02. Juni 2020
EuGVÜ Art. 22; HUP Art. 8

Dänemark: Vorsorgender Ehevertrag deutscher Ehegatten bei gewöhnlichem Aufenthalt des Ehemannes in Dänemark (modifizierter Zugewinnausgleich; Unterhaltsverzicht); Beibehaltung getrennter gewöhnlicher Aufenthalte; Testamentserrichtung; Rechtswahlmöglichkeiten

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Gutachten des Deutschen Notarinstituts
Abruf-Nr.: 175609
letzte Aktualisierung: 2. Juni 2020

EuGüVO Art. 22 ff.; HUP Art. 8; EuErbVO Art. 21 f.
Dänemark: Vorsorgender Ehevertrag deutscher Ehegatten bei gewöhnlichem Aufenthalt
des Ehemannes in Dänemark (modifizierter Zugewinnausgleich; Unterhaltsverzicht);
Beibehaltung getrennter gewöhnlicher Aufenthalte; Testamentserrichtung;
Rechtswahlmöglichkeiten

I. Sachverhalt

Die Beteiligten planen zu heiraten. Beide sind deutsche Staatsangehörige. Sie leben an
getrennten Wohnsitzen und führen eine Wochenendbeziehung. Dabei soll es auch während
bestehender Ehe bleiben. Der Ehemann lebt und arbeitet ausschließlich in Dänemark und hat
dort auch seinen ersten Wohnsitz sowie dauernden Aufenthalt. Die Ehefrau hat ihren Wohnsitz
und dauernden Aufenthalt in Deutschland. Sie möchten durch Ehevertrag deutsches Eherecht
vereinbaren, sowohl für die güterrechtlichen als auch für die allgemeinen Wirkungen der Ehe,
eine modifizierte Zugewinngemeinschaft vereinbaren, bei der im Scheidungsfall der Zugewinnausgleich
ausgeschlossen ist. Kinder sind aufgrund des Alters der Beteiligten nicht mehr zu
erwarten. Da die Formalitäten einer Scheidung in Dänemark deutlich einfacher sein sollen,
würden sie jedoch im Trennungsfalle erwägen, die Scheidung dort und nicht in Deutschland
einzureichen.

Außerdem möchten beide Testamente errichten. Hinsichtlich des Ehemannes wird noch überlegt,
ob überhaupt ein Testament in Deutschland sinnvoll ist, weil er in Deutschland praktisch
kein Vermögen besitzt, jedoch eine Immobilie in Dänemark. Falls er im Hinblick auf künftige
Vermögenserwerbe ein Testament errichten und deutsches Recht wählen würde, stellt sich die
Frage, ob diese Rechtswahl auch in Dänemark anerkannt würde.

II. Fragen

1. Kann im nachstehend geschilderten Fall der Ehevertrag vollständig deutschem Recht unterstellt
werden? Wäre es möglich, bei einer Rechtswahl in deutsches Recht die Ehe trotzdem
in Dänemark scheiden zu lassen?

2. Wäre hinsichtlich des Testamentes des Ehemannes eine Rechtswahl in deutsches Recht
zulässig und würde sie auch in Dänemark anerkannt?

III. Zur Rechtslage

1. Zum Güterrecht

a) Anwendbares Güterrecht aus deutscher Sicht

Da die Eheschließung nach dem 29.1.2019 stattfinden wird, bestimmt sich das auf die
güterrechtlichen Wirkungen der Ehe anwendbar Recht aus deutscher Sicht bereits nach
den Regelungen der Europäischen Güterrechtsverordnung (vgl. Art 69 Abs. 3
EuGüVO). Gem. Art. 26 Abs. 1 lit. a EuGüVO unterliegen die güterrechtlichen
Wirkungen – vorbehaltlich einer abweichenden Rechtswahl (dazu sogleich) – primär
dem Recht des Staates, in dem die Eheleute nach der Eheschließung ihren ersten
gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt haben werden. Ist ein solcher im Zeitpunkt der
Eheschließung nicht vorhanden und wird auch nicht „kurz nach der Eheschließung“
begründet (vgl. hierzu Erwägungsgrund 49 S. 2 sowie BeckOK-BGB/Wiedemann,
52. Ed. 1.11.2019, EuGüVO, Art. 26 Rn. 7) ist gem. Art. 26 Abs. 1 lit. b EuGüVO
subsidiär auf die gemeinsame Staatsangehörigkeit der Ehegatten abzustellen. Da vorliegend
laut Sachverhalt beide Ehegatten ausschließlich die deutsche Staatsangehörigkeit
besitzen, ist aus deutsche Sicht demnach bereits nach objektiven Anknüpfungsgesichtspunkten
das deutsche Ehegüterrecht anwendbar. Aus deutscher Sicht könnten die
gewünschten ehevertraglichen Vereinbarungen (modifizierte Zugewinngemeinschaft)
auf dieser Grundlage folglich bereits ohne eine Rechtswahl nach den bekannten
Grundsätzen des nationalen Rechts getroffen werden.

Darüber hinaus könnten die Eheleute gem. Art. 22 Abs. 1 EuGüVO im Hinblick auf
ihre gemeinsame deutsche Staatsangehörigkeit und den gewöhnlichen Aufenthalt der
Ehefrau in Deutschland für die Wirkungen ihrer Ehe das deutsche Güterrecht vereinbaren.
Eine derartige Rechtswahl hätte im vorliegenden Fall allerdings allenfalls klarstellende
Bedeutung. Das würde im vorliegenden Fall selbst bei einem gemeinsamen
Umzug der Eheleute in einen anderen Staat gelten, da der Abschluss des Ehevertrags
im vorliegenden Fall bei der objektiven Anknüpfung nach Art. 26 EuGüVO gem.
Art. 26 Abs. 3 Unterabs. 3 EuGüVO einen Statutenwechsel aufgrund erheblich engerer
Verbindung mit dem Recht des neuen Aufenthaltsstaates ausschließt. Insoweit ist daher
aus deutscher Sicht eine ehevertragliche Rechtswahl nicht unbedingt indiziert.

b) Anwendbares Güterrecht aus dänischer Sicht

Im Falle einer Scheidung in Dänemark wäre zwingend jedoch auch die dänische Sichtweise
zu berücksichtigen. Für Dänemark findet die Europäische Güterrechtsverordnung
keine Anwendung, da Dänemark nicht an der verstärkten Zusammenarbeit
innerhalb der EU teilnimmt. Dänische Gerichte oder Behörden würden das anwendbare
Ehegüterrecht also ausschließlich nach den Regeln des nationalen dänischen IPRs
bestimmen.

Zum 1.1.2018 ist in Dänemark ein neues Gesetz über die Vermögensbeziehungen von
Ehegatten in Kraft getreten (EheWirkG n. F.; ausf. hierzu vgl. Giesen, in:
Bergmann/Ferid, Internationales Ehe- und Kindschaftsrecht, Länderbericht
Dänemark, Std.: 25.10.2018, S. 1 f.). Dieses enthält – mit Ausnahme für das Unterhaltsrecht
– erstmals auch geschriebene Regelungen zum Internationalen Privatrecht der
Ehewirkungen. Gem. § 65 des Gesetzes sind die güterrechtlichen Wirkungen der Ehe
vorrangig aufgrund einer ehevertraglichen Rechtswahl der Eheleute zu bestimmen.

Nachdem bislang eine Rechtswahl nicht möglich war, ist aufgrund des neuen Gesetzes
eine Vereinbarung anzuerkennen, wonach die Eheleute das Recht eines Staates, in dem
einer von ihnen wohnt oder dessen Staatsangehörigkeit einer von ihnen zum Zeitpunkt
des Abschlusses der Vereinbarung besitzt (dazu Ring/Olsen-Ring, Das neue dänische
IPR zum Ehegüterrecht, IPrax 2019, 347, 351). Die Rechtswahl bedarf gem. § 66
Abs. 1 des Gesetzes der Schriftform, sie muss datiert und von beiden Ehegatten unterschrieben
werden. Haben die Eheleute zum Zeitpunkt des Abschlusses der Rechtswahlvereinbarung
ihren Wohnsitz in Dänemark oder vereinbaren sie die Geltung
dänischen materiellen Erbgüterrechts, muss die Rechtswahlvereinbarung gem. § 66
Abs. 2 durch Ehevertrag erfolgen, was bedeutet, dass gem. § 20 des Gesetzes der Ehevertrag
nicht nur von beiden Ehegatten unterschrieben werden muss, sondern auch in
das Personenbuch eingetragen werden muss (Ring/Olsen-Ring, a. a. O.).

Haben die Eheleute keinen Ehevertrag mit Rechtswahl getroffen, so unterliegen die
Vermögenswirkungen der Ehe vorrangig dem Recht, welches in dem Staat gilt, in dem
beide Ehegatten im Zeitpunkt der Eingehung der Ehe gewohnt haben. Ersatzweise gilt
das Recht des Staates, in dem beide nach der Eingehung der Ehe zuerst gemeinsam
wohnten. Dabei soll nicht erforderlich sein, dass die Eheleute zusammen wohnten.
Ausreichend ist, dass sie in demselben Staat wohnen (Ring/Olsen-Ring, S. 350). Als
erster ehelicher Wohnsitz kann sogar der Staat gelten, in dem die Eheleute erst mehrere
Jahre nach Eingehung der Ehe gemeinsam gewohnt haben (§ 64 Abs. 2; s. auch
Ring/Olsen-Ring, S. 350, m. w. N.). Subsidiär gilt das gemeinsame Staatsangehörigkeitsrecht
(§ 64 Abs. 3).

Da die Ehegatten vorliegend keinen gemeinsamen Wohnsitz haben und die
Begründung eines solchen nicht beabsichtigt ist, käme nach derzeitigem Stand folglich
auch aus dänischer Sicht das deutsche Ehegüterrecht zur Anwendung. Eine Anwendbarkeit
dänischen Ehegüterrechts wäre allenfalls dann anzunehmen, wenn sich die Ehegatten
später gemeinsam in Dänemark niederlassen und dort vor ihrer Scheidung
mindestens 5 Jahre zusammen gelebt haben. Hierfür bestehen aktuell keine Anhaltspunkte.

c) Dänisches materielles Güterrecht

Für den Fall, dass nach vorstehenden Grundsätzen wider Erwarten das dänische Ehegüterrecht
zur Anwendung gelangen sollte (Scheidung in Dänemark nach mind. 5-
jährigem gemeinsamem gewöhnlichen Aufenthalt in Dänemark und Ehevertrag ohne
Rechtswahl), erlauben wir uns ergänzend folgende Hinweise zum materiellen dänischen
Ehegüterrecht. Der gesetzliche Güterstand des dänischen Rechts wird häufig als allgemeine
Gütergemeinschaft bezeichnet (Überblick bei Ring/Olsen-Ring, in: Süß/Ring,
Rn. 14 ff.).

Gem. § 15 des dän. Ehewirkungsgesetzes n. F. geht – abgesehen von „nicht übertragbaren
Rechten und Rechten sonstiger persönlicher Art“ – grundsätzlich das
gesamte Vermögen, das die Ehegatten bei Eingehung der Ehe besitzen oder später hinzuerwerben,
in die Gütergemeinschaft ein, soweit es sich nicht um Vorbehaltsgut i. S. v.
§§ 28, 28a EheWirkG n. F. handelt.

Zum Vorbehaltsgut eines Ehegatten zählen dabei diejenigen Vermögensgegenstände,
die einem Ehegatten von einem Dritten unter der Bedingung zugewendet wurden, dass
sie Vorbehaltsgut sein sollen oder eine Erbschaft, wenn der Erblasser durch Testament
eine solche Bestimmung getroffen hat. Darüber hinaus besteht die Möglichkeit, bei
fortgeltender Gütergemeinschaft einzelne Vermögensgegenstände durch ehevertragliche
Vereinbarung zu Vorbehaltsgut zu erklären. Die Vorbehaltsgutseigenschaft
gilt ferner auch für Surrogate der vorgenannten Vermögensgegenstände.

Zu beachten ist in diesem Zusammenhang aber auch die Besonderheit, dass ungeachtet
der Bezeichnung als „Gütergemeinschaft“ nach dänischem Recht während der Dauer
der Ehe zunächst kein gemeinschaftliches Vermögen der Eheleute entsteht. Vielmehr
behält gem. § 16 Abs. 2 dän. EheWirkG n. F. jeder der Eheleute zu Lebzeiten das
Verfügungsrecht über alles, was er in das gemeinschaftliche Vermögen eingebracht hat.

Während der Dauer der Ehe besteht daher gleichsam Gütertrennung. Eine Gütergemeinschaft
i. e. S. tritt erst mit Beendigung der Ehe ein. Daher wird dieser Güterstand
richtigerweise auch als „aufgeschobene Gütergemeinschaft“ bezeichnet (Dübeck,
ZEuP 1995, 827, 829; Henrich, FamRZ 2000, 8; Mauch, BWNotZ 2001, 27; Staudinger/
Mankowski, BGB, 2010, Art. 15 EGBGB Rn. 250).

Sachenrechtlich ergibt sich nach allgemeiner Ansicht in Deutschland also bezüglich des
von den Eheleuten in die Ehe eingebrachten und während der Dauer der Ehe
erworbenen Vermögens keine gesamthänderische Bindung. Vielmehr ist insoweit
davon auszugehen, dass der bei Erwerb einer Immobilie auftretende Ehegatte auch zu
Alleineigentum erwerben kann (so etwa Münch/Süß, Das Familienrecht in der
notariellen Gestaltungspraxis, 2. Aufl. 2016, § 20 Rn. 166 ff.; sinngemäß auch
Ring/Olsen-Ring, Rn. 18) und über von ihm auf diese Weise in die Gütergemeinschaft
eingebrachte Immobilien folgerichtig sodann grundsätzlich – zu Ausnahmen s. sogleich
– auch ohne Mitwirkung des anderen Ehegatten wirksam verfügen kann.

Dementsprechend besteht bei Geltung der dänischen aufgeschobenen Gütergemeinschaft
auch kein besonderes Eigentumsverhältnis – vergleichbar der deutschen
Gütergemeinschaft nach §§ 1415 ff. BGB –, das gem. § 47 GBO im Grundbuch zu
vermerken wäre. Da es weder gesamthänderisch gebundenes Eigentum noch eine ausnahmslos
gemeinsame Verfügungsbefugnis der Eheleute über die Immobilie gibt, wäre
eine solche Eintragung vielmehr irreführend.

Verfügungsbeschränkungen in Bezug auf das zur aufgeschobenen Gütergemeinschaft
gehörige Immobiliarvermögen sind in § 18 EheWirkG n. F. nur ausnahmsweise dann
vorgesehen, wenn die in Rede stehende Immobilie der Familie zur Wohnung dient oder
wenn die Erwerbstätigkeit beider Ehegatten oder die des anderen Ehegatte mit ihr verknüpft
ist. Im Übrigen besteht nach § 17 des EheWirkG n. F. lediglich eine im Innenverhältnis
der Ehegatten geltende Verpflichtung, über Gemeinschaftsgut nur in der
Weise zu verfügen, dass hierdurch keine Gefahr einer Vermögensverringerung zulasten
des anderen Ehegatten eintritt. Verstöße führen insoweit aber allenfalls zu Schadensersatzpflichten
des verfügenden Ehegatten, beeinträchtigen aber nicht die Wirksamkeit
des dinglichen oder schuldrechtlichen Rechtsgeschäfts mit dem Dritterwerber (ausf.
zum Ganzen Ring/Olsen-Ring, Rn. 18 ff., 26 ff.).

Eine Beendigung des gesetzlichen Güterstands kann ohne Rechtswahl dadurch herbeigeführt
werden, dass die Eheleute den dänischen Wahlgüterstand der Gütertrennung
wählen. Die Gütertrennung kann sich auf das gesamte eheliche Vermögen, auf die
zukünftigen Einkünfte der Ehegatten oder nur auf einzelne im Ehevertrag aufgeführte
Gegenstände erstrecken (Reinel, in: Rieck, Ausländisches Familienrecht, Länderbericht
Dänemark, Std.: 3/2013, S. 9 f.). Dabei existieren verschiedene Formen der Gütertrennung,
nämlich die sog. Scheidungsgütertrennung, die nur während der Ehe und im
Fall der Trennung oder Scheidung gilt, nicht jedoch, wenn die Ehe durch den Tod
beendet wird oder die vollständige Gütertrennung, die sowohl bei Scheidung als auch
bei Tod gilt. Daneben gibt es auch die sog. kombinierte Gütertrennung (Einzelheiten
bei Reinel, S. 10). Ein entsprechender Ehevertrag muss von beiden Eheleuten persönlich
unterschrieben sein und im Personenregister (personbogen) eingetragen werden. Erst
mit der Eintragung wird der Ehevertrag gültig (vgl. § 37 EheWirkG n. F. sowie Reinel,
S. 11).

2. Nachehelicher Unterhalt

a) Anwendbares Recht

Das Haager Protokoll über das auf Unterhaltspflichten anzuwendende Recht vom
23.11.2007 (Text auszugsweise abgedruckt etwa bei Palandt/Thorn, BGB,
79. Aufl. 2020, nach Art. 18 EGBGB) gilt nach dessen Art. 1 Abs. 1 u. a. für solche
Unterhaltspflichten, die sich aus Beziehungen der Ehe ergeben. Davon ist nicht nur der
Unterhalt während des Bestehens der Ehe erfasst, sondern auch derjenige aus
gelösten familienrechtlichen Beziehungen, auch der nacheheliche Unterhaltsanspruch.
Dies lässt sich eindeutig aus Art. 5 HUP rückschließen, der die Geltung des
HUP auch für nacheheliche Unterhaltsansprüche voraussetzt
(s. MünchKommBGB/Staudinger, 7. Aufl. 2018, Art. 1 HUP Rn. 13). Das Protokoll ist
grundsätzlich für das gesamte Gebiet der Europäischen Union in Kraft getreten, allerdings
mit Ausnahme Dänemarks. Das HUP ist jedoch auch dann anzuwenden, wenn
das darin bezeichnete Recht dasjenige eines Nichtvertragsstaates ist (Art. 2 HUP).

Da die Ehegatten hier beide Deutsche sind, erlaubt Art. 8 Abs. 1 lit. a HUP die Wahl
des deutschen Unterhaltsrechtes. Nach Art. 8 Abs. 4 HUP ist jedoch ungeachtet des
von den Parteien nach Abs. 1 bestimmten Rechtes das Recht des Staates, in dem die
berechtigte Person im Zeitpunkt der Rechtswahl ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat,
dafür maßgebend, ob die berechtigte Person auf ihren Unterhaltsanspruch verzichten
kann. Dieser Vorbehalt gilt nicht nur für einen gänzlichen, sondern auch für einen bloß
teilweisen Unterhaltsverzicht (MünchKommBGB/Staudinger, 7. Aufl. 2018, Art. 8
HUP Rn. 22; Hausmann, Internationales und europäisches Familienrecht, 2. Aufl. 2018,
Teil 1 Rn. 686). Da die Ehefrau hier zum jetzigen Zeitpunkt ihren gewöhnlichen Aufenthalt
in Deutschland hat, wäre insoweit auch für die Zulässigkeit eines Unterhaltsverzichts
das deutsche Recht einschlägig. Auf Seiten des Ehemannes wäre die Zulässigkeit
des Verzichts im Hinblick auf dessen aktuellen Aufenthalt in Dänemark hingegen
nach dem dänischen Recht zu beurteilen.

b) Dänisches Unterhaltsrecht

Der Ehegattenunterhalt ist in den §§ 56 ff. EheWirkG n. F. geregelt. Aus § 58 Abs. 2
EheWirkG n. F. folgt, dass eine Vereinbarung über den Unterhaltsbeitrag grundsätzlich
möglich ist. Allerdings kann nach § 58 Abs. 2 EheWirkG n. F. eine Vereinbarung über
den Unterhaltsbeitrag abgeändert werden, wenn die Vereinbarung für offensichtlich
unbillig gehalten wird oder sich die Verhältnisse seit Abschluss der Vereinbarung
wesentlich geändert haben.

War die Vereinbarung bereits im Zeitpunkt des Abschlusses für einen der Ehegatten
unbillig, kann sie ebenso durch Urteil angepasst oder für unverbindlich erklärt werden
(hierzu Ring/Olsen-Ring, Rn. 90, 103 ff.; Giesen, in: Bergmann/Ferid/Henrich, Internationales
Ehe- und Kindschaftsrecht, Länderbericht Dänemark, Std.: 1.10.2016, S. 43).

Detaillierte Ausführungen dazu, wann von der dänischen Rechtsprechung und Lehre
eine „Unbilligkeit“ im Sinne der zitierten gesetzlichen Bestimmungen angenommen
wird, sind uns nicht zugänglich.

Da im Bereich des Unterhaltsrechts eine Rechtswahlmöglichkeit nach dänischem Recht
auch nach der Reform des Ehewirkungsgesetzes weiterhin nicht vorgesehen ist und das
HUP aus dänischer Sicht mangels Ratifizierung keine Anwendung findet, würde eine
nach Art. 8 Abs. 1 HUP zulässige Rechtswahl bei einer Scheidung in Dänemark
darüber hinaus (wohl) auch keine Berücksichtigung finden.

3. Testamentserrichtung

a) Erbstatut

aa) aus deutscher Sicht

Seit dem 17.8.2015 gilt die Europäische Erbrechtsverordnung (EuErbVO). Nach
Art. 21 EuErbVO unterliegt die gesamte Rechtsnachfolge von Todes nunmehr
dem Recht des Staates, in dem der Erblasser zum Zeitpunkt seines Todes seinen
gewöhnlichen Aufenthalt hat. Aus deutscher Sicht wird also nicht mehr, wie bisher,
an das Heimatrecht des Erblassers angeknüpft, sondern an das Recht des Staates,
in dem der Erblasser zuletzt seinen gewöhnlichen Aufenthalt, also seinen Lebensmittelpunkt
hat. Versterben die Ehegatten mit gewöhnlichem Aufenthalt in
Deutschland, wäre aus deutscher Sicht demnach deutsches Erbrecht anwendbar.

Behält der Ehemann seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Dänemark bis zu seinem
Tode bei, wäre für dessen gesamte Rechtsnachfolge von Todes wegen ohne eine
abweichende Rechtswahl nach Art. 22 EuErbVO hingegen das dänische Recht
berufen, sofern dieses nicht eine beachtliche Rück- oder Weiterverweisung ausspricht
(vgl. Art. 34 Abs. 1 EuErbVO). Da das dänische Recht (vgl. hierzu im
Einzelnen nachfolgend) an das Domizilrecht des Erblassers zum Zeitpunkt seines
Todes anknüpft, bliebe es in diesem Fall bei der Berufung des dänischen Erbrechts.
Die Zulässigkeit der Errichtung und die materielle Wirksamkeit einer letztwilligen
Verfügung unterliegt aus deutscher Sicht Art. 24 EuErbVO (sog. Errichtungsstatut).

Hiernach ist dasjenige Recht maßgeblich, das anzuwenden wäre, wenn die
Person im Zeitpunkt der Errichtung der letztwilligen Verfügung verstorben wäre.

Entscheidend kommt es somit nach Art. 21 EuErbVO auf den gewöhnlichen Aufenthalt
des Erblassers im Zeitpunkt der Testamentserrichtung an. Auch insoweit
ergäbe sich nach derzeitiger Sachlage ohne eine Rechtswahl für den Ehemann
jedoch die Geltung dänischen Rechts, während für die Ehefrau deutsches Recht
zur Anwendung käme.

Aus deutscher Sicht hätten beide Ehegatten als deutsche Staatsangehörige vorliegend
allerdings auch die Möglichkeit, die Anwendbarkeit deutschen Rechts
dauerhaft durch eine Rechtswahl gem. Art. 22 EuErbVO sicherzustellen. Eine
solche umfassende Rechtswahl würde dabei auch das Errichtungsstatut erfassen. In
Dänemark wäre sie mangels vergleichbarer Rechtswahlmöglichkeiten im dänischen
Recht (dazu sogleich) wohl aber nicht anerkennungsfähig und käme damit im Falle
einer etwa erforderlichen Nachlassabwicklung in Dänemark von vorneherein nicht
zum Zuge.

bb) aus dänischer Sicht

Aus der Sicht Dänemarks sind die Bestimmungen der Europäischen Erbrechtsverordnung
nicht anwendbar, da die Europäische Erbrechtsverordnung in
Dänemark nicht gilt. Aus dänischer Sicht wird daher nach den autonomen
dänischen Kollisionsregeln angeknüpft.

Das Erbkollisionsrecht ist in Dänemark nicht kodifiziert. Erbstatut ist kraft
Gewohnheitsrecht vielmehr das Recht des Domizils des Erblassers zum Zeitpunkt
seines Todes (Staudinger/Dörner, Neubearb. 2007, Anh. zu Art. 25 EGBGB
Rn. 188; Ring/Olsen-Ring, in: Süß, Erbrecht in Europa, 3. Aufl. 2015, Länderbericht
Dänemark, Rn. 12). Unter einem Domizil versteht man nach dänischem
Recht denjenigen Ort, an dem die betreffende Person ihren festen und dauerhaften
Wohnsitz hat. Sollten der Ehemann zum Zeitpunkt ihres Todes immer noch in
Dänemark leben, so wäre aus dänischer Sicht das dänische Recht berufen.
Die Möglichkeit einer Rechtswahl kennt das dänische Recht nicht, ebenso
wenig ein eigenes Errichtungsstatut.

cc) Form

Die Form einer letztwilligen Verfügung beurteilt sich sowohl aus deutscher als
auch aus dänischer Sicht nach dem Haager Testamentsformübereinkommen vom
5.10.1961, welches für Dänemark am 19.9.1976 und für Deutschland am 1.1.1966
in Kraft getreten ist.

Gutachten/Abruf-Nr:

175609

Erscheinungsdatum:

02.06.2020

Rechtsbezug

National

Normen in Titel:

EuGVÜ Art. 22; HUP Art. 8