18. Oktober 2021
BGB § 925; BGB § 1923; BGB § 2084; BGB § 873

Erbeinsetzung einer Innen-GbR; Auflassung durch Stellung eines Grundbuchberichtigungsantrags beim Grundbuchamt

BGB §§ 1923, 2084, 873, 925
Erbeinsetzung einer Innen-GbR; Auflassung durch Stellung eines Grundbuchberichtigungsantrags beim Grundbuchamt

I. Sachverhalt
Ein Erblasser traf in seinem Testament folgende Verfügung: „Hiermit setze ich die GbR „H50“, bestehend aus meinen Geschwistern A, B und C zu meinen Erben ein.“ Im Anschluss daran schlossen die Geschwister des Erblassers einen Gesellschaftsvertrag über die Gründung der GbR „H50“ ausdrücklich als „Innen-GbR“. Nach außen in Erscheinung trat die Gesellschaft bis zum Tod des Erblassers nicht. Nach Eintritt des Erbfalls wurde das Testament eröffnet und ein Grundbuchberichtigungsantrag von den drei Geschwistern des Erblassers beim Grundbuchamt gestellt. Das Grundbuchamt berichtigte das Grundbuch dahingehend, dass als Eigentümerin eingetragen wurde: „H50-GbR, Gesellschafter: 3 Geschwister“. Die Erben beantragten zudem einen Erbschein, der ohne Kenntnis der Grundbucheintragung auf die drei Miterben in Erbengemeinschaft zu je 1/3 Anteil ausgestellt wurde. Nachdem das Grundbuchamt Kenntnis vom Erbschein erhalten hatte, teilte es mit, dass das Grundbuch nunmehr unrichtig sei und ein Antrag auf Grundbuchberichtigung auf der Grundlage des erteilten Erbscheins zu stellen sei, ansonsten werde ein Amtswiderspruch eingetragen.

II. Frage
Ist das Grundbuch unrichtig?

III. Zur Rechtslage
1. Vorbemerkung
Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass es sich vorliegend um Fragen der Auslegung eines Testaments handelt. Bei der Auslegung ist stets der wirkliche Wille des Erblassers zu erforschen, wozu alle Umstände des Einzelfalls – auch solche außerhalb des Testaments – heranzuziehen sind. Wir können daher nachfolgend nur Aspekte aufzeigen, die nach unserer Einschätzung bei der Ermittlung des Inhalts des Testaments im Wege der Auslegung zu berücksichtigen sind, eine abschließende Würdigung der Auslegung jedoch nicht vornehmen.

2. Auslegung des Testaments
Im vorliegenden Sachverhalt lässt der Wortlaut des Testaments zum einen die Auslegung zu, dass der Erblasser die GbR zu seiner Erbin einsetzen wollte und zum anderen die Auslegung, dass die Erbeinsetzung seiner drei Geschwister gewollt war. Zunächst ist der wirkliche Wille des Erblassers anhand der konkreten Umstände des Einzelfalls zu erforschen. Führt eine individuelle Auslegung zu keinem eindeutigen Ergebnis, ist die Anwendung gesetzlicher Auslegungsregeln denkbar. Sollte sich bei einer der genannten Alternativen keine wirksame Erbeinsetzung ergeben, kommt hierbei insbesondere § 2084 BGB in Betracht.

a) Einsetzung der GbR als Erbin?
Eine wirksame Einsetzung der GbR als Erbin ist nur dann möglich, wenn diese überhaupt erbfähig ist.

aa) Erbfähigkeit der Außen-GbR
Aufgrund der Anerkennung der Rechtsfähigkeit der Außen-GbR durch die BGH Entscheidung „Weißes Ross“ (DNotZ 2001, 234) wird in der Literatur nahezu einhellig vertreten, dass sie auch erbfähig ist (Armbrüster, Das Grundeigentum 2001, 821, 827; BeckOGK-BGB/Tegelkamp, Std.: 1.6.2021, § 1923 Rn. 50; Große-Boymann, in: Burandt/Rojahn, Erbrecht, 3. Aufl. 2019, § 1923 Rn. 2; Habersack, BB 2001, 477, 479; Hadding, ZGR 2001, 712, 725; MünchKommBGB/Leipold, 8. Aufl. 2020, § 1923 Rn. 40; Palandt/Weidlich, BGB, 80. Aufl. 2021, § 1923 Rn. 7; Scherer, ZEV 2003, 341; Staudinger/Otte, BGB, 2017, § 1923 Rn. 29 ff.; Ulmer, ZIP 2001, 585, 596; a. A. Derleder, BB 2001, 2485, 2490).

Nach unserer Einschätzung ist die Argumentation der herrschenden Auffassung in der Literatur überzeugend. Denn wenn man grundsätzlich die Rechtsfähigkeit der BGB-Außengesellschaft anerkennt – die aufgrund des Gesetzes zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts (Personengesellschaftsrechtsmodernisierungsgesetz – MoPeG v. 10.8.2021) § 705 Abs. 2 BGB i. d. F des MoPeG sogar ausdrücklich gesetzlich vorgesehen sein wird – ist für uns kein Grund erkennbar, aus dem gerade die Erbfähigkeit zu verneinen wäre. Die möglichen Probleme aus einer Kollision zwischen Gesellschafts- und Erbrecht (vgl. hierzu Ulmer, ZIP 2001, 585, 596) gelten in gleicher Weise für die OHG bzw. KG. Rechtsprechung zur Erbfähigkeit der Außen-GbR liegt jedoch – soweit ersichtlich – noch nicht vor.

bb) Erbfähigkeit der Innen-GbR
Die Literatur fordert für die Erbfähigkeit der GbR, dass diese nach außen hin als Einheit in Erscheinung getreten ist (BeckOGK-BGB/Tegelkamp, § 1923 Rn. 50; Große-Boymann, § 1923 Rn. 2; MünchKommBGB/Leipold, § 1923 Rn. 40; Palandt/Weidlich, § 1923 Rn. 7; Palandt/Sprau § 705 Rn. 24, 33; Staudinger/Otte, BGB, § 1923 Rn. 29; Ulmer, ZIP 2001, 585, 596).

Dies erscheint uns folgerichtig, da die Innen-GbR nach ganz überwiegender Ansicht auch nicht rechtsfähig ist (BGH DNotZ 2009, 392, Rn. 8; BeckOGK-Geibel, § 705 Rn. 206; Hadding, ZGR 2001, 712, 715; MünchKommBGB/Schäfer, § 705 Rn. 285; Palandt/Sprau, § 705 Rn. 33; vgl. auch § 705 Abs. 2 BGB i. d. F. des MoPeG; a. A. Beuthien, NZG 2011, 161, 165). Darüber hinaus wären auch praktische Schwierigkeiten zu befürchten, da bei reinen Innengesellschaften nur schwierig nachzuvollziehen ist, ob diese bereits gegründet wurden. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass der Abschluss eines GbR-Gesellschaftsvertrags grundsätzlich nicht nur formfrei möglich ist, sondern sogar konkludent erfolgen kann (MünchKommBGB/Schäfer, 8. Aufl. 2020, § 705 Rn. 26, 32).

cc) Erbfähigkeit einer Außen-GbR vor Invollzugsetzungsakt im Außenverhältnis
Eine (nicht erbfähige) Innen-GbR wandelt sich jedoch durch einen einvernehmlichen Invollzugsetzungsakt im Außenverhältnis zu einer (erbfähigen) Außen-GbR (vgl. BeckOGK-BGB/Geibel, Std.: 1.1.2019, § 705 Rn. 232). Denn dass eine strikte Trennung zwischen Innen- und Außen-GbR nicht möglich ist, zeigen auch die gesetzgeberischen Überlegungen zum MoPeG. Zwar soll sich die Unterscheidung zwischen rechtsfähigen Gesellschaften (den gegenwärtigen sog. „Außen-GbR“) und nicht-rechtsfähigen Gesellschaften (den gegenwärtigen sog. „Innen-GbR“) vorrangig nach den Vereinbarungen im Gesellschaftsvertrag richten. Da aber der tatsächlichen Art der Teilnahme am Rechtsverkehr indizierende Bedeutung zukommen soll, wird auch nach diesem Verständnis der Übergang einer nicht rechtsfähigen (Innen-)GbR in eine rechtsfähige (Außen-)GbR möglich sein.

§ 1923 Abs. 1 BGB statuiert dabei den Grundsatz, dass nur Erbe werden kann, wer zur Zeit des Erbfalls lebt. Auch wenn sich der Wortlaut der Vorschrift ausschließlich auf natürliche Personen bezieht, ist für juristische Personen und rechtsfähige Personenvereinigungen anerkannt, dass diese im Zeitpunkt des Erbfalls bereits bestehen müssen (MünchKommBGB/Leipold, § 1923 Rn. 40). Hierfür spricht auch die Vorschrift des § 84 BGB, nach dem eine Stiftung für Zuwendungen des Stifters als schon vor dessen Tod entstanden sein soll. Dieser Vorschrift hätte es nicht bedurft, wenn rechtsfähige Personenvereinigungen in der Entstehung bereits erbfähig wären.

Eine analoge Anwendung des § 1923 Abs. 2 BGB auf werdende juristische Personen bejaht hingegen Stein (Soergel/Stein, BGB, 13. Aufl. 2002, § 1923 Rn. 8: a. A. MünchKommBGB/Leipold, § 1923 Rn. 38; Palandt/Weidlich, § 1923 Rn. 7; Staudinger/Otte, § 1923 Rn. 33). Die Erbfähigkeit der Innen-GbR würde dies begründen, sofern man diese als „werdende Außen-GbR“ begreift, der hierfür nur noch der Akt ihrer Invollzugsetzung im Außenverhältnis fehlt.

U. E. ist dies allerdings nicht überzeugend, da die Voraussetzungen einer analogen Anwendung der Vorschrift nicht gegeben sind. Zweifelhaft ist bereits, ob eine planwidrige Regelungslücke vorliegt. Schließlich existiert mit § 84 BGB eine speziell auf die Stiftung zugeschnittene Regelung, während für andere juristische Personen und rechtsfähige Vereinigungen eine solche Regelung gerade unterblieb. Jedenfalls ist aus unserer Sicht eine vergleichbare Interessenlage nicht gegeben. Während in den Fällen der §§ 84, 1923 Abs. 2 BGB ein gewisser zeitlicher Rahmen besteht, innerhalb dessen mit dem Eintritt der Rechtsfähigkeit gerechnet werden kann, fehlt dieser hinsichtlich des Invollzugsetzungsakts im Außenverhältnis. Denn dieser und der damit verbundene Erwerb der Rechtsfähigkeit ist allein von dem Verhalten der Gesellschafter abhängig, was auch insoweit einen Unterschied zu den durch §§ 84, 1923 Abs. 2 BGB erfassten Konstellationen darstellt.

b) Einsetzung der drei Geschwister als Erben
Gründe für eine Unwirksamkeit der Erbeinsetzung der drei Geschwister sind nicht ersichtlich. Insbesondere ist anerkannt, dass der Erblasser einer Mehrzahl von Erben durch eine sogenannte Gesellschaftsgründungsklausel aufgeben kann, untereinander eine Gesellschaft mit einem bestimmten Gesellschaftsvertrag zu schließen (BGH DNotZ 2007, 858 Rn. 11; DNotZ 2010, 201 Rn. 20; MünchKommBGB/Leipold, § 1940 Rn. 6; Schmidt, JuS 2017, 809, 814). Dabei kann der Erblasser auch nähere Vorgaben zur Ausgestaltung des Gesellschaftsvertrages machen (vgl. etwa W. Kössinger/Najdecki, in: Nieder/Kössinger, Handbuch der Testamentsgestaltung, 6. Aufl. 2020, § 22 Rn. 2; Scherer/Bregulla-Weber, in: Scherer, Unternehmensnachfolge, 6. Aufl. 2020, § 18 Rn. 188). Dogmatisch ist dies als Auflage i. S. d. § 1940 BGB verbunden mit einer Teilungsanordnung i. S. d. § 2048 BGB einzuordnen (BGH DNotZ 2007, 858 Rn. 11; DNotZ 2010, 201 Rn. 20; Strothmann, ZIP 1985, 969).

Ergänzend sei noch auf folgendes hingewiesen: Strothmann, der sich monografisch mit letztwilligen Gesellschaftsgründungsklauseln beschäftigt hat und in der vorgenannten BGH-Entscheidung in Bezug genommen wird (Die letztwillige Gesellschaftsgründungsklausel, 1983, S. 78; zust. K. Schmidt, NJW 1985, 2785, 2792), vertritt die Auffassung, dass demjenigen, dem so die Gründung einer Personenhandelsgesellschaft zur Auflage gemacht worden ist, analog § 139 HGB zwingend verlangen kann, dass ihm die Stellung eines Kommanditisten eingeräumt wird. Auch nach dieser Auffassung dürfte dies für eine vermögensverwaltende GbR jedoch nicht gelten, da auf diese nach herrschender Ansicht § 139 HGB selbst in seinem eigentlichen Anwendungsbereich nicht analog anzuwenden ist (BeckOK-HGB/Lehmann-Richter, Std.: 15.1.2021, § 139 Rn. 1; MünchKommHGB/Schmidt, 4. Aufl. 2016, § 139 Rn. 60; Roth, in: Baumbach/Hopt, HGB, 40. Aufl. 2021, § 139 Rn. 8; jeweils m. w. N.).

c) Mögliche Auslegungsregeln
Lässt sich durch Auslegung nicht ermitteln, ob eine Einsetzung der GbR als Alleinerbin oder der drei Geschwister als Erben gewollt war, ist fraglich, ob vorliegend die Auslegungsregel des § 2101 Abs. 2 BGB Anwendung finden kann. Nach dieser soll eine noch nicht entstandene juristische Person im Zweifel als Nacherbin eingesetzt sein. Da es sich bei einer Außen-GbR nicht um eine juristische Person handelt, kommt jedoch allenfalls eine analoge Anwendung in Betracht. Aus unserer Sicht ist diese mangels Vergleichbarkeit der Interessenlage abzulehnen. So lässt sich bei juristischen Personen der Zeitpunkt ihrer Entstehung und damit der Eintritt des Nacherbfalls eindeutig bestimmen, während dies hinsichtlich der erstmaligen Innvollzugsetzung der GbR im Außenverhältnis Schwierigkeiten bereiten kann. Eine analoge Anwendung der Vorschrift würde zudem u. E. dem Grundsatz widersprechen, dass es zulasten desjenigen geht, der die Rechte eines Nacherben beansprucht, wenn der Wille des Erblassers zur Anordnung einer Vor- und Nacherbschaft nicht feststeht und die Auslegungsregeln der §§ 2101 ff. BGB nicht eingreifen (BeckOGK-BGB/Küpper, Std.: 1.10.2021, § 2100 Rn. 67).

Nach unserer persönlichen Einschätzung kann vorliegend vielmehr die Auslegungsregel des § 2084 BGB herangezogen werden. Nach dieser ist im Zweifel diejenige Auslegung vorzuziehen, bei welcher die Verfügung Erfolg haben kann. Hieraus folgt nach unserer Auffassung, dass im Zweifel die Einsetzung der drei Geschwister zu Erben gewollt war, da die Innen-GbR nach zutreffender h. M. nicht erbfähig ist. Lässt sich das Verhältnis ihrer Einsetzung zu Erbteilen untereinander nicht ermitteln, kann § 2067 S. 1 BGB entsprechend angewendet und bzgl. der Erbteile auf die gesetzliche Erbfolge abgestellt werden.

3. Ergebnis und Praxishinweise
Gelangt man zu dem Ergebnis, dass eine Erbeinsetzung der drei Geschwister vom Erblas­ser gewollt war, so sind diese nach § 1922 Abs. 1 BGB in dessen Rechte und Pflichten ein­getreten. Für den Übergang des Eigentums auf die – nach ihrer Invollzugsetzung im Außenverhältnis – rechtsfähige (Außen-)GbR bedürfte es daher nach § 873 BGB für den Eigentumsübergang neben der Eintragung im Grundbuch einer Auflassung. Der gestellte Grundbuchberichtigungsantrag zur Eintragung der GbR kann nicht als Auflassung von den drei Geschwistern ausgelegt werden. Denn zu diesem Zeitpunkt gingen die drei Geschwister davon aus, dass die GbR bereits Eigentümerin sei. Zudem mangelt es jedenfalls schon an einer Erklärung vor der zuständigen Stelle (MünchKommBGB/Ruhwinkel, 8. Aufl. 2020, § 925 Rn. 15 f.; Palandt/Herrler, § 925 Rn. 2 ff.; Staudinger/Pfeifer/Diehn, § 925 Rn. 81). Das Grundbuchamt zählt hierzu jedoch nicht (MünchKommBGB/Ruhwinkel, § 925 Rn. 15; Staudinger/Pfeifer/Diehn, § 925 Rn. 81). Eine vor einer unzuständigen Stelle erklärte Auflassung ist dabei unwirksam (statt aller: Palandt/Herrler, § 925 Rn. 2).

Der vorliegende Fall zeigt, dass eine Erbeinsetzung einer GbR nur gelingen kann, wenn gesellschaftsvertragliche Vereinbarung („Gründung“ der Außen-GbR) und letztwillige Verfügung entsprechend aufeinander abgestimmt sind. Andernfalls kann es zu unerwünschten Ergebnissen und Abwicklungsschwierigkeiten als Konsequenz kommen.

Gutachten/Abruf-Nr:

182487

Erscheinungsdatum:

18.10.2021

Rechtsbezug

National

Rechtsgebiete:

Gesetzliche Erbfolge
Erbenhaftung
Sachenrecht allgemein

Normen in Titel:

BGB § 925; BGB § 1923; BGB § 2084; BGB § 873