15. September 2016
WEG § 4; BGB § 873; BGB § 925; WEG § 7 Abs. 4; WEG § 1 Abs. 4

Realteilung eines in Wohnungs-/Teileigentum aufgeteilten Grundstücks; Entlassung eines einzelnen Gebäudes aus einer in Wohnungseigentum aufgeteilten Mehrhausanlage

WEG §§ 1 Abs. 4, 4, 7 Abs. 4; BGB §§ 873, 925

Realteilung eines in Wohnungs-/Teileigentum aufgeteilten Grundstücks; Entlassung eines einzelnen Gebäudes aus einer in Wohnungseigentum aufgeteilten Mehrhausanlage

I. Sachverhalt

Ein Grundstück ist nach dem WEG in Teileigentum aufgeteilt worden.

Es bestehen insgesamt zwei Teileigentumsrechte. Die Einheit Nr. 1 besteht aus zwei selbstständigen Hallen. Diese sind baulich getrennt. Die Hallen sollen künftig zu Halle 1a und 1b werden. Die Einheit Nr. 2 besteht ebenfalls aus zwei selbstständigen, getrennten Gebäuden (künftig: Gebäude 2a und 2b).

Die Eigentümer beabsichtigen, eine noch zu vermessende Teilfläche des Grundstücks an Dritte zu verkaufen und aufzulassen. Auf der zu verkaufenden Teilfläche befinden sich ein selbstständiges Gebäude der Einheit 1 (Halle 1b) und ein selbständiges Gebäude der Einheit 2 (Gebäude 2b).

Sondereigentum soll an der verkauften Teilfläche nicht mehr bestehen und insoweit aufgehoben werden.

Geplant ist, dass das Sondereigentum an der veräußerten Fläche aufgehoben wird und eine Realteilung des Grundstücks mit anschließender Veräußerung erfolgt.

II. Fragen

Welche Auswirkungen haben der beabsichtigte Verkauf der Teilfläche und die Aufhebung des Sondereigentums an den darauf befindlichen Gebäuden und Gebäudeteilen auf die bereits bestehenden Sondereigentumsrechte?

Ist zum Verkauf der Teilfläche und Auflassung des Grundstücks vorab eine Änderung der Teilungserklärung hinsichtlich des bestehenden Sondereigentums auf der den Verkäufern verbleibenden Restfläche mit neuer Abgeschlossenheitsbescheinigung erforderlich?

III. Zur Rechtslage

1. Gestaltungsalternativen

Grundsätzl ich bestehen zwei Möglichkeiten, um eine reale Aufteilung der einzelnen Gebäude der Wohnungseigentümergemeinschaft zu erreichen.

Zunächst ist es möglich, das Wohnungs- bzw. Teileigentum am gesamten Grundstück auf zu heben. Dadurch werden die bisherigen Wohnungs- und Teileigentümer Miteigentümer des Gesamtgrundstücks zu Bruchteilen (§§ 741 ff., 1008 ff. BGB). Nach Aufhebung des Wohnungseigentums kann dann ohne Verstoß gegen § 1 Abs. 4 WEG eine Realteilung des Grundstücks in zwei selbständige Grundstücke erfolgen. Durch Übertragung entsprechender Miteigentumsanteile müssen im Anschluss an die Realteilung dann noch die Eigentumsverhältnisse an den neuen Grundstücken gemäß dem beabsichtigten Endergebnis geändert werden. Anschließend ist eine erneute Aufteilung der Häuser in Wohnungs- bzw. Teileigentum möglich. Dabei ist zu beachten, dass nach Auffassung des OLG Hamm Grunddienstbarkeiten zugunsten des jeweiligen Eigentümers eines Wohnungseigentums mit der Aufhebung des Wohnungseigentums erlöschen. Auch eine spätere Neubegründung von Sondereigentum an denselben Räumen im Rahmen einer erneuten Teilung kann nach Auffassung des Gerichts an diesem Ergebnis nichts ändern (OLG Hamm ZWE 2016, 325).

Bei der zweiten Gestaltungsalternative bleibt das Sondereigentum hinsichtlich der im Wohnungs- bzw. Teileigentum verbleibenden Einheiten bestehen. Lediglich das Sondereigentum hinsichtlich der anderen Teilfläche, auf der sich die abzuteilenden Gebäude befinden, wird aufgehoben. Da nach wird die Realteilung des Grundstücks durchgeführt und das abgetrennte Teilstück entsprechend an die Erwerber übertragen.

2. Zulässigkeit einer Realteilung eines in Wohnungseigentum aufgeteilten Grundstücks

Nach § 1 Abs. 4 WEG kann Wohnungseigentum nicht in der Weise begründet werden, dass Sondereigentum mit Miteigentum an mehreren Grundstücken verbunden wird. Daraus ergibt sich, dass ein in Wohnungs- und Teileigentum aufgeteiltes Grundstück nicht als solches real in mehrere Grundstücke geteilt werden kann.

Eine Mindermeinung zieht daraus den Schluss, dass die Realteilung überhaupt nur dann möglich sei, wenn zunächst das Wohnungs- und Teileigentum insgesamt aufgehoben werde (so die erste Gestaltungsalternative; für diese Ansicht OLG Saarbrücken Rpfleger 1988, 479; LG Ravensburg Rpfleger 1990, 291).

Die ganz h. M. hält dagegen die Realtei lung eines in Wohnungseigentum aufgeteilten Grundstücks auch dann für möglich, wenn das Wohnungseigentum lediglich an dem abgetrennten Grundstücksteil aufgehoben wird und an dem Stammgrundstück bestehen bleibt (so die zweite Gestaltungsalterna tive; OLG Frankfurt OLGZ 1990, 253; OLG Hamm ZWE 2016, 325 Rn. 12; Böhringer, NotBZ 1999, 154, 163; Röll, Rpfleger 1990, 277, 278; Weitnauer/Briesemeister, WEG, 9. Aufl. 2004, § 1 Rn. 27 ff.; Schneider, in: Riecke/Schmid, WEG, 4. Aufl. 2015, § 6 Rn. 36 ff.).

3. Durchführung der realen Abteilung

a) Aufhebung des Sondereigentums an der abzutrennenden Fläche

Allerdings ist, auch wenn man der h. M. folgt, § 1 Abs. 4 WEG zu beachten. Konsequenz ist, dass eine reale Abteilung bei Fortbestehen der Wohnungseigentümergemeinschaft nicht zulässig ist. So führt auch Briesemeister zutreffend aus, dass die abzutrennende Grundstücksfläche keinesfalls den Teil berühren dürfe, auf dem das Gebäude stehe (in: Weitnauer, § 1 Rn. 33). Die reale Teilung darf das Sondereigentum nicht betreffen. Das Sondereigentum muss vorher aufgehoben werden. Erste Voraussetzung für die Realteilung ist demnach, dass an der abzutrennenden bzw. abzuveräußernden Fläche kein Sondereigentum (mehr) besteht.

Da die Fläche im vorliegenden Fall mit Gebäuden (Halle 1b und Gebäude 2b) bebaut ist, muss das daran bestehende Sondereigentum zu nächst aufgeho ben wer den.

aa) Zur vertraglichen Aufhebung des Sondereigentums bedarf es der Einigung aller Wohnungs- bzw. Teileigentümer in der Form der Auflassung (§ 925 BGB) gem. § 4 Abs. 1 und 2 WEG (Weitnauer/Briesemeister, § 4 Rn. 2; Bärmann/Armbrüster, WEG, 12. Aufl. 2013, § 4 Rn. 43 f.; Schneider, in: Riecke/Schmid, § 6 Rn. 36; BGHZ 139, 352; Muster bei Kreuzer, in: Beck’sches Formularbuch Wohnungseigentumsrecht, 3. Aufl. 2016, C. I und III; Schneider, in: Beck’sches Formularbuch Wohnungseigentumsrecht, G. I. 6; Stöhr, in: Kölner Formularbuch Immobilienrecht, 2. Aufl. 2015, Kap. 2 Rn. 638).

Ebenso ist nach §§ 877, 876 BGB die Zustimmung der dinglich Berechtigten erforderlich (Bär mann/Armbrüster, § 4 Rn. 40; Stöhr, Kap. 2 Rn. 637).

bb) Die Aufhebung des Sondereigentums hinsichtlich der Sondereigentumseinheit führt dazu, dass die bisher damit verbundenen Miteigentumsanteile isoliert fortbestehen. Das Bestehen eines isolierten Miteigentums anteils ist nach dem WEG aber unzulässig, da gem. § 3 Abs. 1 WEG jeder Eigentümer zugleich Sondereigentümer sein muss (Bärmann/Armbrüster, § 4 Rn. 44; Schnei der, in: Riecke/ Schmid, § 6 Rn. 38). Daher ist es erforderlich, dass die Miteigentumsanteile, die bisher auf diese Einheit entfielen, auf die best henden Wohnungs- bzw. Teileigentumseinhe ten verteilt werden (Bärmann/Armbrüster, § 4Rn. 44). Die entsprechende Übertragung der Miteigentumsanteile erfolgt durch Auflassung. Dabei sind alle bisherigen Wohnungs- und Teileigentümer zu beteiligen, da Sondereigentum zu nächst in Gemeinschaftseigentum umgewa delt wird. Die Mitwirkung der an der „aufgelösten“ Einheit dinglich Berechtigten ist gem. §§ 877, 876 BGB erforderlich. Es bedarf insofern deren Zustimmung.

cc) Sind die Wohnungs- bzw. Teileigentumsrechte der die isolierten Miteigentumsanteile erwerbenden Eigentümer bereits mit dinglichen Rechten belastet, so ist zur Herstellung einheitlicher Belastungsverhältnisse insoweit eine Pfanderstreckung erforderlich. Andernfalls käme nur der ursprünglich belastete Miteigentumsanteil zur Zwangsversteigerung (Schneider, in: Rie cke/Schmid, § 6 Rn. 8; zum Ganzen
Gutachten DNotI-Report 2015, 49). Unseres Erachtens tritt mit der Änderung der mit dem Sondereigentum verbundenen Miteigentumsquote kraft Gesetzes eine Pfanderstreckung ein
(vgl. Gutachten DNotI-Report 2015, 49, 51; so auch OLG Karlsruhe ZWE 2013, 208, 209; Bärmann/Armbrüster, § 2 Rn. 13; BeckOGKBGB/Müller, Std.: 1.7.2016, § 2 WEG Rn. 411; a. A. BayObLG NJW-RR 1993, 1043). Eine solche Erklärung wird zumindest konkludent in der Zustimmung eines Wohnungs- bzw. Teileigentümers anlässlich der Vereinbarung über die Änderung der Miteigentumsanteile liegen (vgl. OLG Hamm NZM 1999, 82; Schneider, in: Rie cke/Schmid, § 6 Rn. 8).

dd) Verfahrensrechtlich ist nach Schneider durch Vorlage einer amtlichen Karte der Nachweis zu erbringen, welche der im Sondereigentum stehenden Gebäudeteile sich auf der abveräußerten Teilfläche befinden (in: Riecke/Schmid, § 6 Rn. 37). Grundsätzlich ist zudem die Vorlage neuer Aufteilungspläne bei der Änderung von Sondereigentum erforderlich, da der Aufteilungsplan die Einhaltung des das Sachen- und Grundbuchrecht beherrschen den Bestimmtheitsgrundsatzes sichert (so Schneider, in: Rie cke/Schmid, § 7 Rn. 213). So kann für die verbleibenden (Rest-)Räumlichkeiten eine neue Abgeschlossenheitsbescheinigung erforderlich werden, da auch bei nachträglichen Veränderungen das Erfordernis der Abgeschlossenheit zu beachten ist. Eine Abgeschlossenheitsbescheinigung dürfte aber entbehrlich sein, wenn die Herausnahme eines Gebäudes aus dem Wohnungs- bzw. Teileigentum die Abgeschlossenheit und Zugänglichkeit im Übrigen nicht beeinträchtigen kann (Schneider, in: Beck’sches Formularbuch Wohnungseigentumsrecht, G. I. 6 Anm. 4). Da die Hallen und Gebäude im vorliegenden Fall räumlich getrennt sind, dürfte demzufolge eine neue Abgeschlossenheitsbescheinigung nicht erforderlich sein.

b) Realteilung

Nachdem das Sondereigentum an der abvermessenen Teilfläche aufgehoben ist, kann die Realteilung ohne Verstoß gegen § 1 Abs. 4 WEG erfolgen. Sachenrechtlich sind hierfür eine Erklärung des Eigentümers
(d. h. hier sämtlicher Wohnungs- bzw. Teileigentümer) und deren Eintragung im Grundbuch erforderlich. Während die bauplanungsrechtliche Teilungs genehmigung nach der Neufassung des § 19 BauGB weggefallen ist, könnte aufgrund der Bebauung beider Grundstücksflächen öffentlich-rechtlich eine Teilungsgenehmigung nach der anzuwendenden Landesbauordnung einzuholen sein.

aa) Streitig ist, ob für die Realteilung auch noch eine Vereinbarung über die Auf hebung des Wohnungseigentums an der abgetrennten Teilfläche erforderlich ist (OLG Frankfurt DNotZ 1991, 604; Herrmann, DNotZ 1991, 607, 609) oder ob die Aufhebung des Wohnungseigentums durch die Abtrennung kraft Gesetzes erfolgt (so Röll, Rpfleger 1990, 277; ebenso Böttcher, BWNotZ 1996, 80, 90). Im Hinblick auf das Gebot des im Zweifel sichersten Weges wird es sich empfehlen, eine entsprechende Aufhebungserklärung ausdrücklich in die Urkunde aufzunehmen.

bb) Durch die Durchführung der Realteilung ändern sich die Eigentumsverhältnisse zunächst nicht. An beiden Grundstücksflächen bestehen fortan dieselben Miteigentums anteile wie zuvor an dem einheitlichen Grundbuchgrundstück. Insofern ist es weiter erforderlich, das abgetrennte Teilstück mit dem darauf stehenden Gebäude von den Miteigentümern an den „Erwerber“ zu veräußern. Hierfür bedarf es einer Auflassung gem. § 925 BGB.

cc) Die Zustimmung der dinglich Berechtigten an den einzelnen Wohnungs- bzw. Teileigentumseinheiten ist dabei wohl bereits für die Realteilung mit Aufhe bung des Teil eigentums an der abveräußerten Fläche erforderlich (Schöner/Stöber, Grundbuch recht, 15. Aufl. 2012, Rn. 2983). Jedenfalls müssen die dinglich Berechtigten bei der Übertragung zustimmen, um die Lastenfreistellung zugewährleisten. Unmittelbar nach der Übertragung an den Erwerber kann das nunmehr ab getrennte Grundstück wieder mit den ursprünglichen Grundpfandrechten belastet wer den. Nach Auffassung des OLG Frankfurt/M. (MittBayNot 2000, 323) erfordert die Realteilung eines in Wohnungs eigentum auf geteilten Grundstücks als Zwischenschritt zunächst die Erstreckung der Be lastungen des jeweiligen Wohnungsei gentums auf das gesamte Grundstück. Durch Entlassung des jeweiligen Grund stücks aus der Mithaft erfolgt anschließend die Beschränkung der entsprechenden Grundschulden auf die jeweils neu entstandenen Grundstücke.

4. Absicherung der Beteiligten

Eine Absicherung der Beteiligten kann grundbuchverfahrensrechtlich dadurch erreicht werden, dass die verschiedenen Anträge dem Grundbuchamt lediglich zum gemeinsamen Vollzug nach § 16 Abs. 2 GBO vorgelegt werden. Insbesondere werden dann auch die Eintragungsbewilligungen nach § 16 Abs. 2 GBO miteinander verknüpft (dies ist zulässig, da § 16 GBO auf Eintragungsbewilligungen entsprechend anwendbar ist – BayObLGZ 1985, 332; OLG Hamm OLGZ 1992, 398 = MittRhNotK 1992, 149).

Gutachten/Abruf-Nr:

146539

Erscheinungsdatum:

15.09.2016

Rechtsbezug

National

Rechtsgebiete:

WEG
Sachenrecht allgemein

Erschienen in:

DNotI-Report 2016, 133-135

Normen in Titel:

WEG § 4; BGB § 873; BGB § 925; WEG § 7 Abs. 4; WEG § 1 Abs. 4