17. April 2020
GmbHG § 40

Angabe der Prozentsätze in der Gesellschafterliste nach Einziehung eines Geschäftsanteils ohne Aufstockung der Nennbeträge

Gutachten-Abruf-Dienst
Gutachten des Deutschen Notarinstituts
Abruf-Nr.: 174879
letzte Aktualisierung: 1 7 . April 2020

GmbHG § 40
Angabe der Prozentsätze in der Gesellschafterliste nach Einziehung eines Geschäftsanteils
ohne Aufstockung der Nennbeträge

I. Sachverhalt

In einer GmbH mit 5 Gesellschaftern mit je einem Geschäftsanteil (3 zu je 92.000 € [jeweils
23 %], einmal 84.000 € [21 %] und einmal 40.000 € [10 %]) sowie einem Stammkapital von
400.000 € wird der Geschäftsanteil im Nennbetrag von 40.000 € eingezogen. Beschlüsse zur
Aufstockung, Neubildung oder Kapitalherabsetzung werden nicht gefasst. Das satzungsmäßige
Stammkapital weicht deshalb von der Summe der Nennbeträge der einzelnen verbliebenen
Geschäftsanteile (360.000 €) ab.

II. Fragen

Woran hat sich in dieser Situation die Angabe der prozentualen Beteiligung in der Gesellschafterliste
zu orientieren? Am ursprünglichen Stammkapital oder an der Summe der Nennbeträge
der verbliebenen Geschäftsanteile?

III. Zur Rechtslage

Zu der aufgeworfenen Rechtsfrage existiert derzeit – soweit ersichtlich – noch keine Rechtsprechung.
Auch die Gesellschafterlistenverordnung von 2018 enthält dazu keine Hinweise.

1. Die beiden Lösungsansätze

Der Wortlaut des seit 2017 aktuellen § 40 Abs. 1 S. 1 2. Hs. GmbHG: „… sowie die durch
den jeweiligen Nennbetrag eines Geschäftsanteils vermittelte jeweilige prozentuale
Beteiligung am Stammkapital zu entnehmen sind“ erlaubt die Argumentation für beide
möglichen Lösungen. Versteht man den Wortlaut der Norm ganz formal, müsste man
weiterhin von dem Verhältnis des einzelnen Geschäftsanteils mit seinem Nennbetrag zur
unveränderten Stammkapitalziffer ausgehen, sodass die Bezugsgröße (100 %) das Stammkapital
selbst ist (so z. B. Wachter, GmbHR 2017, 1177, 1191). Dann würden allerdings die
Prozentsätze der nach der Einziehung verbleibenden Geschäftsanteile die gleiche Höhe wie
vor der Einziehung behalten, obwohl bei der Einziehung – anders als bei dem Erwerb von
eigenen Geschäftsanteilen - der betroffene Geschäftsanteil nach allgemeiner Meinung vernichtet
wird. Die gesellschaftsrechtliche Beteiligung (Stimmrecht, Dividendenanspruch,
Liquidationserlös usw.) der anderen Gesellschafter erhöht sich automatisch bei allen verbleibenden
Gesellschaftern proportional.

Um diesen Unterschied der tatsächlichen, gesellschaftsrechtlichen Beteiligung bei der
Angabe der Prozentsätze zu dokumentieren, vertritt eine starke Gegenmeinung, dass als
Bezugsgröße 100 % die Summe aller verbliebenen Nennbeträge anzunehmen ist
(MünchKommGmbHG/Heidinger, 3. Aufl. 2019, § 40 Rn. 135; Melchior/Böhringer,
GmbHR 2017, 1074, 1076 f.; Scholz/Seibt, GmbHG 12. Aufl. 2020, § 40 Rn. 31; Wachter,
GmbHR 2018, 1129, 1138; Heidinger in: Heckschen/Heidinger, Die GmbH in der
Gestaltungs- und Beratungspraxis, 4. Aufl. 2018, Kap. 13 Rn. 393).

2. Die Summe der Nennbeträge

Es spricht viel für letztere Ansicht, dass die Bezugsgröße (100 %) für die Angaben der
Prozente bei den einzelnen Geschäftsanteilen die Summe aller nach der Einziehung verbliebenen
Nennbeträge ist.

Da durch die Einziehung eines Geschäftsanteiles die Gesellschafterbeteiligung der verbleibenden
Gesellschafter quotal erhöht wird, repräsentieren die verbleibenden zu geringen
Nennbeträge eine höhere gesellschaftsrechtliche Beteiligung als sie tatsächlich ausweisen.

Dies ist gerade für den Ausweis des wirtschaftlich Berechtigten nach § 3 GWG relevant, der
bei einer Beteiligung von über 25 % angenommen wird. Folgt man der anderen Ansicht,
könnten die Angaben der Prozentsätze für die einzelnen Geschäftsanteile dadurch
manipuliert werden, dass man einen Aufstockungsbeschluss nach der Einziehung fasst oder
nicht. Im hier vorgelegten Fall hätten die drei 23-prozentig Beteiligten weiterhin einen Ausweis
von 23 % in der Liste statt realer i.H.v. 25,56 %. Bei den strengen Vorgaben der
Gesellschafterlistenverordnung für das Löschen von Altangaben in der Gesellschafterliste
(§ 3 GesLVO) ist auch schon bei der nächsten Liste nach der Einziehung kaum mehr
erkennbar, dass die Summe der Nennbeträge von dem Stammkapital abweicht und die
Prozentzahlen nicht die wahren Gesellschaftsverhältnisse wiedergeben. Deshalb dürfte dann
die Gesellschafterliste die Meldung zum Transparenzregister nach § 20 GwG nicht ersetzen
können (so auch Wachter, GmbHR 2017, 1177, 1191 für den vergleichbaren, aber
abzugrenzenden Fall der eigenen Anteile).

Man kann u. E. auch mit der Neuregelung des § 14 GmbHG und dem Verständnis für die
„Nennbeträge“ argumentieren. Der Geschäftsanteil ist danach eine Kurzbezeichnung für
die Summe der Rechte und Pflichten des einzelnen Gesellschafters in der GmbH (Mitgliedschaft)
(Bayer, in: Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 20. Aufl. 2020, § 14 Rn. 1). Der einzelne
Geschäftsanteil bestimmt sodann das Maß der Rechte und Pflichten seines Inhabers im
Verhältnis zu seinen Mitgesellschaftern. Dabei ist das Verhältnis der Nennwerte maßgebend
(Bayer, § 14 Rn. 1; Altmeppen, in Roth/Altmeppen, GmbHG, 9. Aufl. 2019, § 14 Rn. 4;
MünchKommGmbHG/Reichert/Weller, 3. Aufl. 2018, § 14 Rn. 8 u. 14). Reichert/Weller
(§ 14 Rn. 14) formulieren diesbezüglich am deutlichsten:

„Aus dem Verhältnis des Nennbetrages eines Geschäftsanteils
zur Summe der Nennbeträge aller Geschäftsanteile ergibt sich, zu
welchem Bruchteil der Inhaber eines Anteils an der GmbH beteiligt
ist.“

Dabei gehen die Autoren sicherlich davon aus, dass nach dem neu gefassten § 5 Abs. 3 S. 2
GmbHG stets die Summe der Nennbeträge der Stammkapitalziffer entsprechen muss

(Verweis auf BT-Drucks. 16/6140, S. 31 li. Sp.). Dies entspricht auch der Intention des
Gesetzgebers in § 40 Abs. 1 S. 1 2. Hs. GmbHG, durch die Angabe der Prozentsätze leicht
erkennen zu können, wer eine Beteiligung von über 25 % an einer GmbH hält und damit
wirtschaftlich Berechtigter i. S. d. GwG ist. Die vom BGH (Entscheidung v. 2.12.2015 –
II ZR 322/13, GmbHR 2015, 416) tolerierte fehlende Aufstockung der Nennbeträge der
verbleibenden Geschäftsanteile nach Einziehung eines Geschäftsanteils würde ansonsten
den Sinn und Zweck des Gesetzes aushebeln.

3. Ergebnis

Aus den oben genannten Gründen ist unseres Erachtens die Meinung, von der Summe der
Nennbeträge aller verbliebenen Geschäftsanteile als Bezugsgröße (100 %) für die
Berechnung der Prozentangaben auszugehen. Mangels höchstrichterlicher Rechtsprechung
ist die Rechtslage diesbezüglich aber noch nicht abschließend geklärt.

Gutachten/Abruf-Nr:

174879

Erscheinungsdatum:

17.04.2020

Rechtsbezug

National

Rechtsgebiete:

GmbH

Normen in Titel:

GmbHG § 40