Milieuschutzsatzung: Genehmigungserfordernis bei der Umwandlung von Teileigentum in Wohnungseigentum
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Gutachten des Deutschen Notarinstituts
Abruf-Nr.: 180246
letzte Aktualisierung: 30. April 2021
Milieuschutzsatzung: Genehmigungserfordernis bei der Umwandlung von Teileigentum
in Wohnungseigentum
I. Sachverhalt
Im April des Jahres 2016 ist ein im Berliner Bezirk P liegendes Mehrfamilienhaus (Mietshaus) in
20 Wohnungs- und 5 Teileigentumseinheiten aufgeteilt worden. Die Eintragung der Aufteilung
im Grundbuch durch Anlage der entsprechenden Wohnungs-/Teileigentumsgrundbücher ist
erfolgt. Grundlage war eine Teilungserklärung des Eigentümers nach
gilt in Berlin die Verordnung über einen Genehmigungsvorbehalt für die Begründung von
Wohnungseigentum oder Teileigentum in Erhaltungsgebieten nach § 172 Abs. 1 S. 1 Nr. 2
BauGB. Zunächst lag das betroffene Grundstück nicht in einem solchen Erhaltungsgebiet. Die
Eintragung des Wohnungs-/Teileigentums in das Grundbuch im Jahr 2016 erfolgte daher ohne
Genehmigungsvorbehalt.
Seit dem Jahr 2018 liegt das Grundstück im Bereich des Erhaltungsgebietes P-Süd. Nunmehr
soll eine Teileigentumseinheit in eine Wohnungseigentumseinheit umgewandelt werden. Eine
entsprechende Ergänzungsbescheinigung des zuständigen Bezirksamtes zur ursprünglichen Abgeschlossenheitsbescheinigung
liegt vor.
II. Frage
Ist die Umwandlung der seit dem Jahr 2016 bestehenden Teileigentumseinheit in eine Wohnungseigentumseinheit
nunmehr ein genehmigungspflichtiger Vorgang nach
III. Zur Rechtslage
1. Genehmigungserfordernis nach
In Berlin gilt eine auf der Grundlage von
wonach die Begründung von Wohnungs- oder Teileigentum an Gebäuden,
die ganz oder teilweise Wohnzwecken zu dienen bestimmt sind, der Genehmigung
der Gemeinde bedarf, wenn das betroffene Grundstück im Bereich einer Erhaltungssatzung
gem.
Gegenstand der Genehmigungspflicht für die Begründung von Wohnungs- bzw. Teileigentum
können nur Immobilien im Geltungsbereich einer Milieuschutzsatzung nach § 172
Abs. 1 S. 1 Nr. 2 BauGB sein (Mitschang, in: Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 14. Aufl.
2019, § 172 Rn. 11).
Geht man davon aus, dass hier eine Milieuschutzsatzung i. S. d. § 172 Abs. 1 S. 1 Nr. 2
BauGB vorliegt, greift das Genehmigungserfordernis des
Begründung von Wohnungseigentum. Es stellt sich die Frage, ob das Genehmigungserfordernis
gem.
erstmalige Begründung von Wohnungs- und Teileigentum geht, sondern um eine nachträgliche
Änderung der Teilungserklärung.
a) Bei unbefangener Betrachtung könnte der Wortlaut des
sprechen, dass lediglich die erstmalige Begründung von Wohnungs- und Teileigentum
erfasst sei. Insbesondere ein Vergleich mit der Formulierung in § 22 Abs. 1
S. 1 BauGB für Gebiete mit Fremdenverkehrsfunktion könnte eine solche Auslegung
nahelegen. In
Teilung von Wohnungseigentum oder Teileigentum“ die Rede.
Aus der Nichterwähnung der „Teilung“ in
der Umkehrschluss gezogen werden, dass nachträgliche Änderungen an der Teilungserklärung
nebst Verbindung mit neuem Sondereigentum genehmigungsfrei seien. Die
Gesetzesmaterialien zu
das Wort „Teilung“ bewusst nicht in den Normtext des § 172 Abs. 1 S. 4
BauGB aufgenommen hat.
b) Die ganz h. M. in der Literatur leitet aus dem Sinn und Zweck des Genehmigungserfordernisses
des
Teilungserklärung von dem Genehmigungserfordernis erfasst werden, wenn hierdurch
neues Sondereigentum begründet wird (vgl. Hertel,
Demharter,
8. Aufl. 2019,
zu §§ 873-902 Rn. 68; Staudinger/Mittelstädt, BGB, 2018,
67; Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 16. Aufl. 2020, Rn. 3846; BeckOK-GBO/Hügel,
Std: 1.12.2018, Verfügungsbeeinträchtigungen, Rn. 56). Stellungnahmen zu dieser Frage
in der Rechtsprechung konnten wir leider nicht nachweisen.
c) Die oben zitierte h. M. erscheint auch aus unserer Sicht überzeugend, da der Zweck der
Milieuschutzsatzung, namentlich die Erhaltung der Zusammensetzung der Wohnbevölkerung
gem.
Teilungserklärung berührt sein kann, wenn hierdurch neue Sondereigentumseinheiten geschaffen
werden. Dies ist also z. B. der Fall bei:
- Umwandlung von Gemeinschaftseigentum in Sondereigentum (z. B. Dachbodenausbau);
- Unterteilung einer bestehenden Sondereigentumseinheit in mehrere neue Einheiten;
- Zusammenlegung von mehreren Einheiten zu einer Einheit.
In den vorgenannten Fällen führt die Änderung der Teilungserklärung dazu, dass in
dinglicher Hinsicht jeweils (mindestens) eine zuvor nicht bestehende Sondereigentumseinheit
gebildet – mit den Worten des Gesetzes „begründet“ – wird.
Bei der Umwandlung von Sonder- in Gemeinschaftseigentum könnte demgegenüber
argumentiert werden, dass es an einer „Begründung“ einer Wohnungs- bzw. Teileigentumseinheit
fehlt. Denn es werden lediglich die sachenrechtlichen Grenzen verschoben
und durch die sachenrechtliche Änderung wird die Verdrängungsgefahr für
die Mieter – anders als im Fall der Umwandlung von Gemeinschafts- in Sondereigentum
– nicht erhöht. Neue Sondereigentumseinheiten werden hierdurch nicht geschaffen.
Gleiches könnte für den Fall der Umwandlung von Wohnungs- in Teileigentum
und umgekehrt angeführt werden. Die Änderung der Zweckbestimmung ist eine lediglich
schuldrechtliche Frage der Gemeinschaftsordnung, die durch die Grundbucheintragung
verdinglicht wird. Gleichwohl wird auch in diesen Fällen die Einbeziehung in
den Schutzweck des
1998, 346, 348; Hertel,
die sich aber paradoxerweise auf die gegenteilige Meinung von Hertel beziehen).
Unseres Erachtest ist angesichts der dogmatischen Verortung der Umwandlung von
Wohnungs- in Teileigentum auf schuldrechtlicher Ebene, mit der kein neues Sondereigentum
begründet wird, sondern bestehendes Sondereigentum nur im Rahmen der
Zweckbestimmung im weiteren Sinne neu ausgestaltet wird, zutreffend, dass kein
Fall des
ist diese Rechtsansicht aber nicht als rechtssicher anzusehen.
Nimmt man zusätzlich den Zweck des Gesetzes in den Blick, wonach durch die
Umwandlungstätigkeit von unaufgeteiltem Grundstück in ein aufgeteiltes Grundstück
die Verdrängung der aktuellen Wohnbevölkerung vermieden werden soll, so stellt
sich diese Gefahr bei der Umwandlung von Teil- in Wohnungseigentum nicht. Da im
Teileigentum das Wohnen typischerweise nicht erlaubt ist, kann die Wohnbevölkerung
bei einer Umwandlung in Wohnungseigentum auch nicht verdrängt
werden.
Da bei der Umwandlung von Teileigentum in Wohnungseigentum jedoch regelmäßig
auch eine Genehmigungspflicht gem.
Nutzungsänderung besteht, dürfte die Frage zumeist aus öffentlich-rechtlicher
Perspektive nicht relevant werden (ähnlich Hertel,
Langhein,
entfallen, wobei dies aber nur dann der Fall ist, wenn man sich der hier vertretenen
Rechtsansicht anschließt.
2. Ergebnis
Nach unserem Dafürhalten unterliegt die Umwandlung von Teil- in Wohnungseigentum
als Änderung der schuldrechtlichen Gemeinschaftsordnung trotz der Verdinglichung dieser
Regelungen nicht dem Genehmigungserfordernis des
dem nach
Änderung an den sachenrechtlichen Grundlagen erforderlich; es müssen „neue“
Sondereigentumseinheiten gebildet werden. Allerdings müssen wir auf die anderslautenden
Literaturstimmen verweisen, welche in der Tendenz auch die Umwandlung von Teil- in
Wohnungseigentum als genehmigungspflichtig i. S. d.
180246
Erscheinungsdatum:30.04.2021
RechtsbezugNational
Normen in Titel:BauGB § 172 Abs. 1