12. Februar 2020
GBO § 19; BGB § 880

Rangrücktritt einer Vormerkung; Erfordernis der Mitwirkung eines sukzessiv Berechtigten

BGB § 880; GBO § 19
Rangrücktritt einer Vormerkung; Erfordernis der Mitwirkung eines sukzessiv Berechtigten

I. Sachverhalt
Im Grundbuch ist eine Eigentumsübertragungsvormerkung (bedingter und befristeter Rückübertragungsanspruch) für den Ehemann eingetragen. In der Veränderungsspalte ist eingetragen, dass die durch die Vormerkung gesicherten Ansprüche aufschiebend bedingt an die Ehefrau abgetreten sind. Nun soll ein Rangrücktritt der Vormerkung gegenüber einer neu zu bestellenden Grundschuld erklärt werden.

II. Frage
Muss sich die Ehefrau gegenüber dem Grundbuchamt ebenfalls mit dem Rangrücktritt der Vormerkung einverstanden erklären?

III. Zur Rechtslage
1. Rangfähigkeit von Vormerkungen
Dass auch Vormerkungen rangfähig sind und daher in Anwendung von § 880 BGB hinter anderen Grundstücksbelastungen im Rang zurücktreten können, dürfte der heute h. M. entsprechen (vgl. RGZ 124, 200, 202; BGH NJW 1986, 576; Staudinger/S. Heinze, BGB, 2018, § 880 Rn. 2, § 879 Rn. 8 m. w. N.; zur Rangfähigkeit speziell der Auflassungsvormerkung vgl. BGH NJW 1967, 566, 567; NJW 1999, 2275, 2276). Soweit die Mindermeinung eine Rangfähigkeit der Vormerkung generell (so wohl BeckOGK-BGB/Kesseler, Std.: 1.1.2020, § 880 Rn. 11) oder nur für solche Vormerkungen, die einen Anspruch auf Eigentumsverschaffung sichern (so etwa MünchKommBGB/Kohler, 8. Aufl. 2020, § 880 Rn. 4, § 879 Rn. 9 m. w. N), ablehnt, wird jedenfalls die Eintragung eines Wirksamkeitsvermerks für möglich gehalten (vgl. zur Alternativität dieser Mittel BGH NJW 1999, 2275). Hinsichtlich der Mitwirkungserfordernisse der „zurücktretenden“ Berechtigten dürfte hier im Ergebnis das Gleiche wie beim Rangrücktritt gelten – jedenfalls, soweit man vergleichsweise einen umfassenden Wirksamkeitsvermerk betrachtet, bei dem die Wirksamkeit auch gegenüber dem sukzessiv Berechtigten verlautbart wird (vgl. dazu noch unter Ziff. 3). Die nachfolgende Darstellung beschränkt sich daher, der h. M. folgend, zunächst auf Ausführungen zum Rangrücktritt.

2. Voraussetzungen des Rangrücktritts
Gem. § 880 Abs. 2 S. 1 BGB ist für die Rangänderung in materiell-rechtlicher Hinsicht die Einigung zwischen zurücktretendem und vortretendem Berechtigtem und die Eintragung der Änderung ins Grundbuch erforderlich. Nach § 19 GBO erfolgt eine Eintragung im Grundbuch grundsätzlich aufgrund der Bewilligung desjenigen, dessen Recht von ihr betroffen ist. „Betroffener“ i. d. S. ist derjenige, „dessen grundbuchmäßiges Recht durch die vorzunehmende Eintragung nicht nur wirtschaftlich, sondern rechtlich beeinträchtigt wird oder zumindest rechtlich nachteilig berührt werden kann“ (BGH NJW-RR 2006, 888, 889). Die Person des Betroffenen ist hierbei zunächst anhand der nach § 891 BGB maßgeblichen Buchrechtslage zu ermitteln (vgl. BeckOK-GBO/Holzer, Std.: 15.12.2019, § 19 Rn. 61 m. w. N.). Da vorliegend keine Differenz zwischen formeller Buchrechtslage und materieller Rechtslage besteht, dürfte sich auch hinsichtlich der Person des Bewilligungsberechtigten und der Person des nach materiellem Recht notwendigerweise mitwirkenden Berechtigten kein Unterschied ergeben.

Gibt es bzgl. eines Rechts mehrere Berechtigte, ist nach materieller Rechtslage für den Rangrücktritt die Zustimmung sämtlicher Berechtigter erforderlich (BeckOGK-BGB/Kesseler, § 880 Rn. 20; Staudinger/S. Heinze, § 880 Rn. 13, je m. w. N.). Gleiches gilt in grundbuchverfahrensrechtlicher Hinsicht bei mehreren nach dem Grundbuchstand „Betroffenen“ (BeckOK-GBO/Holzer, § 19 Rn. 66 m. w. N.) und insb. auch für den Fall, dass nur eine mögliche rechtliche Beeinträchtigung in Rede steht (BeckOK-GBO/Holzer, § 19 Rn. 70 m. w. N.).

3. Rangrücktritt bei Mehrfachberechtigungen
Obwohl die maßgeblichen Kommentierungen zu den Mehrfachberechtigungen diesbezüglich vor allem die Fälle in den Blick zu nehmen scheinen, bei denen ein Recht mehreren gemeinschaftlich zur selben Zeit zusteht, dürfte für den vorliegenden Fall der Sukzessivberechtigung an dem vormerkungsgesicherten Recht nichts anderes gelten.

Es entspricht hier auch jedenfalls der verfügbaren obergerichtlichen Rechtsprechung, dass die Bewilligungsberechtigung hinsichtlich einer Vormerkung, die ein aufschiebend bedingt abgetretenes Recht sichert, sowohl dem Zedenten wie auch dem Zessionar zukommt (OLG München RNotZ 2011, 420; OLG Hamm, Beschl. v. 1.7.2016 – 15 W 112/16, BeckRS 2016, 116877, Tz. 5).

Dieser Ansicht schließen wir uns an. Die aufschiebend bedingte Abtretung über den vormerkungsgesicherten Anspruch stellt eine Verfügung über diesen Anspruch und damit auch über das akzessorische Sicherungsrecht „Vormerkung“ dar (§ 401 Abs. 1 BGB). In Anwendung von § 161 Abs. 1 S. 1 BGB ist jede weitere in der Schwebezeit getroffene Verfügung im Falle des Eintritts der Bedingung insoweit unwirksam, als sie die von der Bedingung abhängige Wirkung vereiteln oder beeinträchtigen würde. Die Vereinbarung eines Rangrücktritts stellt, ebenso wie die Aufgabe der Vormerkung, eine Verfügung über das zurücktretende Recht dar. Mithin wäre also auch ein durch den Zedenten (hier: den Ehemann) vereinbarter und bewilligter Rangrücktritt beim Eintritt der Bedingung dem Zessionar (hier: der Ehefrau) gegenüber unwirksam, sofern der Zessionar hieran nicht mitgewirkt hat. Der Zedent ist folglich nicht mehr vollständig verfügungsberechtigt; vielmehr ist seine Berechtigung bereits aufschiebend bedingt auf den Zessionar übergegangen (vgl. auch Reymann, MittBayNot 2018, 146, 148). Ein „vollständiger“ Rangrücktritt der Vormerkung hätte aber gerade zur Folge, dass dieser auch gegenüber dem Zessionar für den Fall eines späteren Bedingungseintritts Wirkung entfalten würde. Dessen Mitwirkung dürfte also hierfür sowohl in materiell-rechtlicher als auch in grundbuchverfahrensrechtlicher Hinsicht notwendig sein.

Soweit die Mitwirkung auf den Zedenten beschränkt würde, käme u. E. allenfalls die Vereinbarung eines Wirksamkeitsverhältnisses zwischen Zedent und Grundschuldgläubiger und die Eintragung eines dahingehend beschränkten Wirksamkeitsvermerks bei der Vormerkung in Betracht (vgl. zum Wirksamkeitsvermerk bei der Vormerkung insb. BeckOGK-BGB/Kesseler, § 880 Rn. 11; Kesseler, RNotZ 2014, 155). Hierdurch könnte aber allenfalls erreicht werden, dass die Grundschuld wirksam gegenüber dem Zedenten, nicht jedoch gegenüber dem Zessionar wäre. Für den Fall des Eintritts der Bedingung wäre dieser Vermerk für den Grundschuldgläubiger wertlos, da sich der Zessionar diesen nicht entgegenhalten lassen müsste. Auch im Falle der Verwertung des Grundstücks dürfte der Grundschuldgläubiger nicht im gleichen Umfang abgesichert sein, wie bei einem wirksamen Rangrücktritt.

Gutachten/Abruf-Nr:

174895

Erscheinungsdatum:

12.02.2020

Rechtsbezug

National

Erschienen in:

DNotI-Report 2020, 20-21

Normen in Titel:

GBO § 19; BGB § 880