28. Mai 2021
BGB § 1018; GBO § 7

Grunddienstbarkeit; mehrere Flurstücke als ein Grundstück im Grundbuch gebucht; Bestellung einer Grunddienstbarkeit zugunsten und zulasten einzelner Flurstücke

Gutachten des Deutschen Notarinstituts
Abruf-Nr.: 181432
letzte Aktualisierung: 28. Mai 2021

BGB § 1018; GBO § 7
Grunddienstbarkeit; mehrere Flurstücke als ein Grundstück im Grundbuch gebucht;
Bestellung einer Grunddienstbarkeit zugunsten und zulasten einzelner Flurstücke
I. Sachverhalt

Im Zuge der Veräußerung verschiedener (bereits katasteramtlich gebildeter) Flurstücke eines
Grundstücks im Rechtssinne sind Dienstbarkeiten an einzelnen Flurstücken zugunsten anderer
Flurstücke zu bestellen. Nach katasteramtlicher Zerlegung sind alle Flurstücke (künftig dienende
und herrschende) weiterhin als ein Grundstück im Rechtssinne gebucht. Die Dienstbarkeitsbewilligungen
samt Anträge enthalten keine ausdrücklichen Teilungsanträge.

II. Fragen

1. Ist dies möglich oder erfordert die Bestellung der Grunddienstbarkeiten vorliegend eine
eigenständige Buchung des jeweils belasteten und des begünstigten Flurstücks im Grundbuch
(jeweils unter einer eigenen Nummer)?

2. Ist ein formeller Antrag auf Teilung erforderlich oder erfolgt die Teilung von Amts wegen
aufgrund der Bewilligung und des Antrags auf Eintragung der Grunddienstbarkeiten?

3. Sind die Bewilligung und der Antrag auf Eintragung der Grunddienstbarkeiten jeweils als
(notwendig vorherige) Teilungsanträge im Hinblick auf das herrschende und das dienende
Grundstück auszulegen?

III. Zur Rechtslage

Gem. § 1018 BGB kann ein Grundstück zugunsten des jeweiligen Eigentümers eines anderen
Grundstücks in der Weise belastet werden, dass dieser das Grundstück in einzelnen Beziehungen
benutzen darf oder dass auf dem Grundstück gewisse Handlungen nicht vorgenommen
werden dürfen oder dass die Ausübung eines Rechts ausgeschlossen ist, das sich aus dem Eigentum
an dem belasteten Grundstück dem anderen Grundstück gegenüber ergibt (Grunddienstbarkeit).
Der Begriff der Grunddienstbarkeit setzt grundsätzlich ein herrschendes Grundstück im Rechtssinne
(hierzu sogleich) und ein dienendes Grundstück voraus (Staudinger/Weber, BGB, 2017,
§ 1018 Rn. 41).

1. Herrschendes Grundstück

Herrschendes Grundstück einer Grunddienstbarkeit kann nur ein selbständiges Grundstück
im Sinne der GBO, d. h. im Rechtssinne, sein. Hierunter versteht man
„[…] eine räumlich abgegrenzte, auf einem besonderen Grundbuchblatt
für sich allein oder auf einem gemeinschaftlichen Blatt
nach § 4 Abs 1 GBO unter besonderer Nummer im Grundstücksverzeichnis
gebuchte Fläche, nicht aber ein bloßes
Katastergrundstück.“

(Staudinger/Weber, § 1018 Rn. 43; vergleichbar auch:
BayObLGZ 1965, 267 [Ziff. II 2.]; BeckOGK-BGB/Kazele, Std.:
1.11.2020, § 1018 Rn. 131; Schöner/Stöber, Grundbuchrecht,
16. Aufl. 2020 Rn. 1123).

Zugunsten einer Grundstücksteilfläche, worunter auch mehrere unter derselben Nummer
im Grundbuch gebuchte Flurstücke (= Katastergrundstücke) zu verstehen sind, kann eine
Grunddienstbarkeit nur dann bestellt werden, wenn das Flurstück vor Eintragung der
Grunddienstbarkeit als eigenständiges Grundstück (= unter einer eignen Nummer) im Grundbuch
gebucht wird (Staudinger/Weber, § 1018 Rn. 43 m. w. N; BeckOGK-BGB/Kazele,
§ 1018 Rn. 131; BayObLGZ 1965, 267 [Ziff. II 2.]). § 7 Abs. 2 GBO ist nicht, auch nicht
entsprechend, anwendbar (Staudinger/Weber, § 1018 Rn. 43 m. w. N.).

Möglich ist es lediglich als inhaltliche Ausgestaltung der Grunddienstbarkeit
(= Inhaltsregelung) zu bestimmen, dass die Ausübung der Grunddienstbarkeit zugunsten
eines Teils des herrschenden Grundstücks ohne Verselbständigung dieses Teils beschränkt
ist (Schöner/Stöber, Rn. 1123; BeckOGK-BGB/Kazele, § 1018 Rn. 132; BayObLGZ 1965,
267 [Ziff. II 2.], Staudinger/Weber, § 1018 Rn. 44). In diesem Fall erfolgt die Bestellung der
Grunddienstbarkeit jedoch zugunsten des Grundstücks im Rechtssinne (nicht zugunsten
eines Katastergrundstücks (= Flurstück) und wird mit dem Hinweis versehen, dass die Ausübung
auf den Vorteil des Flurstücks Nr. […] beschränkt ist (BayObLGZ 1965, 267
[Ziff. II 2.]).

2. Dienendes Grundstück

Demgegenüber kann Belastungsgegenstand der Grunddienstbarkeit (= dienendes Grundstück)
das ganze Grundstück im Rechtssinne (gegebenenfalls mit räumlich beschränktem
Ausübungsbereich = inhaltliche Ausgestaltung der Grunddienstbarkeit; sog. unechte Teilbelastung)
oder auch nur ein (realer) Grundstücksteil sein (vgl. Staudinger/Weber, § 1018
Rn. 63 m. w. N.; BeckOGK-BGB/Kazele, § 1018 Rn. 145-153 m. w. N.; Schöner/Stöber,
Rn. 1117, 1118).

So kann im Wege einer sog. echten Teilbelastung unter den Voraussetzungen des § 7 Abs. 2
GBO auch ein realer Grundstücksteil belastet werden. § 7 Abs. 2 GBO fordert, dass durch
die Belastung des Grundstücksteils mit der Grunddienstbarkeit keine Verwirrung zu besorgen
ist (vgl. Staudinger/Weber, § 1018 Rn. 63 m. w. N.; BeckOGK-BGB/Kazele, § 1018
Rn. 153 m. w. N.; Schöner/Stöber, Rn. 1118). Dies setzt voraus, dass der belastete Grundstücksteil
ausreichend bestimmbar ist und auch im Fall der Zwangsvollstreckung keine Gefahr
für „Verwicklungen“ besteht (BeckOK-GBO/Kral, Std.: 1.10.2020, § 7 Rn. 40
m. w. N.). Erforderlich ist insoweit grundsätzlich die Vorlage einer vom Vermessungs- oder
Katasteramt beglaubigten Karte, aus der die Größe und die Lage des Grundstücksteils er-
sichtlich sind (§ 7 Abs. 2, § 2 Abs. 3 GBO). Dies gilt jedoch nicht, wenn ein bereits gebildetes
Flurstück als Teil eines Grundstücks im Rechtssinne belastet werden soll, § 7 Abs. 2
S. 3 GBO (BeckOK-GBO/Kral, § 7 Rn. 43; OLG Köln RNotZ 2012, 285; BeckOGKBGB/
Kazele, § 1018 Rn. 153).

In der Bewilligung (und Grundbucheintragung) muss der belastete Grundstücksteil konkret
bezeichnet werden (Schöner/Stöber, Rn. 1118 mit Formulierungsbeispiel).

3. Ein Grundstück im Rechtssinne als dienendes und herrschendes Grundstück
Ferner ist zu beachten, dass ein Grundstück im Rechtssinne im Hinblick auf die dann eintretende
Konsolidation des Rechts nicht zugleich dienendes und herrschendes Grundstück
sein kann (vgl. Staudinger/Weber, § 1018 Rn. 43; Schöner/Stöber, Rn. 1123). Aus diesem
Grund ist es auch nicht möglich, eine reale Grundstücksteilfläche des dienenden Grundstücks
zugunsten eines anderen realen Grundstücksteils desselben Grundstücks zu belasten
(so, wenn begünstigtes und belastetes Flurstück unter derselben Nummer im Grundbuch
gebucht sind).

4. Realteilung eines Grundstücks gem. § 890 BGB analog

Während § 890 BGB mit §§ 5, 6 GBO die Verbindung von Grundstücken behandelt, fehlt
eine entsprechende materiell-rechtliche Regelung für die Teilung. Dass der Eigentümer sein
Grundstück teilen, d. h. in mehrere Grundbuchgrundstücke zerlegen kann, ergibt sich jedoch
schon aus § 903 BGB (KG NJW 1969, 470; OLG Hamm NJW 1974, 865).

Materiell-rechtlich setzt die reale Grundstücksteilung eine nicht formbedürftige Erklärung
des Eigentümers gem. § 890 BGB analog voraus, grundbuchverfahrensrechtlich dessen Bewilligung
nach § 19 GBO und den Antrag auf Eintragung der Teilung im Grundbuch gem.
§ 13 GBO in der Form des § 29 Abs. 1 GBO (BeckOGK-BGB/Hertel, Std.: 1.10.2019,
§ 890 Rn. 84, 88, 89). In der Eintragungsbewilligung sind die Grundstücksteile durch Angabe
der Flurstücke zu bezeichnen. Die Realteilung wird erst wirksam mit der Eintragung
im Grundbuch.

Soweit ersichtlich, fehlen vorliegend sowohl die ausdrückliche materiell-rechtliche Erklärung
gem. § 890 BGB analog, als auch die grundbuchverfahrensrechtlichen Erklärungen des
Eigentümers. Insoweit stellt sich die Frage, ob diese vorliegend überhaupt erforderlich sind,
bzw. ob diese im Wege der Auslegung in die Bestellung der Grunddienstbarkeit und die
Bewilligung sowie den Antrag auf Eintragung der Grunddienstbarkeit hineingelesen werden
könne (hierzu sogleich).

5. Zum Erfordernis der Bewilligung und des Antrags auf Teilung; Auslegung der Bewilligung
und des Antrags auf Eintragung der jeweiligen Grunddienstbarkeit
a) Notwendige Teilung

Gem. § 7 Abs. 1 GBO ist ein Grundstücksteil von dem Grundstück abzuschreiben und
als selbständiges Grundstück einzutragen, wenn dieser mit einem Recht belastet werden
soll. Hierbei handelt sich um einen sog. notwendige Teilung (BeckOK-GBO/Kral,
§ 7 Rn. 6; KEHE/Keller, Grundbuchrecht, 8. Aufl. 2019, § 7 GBO Rn. 37, 2). In
diesen Fällen ist die Teilung letztlich zwingende Voraussetzung zur Vollziehung des
eigentlich gewünschten Rechtsgeschäfts.

Die Abschreibung erfolgt in einem solchen Fall der notwendigen Teilung
grundsätzlich von Amts wegen (BeckOK-GBO/Kral, § 7 Rn. 36 m. w. N.; Böttcher,
Rpfleger 1989, 133 [134]; KEHE/Keller, § 7 GBO Rn. 49, 37, 2). Sie unterbleibt gem.
§ 7 Abs. 2 GBO, wenn durch die Teilbelastung Verwirrungen nicht zu besorgen sind.
Die Teilung setzt allerdings materiell-rechtlich (weiterhin, s. Ziff. 4) eine hierauf gerichtete
Erklärung des Eigentümers voraus. Diese ist im Fall der notwendigen Teilung
oft im Wege der Auslegung (§ 133 BGB) in der Belastungsbewilligung nach § 19 GBO
hineinzulesen (Schöner/Stöber Rn. 671; BeckOK-GBO/Kral, § 7 Rn. 15).

b) Fakultative Teilung

Die von Amts wegen zu berücksichtigenden Fälle der notwenigen Teilung sind in § 7
Abs. 1 GBO abschließend geregelt. Der Gesetzeswortlaut ist insoweit eindeutig. Will
der Grundstückseigentümer sein Grundstück rechtlich teilen lassen, ohne dass die
Voraussetzungen des § 7 Abs. 1 GBO erfüllt sind (fakultative Teilung), weil z. B. ein
materiell-rechtliches Erfordernis hierfür besteht, ist neben der materiell-rechtlichen
Teilungserklärung auch eine Bewilligung und ein Antrag auf Abschreibung erforderlich
(KEHE/Keller, § 7 GBO Rn. 37).

c) Bedeutung für den vorliegenden Fall

Bezüglich der hier in Rede stehenden Grunddienstbarkeiten bedeutet dies, dass bzgl.
des jeweils dienenden Grundstücks zwar grundsätzlich ein Fall der notwendigen
Teilung i. S. d. § 7 Abs. 1 GBO vorliegt, der eine Abschreibung des Grundstücks von
Amts wegen ermöglicht (die materiell-rechtliche Erklärung kann grundsätzlich in die
Belastungsbewilligung hineingelesen werden). Allerdings kann hier wohl eine Abschreibung
gem. § 7 Abs. 2 GBO auch unterbleiben.

Hinsichtlich des herrschenden „Grundstücks“ liegt kein Fall der notwendigen, sondern
ein solcher der fakultativen Teilung vor. Ein Hineinlesen der für die Teilung erforderlichen
materiell-rechtlichen und der grundbuchverfahrensrechtlichen Erklärungen in die
Bewilligung und den Antrag auf Eintragung der Grunddienstbarkeiten ist fraglich. Insoweit
wäre nämlich auch eine Auslegung der Eintragungsbewilligung und des Antrags
dahingehend möglich, dass keine Belastung zugunsten eines noch als selbständiges
Grundbuch zu buchenden realen Grundstücksteils (= Flurstück) gewollt ist, sondern
eine inhaltliche Ausgestaltung der Grunddienstbarkeit dahingehend, dass die Ausübung
der Dienstbarkeit zum Vorteil eines realen Teils des herrschenden Grundstücks ohne
Verselbständigung dieses Teils gewollt ist (vgl. insoweit die Auslegung des BayObLG:
BayObLGZ 1965, 267 [Ziff. II 2.]).

Gutachten/Abruf-Nr:

181432

Erscheinungsdatum:

28.05.2021

Rechtsbezug

National

Rechtsgebiete:

Dienstbarkeiten und Nießbrauch
Grundbuchrecht

Normen in Titel:

BGB § 1018; GBO § 7