18. Juli 2019
EUErbVO Art. 26

Polen: Beteiligung eines Ehegattens an einer GmbH bei Geltung der gesetzlichen Gütergemeinschaft des polnischen Rechts

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Gutachten des Deutschen Notarinstituts
Abruf-Nr.: 170221
letzte Aktualisierung: 1 8 . Juli 2019

EuErbVO Art. 26
Polen: Beteiligung eines Ehegattens an einer GmbH bei Geltung der gesetzlichen
Gütergemeinschaft des polnischen Rechts

I. Sachverhalt

Ein polnischer Staatsangehöriger hat in Deutschland eine GmbH gegründet. Die Gesellschafterliste
weist den Gründer als alleinigen Gesellschafter aus. Der Gründer will nun seiner Ehefrau
die Hälfte seiner Beteiligung übertragen.

Sie weisen darauf hin, dass die Eheleute zum Zeitpunkt der Eheschließung beide polnische
Staatsangehörige waren und sie daher in der gesetzlichen Gütergemeinschaft polnischen Rechts
leben.

II. Fragen

Zur Frage, ob dies zutreffe, ob die Gesellschaftsbeteiligung in die Gütergemeinschaft falle, oder
ob das polnische Recht hier eine Sonderregelung kenne.

III. Zur Rechtslage

1. Güterstatut

Zur Bestimmung des Güterstatuts ist im vorliegenden Fall zu differenzieren. Sollte die Eheschließung
nach dem 29.1.2019 stattgefunden haben, so unterliegen die güterrechtlichen
Wirkungen der Ehe gem. Art. 26 Abs. 1 lit. a EuGüVO dem Recht des Staates, in dem die
Eheleute zum Zeitpunkt der Eheschließung ihren „ersten gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt“
i. S. d. EuGüVO gehabt haben. Sollten sie damals also zusammen in Deutschland
gelebt haben, gilt deutsches Güterrecht. Es würde Zugewinngemeinschaft gelten.

Sollte die Eheschließung vor dem 29.1.2019 stattgefunden, haben, so gilt für die güterrechtlichen
Wirkungen der Ehe gem. Art. 15 Abs. 1 i. V. m. Art. 14 Abs. 1 Ziff. 1
EGBGB 1986 das Recht des Staates, dessen Staatsangehörigkeit beide Eheleute zum Zeitpunkt
der Eheschließung gehabt haben. Es käme dann also das polnische Recht zur Anwendung.
Diese Verweisung auf das polnische Recht ist Gesamtverweisung unter Einschluss des
polnischen IPR, Art. 4 Abs. 1 S. 1 EGBGB. Auf diese Verweisung wäre gem. Art. 4 Abs. 1
S. 2 EGBGB daher eine Rückverweisung durch das polnische Recht zu beachten. Allerdings
gilt auch nach polnischem IPR für Eheleute mit gemeinsamer Staatsangehörigkeit das
gemeinsame Heimatrecht als Güterstatut (Art. 51 Abs. 1 des poln. IPR 2011 – und ebenfalls
auch schon die Vorgängerregelung; dazu Margonski, in: Süß/Ring, Eherecht in Europa, 3.
Aufl. 2017, Länderbericht Polen, Rn. 52).

Das polnische Recht nimmt also die Verweisung an.

2. Zum polnischen Güterrecht

Haben die Eheleute keinen Ehevertrag abgeschlossen, so leben sie nach polnischem Güterrecht
in der gesetzlichen Gütergemeinschaft (vgl. Art. 33 ff. polnisches Ehegesetz vom
17.6.2004; dazu Margonski, Rn. 16 ff.). Gem. Art. 37 Nr. 3 des Gesetzes sind Unternehmen
von der Gütergemeinschaft ausgenommen und damit Sondergut des Ehegatten, der das Unternehmen
betreibt. Dies betrifft allerdings nicht Beteiligungen an Gesellschaften, sondern
lediglich den Fall des Einzelunternehmers.

Dennoch wird nach allgemeiner Auffassung in der polnischen Lehre eine Sonderregelung
im Kollisionsbereich von Gesellschaftsrecht und Güterrecht angenommen. Zwar ist es umstritten,
ob auch die Beteiligungen an Gesellschaften zwingend Vorbehaltsgut sind. Ebenso
wie in Deutschland wird die Zugehörigkeit von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft zur
Gütergemeinschaft allerdings wohl allgemein anerkannt (vgl. dazu Margonski, Rn. 33
m. Verweisung auf die Literatur). Einigkeit besteht allerdings dahingehend, dass unabhängig
von der güterrechtlichen Zuordnung im gesellschaftsrechtlichen Bereich der gesellschaftsrechtliche
Status des Gesellschafters gegenüber der Gesellschaft, anderen Gesellschaftern
und im Rechtsverkehr mit Dritten ausschließlich dem Ehegatten zusteht, der sich an der
Gesellschaft beteiligt hat. Er allein ist in das Handelsregister als Gesellschafter einzutragen.

Erst im Rahmen der Auseinandersetzung des gemeinschaftlichen Vermögens (z. B. nach
Scheidung) wird die Gesellschaftsbeteiligung güterrechtlich berücksichtigt, indem die Beteiligung
dann zwischen den Eheleuten geteilt wird oder der andere Ehegatte einen finanziellen
Ausgleich erhält (Margonski, Rn. 35).

Darüber hinaus könnte sich die Sondergutszugehörigkeit bei der deutschen GmbH auch aus
einer Vinkulierungsklausel ergeben (so die wohl h. M., vgl. nur
MünchKommBGB/Kanzleiter, 7. Aufl. 2017, § 1417 Rn. 3; Hausmann/Odersky, Das
Internationale Privatrecht in der notariellen Praxis, 3. Aufl. 2017, § 9 Rn. 187; Löbbe, in:
Ulmer, GmbHG, 2. Aufl. 2013, § 15 Rn. 159, a. A.
MünchKommGmbHG/Reichert/Weller, 3. Aufl. 2018, § 15 Rn. 35).

Daraus ergibt sich mithin im vorliegenden Fall, dass eine Beteiligung der Ehefrau bislang
lediglich in Form eines latenten Vermögensausgleichs im Innenverhältnis besteht und die
Beteiligung an der GmbH ausschließlich dem Ehemann zuzuordnen ist. Die Gesellschafterliste
ist daher u. E. von ihm korrekt ausgefüllt worden. Desgleichen besteht hier auch die
Möglichkeit, dass der polnische Alleingesellschafter seinen Geschäftsanteil teilt und eine
Hälfte des Geschäftsanteils an seine Ehefrau abtritt. Folge wäre dann, dass beide Eheleute
jeweils eine gleichwertige Beteiligung halten (und nicht, dass sie gemeinschaftliche
Berechtigte eines einheitlichen Geschäftsanteils wären).

Gutachten/Abruf-Nr:

170221

Erscheinungsdatum:

18.07.2019

Rechtsbezug

International

Normen in Titel:

EUErbVO Art. 26