13. August 2021
GBO § 52; BGB § 2368; GBO § 40; GBO § 39

Nachweis der Verfügungsbefugnis des Testamentsvollstreckers gegenüber dem Grundbuchamt; Testamentsvollstreckervermerk

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letzte Aktualisierung: 13. August 2021

GBO §§ 39, 40, 52; BGB § 2368
Nachweis der Verfügungsbefugnis des Testamentsvollstreckers gegenüber dem Grundbuchamt;
Testamentsvollstreckervermerk

I. Sachverhalt

Ein Testamentsvollstrecker will ein Grundstück verkaufen. Eine Finanzierungsgrundschuld des
Käufers soll auch bestellt werden. Testamentsvollstreckerzeugnis ohne Beschränkungen liegt
vor. Es liegt ein privatschriftliches Testament des Erblassers vor. Im Grundbuch sind noch keine
Erben und kein Testamentsvollstreckervermerk eingetragen.

II. Fragen

1. Bedarf die Eintragung der Auflassungsvormerkung der Voreintragung des Testamentsvollstreckervermerks?

2. Bedarf die Eintragung der Finanzierungsgrundschuld der Voreintragung der Erben
und/oder des Testamentsvollstreckervermerks?

3. Kann ein Testamentsvollstreckervermerk ohne Vorlage eines Erbscheins bzw. ohne gleichzeitige
Eintragung der Erben im Grundbuch eingetragen werden?

III. Zur Rechtslage

1. Nach § 39 Abs. 1 GBO soll eine Eintragung regelmäßig nur erfolgen, wenn die Person,
deren Recht durch sie betroffen wird, als der Berechtigte eingetragen ist. Der grundbuchrechtliche
Voreintragungsgrundsatz soll dem Grundbuchamt die Legitimationsprüfung
erleichtern und den eingetragenen Berechtigten dagegen sichern, dass ungeachtet der Vermutung
des § 891 BGB ein anderer unbefugterweise über das Recht verfügt. Er will des
Weiteren erreichen, dass der Rechtsstand des Grundbuchs und seine Änderungen nicht
bloß im Endziel richtig, sondern in allen Entwicklungsstufen klar und verständlich wiedergegeben
wird (BGH FGPrax 2010, 223; BGH Rpfleger 2006, 316; Demharter, GBO,
31. Aufl. 2018, § 39 Rn. 1). Dieser Voreintragungsgrundsatz wird in der GBO in den nachfolgenden
Vorschriften verschiedentlich zur Verfahrensvereinfachung und im Kosteninteresse
der Beteiligten durchbrochen. U.a. gilt der Voreintragungsgrundsatz des § 39
Abs. 1 GBO nicht, wenn die Person, deren Recht durch eine Eintragung betroffen wird,
Erbe des eingetragenen Berechtigten ist und die Eintragung aufgrund der Bewilligung eines
Testamentsvollstreckers erfolgen soll, sofern die Bewilligung gegen den Erben wirksam ist
(§ 40 Abs. 2 GBO). Die Wirksamkeit der Bewilligung des Testamentsvollstreckers gegen
den Erben liegt vor, wenn sich der Testamentsvollstrecker in den Grenzen seiner Verfügungsbefugnis
nach §§ 2205 ff. BGB hält, es sich also insbesondere nicht um eine – verbotene
– unentgeltliche Verfügung handelt (s. § 2205 S. 3 BGB; Demharter, § 40 Rn. 21).
Wir gehen davon aus, dass sich der Testamentsvollstrecker im vorliegenden Fall bei der
anstehenden entgeltlichen Veräußerung nebst Bestellung einer Finanzierungsgrundschuld
zugunsten des Käufers in den Grenzen seiner Verfügungsbefugnis hält.

§ 40 Abs. 1 GBO dispensiert vom Voreintragungsgrundsatz des § 39 Abs. 1 GBO im Falle
einer Bewilligung durch den nicht eingetragenen Erben nur dann, wenn die Übertragung
oder die Aufhebung des Rechts eingetragen werden soll. Der Übertragung des Rechts hat
die Rechtsprechung bereits früh die Eintragung einer darauf gerichteten Auflassungsvormerkung
gleichgestellt (KG JFG 7, 328; kürzlich BGH NJW 2018, 3310; s. Schöner/Stöber,
Grundbuchrecht, 16. Aufl. 2020, Rn. 142c; BeckOK-GBO/Zeiser, Std.: 1.10.2020, § 40
Rn. 20 m. w. N.), da es sich um eine Vorstufe zur Übertragung des Rechts handele; auch
insoweit ist die Voreintragung des Erben also nicht erforderlich. Umstritten ist im Anwendungsbereich
des § 40 Abs. 1 GBO, ob vom Voreintragungsgrundsatz des § 39 Abs. 1
GBO noch darüber hinausgehend auch bei der Eintragung einer Finanzierungsgrundschuld
zugunsten des künftigen Erwerbers vor Eigentumsumschreibung abgesehen werden kann,
um dem Interesse der Beteiligten an Kostenersparnis in diesen Fällen Genüge zu tun, in
denen der nicht eingetragene Erbe ohnehin alsbald sein Eigentum verliert (befürwortend
OLG Stuttgart DNotZ 2019, 194; OLG Köln Rpfleger 2018, 444; OLG Frankfurt a. M.
ZEV 2017, 719; Gegenansicht: Schöner/Stöber, Rn. 142c; BeckOK-GBO/Zeiser, § 40
Rn. 20).

2. Im vorliegenden Fall ist demgegenüber Sitz der Befreiung vom Voreintragungsgrundsatz
nicht § 40 Abs. 1 GBO, sondern § 40 Abs. 2 GBO. Dieser gestattet nach seinem eindeutigen
Wortlaut Eintragungen jeder Art, also nicht nur die Übertragung oder Aufhebung des
Rechts (BeckOK-GBO/Zeiser, § 40 Rn. 30; Meikel/Böttcher, GBO, 11. Aufl. 2015, § 40
Rn. 29; Gutachten DNotI-Report 2013, 75, 76). Dementsprechend ist im Anwendungsbereich
des § 40 Abs. 2 GBO nicht nur die Eigentumsumschreibung auf den Käufer, sondern
ebenso die dieser vorangehende Eintragung einer Auflassungsvormerkung zu seinen
Gunsten sowie die Bestellung einer Finanzierungsgrundschuld unproblematisch abgedeckt,
ohne dass es auf den Streitstand zu § 40 Abs. 1 GBO ankommen würde. Da die Voraussetzungen
des § 40 Abs. 2 GBO hier erfüllt sind, bedarf es also keiner Voreintragung der Erben.
Diese müssen nicht einmal positiv bekannt sein (Schöner/Stöber, Rn. 142 bei Fn. 304).
3. In diesen Fällen des § 40 Abs. 2 GBO ergibt sich die Handlungs- und Verfügungsbefugnis
des Testamentsvollstreckers nicht aus der Eintragung im Grundbuch, sondern aus dem
nach (oder: gemäß) § 2368 BGB erteilten Testamentsvollstreckerzeugnis (oder – im vorliegenden
Fall nicht einschlägig – aus der Ernennung in öffentlich beurkundeter Verfügung
von Todes wegen nebst Eröffnungsniederschrift gem. § 35 Abs. 2 Hs. 2, Abs. 1 S. 2 GBO;
s. Bauer/Schaub, GBO, 4. Aufl. 2018, § 40 Rn. 27 m. w. N.). Wird die Verfügungsbefugnis
des Testamentsvollstreckers – wie hier – durch ein Testamentsvollstreckerzeugnis gem.
§ 2368 BGB gegenüber dem Grundbuchamt nachgewiesen (vgl. § 35 Abs. 2 Hs. 1 GBO),
so ist ein zusätzlicher Nachweis der Amtsannahme des Testamentsvollstreckers gegenüber
dem Grundbuchamt nicht mehr erforderlich. Das Testamentsvollstreckerzeugnis ist regelmäßig
in Urschrift oder Ausfertigung vorzulegen. Die Vorlage einer beglaubigten Abschrift
genügt nicht (BayObLG DNotZ 1996, 20; BayObLGZ 1990, 82, 88; Schöner/Stöber, Rn.
3462). Nur dann, wenn die Nachlassakten beim selben Amtsgericht geführt werden wie das
Grundbuch des zu verkaufenden Grundbesitzes, kann die Vorlage des Testamentsvollstreckerzeugnisses
durch Verweisung auf diese Nachlassakten ersetzt werden
(Schöner/Stöber, Rn. 3462). Ist also – wie grundbuchverfahrensrechtlich erforderlich – die
Verfügungsbefugnis des Testamentsvollstreckers gegenüber dem Grundbuchamt in der
Form des § 35 Abs. 2 GBO nachgewiesen, im vorliegenden Fall durch Testamentsvollstreckerzeugnis,
so ist nicht nur gem. § 40 Abs. 2 GBO die vorgängige
Berichtigung des Grundbuchs auf die Person der Erben entbehrlich, sondern
darüber hinaus auch die Vorlage eines Erbscheins. Diese ist regelmäßig nicht erforderlich,
da der Testamentsvollstrecker die Erben – welche es auch seien – von der grundbuchverfahrensrechtlich
interessierenden Verfügungsbefugnis gem. §§ 2205, 2211 BGB ausschließt.

Eine Ausnahme gilt nur dann, wenn die Wirksamkeit der Verfügung des
Testamentsvollstreckers von der Beurteilung der Erbfolge abhängt, etwa weil der
Testamentsvollstrecker seinerseits die Grundbuchberichtigung auf die Person der Erben
beantragen würde. Nur in diesem Sonderfall ist notwendigerweise die Erbenstellung in der
Form des § 35 Abs. 1 GBO zusätzlich nachzuweisen (hierzu OLG Köln Rpfleger 1992, 342;
zur Regelfallgestaltung des entbehrlichen Erbnachweises: OLG München RNotZ 2016, 602,
603 f.; Demharter, § 35 Rn. 57).

4. Ist ein Testamentsvollstrecker ernannt, so ist dies nach § 52 GBO bei der Eintragung des
Erben von Amts wegen mit einzutragen, es sei denn, dass der Nachlassgegenstand der Verwaltung
des Testamentsvollstreckers nicht unterliegt. Bereits aus dem Wortlaut des § 52
GBO folgt, dass ein Testamentsvollstreckervermerk nur zusammen mit der Eintragung der
Erben, nicht aber isoliert eingetragen werden darf. Die Eintragung nur eines Testamentsvollstreckervermerks
i. S. v. § 52 GBO ohne gleichzeitige Miteintragung der Erben wäre
eine inhaltlich unzulässige Eintragung i. S. v. § 53 Abs. 1 S. 2 GBO (BayObLGZ 1995, 363,
365; Schöner/Stöber, Rn. 3466). Der Zweck des Testamentsvollstreckervermerks nach § 52
GBO liegt darin, den Testamentsvollstrecker vor der Gefahr zu schützen, dass Dritte von
den Erben Nachlassgrundstücke ohne Mitwirkung des Testamentsvollstreckers gutgläubig
erwerben (s. §§ 2211 Abs. 2, 892 BGB). Nach Eintragung des Testamentsvollstreckervermerks
ist ein derartiger gutgläubiger Erwerb nicht mehr möglich, da die mit der Testamentsvollstreckung
gegebene Verfügungsbeschränkung der Erben nunmehr infolge ihrer
Grundbuchersichtlichkeit jedem Erwerber entgegengesetzt werden kann (§ 892 Abs. 1 S. 2
BGB; Meikel/Böhringer, § 52 Rn. 4; Schöner/Stöber, Rn. 3465). Anders gewendet, soll der
Testamentsvollstreckervermerk gem. § 52 GBO also „nur“ den guten Glauben an
eine uneingeschränkte Verfügungsbefugnis der Erben zerstören; er soll dagegen
nicht die Verfügungsbefugnis eines bestimmten Testamentsvollstreckers positiv belegen
oder den guten Glauben an die Verfügungsbefugnis eines bestimmten Testamentsvollstreckers
schützen. Dazu ist der Vermerk nach § 52 GBO schon deswegen nicht geeignet,
weil im Grundbuch nur die Tatsache der Testamentsvollstreckung eingetragen wird.
Der Name des Testamentsvollstreckers und der Umfang seiner Verfügungsmacht werden
dagegen nicht mit eingetragen (KGJ 50, 168; KGJ 36, 190; Meikel/Böhringer, § 52 Rn. 29;
Schöner/Stöber, Rn. 3467). Dem positiven Nachweis der Verfügungsbefugnis eines bestimmten
Testamentsvollstreckers dient vielmehr – wie gesehen – das Testamentsvollstreckerzeugnis
nach § 2368 BGB, dem nach der genannten Vorschrift auch in gewissem
Umfang Gutglaubensschutz zukommt (dazu Gutachten DNotI-Report 2020, 11; 2017, 65).

5. Für die gestellten Rechtsfragen ergibt sich hiernach zusammenfassend: Die Eintragung
der Auflassungsvormerkung bedarf keiner Voreintragung des Testamentsvollstreckervermerks
nach § 52 GBO. Die Verfügungsbefugnis des Testamentsvollstreckers
kann und muss dem Grundbuchamt nicht durch den Testamentsvollstreckervermerk, sondern
durch das hier vorliegende Testamentsvollstreckerzeugnis gem. § 2368 BGB nachgewiesen
werden. Ebenso wenig bedarf die Eintragung der Finanzierungsgrundschuld
der Voreintragung der Erben, da im vorliegenden Fall § 40 Abs. 2 GBO vom Voreintra-
gungsgrundsatz umfassend dispensiert. Dasselbe gilt auch insoweit für den Testamentsvollstreckervermerk.
Würde ein Testamentsvollstreckervermerk gem. § 52 GBO eingetragen
werden, so wäre dies zwingend nur unter gleichzeitiger Eintragung der Erben im Grundbuch
möglich, wie sich aus dem Wortlaut des § 52 GBO ergibt; die Erbenstellung wäre in
diesem Fall, da lediglich ein privatschriftliches Testament des Erblassers vorliegt, durch
Erbschein oder Europäisches Nachlasszeugnis gem. § 35 Abs. 1 S. 1 GBO nachzuweisen.

Wie gesehen, bedarf es dieser Eintragung des Testamentsvollstreckervermerks für
den Grundbuchvollzug des anstehenden Kaufvertrages aber nicht, da die Verfügungsbefugnis
des Testamentsvollstreckers dem Grundbuchamt nicht durch einen gem.
§ 52 GBO eingetragenen Vermerk, sondern im vorliegenden Fall durch das Testamentsvollstreckerzeugnis
gem. §§ 35 Abs. 1, Hs. 1 GBO, 2368 BGB nachzuweisen ist.

Gutachten/Abruf-Nr:

181290

Erscheinungsdatum:

13.08.2021

Rechtsbezug

National

Rechtsgebiete:

Grundbuchrecht
Nachlaßabwicklung (insbes. Erbschein, Nachlaßinventar)

Normen in Titel:

GBO § 52; BGB § 2368; GBO § 40; GBO § 39