Zustimmung des Testamentsvollstreckers als Potestativbedingung für Vermächtnisanfall
BGB §§ 2065, 2074, 2151, 2177
Zustimmung des Testamentsvollstreckers als Potestativbedingung für Vermächtnisanfall
I. Sachverhalt
In einem Erbvertrag möchten die Testierenden anordnen, dass der Erbe des Längerlebenden für die Dauer von zehn Jahren über eine im Nachlass befindliche Immobilie nicht verfügen darf. Auch eine Vermietung oder sonstige Gebrauchsüberlassung zu Wohnzwecken soll für diesem Zeitraum nicht zulässig sein, es sei denn, der im Erbvertrag bestimmte Testamentsvollstrecker stimmt der Gebrauchsüberlassung zu (Hintergrund ist die derzeitige Nutzung der Immobilie als Kunstgalerie, die für den vorgenannten Zeitraum aufrechterhalten bleiben soll). Für den Fall des Verstoßes gegen das Veräußerungs-/Vermietungsverbot soll der Erbe im Wege des Vermächtnisses verpflichtet sein, an einen Dritten eine bestimmte Geldsumme zu zahlen, sofern die Zustimmung des Testamentsvollstreckers nicht vorliegt.
II. Frage
Kann die Zustimmung des Testamentsvollstreckers zulässiger Bestandteil der Bedingung für den Anfall des Vermächtnisses sein?
III. Zur Rechtslage
1. Höchstpersönlichkeit der Testamentserrichtung
§ 2065 BGB verwirklicht den Grundsatz der materiellen Höchstpersönlichkeit der Testamentserrichtung. Er will die persönliche Verantwortung des Erblassers gewährleisten, der von der gesetzlichen Erbfolge abweichen will (vgl. MünchKommBGB/Leipold, 7. Aufl. 2017, § 2065 Rn. 1). Hierzu ordnet § 2065 Abs. 1 BGB an, dass der Erblasser eine letztwillige Verfügung nicht in der Weise treffen kann, dass ein anderer zu bestimmen hat, ob sie gelten oder nicht gelten soll. Der Erblasser kann nach
Im vorliegenden Fall handelt es sich nicht um eine bedingte Erbeinsetzung, sondern um ein bedingtes Vermächtnis. Für Vermächtnisse sind in weiterem Umfang Abweichungen vom Grundsatz der materiellen Höchstpersönlichkeit im Vermächtnisrecht vorgesehen, nämlich in den §§ 2151 ff. BGB. Die hier in Aussicht genommene Bedingung, dass der Testamentsvollstrecker bei einem an sich gegebenen Verstoß gegen das Veräußerungs-/Vermietungsverbot den Anfall des Vermächtnisses verhindern kann, indem er seinerseits der Gebrauchsüberlassung zustimmt, lässt sich jedoch unter keine der in §§ 2151 ff. BGB vorgesehenen Ausnahmen vom Grundsatz der materiellen Höchstpersönlichkeit subsumieren. Insbesondere ist auch nicht erkennbar, dass der Testator hier einen besonderen Zweck des Vermächtnisses festgelegt hätte, sodass die Drittbestimmungsmöglichkeit aus
2. Zulässigkeit von Potestativbedingungen
Aus § 2074 BGB geht zwar hervor, dass die bedingte Anordnung eines Vermächtnisses zulässig ist. Dies gilt nicht nur für solche Potestativbedingungen, die in einer bestimmten Willensbetätigung des Bedachten selbst bestehen. Im Grundsatz sind darüber hinaus auch solche Potestativbedingungen zulässig, die – wie hier in Form der Zustimmung des Testamentsvollstreckers – in der Willensbetätigung eines Dritten bestehen. Jedoch muss es dem Erblasser entscheidend auf den Eintritt oder Nichteintritt des Ereignisses ankommen, wobei entscheidend auf seine Erwartungshaltung abzustellen ist (BeckOGK-BGB/Gomille, Std.: 1.7.2018, § 2065 Rn. 19). Die an ein Drittverhalten geknüpfte Potestativbedingung ist hiernach zulässig, wenn der Erblasser die Folge von Eintritt und Nichteintritt bei seiner Willensbildung bedacht hat und nicht davon ausgeht, dass für den maßgeblichen Dritten die Möglichkeit seiner Einflussnahme auf die Geltung des Testaments „primär verhaltensleitend“ ist (so wörtlich BeckOGK-BGB/Gomille, § 2065 Rn. 19; sinngemäß auch MünchKommBGB/Leipold, § 2065 Rn. 12).
Die Rechtsprechung hatte sich wiederholt mit der hier anstehenden Abgrenzungsfrage zu befassen. Grundlegend für die Linie der Rechtsprechung ist zunächst ein Urteil des BGH vom 18.11.1954 (
Die neuere Judikatur der Oberlandesgerichte verfolgt demgegenüber eine etwas weniger strenge Argumentationslinie. Das OLG Celle (
Ähnlich fasst auch das OLG Stuttgart (
3. Abschließende Würdigung
Überträgt man die wiedergegebenen Maßstäbe in Rechtsprechung und Literatur zur Bestimmung der Reichweite des Grundsatzes der materiellen Höchstpersönlichkeit auf den vorliegenden Fall, so ist nach unserer Einschätzung die Zustimmung des Testamentsvollstreckers in der vorliegend geplanten Verfügung kein zulässiger Bestandteil der Bedingung für den Anfall des Vermächtnisses. Soweit für uns erkennbar, erhält der Testamentsvollstrecker im Testament keine Erblasseranordnung (§ 2216 Abs. 2 BGB) als Verhaltensleitlinie dafür, wann er die Zustimmung zu erteilen oder nicht zu erteilen hat. Das maßgebliche Interesse des Erblassers, nämlich die Erhaltung der Nutzung als Kunstgalerie, scheint im Wortlaut der Verfügung bislang unausgesprochen zu bleiben. Eine beliebige Entscheidungsbefugnis des Testamentsvollstreckers hierüber ohne materiell vom Erblasser aufgestellte Kriterien würde aber einen Verstoß gegen § 2065 Abs. 1 BGB begründen. Wie bereits dargestellt, sind die großzügigeren Drittbestimmungsmöglichkeiten der §§ 2151 ff. BGB im vorliegenden Sachverhalt nicht geeignet, die geplante Potestativbedingung zu rechtfertigen.
Allenfalls könnte unter gestalterischen Gesichtspunkten erwogen werden, dem Testamentsvollstrecker gemäß § 2216 Abs. 2 BGB für die Erteilung oder Nichterteilung seiner Zustimmung so bestimmte Leitlinien zu erteilen, dass ein Ermessen ausgeschlossen ist. Lassen sich die Leitlinien nicht so präzise fassen, dass ein Ermessen des Testamentsvollstreckers ausgeschlossen ist, so wäre die Geltung der so gesetzten Bedingung nach unserer persönlichen Einschätzung vor dem Hintergrund der bislang nicht aufgegebenen Rechtsprechung des BGH (BGH
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Erscheinungsdatum:24.10.2019
RechtsbezugNational
Erschienen in: Normen in Titel:BGB § 2177; BGB § 2065; BGB § 2151