19. Februar 2021
EUErbVO Art. 21

USA: testamentarische Verfügung über in den USA belegenes Vermögen

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Gutachten des Deutschen Notarinstituts
Abruf-Nr.: 180433
letzte Aktualisierung: 19. Februar 2021

EuErbVO Art. 21
USA: testamentarische Verfügung über in den USA belegenes Vermögen

I. Sachverhalt

Der Testator ist US-amerikanischer Staatsangehöriger, geboren im Bundesstaat Oregon. Er lebt
dauerhaft mit gewöhnlichem Aufenthalt in Deutschland und möchte ein Testament errichten.
Er hat Immobilien in Deutschland und in den US-Staaten Oregon sowie South Dakota. Des
Weiteren hat er in Deutschland und in den USA Bankkonten.

II. Fragen

1. Wird ein in Deutschland beurkundetes Testament in den USA als formwirksam anerkannt?
2. Ist die Hinzuziehung von Zeugen notwendig?

3. Welches Erbrecht ist anwendbar, wenn der Erblasser im Zeitpunkt des Todes weiterhin
seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hat?

III. Zur Rechtslage

1. Erbstatut aus deutscher Sicht

Das anwendbare Recht bestimmt sich aus deutscher Sicht nach den Vorschriften im
Kap. III der Europäischen Erbrechtsverordnung vom 4.7.2012. Diese gilt als loi universelle
auch im Verhältnis zu sog. Drittstaaten (vgl. dazu nur MünchKommBGB/Dutta, 8. Aufl.
2020, Art. 20 EuErbVO Rn. 3) also auch den USA.

Gem. Art. 21 Abs. 1 EuErbVO ist auf die Rechtsnachfolge von Todes wegen das Recht des
Staates anwendbar, in dem der Erblasser seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte. Sofern der
Testator zum Zeitpunkt seines Todes seinen gewöhnlichen Aufenthalt weiterhin in
Deutschland haben sollte, wird daher das deutsche Erbrecht anwendbar sein. Eine Wahl
deutschen Erbrechts scheidet im vorliegenden Fall gem. Art. 22 Abs. 1 EuErbVO aus, da
der Testator keine deutsche Staatsangehörigkeit hat.

2. Auf die Erbfolge (succession) aus US-amerikanischer Sicht anwendbares Recht
Das Internationale Privatrecht ist zwar in den USA einzelstaatliches Recht, es ist jedoch –
mit Ausnahme von Louisiana – in keinem Staat zusammenhängend kodifiziert. Dennoch
gelten für das auf die Erbfolge anwendbare Recht im Wesentlichen die gleichen, aus dem
englischen common law stammenden Grundsätze (mit Ausnahme von Mississippi). So unterscheidet
man in den meisten Bundesstaaten bei gesetzlicher wie testamentarischer Erbfolge
zwischen beweglichem Vermögen (movables) und unbeweglichem Vermögen (immovables),
wobei es den unbeweglichen Nachlass der lex rei sitae unterstellt, den beweglichen dem
Recht des domicile des Erblassers zum Zeitpunkt seines Todes (s. nur Staudinger/Dörner,
BGB, Neubearb. 2007, Anh. zu Art. 25 f. EGBGB Rn. 925 ff.). Dabei ist nach der in den
USA allgemeinen Lehre für die Frage, ob ein Gegenstand als beweglich oder unbeweglich
zu qualifizieren ist, das jeweilige Belegenheitsrecht anzuwenden (Qualifikationsrückverweisung;
KG ZEV 2012, 593). Dies gilt insbesondere auch in den US-Staaten Oregon und
South Dakota.

Unter einem domicile ist nach dem – im Wesentlichen übereinstimmenden – Verständnis der
US-amerikanischen Bundesstaaten der Ort zu verstehen, zu dem eine Person die engste Beziehung
hat, d. h. an welchem sich ihr home befindet. Der Begriff des domicile ist dabei nicht
gleichbedeutend mit dem deutschen Begriff des Wohnsitzes oder gewöhnlichen Aufenthalts.
Vielmehr ist damit die Zugehörigkeit einer Person zu einem bestimmten Rechtsgebiet
gemeint. Dabei erwirbt eine Person ihr domicile zunächst durch Geburt. Dieses domicile of origin
ist das domicile des Vaters bei Geburt, bei unehelichen Kindern das der Mutter. Volljährige
Personen können das domicile verlegen. Für die Begründung eines derartigen domicile
of choice ist erforderlich, dass sich der propositus in einem anderen Rechtsgebiet dauerhaft aufhält
und die Absicht hegt, in diesem Land für eine unbestimmte Zeit zu bleiben (with the intention
of remaining in that country indefinitely, Hay, US-Amerikanisches Recht, 7. Aufl. 2020,
Rn. 245; NomosKommBGB/Odersky, 5. Aufl. 2018, Länderbericht USA, Rn. 10).

Dementsprechend käme es aus Sicht des US-amerikanischen Rechts im vorliegenden Fall zu
einer Nachlassspaltung: Während für das bewegliche Vermögen das Recht des domicile zum
Zeitpunkt des Todes des Erblassers gilt, gilt für die Immobilien das jeweilige Belegenheitsrecht.

Für die US-amerikanischen Immobilien ist dann also jeweils das Recht von
Oregon bzw. von South Dakota anzuwenden. In Deutschland belegene Grundstücke würden
nach dem deutschen Recht vererbt.

Eine Rechtswahl im Erbrecht kennen die meisten US-Bundesstaaten nicht. Vielmehr eröffnen
die Rechtsordnungen mancher Bundesstaaten nur die Möglichkeit, das auf die Auslegung
eines Testaments anwendbare Recht zu wählen.

3. Aus US-amerikanischer Sicht auf die Nachlassabwicklung (administration) anwendbares
Recht

Besonderheit des US-amerikanischen Erbkollisionsrechts ist es, dass dem Domizilrecht in
Bezug auf die Vererbung des beweglichen Vermögens allein die succession unterliegt, also die
Frage, wer was aus dem Nachlass bekommt. Im Gegensatz zum deutschen Recht gilt in den
USA also das Prinzip der funktionellen Nachlassspaltung (Odersky, in: NK-BGB, Bd. 5,
5. Aufl. 2018, USA, Rn. 6). Dies bedeutet, dass zwischen dem oben angesprochenen
Erbstatut einerseits und der Nachlassabwicklung (administration) andererseits unterschieden
wird. Anders als in Deutschland geht der Nachlass nicht im Wege der Universalsukzession
auf den oder die Erben über, sondern der Nachlass wird zunächst von einem sog. personal
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representative erworben. Dieser personal representative wird executor genannt, wenn er im
Testament bestimmt wurde, und administrator, wenn ihn ein Gericht bestellt hat. Der personal
representative übernimmt die Nachlassabwicklung und verteilt den Nachlass an die im
Testament Begünstigten.

Administration und probate richten sich ausschließlich nach der lex fori, sodass hier zumindest
auf die Nachlassabwicklung hinsichtlich des in den USA belegenen Vermögens aus amerikanischer
Sicht das dortige Recht angewendet werden wird. Aus diesem Grunde sollte in
dem Testament zumindest für das in den USA belegene Vermögen ein executor bestimmt
werden. Dabei kann auch der Begünstige selber, aber nicht ein Testamentszeuge, als executor
bestimmt werden. Das Gericht ist grundsätzlich an die Wahl des Testators gebunden. Es
sollte jedoch beachtet werden, dass in manchen Bundesstaaten nur im selben Staat lebende
Personen oder sogar nur in den USA lebende US-Staatsangehörige als executor zugelassen
sind (Hertel, in: Würzburger Notarhandbuch, 5. Aufl. 2018, Teil 7 Kap. 4 Rn. 666 f.).

Insoweit ergibt sich also nicht nur für das in den USA belegene unbewegliche Vermögen,
sondern auch für das dort belegene bewegliche Vermögen, einschließlich der Bankguthaben,
die Notwendigkeit einen personal representative in Form eines executor zu bestellen. Über das
Vermögen kann nicht in Form von Erbeinsetzungen verfügt werden, sondern es muss eine
vermächtnisweise Anordnung vorgenommen werden.

4. Testamentsformwirksamkeit

Aus deutscher Sicht unterliegt die Formwirksamkeit eines Testaments den Vorschriften des
Haager Testamentsformübereinkommens vom 5.10.1961. Dieses ist gem. Art. 75 Abs. 1
EuErbVO vorrangig vor den Vorschriften in Art. 27 EuErbVO anzuwenden. Gem. Art. 1
Abs. 1 lit. a des Haager Testamentsformübereinkommens ist ein Testament jedenfalls dann
formwirksam, wenn es den Vorschriften des Errichtungsortes entsprechend errichtet worden
ist. Dies gilt unabhängig davon, welche Staatsangehörigkeit der Erblasser hat, welches
Recht auf die Erbfolge anwendbar ist und wo der betroffene Nachlass belegen ist. Insoweit
wäre also ein in Deutschland den Vorschriften des deutschen Rechts entsprechend notariell
beurkundetes Testament aus deutscher Sicht jedenfalls formwirksam.

Für die US-amerikanischen Staaten ist das Haager Testamentsformübereinkommen nicht in
Kraft. Daher sind die Regeln über die Formwirksamkeit von Testamenten und das hierauf
anwendbare Recht landesweit uneinheitlich geregelt.

In den meisten Bundesstaaten muss ein Testament in der Form des Zwei-Zeugen-
Testaments errichtet werden. Zudem wird in den USA in zahlreichen Einzelstaaten ebenfalls
die Einhaltung der Ortsform als ausreichend anerkannt. In einigen Bundesstaaten
bestehen jedoch noch Vorbehalte. Dies gilt insbes. dann, wenn – wie hier – im jeweiligen
US-Staat belegene Immobilien betroffen sind. Vorsichtshalber könnte man daher zusätzlich
zur deutschen Beurkundungsform die vom Recht der meisten US-Staaten verlangte Form
des Zwei-Zeugen-Testaments einhalten. Erforderlich dafür ist, dass die Unterschrift des
Testators unter dem Testament in Gegenwart von zwei Testamentszeugen erfolgt, die
anschließend das Testament ebenfalls unterzeichnen. Ein Formular hierfür gibt es z. B. bei
Hertel (in: Walz, Beck´sches Formularbuch, Zivil-, Wirtschafts- und Unternehmensrecht
Deutsch-Englisch, 4. Aufl. 2018, Formular G I 3).

In Oregon bestimmt Sec. 112.235 Oregon Revised Statutes, dass ein Testament dann
formwirksam ist, wenn es als Zwei-Zeugen-Testament errichtet worden ist. Darüber hinaus
bestimmt Sec. 112.255 Abs. 1 Oregon Revised Statutes aber auch, dass ein Testament als formwirksam
errichtet gilt, wenn es in Schriftform errichtet wurde und vom Testator unterschrieben
wurde und i. Ü. entsprechend den Vorschriften des Errichtungsstaates zum Zeitpunkt
der Errichtung des Testaments entspricht. Ein in Deutschland vom Testator eigenhändig
unterschriebenes und i. Ü. notariell beurkundetes Testament wäre daher auch ohne
Beiziehung der beiden Zeugen aus Sicht von Oregon formwirksam.

Auch in South Dakota bestimmt Sec. 29A-2-502 der Statutes, dass ein Testament als holographes
Testament errichtet werden kann, aber auch als Zwei-Zeugen-Testament.

Sec. 29A-2-506 bestimmt in Bezug auf die Rechtsanwendung, dass ein in Schriftform
errichtetes Testament als wirksam zu behandeln ist, wenn es dem Recht des Ortes entspricht,
an dem das Testament errichtet worden ist. Auch aus Sicht von South Dakota ist
also die Einhaltung der deutschen Ortsform ausreichend.

Darüber hinaus stellt sich allerdings die Frage, ob nicht zum Zweck der Erleichterung der
Anerkennung der Wirksamkeit des Testaments in Oregon, in South Dakota dennoch die
dort geltenden Vorschriften zur Errichtung eines Testaments in Form des Zwei-Zeugen-
Testaments eingehalten werden. Dies würde dann den Nachweis erübrigen, dass die Vorschriften
des deutschen Rechts eingehalten worden sind.

Gutachten/Abruf-Nr:

180433

Erscheinungsdatum:

19.02.2021

Rechtsbezug

National

Normen in Titel:

EUErbVO Art. 21