Teileigentum an Stellplätzen; Gebäudebezug als Voraussetzung der Sondereigentumsfähigkeit; Ersatzlösung durch Kellermodell
WEG §§ 3 Abs. 2, 1
Teileigentum an Stellplätzen; Gebäudebezug als Voraussetzung der Sondereigentumsfähigkeit; Ersatzlösung durch Kellermodell
I. Sachverhalt
Auf einem Grundstück ist folgendes Bauvorhaben geplant: Ebenerdig sollen 36 Stellplätze entstehen, und zwar in drei Reihen (Straße, zwei Reihen Stellplätze, „Parkplatzstraße“, eine Reihe Stellplätze). Die erste Stellplatzreihe zur Straße hin wird von der Straße aus angefahren. Über den weiteren zwei Reihen möchte man auf Ständern ein Haus mit drei Wohnungen errichten. Die Parkplatzstraße wird nicht überdacht, über der einzelnen Stellplatzreihe sollen Carports errichtet werden. Wohnungen und Stellplätze sollen jeweils einzeln verkauft werden, und zwar als Wohnungs- bzw. Teileigentum.
II. Fragen
1. Lässt sich trotz der fehlenden Abgeschlossenheit zur Straße hin und der nicht durchgehenden Bedachung Teileigentum an den Stellplätzen begründen?
2. Ist es möglich, mit einem Abstellraum (etwa ein Fahrradabstellraum o. Ä.) als Teileigentumseinheit Sondernutzungsrechte an allen Stellplätzen zu verbinden und dann Miteigentumsanteile an der Teileigentumseinheit verbunden mit jeweils einem Sondernutzungsrecht als „Stellplätze“ einzeln zu veräußern?
III. Zur Rechtslage
1. Fehlende Sondereigentumsfähigkeit von Kfz-Stellplätzen im Freien
a) Grundsätzliche gesetzliche Anforderungen an die Sondereigentumsfähigkeit
Gem.
Bereits begrifflich handelt es sich bei einem Kfz-Stellplatz im Freien nicht um einen Garagenstellplatz i. S. d.
Kfz-Stellplätze im Freien sind unstreitig nicht sondereigentumsfähig (BayObLG
b) Anwendung auf den konkreten Sachverhalt
Fraglich ist, ob vorliegend deshalb etwas anderes gelten kann, weil über der einen Stellplatzreihe Carports errichtet und die anderen beiden Stellplatzreihen durch ein Haus auf Ständern „überdacht“ werden.
aa) Errichtung eines Carports
Die Errichtung eines Carports ändert nichts an der fehlenden Gebäude- und Raumeigenschaft des Stellplatzes, sodass die Sondereigentumsfähigkeit zu verneinen ist. Dies entschied ausdrücklich das BayObLG (
„… daß nur Räume in einem Gebäude sowie bestimmte Bestandteile, die zu diesen Räumen gehören, sondereigentumsfähig sind. Bei den als ‚Car-Ports‘ bezeichneten Konstruktionen kann nach der Verkehrsauffassung, die hierfür maßgebend ist, nicht von Räumen in Gebäuden im Sinne der
Aus einem Vergleich mit Balkonen, Loggien oder Terrassenflächen – die sondereigentumsfähig sein können – folge nichts anderes, weil diese nur als Teil einer in sich abgeschlossenen Wohnung oder als nicht für jedermann zugänglicher Teil eines Gebäudes sondereigentumsfähig seien. Sie seien es zudem nur dann, wenn sie nach allen Seiten in ausreichender Weise baulich eingefriedet seien, sodass sie nicht von jedermann betreten werden könnten. Die Ausnahmevorschrift des
Die Literatur stimmt dieser Ansicht zu (Staudinger/Rapp,
bb) Gebäudeüberbau durch Haus auf Ständern über der Stellplatzreihe
Auch für die beiden Stellplatzreihen, die mit Wohnungen überbaut werden sollen, ist eine Sondereigentumsfähigkeit u. E. zu verneinen.
(1) Argumentationslinien
Das OLG Celle (
Im Anschluss an die Entscheidung des OLG Celle geht auch die überwiegende Auffassung in der Literatur davon aus, dass eine Garage i. S. v.
Davon abzugrenzen ist der Fall, dass Stellplätze auf einem offenen Garagendach als Sondereigentumseinheiten errichtet werden. Insoweit befürwortet man überwiegend die Sondereigentumsfähigkeit der Stellplätze (OLG Frankfurt
Ob dies jedoch auch für Pkw-Abstellplätze auf dem ebenerdig gelegenen und von der Umgebung nicht abgegrenzten Dach einer Tiefgarage gilt, ist unklar (vgl. Schöner/Stöber, Rn. 2835 m. w. N. zum Meinungsstand; dagegen: OLG Frankfurt
Nach
(2) Anwendung auf den konkreten Sachverhalt
Durch die Errichtung eines Gebäudes auf Ständern über den Stellplatzflächen könnte ein ausreichender Gebäudebezug hergestellt sein, da der Luftraum unter dem Gebäude trotz fehlender Zugangssperre von dessen Herrschaftsbereich auch für die Verkehrsauffassung erkennbar erfasst wird.
Dagegen ist jedoch einzuwenden, dass das Gebäude nach der Verkehrsauffassung erst mit der Baulichkeit beginnt und der darunterliegende Luftraum gerade nicht zum Gebäude gehört. Wir neigen deshalb dazu, die Sondereigentumsfähigkeit zu verneinen. Das Oberdeck eines Garagengebäudes – überhaupt die Dachfläche eines Gebäudes – weist einen stärkeren Gebäudebezug auf als der freie Luftraum unter dem Gebäude und innerhalb der vier Ständer. Die Dachfläche eines Gebäudes ist ausschließlich durch das Gebäude erreichbar und zugänglich; dadurch kommt der Gebäudebezug hinreichend zum Ausdruck, auch wenn der Zugang im Einzelfall jedermann möglich ist und es an einer Absperrung fehlt. Im Übrigen wird meist eine bauliche Einfriedung gefordert; sie würde den Gebäudebezug verstärken. Eine solche Einfriedung ist mit den vier Ständern aber nur unzureichend vorhanden. Somit sind die Stellplätze u. E. nicht als im Gebäude liegend anzusehen; der erforderliche Gebäudebezug ist nur marginal und genügt nicht für die Sondereigentumsfähigkeit.
Dafür sprechen auch die oben angeführten Entscheidungen des OLG Celle und des BayObLG. Laut BayObLG ist eine Teileigentumseinheit auf dem nicht überdachten Oberdeck eines Parkhauses allenfalls dann vorstellbar, wenn die Stellplätze nur durch das Gebäude zu erreichen und gegenüber den umgebenden freien Grundstücksflächen baulich in irgendeiner Weise eingefriedet sind.
Insgesamt erscheint eine Begründung von Teileigentum an den Stellplätzen – jedenfalls nach dem Gebot des sichersten Weges – nicht empfehlenswert.
2. Zulässigkeit des sog. Kellermodells
a) Erläuterung des Modells
Als Ausweichmöglichkeit kommt in Betracht, eine Teileigentumseinheit – einen Abstellraum – mit Sondernutzungsrechten an allen Stellplätzen zu verbinden und sodann Miteigentumsanteile an der Teileigentumseinheit unter Zuweisung eines Stellplatzes einzeln zu veräußern. Dies ist möglich, nachdem der BGH (
Der Sache nach entspricht der Gestaltungsvorschlag dem sog. Kellermodell, bei dem an Kellerräumen jeweils Teileigentumseinheiten gebildet und diese mit dem Sondernutzungsrecht an einzelnen Wohnungen verbunden werden. Motiv für dieses Modell war die vormalige Rechtsprechung des BVerwG (
Vorliegend würde das Kellermodell noch verfeinert, indem man nicht bloß einer Teileigentumseinheit ein Sondernutzungsrecht zuwiese, sondern eine einzige Teileigentumseinheit nochmals in Miteigentumsanteile zerstückelte und die Sondernutzungsrechte dem einzelnen Miteigentumsanteil an der Teileigentumseinheit zuwiese. Die Lage stellt sich ähnlich wie bei einem Duplexparker dar. Allerdings ist zu bedenken, dass die Zuweisung zum Miteigentumsanteil erst mit Entstehen der Bruchteilsgemeinschaft (
Vergleichbar sind die Fälle dennoch, weil wirtschaftlich kein Miteigentumsanteil an einem Abstellraum, sondern allein ein Stellplatz als verkehrsfähiges Kaufobjekt geschaffen werden soll und die Nutzung als Abstellraum gegenüber der Nutzung des Sondernutzungsrechts am Stellplatz nachrangig ist. Während der Grund für das ursprüngliche Kellermodell die fehlende Erreichbarkeit einer „Wohnung“ zur Bildung von Wohnungseigentum war, soll im vorliegenden Fall die fehlende Sondereigentumsfähigkeit überhaupt überwunden und faktisch eine Verkehrsfähigkeit von Sondernutzungsrechten auch außerhalb der Eigentümergemeinschaft erreicht werden.
b) Zulässige Gestaltung versus Umgehungsfall
Soweit die oben skizzierte Gestaltung heute noch Erwähnung findet, wird sie ganz überwiegend für zulässig gehalten (BeckOGK-WEG/M. Müller, Std.: 1.7.2018, § 2 Rn. 120; Schöner/Stöber, Rn. 2910, 2819; Bärmann/Seuß/Schneider, Praxis des Wohnungseigentums, 7. Aufl. 2017, § 2 Rn. 15; a. A. Staudinger/Rapp,
Das ursprüngliche Kellermodell (nunmehr obsolet aufgrund der geänderten Rechtsprechung) war nach Ansicht des BayObLG (
Unseres Erachtens ist die Gestaltung im vorliegenden Fall zulässig. Die gesetzlichen Anforderungen an die Einräumung von Sondereigentum werden demnach nicht in unzulässiger Weise umgangen, weil an den Stellplätzen gerade kein Sondereigentum entsteht, sondern nur ein – allgemein anerkanntes – Sondernutzungsrecht. Die formale Verbindung mit dem Miteigentumsanteil an einer Teileigentumseinheit führt zur Verkehrsfähigkeit des Sondernutzungsrechts auch außerhalb der Wohnungseigentümergemeinschaft. Rechtlich betrachtet besteht die Wohnungseigentümergemeinschaft freilich auch aus allen Miteigentümern an der Teileigentumseinheit am Abstellraum. Der rechtlichen Vorgabe, dass Sondernutzungsberechtigter stets nur ein Mitglied der Eigentümergemeinschaft sein kann, ist dadurch Genüge getan. Dass der Miteigentumsanteil am Abstellraum nur formal vorgeschoben wird, damit ein Außenstehender ein Sondernutzungsrecht am Stellplatz erwerben kann, ist u. E. nicht rechtsmissbräuchlich oder als unzulässige Umgehung zu werten.
Zu berücksichtigen ist aber, dass der Erwerber eines solchen Stellplatzes auch rechtlich betrachtet bloßer Miteigentümer an einer Teileigentumseinheit ist. Damit ist er den Schwächen einer bloßen Miteigentümergemeinschaft ausgesetzt. Trotz Verwaltungs- und Benutzungsregelung sowie einer Vereinbarung über den Ausschluss des Anspruchs auf Aufhebung der Gemeinschaft (
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Erscheinungsdatum:28.09.2018
RechtsbezugNational
Rechtsgebiete:WEG
Erschienen in: Normen in Titel:WEG § 1; WEG § 3 Abs. 2