehen oder entstehen muss, dessen Grundstück von der Vormerkung betroffen wird (sog. Identitätsgebot; hierzu Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 16. Aufl. 2020, Rn. 1493 m. w. N.). Der mit dem Erbfall entstehende Vermächtnisanspruch ist aber nicht gegen den Erblasser, sondern gegen den Erben gerichtet.

2. Vormerkbarkeit des Anspruchs des Vermächtnisnehmers nach dem Erbfall
Im vorliegenden Sachverhalt geht es dagegen um die Sicherung des Vermächtnisanspruchs im Zeitraum nach dem Erbfall, also nach Ableben des Ehemannes, der das Vermächtnis anordnet. Insoweit steht die h. M. auf dem Standpunkt, dass dem Vermächtnisnehmer ein Anspruch auf Sicherung seiner Vermächtnisforderung nach dem Erbfall zwar nicht schon kraft Gesetzes zustehe, ein derartiger Anspruch auf Sicherung – also bei einem Grundstücksvermächtnis auf Bewilligung einer Auflassungsvormerkung – aber dem Bedachten im Testament zugewendet werden kann. Fehlt es zu dieser Frage an einer ausdrücklichen Regelung im Testament, so ist durch Auslegung des Testaments zu ermitteln, ob ein derartiger Anspruch des Vermächtnisnehmers auf Bewilligung einer Vormerkung zur Sicherung seines Vermächtnisanspruchs mitvermacht wurde (s. BGH DNotZ 2001, 805 unter Ziff. 3 der Entscheidungsgründe; zust. BeckOGK-BGB/Schellenberger, Std.: 15.2.2021, § 2174 Rn. 66 f.; Staudinger/Otte, § 2174 Rn. 20; MünchKommBGB/Rudy, § 2179 Rn. 8; Palandt/Weidlich, BGB, 80. Aufl. 2021, § 2174 Rn. 10). Für die Urkundsgestaltung folgt daraus, dass die Frage, ob ein derartiger Anspruch auf Bewilligung einer Vormerkung zur Sicherung des Vermächtnisanspruchs mitvermacht ist, ausdrücklich im Testament geregelt werden sollte, damit nicht auf das – im Zweifelsfall unsichere – Ergebnis einer Auslegung zurückgegriffen werden muss.

Da die Möglichkeit einer Sicherung des Vermächtnisanspruchs durch Vormerkung dem Gestaltungswillen des Testators überlassen ist, folgt daraus u. E. weiter, dass er sich für die einzelnen (potentiell) durch das Bestimmungsvermächtnis nach § 2151 BGB Bedachten auch verschieden entscheiden kann. Er könnte etwa anordnen, dass der Anspruch auf Bewilligung einer Vormerkung nur seinen zum Zeitpunkt des Erbfalls vorhandenen Kindern zustehen soll, dagegen nicht der Enkelgeneration. Ebenso könnte unter den einzelnen Kindern die Zuwendung der Sicherung durch Vormerkung nochmals differenzie­rend gere­gelt werden.

3. Sondersituation beim Bestimmungsvermächtnis vor Ausübung des Bestimmungsrechts
Vorliegend kommt als Besonderheit allerdings noch hinzu, dass die Vormerkung bereits zu einem Zeitpunkt eingetragen werden soll, zu dem die überlebende Ehefrau als Beschwerte ihr Bestimmungsrecht nach § 2151 BGB noch nicht ausgeübt hat. Fraglich ist zunächst, ob diese Situation der Sicherung eines künftigen oder derjenigen eines bedingten Anspruchs nach § 883 Abs. 1 S. 2 BGB zuzuordnen ist. Denn die Anforderungen an die Vormerkungsfähigkeit derartiger Ansprüche werden in Rechtsprechung und Lehre jeweils unterschiedlich bestimmt:

Für künftige Ansprüche wird überwiegend eine einschränkende Auslegung des § 883 Abs. 1 S. 2 BGB vertreten. Künftige Ansprüche sind hiernach einer Sicherung durch Vormerkung nur zugänglich, wenn eine vom Verpflichteten einseitig nicht mehr zerstörbare Bindung an das Rechtsgeschäft besteht. Dass die Entstehung nur noch vom Willen des Berechtigten abhängig sein darf, ist allerdings auch bei künftigen Ansprüchen nicht nötig (s. etwa KG FGPrax 2011, 79; OLG München MittBayNot 2010, 471; OLG Hamm DNotZ 1978, 356; Schöner/Stöber, Rn. 1489). Mit einer gebräuchlichen bildhaften Formulierung ist also ein künftiger Anspruch erst dann als vormerkungsfähig anzusehen, wenn der Rechtsboden für diesen Anspruch bereits als gesichert angesehen werden kann, was von der Bindung des Schuldners abhängt (zu den Einzelheiten s. BeckOGK-BGB/Assmann, Std.: 1.2.2021, § 883 Rn. 49 ff.).

Dagegen sind die Voraussetzungen für die Vormerkbarkeit bedingter Ansprüche aus Sicht der herrschenden Rechtsprechung und Lehre weniger restriktiv. Sie sind vormerkungsfähig, auch wenn der Eintritt der Bedingung vom Verhalten des Verpflichteten oder des Berechtigten abhängt (sog. Potestativbedingung; in diesem Sinn BGH NJW 2002, 2461, 2463; Schöner/Stöber, Rn. 1489 m. w. N.). Auch bei derart bedingten Ansprüchen scheiden jedoch reine Wollensbedingungen, bei denen die Wirksamkeit des Rechtsgeschäfts als solchem – d. h. die Bindung selbst – von einer im freien Belieben des Verpflichteten stehen­den Willenserklärung abhängt, als Grundlage für vormerkbare Ansprüche mangels rechtsgeschäftlicher Bindung aus (Schöner/Stöber, Rn. 1489; der Sache nach ebenso BeckOGK-BGB/Assmann, § 883 Rn. 66 f. m. w. N.).

Im Zusammenhang mit § 2151 BGB gilt insoweit: Vor Ausübung des Bestimmungsrechts oder bis zu dessen definitivem Ausbleiben sind die nach § 2151 BGB Bedachten aufschiebend bedingt, nach anderer Auffassung auflösend bedingt berechtigt. Eine dritte Auffassung lehnt beide vorgenannten Einordnungen ab und nimmt an, es handele sich beim Bestimmungsvermächtnis um einen besonderen Vermächtnistyp, wobei vor Ausübung des Bestimmungsrechts von der Gläubigerstellung eines noch unbekannten Beteiligten auszugehen sei (Überblick: BeckOGK-BGB/Hölscher, Std: 1.2.2021 § 2151 Rn 14, der selbst der dritten Ansicht folgt, Rn 19 ff; ebenso Staudinger/Otte, BGB, 2019 § 2151 Rn 4). Die Bestimmung der Person des Vermächtnisnehmers nach § 2151 BGB ist nach allgemeiner Auffassung jedenfalls kein Ereignis i. S. v. § 2178 BGB. Denn wenn die Bestimmung unterbleibt, sind die Bedachten Gesamtgläubiger (§§ 2151 Abs 3 S. 1, 428 ff. BGB), denen folgerichtig bereits von Anfang an ein (bedingter) Vermächtnisanspruch zustehen muss. Das Vermächtnis fällt bei § 2151 BGB daher bereits mit dem Erbfall und nicht erst mit Ausübung des Bestimmungsrechts gem. § 2176 BGB an (Staudinger/Otte, § 2178 Rn. 3; MünchKommBGB/Rudy, § 2151 Rn 7, § 2178 Rn 3; NK-BGB/Horn/J. Mayer, 5. Aufl. 2018, § 2178 Rn 3).

Daraus ist u. E. die Schlussfolgerung zu ziehen, dass sich die Vormerkbarkeit des Vermächtnisanspruchs beim Bestimmungsvermächtnis nach § 2151 BGB vor Ausübung des Bestimmungsrechts nach den Kriterien für die Sicherung bedingter Ansprüche i. S. v. § 883 Abs. 1 S. 2 BGB richtet, nicht nach denjenigen für künftige Ansprüche. Dies gilt auch dann, wenn man zunächst – mit den Auffassungen von Hölscher und Otte – die Gläubigerstellung eines unbekannten Beteiligten vertritt. Insoweit kann man das Vorliegen eines – durch Ausbleiben der Auswahlentscheidung nach § 2151 Abs. 2 BGB bedingten – Anspruchs der Gesamtgläubiger nach § 2151 Abs. 3 BGB annehmen, der ebenfalls vormerkungsfähig ist.

Der BGH hat in seiner genannten Grundsatzentscheidung zur Sicherung des Vermächtnisanspruchs nach dem Erbfall (BGH DNotZ 2001, 805) an diese sachenrechtlichen Grundsätze zu § 883 Abs. 1 S. 2 BGB angeknüpft: Anerkannt sei, dass ein Ankaufsrecht, wenn es – wie in der Fallgestaltung des BGH – in einem aufschiebend bedingten Auflassungsanspruch bestehe, der durch spätere Ausübungserklärung des Berechtigten zustande komme, durch Vormerkung im Grundbuch gesichert werden könne (BGH DNotZ 2001, 805 unter Ziff. 5 m. w. N.). Darüber hinaus wurde auch für die Sicherung des Vermächtnisanspruchs auf den allgemeinen Grundsatz zurückgegriffen, dass bedingte Ansprüche regelmäßig von Anfang an eine gesicherte Grundlage für die Eintragung einer Vormerkung böten. Dies gelte auch dann, wenn eine der Bedingungen in einem künftigen Verhalten des Verpflichteten liege (Potestativbedingung; BGH DNotZ 1997, 69; DNotZ 2001, 805 unter Ziff. 5). Aus diesen Grundsätzen leitet der BGH ab, dass das streitgegenständliche, vermächtnisweise zugewandte Ankaufsrecht im Grundbuch durch Vormerkung gesichert werden könne, auch wenn es von weiteren Voraussetzungen in der Person des Beschwerten und anderer Beteiligter abhänge.

Daran anschließend würden wir auch für den unterbreiteten Sachverhalt die Sicherbarkeit des Vermächtnisanspruches durch Vormerkung bereits vor Ausübung des Bestimmungsrechts bejahen. Wie dargestellt geht es um die Sicherung eines bedingten Anspruches, der regelmäßig durch Vormerkung gem. § 883 Abs 1 S. 2 BGB sicherbar ist. Dass die endgültige Berechtigung des einzelnen Abkömmlings von einer dahingehenden Auswahlerklärung der überlebenden Ehefrau (Verpflichteten) nach § 2151 Abs. 2 BGB abhängt, steht als Potestativbedingung der Vormerkbarkeit nicht entgegen. Die Regelung in § 2151 Abs. 3 BGB über die notfalls eintretende Berechtigung aller Bedachten als Gesamtgläubiger verdeutlicht zusätzlich, dass die Wirksamkeit der Anspruchsentstehung nicht ins freie Belieben der überlebenden Ehefrau als Verpflichteten gestellt ist.

4. Ergebnis
Im Ergebnis kann nach dem Gesagten also der Vermächtnisanspruch der Abkömmlinge bereits nach dem Ableben des Ehemannes durch Vormerkung gesichert werden, auch wenn die Bestimmungserklärung der überlebenden Ehefrau nach § 2151 BGB noch nicht abgegeben wurde. Der Testator kann steuern, ob eine derartige Vormerkung für alle oder nur für einzelne Bedachte eingetragen werden kann, indem er entweder allen oder nur einzelnen Bedachten den ausschlaggebenden testamentarischen Anspruch auf Sicherung durch Bewilligung einer Vormerkung mitvermacht. Gesetzlichen Vorschriften, die dem Testierwillen des Ehemannes spezifische Grenzen setzen würden, sind für uns nicht ersichtlich.

Nach unserer Einschätzung sind des Weiteren alle Bedachten, denen der Anspruch auf Sicherung durch Vormerkung zugewandt wurde, im Berechtigungsverhältnis der Gesamtgläubigerschaft nach § 428 BGB einzutragen. Dies folgt für den Zustand vor Ausübung des Bestimmungsrechts aus der Regelung in § 2151 Abs. 3 BGB, die sich in der Eintragung der Vormerkung widerspiegeln muss.

Gutachten/Abruf-Nr:

184133

Erscheinungsdatum:

03.09.2021

Rechtsbezug

National

Rechtsgebiete:

Vermächtnis, Auflage
Vormerkung

Erschienen in:

DNotI-Report 2021, 131-133

Normen in Titel:

BGB § 883; BGB § 2174; BGB § 2151