19. März 2021
GBO § 40

Zum Erfordernis der Voreintragung der Erben; Übertragung eines Grundstücks und Bestellung einer Grundschuld durch den Nachlassinsolvenzverwalter (Finanzierungsvollmacht; Vertretung durch den Erwerber)

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Gutachten des Deutschen Notarinstituts
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letzte Aktualisierung: 19. März 2021

GBO §§ 35, 39, 40
Zum Erfordernis der Voreintragung der Erben; Übertragung eines Grundstücks und
Bestellung einer Grundschuld durch den Nachlassinsolvenzverwalter (Finanzierungsvollmacht;
Vertretung durch den Erwerber)

I. Sachverhalt
Es soll ein Grundstück verkauft werden, welches gemäß Eintragung in Abt. II des Grundbuches
einer Nachlassinsolvenz unterliegt. Als Eigentümer ist noch der Verstorbene eingetragen. Die
Erben wurden ermittelt, aber bis Stand heute noch kein Erbschein beantragt. Es wurde lediglich
der Insolvenzvermerk ins Grundbuch eingetragen. Voraussichtlich benötigt der Käufer auch
eine Finanzierungsgrundschuld für die Kaufpreiszahlung.

II. Fragen
1. Ist bei dem Verkauf durch den Nachlassinsolvenzverwalter ein Erbschein in grundbuchtauglicher
Form erforderlich?
2. Und wenn ja, muss für die Eintragung der Finanzierungsgrundschuld des Käufers die Voreintragung
der Erben erfolgen?

III. Zur Rechtslage
1. Sinn und Zweck des Voreintragungsgrundsatzes und der Entbehrlichkeit der Voreintragung
in den gesetzlich normierten Fällen – Allgemeines
Gemäß § 39 Abs. 1 GBO soll eine Eintragung nur erfolgen, wenn die Person, deren Recht
durch die Eintragung betroffen wird, als Berechtigter im Grundbuch eingetragen ist. Dies
dient der Erleichterung der Legitimationsprüfung durch das Grundbuchamt und schützt
den eingetragenen Berechtigten vor ihn benachteiligenden Verfügungen (BeckOKGBO/
Zeiser, 41. Ed. 1.02.2021, § 39 Rn. 1; Schöner/Stöber, Grundbuchrecht,
16. Aufl. 2020, Rn. 136). Der Voreintragungsgrundsatz gewährleistet die Kontinuität des
Grundbuchs und damit die Nachvollziehbarkeit und Verständlichkeit des Grundbuchs
(BGH NJW-RR 2006, 888, 890).

Nach § 40 Abs. 1 GBO ist die Voreintragung entbehrlich, wenn die Person, deren Recht
durch eine Eintragung betroffen wird, Erbe des eingetragenen Berechtigten ist und die
Übertragung oder die Aufhebung des Rechts eingetragen werden soll oder wenn der Eintragungsantrag
durch die Bewilligung des Erblassers oder eines Nachlasspflegers oder
durch einen gegen den Erblasser oder den Nachlasspfleger vollstreckbaren Titel begründet
wird. Gemäß § 40 Abs. 2 GBO gilt dies auch für Eintragungen aufgrund der Bewilligung
eines Testamentsvollstreckers oder aufgrund eines gegen diesen vollstreckbaren Titels,
sofern die Bewilligung oder der Titel gegen den Erben wirksam sind.

Die in § 40 Abs. 1 Var. 1 GBO normierte Ausnahme zum Voreintragungsgrundsatz begründet
sich damit, dass die Voreintragung in diesen Fällen nur eine vorübergehende Bedeutung
hätte. Die Entbehrlichkeit der Voreintragung der Erben nach § 40 Abs. 1 Var. 1
GBO setzt jedoch den Nachweis der Erbenstellung i. S. d. § 40 Abs. 1 Var. 1 GBO in
der Form der §§ 29 Abs. 1, 35 GBO voraus (Erbennachweis zum Nachweis der Voraussetzungen
des § 40 Abs. 1 Var. 1 GBO).

Für die Fälle einer Bewilligung des Erblassers, Nachlasspflegers oder Testamentsvollstreckers
bezweckt die Ausnahme vom Voreintragungsgrundsatz den Grundbuchvollzug
für jeden und damit insbes. auch für den Fall sicherzustellen, dass die materiell betroffenen
Erben unbekannt sind (Volmer, in: KEHE, Grundbuchrecht, 8. Aufl. 2019,
§ 40 GBO Rn. 1; Meikel/Böttcher, GBO, 12. Aufl. 2021, § 40 Rn. 30). In diesen Konstellationen
sind alle Bewilligungen von der Voreintragungspflicht befreit und nicht nur die Aufhebung
oder Übertragung eines Rechts (Volmer, § 40 GBO Rn. 1; Weber, DNotZ 2018,
884, 896; Meikel/Böttcher, § 40 Rn. 29).

Unter den Begriff des Nachlasspflegers wird auch der Nachlassinsolvenzverwalter subsumiert
(LG Mainz NotBZ 2007, 226; Meikel/Böttcher, § 40 Rn. 31; Hügen/Zeiser, GBO,
4. Aufl. 2020, § 40 Rn. 27; BeckOK-GBO/Zeiser, § 40 Rn. 27; Schöner/Stöber, Rn. 142).

2. Entbehrlichkeit der Voreintragung der Erben und des Erbennachweises bei Bewilligung
der Finanzierungsgrundschuld
Die Eintragung einer Finanzierungsgrundschuld erfolgt, wenn der durch die Eintragung Betroffene
diese bewilligt gem. § 19 GBO. Da es sich insoweit um die Vornahme einer Eintragung
aufgrund Bewilligung handelt, ist § 40 Abs. 1 Var. 2 GBO dem Grunde nach erfüllt.
Allerdings ist zu beachten, dass der Erwerber die Bewilligung in einer solchen Konstellation
(Handeln aufgrund Finanzierungsvollmacht) auch im Namen des Eigentümers bzw. des
Verfügungsberechtigten (hier des Nachlassinsolvenzverwalters) als dessen Vertreter abgibt,
da er selbst bis zur Eigentumsumschreibung keine Grundschuld an fremden Grundbesitz
bestellen kann.

Da nach § 164 Abs. 1 S. 1 BGB eine Willenserklärung, die jemand innerhalb der ihm zustehenden
Vertretungsmacht im Namen des Vertretenen abgibt, unmittelbar für und gegen
den Vertretenen wirkt und auch die Bewilligung nach § 19 GBO durch einen Vertreter abgegeben
werden (vgl. Schöner/Stöber, Rn. 102), dürfte § 40 Abs. 1 Var. 2 GBO jedoch
auch in dieser Konstellation einschlägig sein (so ausdrücklich im Falle des Handelns des
Testamentsvollstreckers: OLG München, DNotZ 2019, 535 = MittBayNot 2020, 59).
Somit dürfte es sich bei der durch den Erwerber erklärten Bewilligung zur Eintragung
einer Finanzierungsgrundschuld auf Grundlage einer Finanzierungsvollmacht
um eine solche des Nachlassinsolvenzverwalters i. S. d. § 40 Abs. 1 Var. 1
GBO handeln. Das Bestehen dieser Finanzierungsvollmacht ist freilich nach Verfahrensrecht
in der Form des § 29 GBO nachzuweisen.

3. Entbehrlichkeit der Voreintragung der Erben und des Erbennachweises im Hinblick
auf die Eigentumsumschreibung
Die Eintragung des Eigentumswechsels setzt neben der Bewilligung i. S. d. § 19 GBO, bzgl.
derer die Voreintragung des Erben und der Erbennachweis nicht erforderlich ist gem. § 40
Abs. 1 Var. 2 GBO, auch den Nachweis der Einigung gem. § 20 GBO voraus. Insoweit
stellt sich die Frage, ob diesbezüglich der Erbennachweis i. S. d. §§ 29 Abs. 1, 35 GBO
geführt werden muss.

Soll ein zum Nachlass gehörendes Grundstück veräußert werden, muss nicht in allen Fällen
ein Nachweis durch Erbschein gem. § 35 Abs. 1 S. 1 GBO erbracht werden. Eines solchen
Erbscheins bedarf es bspw. dann nicht, wenn zwar über ein zum Nachlass gehörendes
Grundstück verfügt wird, Verfügender aber nicht der oder die Erben sind, sondern vielmehr
ein Bevollmächtigter aufgrund einer vom Erblasser über den Tod hinaus erteilten
Vollmacht handelt und keine Voreintragung der Erben zu erfolgen hat (§ 40 GBO)
(Meikel/Böttcher, § 35 Rn. 28; Hügel/Wilsch, GBO, 4. Aufl. 2020, § 35 Rn. 80). Eine
solche Vollmacht unter Lebenden genügt grundsätzlich für den Grundbuchverkehr, vorausgesetzt
das Formerfordernis des § 29 GBO ist gewahrt (KG JFG 12, 276; Ivo, ZErb 2006,
7, 9 ff.; Meikel/Krause, § 35 Rn. 28; Hügel/Wilsch, § 35 Rn. 80). Vergleichbar ist die
Rechtslage im Falle der Anordnung der Testamentsvollstreckung. Der separate Nachweis
der Erbfolge braucht auch durch den Testamentsvollstrecker nur dann geführt
werden, wenn der Erbe (trotz angeordneter Testamentsvollstreckung) im Grundbuch
eingetragen werden soll oder aus anderem Grund (z. B. Erbenzustimmung)
die Erbenstellung nachgewiesen werden muss (Volmer, § 35 GBO Rn. 12 m. w. N.;
Meikel/Böttcher, § 35 Rn. 189 m. w. N.).

Diese Überlegungen dürften u. E. grundsätzlich auch auf den Nachlassinsolvenzverwalter
übertragbar sein. Entscheidend dürfte auch in diesem Fall die Stellung des Insolvenzverwalter
als Partei kraft Amtes sein (durch Vorlage einer gerichtlichen Bestätigung aus
§§ 80, 56 Abs. 2 InsO) (BeckOK-GBO/Wilsch, 41. Ed. Std.: 1.02.2021, § 35 Rn. 190) und
die Zugehörigkeit des in Rede stehenden Grundbesitzes zum Nachlass bzw. zu dem vom
Insolvenzverfahren erfassten Vermögen des Gemeinschuldners, das der Verwaltungs- und
Verfügungsbefugnis des Nachlassinsolvenzverwalters unterliegt, nachzuweisen. Ein zusätzlicher
Erbennachweis dürfte in dieser Konstellation hingegen entbehrlich sein.

Dies kann letztlich auch mit dem Sinn und Zweck des § 40 Abs. 1 Var. 2 GBO begründet
werden. Denn § 40 Abs. 1 Var. 2 GBO soll den Grundbuchverkehr gerade auch in dem Fall
sicherstellen, dass die Erben unbekannt sind. § 40 Abs. 1 Var. 2 GBO ist dabei weiter gefasst
als § 40 Abs. 1 Var. 1 GBO, der nur die Eintragung der Übertragung oder der Aufhebung
eines Rechts erfasst (§ 40 Abs. 1 Var. 2 GBO erfasst hingegen jede Bewilligung).
Würde man nun – trotz der Entbehrlichkeit der Voreintragung des Erben bzgl. der Bewilligung
der Eigentumsumschreibung – über § 20 GBO doch wieder den Erbennachweis fordern,
führte dies letztlich dazu, dass der Grundbuchvollzug im Falle unbekannter Erben –
entgegen der Intention des § 40 Abs. 1 Var. 2 GBO – verhindert würde.

Gutachten/Abruf-Nr:

181790

Erscheinungsdatum:

19.03.2021

Rechtsbezug

National

Rechtsgebiete:

Grundbuchrecht

Normen in Titel:

GBO § 40