11. September 2020
BGB § 705; BGB § 1408

Ehegatten-Innengesellschaft; Ausschluss Versorgungsausgleich; Inhaltskontrolle

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Gutachten des Deutschen Notarinstituts
Abruf-Nr.: 175681
letzte Aktualisierung: 11. September 2020

BGB §§ 705, 1408
Ehegatten-Innengesellschaft; Ausschluss Versorgungsausgleich; Inhaltskontrolle

I. Sachverhalt
F und M sind schon lange Jahre liiert und wollen heiraten. Die beiden haben keine Kinder und
es ist eher unwahrscheinlich, aber nicht gänzlich ausgeschlossen, dass aus ihrer Ehe noch ein
Kind hervorgehen wird. Sie waren beide noch nicht verheiratet. M ist sehr vermögend. Er ist
unternehmerisch als Immobilienmakler in Deutschland und auf Mallorca tätig. Er hat in beiden
Ländern Liegenschaften und ist an verschiedenen immobilien- und gesellschaftsanteilsverwaltenden
Gesellschaften beteiligt. Seine laufenden Einkünfte betragen ca. 700.000,00 € bis
800.000,00 € jährlich. F hat nahezu kein Vermögen. Sie ist gelernte Arzthelferin, hat aber die
letzten Jahre nicht mehr in ihrem Beruf gearbeitet, sondern arbeitet auf der Grundlage eines
Arbeitsvertrags als Angestellte für und mit M in dessen Maklerunternehmen und übt insgesamt
für ihn administrative Tätigkeiten aus. M ist auf diese Tätigkeiten nicht angewiesen. Das Gehalt
entspricht dem üblichen Gehalt einer vergleichbaren Angestellten, wobei F einerseits auch an
Abenden und Wochenenden beruflich tätig ist, andererseits dabei auch am Lebensstandard von
M teilhat. M und F haben bisher sehr auf „getrennte Kassen“ geachtet und wollen dies auch in
der Ehezeit tun. M und F wollen Gütertrennung vereinbaren.

II. Fragen
1. Besteht (abgesehen von den üblichen Risiken der Wirksamkeits- und Ausübungskontrolle)
die Gefahr, dass die Rechtsprechung in diesem Fall eine Ehegatten-Innengesellschaft
annimmt? Lassen sich ggf. Ausgleichsansprüche aus einer vorehelich oder in der Ehezeit
begründeten Innengesellschaft im Rahmen eines Ehevertrags rechtssicher ausschließen?

2. M will etwaige nacheheliche Unterhaltsansprüche der F soweit als möglich beschränken.
Welche Gestaltungen werden in der Literatur diskutiert, mit denen nacheheliche Ehegattenunterhaltsansprüche
möglichst rechtssicher zwar nicht ausgeschlossen, aber doch zeitlich
und der Höhe nach limitiert werden können?

3. M und F wollen den Versorgungsausgleich zum Wohl der F ausschließen. F begründet sozialversicherungspflichtige
Rentenanwartschaften. M nicht – und auch keine sonstigen dem
Versorgungsausgleich unterliegenden Anwartschaften. Besteht bei einem solchen Ausschluss
die Gefahr der Sittenwidrigkeit?

III. Zur Rechtslage

1. Voraussetzungen der Ehegatten-Innengesellschaft
Die Rechtsprechung hat das (konkludente) Zustandekommen einer Ehegatten-
Innengesellschaft vor allem als Instrument gesehen, um im Rahmen des Güterrechts unbillige
Ergebnisse zu korrigieren (BeckOK-BGB/Siede/Cziupka, Stand: 1.8.2020, § 1414
Rn. 21). Das Zustandekommen wurde auf Ausnahmefälle beschränkt (KG NJW 2017,
3246). Dogmatisch hat das Instrument – u. E. zu Recht – Kritik erfahren, weil es den Ehegatten
einen Rechtsbindungswillen aus Billigkeitsgesichtspunkten unterstellt (Münch-
KommBGB/Koch, 8. Aufl. 2019, § 1363 Rn. 19).

Für die Praxis gilt die Rechtsprechung freilich als alleiniger Maßstab, insbesondere vor dem
Hintergrund als Kautelarjurist den sichersten Weg wählen zu müssen. Nach der Rechtsprechung
setzt das Zustandekommen einer Ehegatten-Innengesellschaft voraus, dass die Ehegatten
einen über den typischen Rahmen der Lebensgemeinschaft hinausgehenden
Zweck verfolgen (BGH NJW 2006, 1268; NJW 1995, 3383; NJW 1999, 2962; DNotZ
2000, 514). Eine Ehegatten-Innengesellschaft kann dabei sowohl neben einem Zugewinnausgleichsanspruch
bestehen (BGH NJW 2006, 1268) als auch bei Vereinbarung von Gütertrennung
entstehen. Eine Vereinbarung der Gütertrennung allein genügt hierbei nicht, um
Ansprüche aus einer Ehegatten-Innengesellschaft auszuschließen. Der BGH führt hierzu
prägnant aus:

„Die Vereinbarung der Gütertrennung spricht nicht gegen das
Zustandekommen eines Gesellschaftsverhältnisses zwischen den
Ehegatten. Denn daraus folgt nicht zwingend, daß die Ehegatten
eine Teilhabe am gemeinsam erwirtschafteten Vermögen von
vornherein ablehnen.“

(BGH NJW 1999, 2962, 2964)

Mit der Frage, wie das Zustandekommen einer Ehegatten-Innengesellschaft verhindert werden
kann, setzt sich die Literatur nur rudimentär auseinander. Die von der Rechtsprechung
entschiedenen Fälle eint jedoch, dass in keinem der Sachverhalte ausdrückliche Regelungen
zur Ehegatten-Innengesellschaft getroffen wurden, die Rechtsprechung also vielmehr aus
dem schlüssigen Verhalten den gemeinsamen Zweck abgeleitet hat. Der BGH hat sogar in
einer der jüngeren Entscheidung ausdrücklich festgestellt:

„[…] ausdrückliche Abreden gehen einem nur konkludent zum
Ausdruck gekommenen Parteiwillen vor.“

(BGH NJW 2006, 1268, 1269)

Es dürfte also weiterhin möglich sein, das Zustandekommen einer Ehegatten-
Innengesellschaft durch ausdrückliche Vereinbarung der Beteiligten auszuschließen. Vorgeschlagen
wird beispielsweise folgende Formulierung:

„Wir stellen ferner klar, dass andere Ausgleichsansprüche nicht
bestehen sollen; insbesondere entsteht nicht etwa durch Mitarbeit
im Betrieb eines Ehegatten oder durch das gemeinsame Halten
von Vermögensgegenständen eine Ehegatteninnengesellschaft,
wenn wir dies nicht ausdrücklich vereinbaren.“

(Münch, in: Beck’sches Formularbuch Familienrecht, 5. Aufl.
2017, Formular H.I.1.)

Rechtsprechung zur Frage, inwieweit ein solcher Ausschluss des Zustandekommens einer
Ehegatten-Innengesellschaft im Rahmen eines Ehevertrages überhaupt möglich ist und ggf.
bei der Gesamtwürdigung des Ehevertrags Berücksichtigung findet, liegt – soweit ersichtlich
– nicht vor. U.E. kann aber der bloße ausdrückliche Nichtabschluss eines Gesellschaftsvertrags
außerhalb des Ehegüterrechts nicht zur Sittenwidrigkeit des Ehevertrags führen.
Die teilweise in der Literatur geäußerten Bedenken gegen den Ausschluss einer Ehegatten-
Innengesellschaft (Kogel, FamRZ 2006, 1177; Dauner-Lieb, FuR 2009, 361, 370) können
u. E. nicht überzeugen. Dauner-Lieb argumentiert maßgeblich mit der Rechtsprechung zu
sog. Hinauskündigungs- und Abfindungsklauseln. Hiernach seien gesellschaftsvertragliche
Vereinbarung unwirksam, die einen Gesellschafter beim Ausscheiden rechtlos stellen
(Dauner-Lieb, FuR 2009, 361, 370). Dies trifft zwar zu. Der Ausschluss der Ehegatten-
Innengesellschaft setzt aber bereits zuvor an und soll lediglich klarstellen, dass ein Gesellschaftsvertrag
gerade nicht geschlossen werden soll. Auf die Rechtsprechung zu den
Abfindungsklauseln kann es deshalb nicht ankommen. Niemand kann gezwungen werden,
für seine gemeinsame Tätigkeit die Rechtsform einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts zu
wählen. Allenfalls könnte man noch an die Rechtsfigur des widersprüchlichen Verhaltens
denken, wenn die Ehegatten im Ehevertrag klarstellen, dass eine Ehegatten-
Innengesellschaft nicht begründet werden soll, sich im tatsächlichen Leben dann aber dennoch
so verhalten und einen gemeinsamen (wirtschaftlichen) Zweck verfolgen. Rechtsdogmatisch
dürfte es sich jedoch kaum begründen lassen, dass bei den Ehegatten ein Rechtsbindungswille
auf Abschluss eines Gesellschaftsvertrags vorliegt, wenn die Ehegatten
einen solchen Vertrag ausdrücklich nicht schließen wollen.

Diese Vereinbarung würde hingegen nicht weiterhelfen, wenn bereits vor Abschluss des
Ehevertrages eine Innengesellschaft bestand. Eine Ehegatten-Innengesellschaft kann auch
schon vor Heirat entstehen (so auch im Fall BGH NJW 2006, 1268). Voraussetzung ist
aber, dass die Ehegatten neben der Verfolgung eines gemeinsamen Zwecks auch gleichberechtigte
Mitarbeit erbringen, also bspw. zwar formal ein Arbeitsverhältnis als „einfacher
Angestellter“ begründet wird, der angestellte Ehegatte aber tatsächlich die Tätigkeit eines
Geschäftsführers ausführt (BGH NJW 2006, 1268). Weitere Kriterien können bspw. der
gemeinsame Grundbesitzerwerb und gemeinsame Darlehensaufnahme zur Verfolgung des
gemeinsamen Zwecks sein (BGH NZG 2016, 547). Dies scheint alles im vorliegenden Fall
nicht gegeben, entzieht sich aber der abschließenden Beurteilung durch das DNotI.
Unterstellt man den Abschluss eines Gesellschaftsvertrags bereits vor Abschluss des Ehevertrags,
dürfte ein vollständiger Ausschluss der Ansprüche aus § 738 BGB unwirksam sein
(vgl. BeckOGK-BGB/Koch, Stand: 1.10.2019, § 738 Rn. 70; MünchKommBGB/Schäfer,
7. Aufl. 2017, § 738 Rn. 60 jeweils m. w. N.).

2. Möglichst weitgehender Ausschluss der Unterhaltsansprüche
Gem. § 1585c S. 1 BGB können die Ehegatten Vereinbarungen über die Unterhaltspflicht
für die Zeit nach der Scheidung treffen und hierauf – grundsätzlich – auch vollständig verzichten
(MünchKommBGB/Maurer, 8. Aufl. 2019, § 1585c Rn. 77). Eine Vereinbarung
hierzu unterliegt jedoch nach der Rechtsprechung der Inhaltskontrolle und der Ausübungskontrolle,
sodass ein vollständiger Ausschluss des nachehelichen Unterhalts in der Praxis
nur in bestimmten Konstellationen in Betracht kommt. Ein vollständiger Verzicht auf den
nachehelichen Unterhalt wird bspw. als wirksam und sachgerecht erachtet bei einer Doppelverdienerehe,
die kinderlos geblieben ist und es auch bleiben wird, bei Ehe im fortgeschrittenen
Alter oder bei sehr vermögenden Ehegatten, bei denen auf beiden Seiten ein
Unterhaltsbedarf von vornherein ausgeschlossen ist (Grziwotz, in: Münchener Anwaltshandbuch
Familienrecht, 5. Aufl. 2020, § 24 Rn. 112). In Betracht kommt sowohl ein Totalverzicht
– der allerdings für den Fall, dass doch noch Kinder aus der Ehe hervorgehen,
unwirksam sein dürfte, als auch bspw. ein durch Kinderbetreuung auflösend bedingter
Unterhaltsverzicht (vgl. bspw. Langenfeld/Milzer, Handbuch der Eheverträge und
Scheidungsvereinbarungen, 8. Aufl. 2018, Rn. 617). Als weiterer Vorschlag in der Literatur
findet sich die Vereinbarung mit einer wertgesicherten Höchstgrenze (Reetz, in: Hoffmann-
Becking/Gebele, Beck’sches Formularbuch Bürgerliches, Handels- und Wirtschaftsrecht,
13. Aufl. 2019, Formular V.13 Rn. 4). Ob dies allerdings von den Beteiligten gewünscht ist,
entzieht sich unserer Kenntnis.

3. Verzicht auf den Versorgungsausgleich
Grundsätzlich ist es möglich, auf den Versorgungsausgleich vollständig zu verzichten. Für
die vorliegende Konstellation, dass ein Unternehmer seine Altersvorsorge mit nicht dem
Versorgungsausgleich unterliegenden Vermögenswerten absichert, wird in der Literatur der
Verzicht auf den Versorgungsausgleich sogar als ausdrücklich geboten bezeichnet
(Münch, in: Münch, Familienrecht in der Notar- und Gestaltungspraxis, 3. Aufl. 2020, § 4
Rn. 303).

Sogar ohne entsprechende Vereinbarung kann der Versorgungsausgleich wegen grober
Unbilligkeit ausgeschlossen sein. § 27 VersAusglG sieht vor, dass ein Versorgungsausgleich
nicht stattfindet, soweit er grob unbillig wäre. Dies kommt insbesondere in Betracht, wenn
ein Ehegatte die Altersvorsorge auf Vermögenswerte gründet, die wegen des vereinbarten
Güterstands keinem Ausgleich unterliegen und der grundsätzlich ausgleichsberechtigte Ehegatte
hinreichend abgesichert ist (MünchKommBGB/Siede, 8. Aufl. 2019, § 27 VersAusglG
Rn. 30) und der weniger vermögende Ehegatte ausgleichspflichtig würde (OLG Koblenz
BeckRS 2010, 10874). Es spricht also viel dafür, dass der Versorgungsausgleich im konkreten
Fall bereits nach § 27 VersAusglG ausgeschlossen wäre. Auf die gesetzliche Regelung
des § 27 VersAusglG sollte sich der Notar im Rahmen der vorsorgenden Rechtspflege freilich
nicht verlassen. Eine Regelung zum Versorgungsausgleich, die lediglich das Gesetz klarstellend
wiedergibt, kann jedoch im Ergebnis kaum sittenwidrig sein.

Gutachten/Abruf-Nr:

175681

Erscheinungsdatum:

11.09.2020

Rechtsbezug

National

Normen in Titel:

BGB § 705; BGB § 1408