07. Januar 2021
BGB § 1153; BGB § 1113 Abs. 2; GBO § 22; BGB § 1184; BGB § 1163; ErbbauRG § 2

Übergang einer vertragsstrafesichernden Hypothek bei Übertragung des Erbbaugrundstücks

ErbbauRG § 2 Nr. 5; BGB §§ 1113 Abs. 2, 1153, 1163, 1184; GBO § 22
Übergang einer vertragsstrafesichernden Hypothek bei Übertragung des Erbbaugrundstücks

I. Sachverhalt
Bei der Bestellung eines Erbbaurechts wurde als dinglicher Inhalt des Erbbaurechts ein Vertragsstrafeversprechen gem. § 2 Nr. 5 ErbbauRG vereinbart. Zur Absicherung dieses Versprechens wurde im Grundbuch eine Sicherungshypothek bis zum Höchstbetrag von 5.000 € für Herrn X, den ursprünglichen Eigentümer des Erbbaugrundstücks, eingetragen. Herr X übergab das Erbbaugrundstück an seine Tochter. Dabei trat sie in alle dinglichen und schuldrechtlichen Rechte und Pflichten aus dem Erbbaurechtsvertrag ein. Zur Sicherungshypothek wurde im Übergabevertrag nichts geregelt. Nunmehr ist die Tochter als Eigentümerin des Erbbaugrundstücks im Grundbuch eingetragen. In Abt. III des Erbbaugrundbuchs steht noch die Sicherungshypothek zugunsten des ursprünglichen Eigentümers, Herrn X.

II. Fragen
1. Ist mit dem dinglichen Anspruch auf das Vertragsstrafeversprechen akzessorisch auch die Sicherungshypothek auf die neue Grundstückseigentümerin übergegangen?

2. Kann das Grundbuch ggf. von Amts wegen berichtigt werden?

III. Zur Rechtslage
1. Allgemeines
a) Dingliche Wirkung des Vertragsstrafeversprechens nach § 2 Nr. 5 ErbbauRG
Zwischen dem jeweiligen Eigentümer und dem jeweiligen Erbbauberechtigten wirkt die als dinglicher Inhalt des Erbbaurechts vereinbarte Verpflichtung zur Zahlung einer Vertragsstrafe (Winkler/Schlögel, in: v. Oefele/Winkler/Schlögel, Handbuch des Erbbaurechts, 6. Aufl. 2016, § 4 Rn 139; Böttcher, Praktische Fragen des Erbbaurechts, 9. Aufl. 2020, Rn. 250) nur dann, wenn auch die strafbewehrte Hauptverpflichtung zulässiger Erbbaurechtsinhalt ist (BGH NJW 1990, 832 = DNotZ 1991, 391). Wirkung und Übergang des Vertragsstrafeversprechens hängen also maßgeblich davon ab, welche Hauptverpflichtung durch das Vertragsstrafeversprechen gesichert werden soll; die Vertragsstrafe ist nämlich akzessorisch zur Hauptverpflichtung (Palandt/Grüneberg, BGB, 80. Aufl. 2021, § 339 Rn. 13; BeckOK-BGB/Janoschek, Std.: 1.11.2020 § 339 Rn. 3; jurisPK-BGB/Beater, 9. Aufl. 2020, § 339 Rn. 32). Die gesicherte Hauptverpflichtung lässt sich dem Sachverhalt nicht entnehmen. Für die nachfolgende Bearbeitung unterstellen wir, dass die Hauptverpflichtung ebenfalls Inhalt des Erbbaurechts ist.

b) Strafvereinbarung und Strafanspruch
Für die dogmatische Einordnung der Vertragsstrafe ist zu unterscheiden zwischen der Vereinbarung nach § 2 Nr. 5 ErbbauRG („Strafvereinbarung“), die durch die Eintragung im Grundbuch dingliche Wirkung erlangt und damit für und gegen die Rechtsnachfolger der Beteiligten wirkt, und dem mit der Verwirkung der Vertragsstrafe entstehenden, losgelösten Einzelanspruch („Strafanspruch“; MünchKommBGB/Heinemann, 8. Aufl. 2020, § 2 ErbbauRG Rn. 6 f.; vgl. zur Terminologie im Schuldrecht Staudinger/Rieble, BGB, 2020, § 339 Rn. 2). Der letztgenannte Anspruch wirkt nur zwischen dem zum Zeitpunkt der Verwirkung eingetragenen Grundstückseigentümer und dem zum Zeitpunkt der Verwirkung eingetragenen Erbbauberechtigten. Bis zur Anspruchsentstehung durch Verwirkung sind die Rechte und Pflichten aus der dinglichen Vereinbarung sonderrechtsunfähiger Bestandteil des Erbbaurechts und können daher nicht getrennt abgetreten werden (MünchKommBGB/Heinemann, § 2 ErbbauRG Rn. 6). Da der Sachverhalt keine Anhaltspunkte für eine bereits erfolgte Verwirkung der Vertragsstrafe liefert, gehen wir davon aus, dass ein Strafanspruch noch nicht entstanden ist. Weil dann aber die gem. § 2 Nr. 5 ErbbauRG verdinglichte Strafvereinbarung nicht vom Erbbaurecht gelöst werden kann, dürfte sie auf T als neue Eigentümerin des erbbaurechtsbelasteten Grundstücks übergegangen sein (womit noch nicht das Schicksal der Hypothek beantwortet ist). Auf die umstrittene Frage, ob das Strafversprechen analog § 401 BGB mit Übertragung der Hauptforderung übergeht, dürfte es deshalb bei einer Strafvereinbarung, die dinglicher Inhalt des Erbbaurechts ist, nicht ankommen (vgl. zum Streitstand einerseits MünchKommBGB/Roth/Kieninger, 8. Aufl. 2019, § 401 Rn. 9 und andererseits BeckOGK-BGB/Lieder, Std.: 1.3.2020, § 401 Rn. 55 – jew. m. w. N.)

c) Keine Haftung des Erbbaurechts für die Vertragsstrafe; Erfordernis der Grundpfandrechtsbestellung
Da der jeweilige Erbbauberechtigte für eine von ihm verwirkte Vertragsstrafe nur persönlich haftet, wird zur dinglichen Absicherung des Grundstückseigentümers regelmäßig ein Grundpfandrecht am Erbbaurecht bestellt (Winkler/Schlögel, § 4 Rn. 141; Ingenstau/Hustedt, ErbbauRG, 11. Aufl. 2018, § 2 Rn. 90 f.; Staudinger/Rapp, 2017, § 2 ErbbauRG Rn. 29). Hypotheken können nach § 1113 Abs. 2 BGB grundsätzlich auch für künftige Forderungen (den Strafanspruch) bestellt werden, sofern der Rechtsboden für diese Forderung gelegt ist (BeckOGK-BGB/Kern, Std.: 1.11.2020, § 1113 Rn. 93 m. w. N.). Dies ist bei einer Vertragsstrafenvereinbarung nach § 2 Nr. 5 ErbbauRG der Fall, da bereits eine vertragliche Vereinbarung (in Form der Strafabrede) zwischen den Parteien besteht.

2. Die hypothekengesicherte Forderung
Um das Schicksal der Hypothek bei Übereignung des Grundstücks zu klären, ist zunächst die hypothekarisch gesicherte Forderung zu bestimmen: Ist es die (unbedingte) „Forderung“ in Form der Strafabrede oder der aufschiebend bedingte Strafanspruch? Wie oben dargelegt, dürfte die Strafabrede mit Übereignung des Grundstücks als Inhalt des Erbbaurechts ohne Weiteres auf die neue Eigentümerin übergegangen sein. Denn mit Erwerb des Eigentums am Erbbaugrundstück übernahm sie das eingetragene Erbbaurecht mit seinem gesamten dinglichen Inhalt (Winkler/Schlögel, § 5 Rn. 104).

a) Strafanspruch als gesicherte Forderung
Da das Vertragsstrafeversprechen bis zur Entstehung des Strafanspruchs durch Verwirkung nur ein sonderrechtsunfähiger Bestandteil des Erbbaurechts ist (MünchKommBGB/Heinemann, § 2 ErbbauRG Rn. 6), könnte man annehmen, mit der Übertragung des dinglichen Stammrechts gehe gem. § 1153 Abs. 1 BGB auch die das Vertragsstrafeversprechen sichernde Hypothek über. Bis zur Entstehung des persönlichen Anspruchs würde die Hypothek damit direkt die dingliche Vereinbarung nach § 2 Nr. 5 ErbbauRG sichern.

Dagegen lässt sich allerdings einwenden, dass die Hypothek gem. § 1113 Abs. 1 BGB nur eine „Forderung“, nicht aber ein dingliches Recht sichern kann. Mehr noch: Die Hypothek kann nach h. M. nur eine Geldforderung sichern (MünchKommBGB/Lieder, § 1113 Rn. 48 m. w. N.). Eine Geldforderung ist aber nicht die dingliche Strafabrede, sondern erst der daraus erwachsende Strafanspruch. Naheliegend ist also, dass die Hypothek den aufschiebend bedingten Strafanspruch sichert.

b) Entstehung der Hypothek bei aufschiebend bedingter Forderung
Da dieser Anspruch bisher wohl nicht existiert, stellt sich die Frage, ob die Hypothek überhaupt bereits als Fremdhypothek entstehen konnte oder ob sie gem. §§ 1163 Abs. 1 S. 1, 1177 Abs. 1 S. 1 BGB dem Erbbauberechtigten als „Eigentümergrundschuld“ (präzise wäre wohl der Begriff „Erbbauberechtigtengrundschuld“) zusteht und dem Eigentümer des Grundstücks lediglich ein korrespondierendes Anwartschaftsrecht. Ähnlich verhält es sich bei einem bereits abgeschlossenen Darlehensvertrag, dessen Rückzahlungsanspruch mangels Valutierung des Darlehens noch nicht entstanden ist. Nach herrschender Auffassung in Rechtsprechung und Literatur ist § 1163 Abs. 1 S. 1 BGB auch auf solche künftigen Forderungen anwendbar, nicht nur auf solche, die endgültig und planwidrig nicht entstehen (RGZ 153, 167, 170; BayObLG MDR 1970, 233; Staudinger/Wolfsteiner, 2019, § 1163 Rn 31; MünchKommBGB/Lieder, § 1163 Rn. 9 m. w. N.; a. A. Wilhelm, Sachenrecht, 5. Aufl. 2016, Rn. 1448 ff.). Bis zur Entstehung der Forderung hätte der Erbbaugrundstückseigentümer dann lediglich ein Anwartschaftsrecht (Staudinger/Wolfsteiner, § 1163 Rn. 32; BeckOGK-BGB/Wohlrab, Std.: 1.4.2017, § 1163 Rn. 64 ff.), das mit Entstehung der Forderung zum Vollrecht erstarkte. Über das Anwartschaftsrecht kann der Inhaber ebenso verfügen wie über die Hypothek – also durch Übertragung der (künftigen) Forderung (BeckOGK-BGB/Wohlrab, § 1163 Rn. 67).

Ob die Hypothek vorliegend eine gegenwärtige Forderung sichert (mit der Folge, dass sie unmittelbar als Fremdrecht entstanden ist) oder eine aufschiebend bedingte Forderung (mit der Folge, dass zunächst eine Eigentümergrundschuld entstanden ist und zugunsten des Grundstückseigentümers lediglich ein Anwartschaftsrecht), hängt maßgeblich von der dogmatischen Einordnung des Strafversprechens und des Strafanspruchs ab. Nach überwiegender Auffassung ist der aus der Strafabrede entstehende Strafanspruch aufschiebend bedingt auf die Verwirkung (Staudinger/Rieble, § 339 Rn. 2 m. w. N; Ostendorf, JuS 2015, 977, 978). Das Gesetz lässt die genaue dogmatische Einordnung offen, indem es in § 339 Abs. 1 BGB nur davon spricht, dass die Vertragsstrafe „verwirkt ist“. In Anlehnung daran wird in der Literatur teilweise formuliert, dass der Strafanspruch mit der Verwirkung „entsteht“ (BeckOK-BGB/Janoschek, § 339 Rn. 8). Eine präzise Einordnung gestaltet sich schwierig, kann u. E. aber offenbleiben.

c) Anwendung des § 1163 Abs. 1 BGB bei der verdinglichten Vertragsstrafe
Unabhängig von der genauen dogmatischen Einordnung passt nämlich § 1163 Abs. 1 BGB auf die hypothekarisch gesicherte verdinglichte Vertragsstrafe nicht. Mit der – hier verdinglichten – Strafabrede zwischen Schuldner und Gläubiger liegt u. E. eine ausreichend begründete Forderung vor, die als Grundlage für die akzessorische Hypothek genügt. Anders als bspw. bei einem Darlehensvertrag, bei dem der Rückzahlungsanspruch erst mit Auszahlung der Darlehenssumme entsteht (MünchKommBGB/Lieder, § 1163 Rn. 10) und vorher nicht als Forderung existieren kann, existiert der Strafanspruch dem Grunde nach bereits mit Abschluss der Strafabrede. Die Verwirkung führt lediglich neben der dinglichen Strafabrede dazu, dass aus der Strafabrede ein Einzelanspruch erwächst. Wir würden deshalb davon ausgehen, dass die Hypothek bereits zum Zeitpunkt der Eintragung als Fremdrecht und nicht lediglich als Anwartschaftsrecht entstanden ist. Gerade in Fällen, in denen die Forderung bereits eine ausreichende Grundlage hat, scheint deshalb die von Wilhelm vertretene Auffassung, dass in diesen Fällen unmittelbar ein Fremdrecht entstehe (Rn. 1450), zuzutreffen. Die Auffassung, dass in diesen Fällen zwar gem. § 1113 BGB eine Hypothek für bedingte Forderungen „bestellt“ werden könne, diese aber eigentlich eine Eigentümergrundschuld sei, mag nicht so recht überzeugen, insbe­sondere weil dies dazu führte, dass das Grundbuch im vorliegenden Fall dauerhaft unrichtig bliebe – denn einen Berichtigungsanspruch dahingehend, dass die Eigentümergrundschuld als solche eingetragen werden könne, erkennt auch die h. M. nicht an. Nach h. M. bleibt im Grundbuch dauerhaft eine Fremdhypothek eingetragen, ob­wohl eigentlich eine Eigentümergrundschuld bestehen soll (dazu sogleich).

Besonders deutlich wird die Inkonsequenz der h. M. bei der hier gegebenen Höchstbetragshypothek. Dabei soll es zu einem „ständigen Wechsel“ zwischen Eigentümergrundschuld und Fremdhypothek kommen, je nachdem ob gerade eine Forderung existiert oder nicht (OLG Karlsruhe, Beschl. v. 17.6.2005 – 14 Wx 35/04 [juris], Rn. 16; MünchKommBGB/Lieder, § 1190 Rn. 8; Staudinger/Wolfsteiner, § 1190 Rn. 11). Konsequenter erscheint es, in diesen Fällen bis zum endgültigen Erlöschen der Forderung von einem Fremdrecht auszugehen (mit überzeugendem Verweis auf die Motive Wilhelm, Rn. 1452). Dass der Gesetzgeber davon ausging, der Höchstbetragshypothek sei eine dauerhafte Unrichtigkeit des Grundbuchs geradezu immanent, ist ausgesprochen unwahrscheinlich und im Ergebnis wenig überzeugend.

3. Ergebnis
Im Ergebnis dürfte die Hypothek mit Übertragung des Erbbaugrundstücks und damit auch der Rechtsposition aus der Strafabrede gem. § 1153 Abs. 1 BGB auf die T übergegangen sein. Das Grundbuch ist folglich gem. § 22 GBO zu berichtigen. Nach unserem Dafürhalten wird auf grundbuchverfahrensrechtlicher Ebene allerdings eine Berichtigungsbewilligung des X gem. § 19 GBO erforderlich sein. Dies deshalb, weil aus Sicht des Grundbuchamts nicht auszuschließen ist, dass die Vertragsstrafe bereits in der Eigentümerzeit von Herrn X verwirkt wurde und demzufolge zu seinen Gunsten ein hypothekarisch gesicherter Strafanspruch entstanden ist. Die (etwaige) Verwirkung bzw. Nichtverwirkung der Vertragsstrafe ist ein tatsächlicher Umstand, der einem Beweis durch öffentliche Urkunde (hier: der Übergabevertrag) nicht zugänglich ist. Ein urkundlicher Unrichtigkeitsnachweis lässt sich nicht führen, sodass es der Bewilligung des Betroffenen (hier: des X) bedarf.

Hielte man entgegen der vorliegend vertretenen Ansicht § 1163 Abs. 1 BGB für anwendbar, mit der Konsequenz, dass der Strafanspruch erst durch Verwirkung der Vertragsstrafe entstehen würde, wäre nicht die Hypothek übergegangen, sondern analog § 1153 Abs. 1 BGB das Anwartschaftsrecht. Auch in diesem Fall käme eine Grundbuchberichtigung zugunsten der T und nicht zugunsten des Erbbauberechtigten in Betracht, da die T dem Erbbauberechtigten ihren Anspruch auf Erwerb der Hypothek entgegenhalten könnte (MünchKommBGB/Lieder, § 1163 Rn. 15; Staudinger/Wolfsteiner, § 1163 Rn. 35). Eine Grundbuchberichtigung auf T muss in diesem Fall trotz der bestehenden Eigentümergrundschuld möglich sein, denn ansonsten wäre die fortbeste­hende „Belastung“ des Eigentümerrechts mit der auflösenden Bedingung der Entstehung der Forderung nicht mehr aus dem Grundbuch ersichtlich, was die Gefahr des gutgläubigen Erwerbs nach sich zöge (Staudinger/Wolfsteiner, § 1163 Rn. 35). Selbst nach der Auffassung, die eine Eigentümergrundschuld entstehen lassen möchte, ist diese im Grundbuch als Fremdhypothek für eine künftige Forderung einzutragen und im vorliegenden Fall entsprechend zu berichtigen.

Gutachten/Abruf-Nr:

178664

Erscheinungsdatum:

07.01.2021

Rechtsbezug

National

Rechtsgebiete:

Erbbaurecht
Grundbuchrecht
Grundpfandrechte

Erschienen in:

DNotI-Report 2021, 1-4

Normen in Titel:

BGB § 1153; BGB § 1113 Abs. 2; GBO § 22; BGB § 1184; BGB § 1163; ErbbauRG § 2