01. Januar 2006
EGBGB Art. 15; GBO § 32

Italien: Erwerb eines Grundstücks zu Alleineigentum durch in Errungenschaftsgemeinschaft italienischen Rechts lebenden Ehegatte

DNotI
Deutsches Notarinstitut

GUTACHTEN D o k u m e nt n u m m e r : l e t zt e A k t u a l i s i e r un g : 14214 17.11.2005

EGBGB Art. 15, 14, 43; GBO § 32 Italien: Erwerb eines Grundstücks zu Alleineigentum durch in Errungenschaftsgemeinschaft italienischen Rechtes lebenden Ehegatten

I. Sachverhalt A und B haben zusammen ein Grundstück erworben. A und B sind italienische Staatsangehörige, die in Errungenschaftsgemeinschaft italienischen Rechts leben. A und B sind im Grundbuch als Miteigentümer je zu 1/2 eingetragen worden. Sie beabsichtigen nunmehr, das Grundstück vermessen zu lassen und ihre Miteigentumsanteile von je 1/2 in Alleineigentum an je einem der beiden neu gebildeten Grundstücke durch Übertragungen umzuwandeln. Dabei wollen A und B jeweils als Alleineigentümer eines der neu gebildeten Grundstücke eingetragen werden. Ihre Ehefrau C stimmt dem zu.

II. Fragen 1. Lässt der gesetzliche Güterstand der Errungenschaftsgemeinschaft nach italienischem Recht einen Erwerb zu Alleineigentum eines Ehegatten zu? Welche anderen Möglichkeiten bestehen ggf., um den Alleinerwerb eines Ehegatten zu ermöglichen?

2.

III. Zur Rechtslage 1. Errungenschaftsgemeinschaft als gesetzlicher Güterstand nach italienischem Recht Gesetzlicher Güterstand in Italien ist mangels einer abweichenden ehevertraglichen Vereinbarung die gesetzliche Gütergemeinschaft, die allerdings nach deutscher Terminologie eine Form der Errungenschaftsgemeinschaft darstellt (Art. 159, 177 f. Codice Civile, c. c.). In diese Gemeinschaft fällt gem. Art. 177 Abs. 1a c. c. insbesondere ,,der Erwerb, der von beiden Ehegatten gemeinsam oder getrennt während der Ehe gemacht wird, mit Ausnahme des Erwerbs persönlicher Gegenstände". Art. 179 c. c. enthält eine entsprechende Auflistung der persönlichen Gegenstände. Art. 177 und 179 c. c. lauten wie folgt:

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Art. 177 (Oggetto della comunione).

Art. 177 (Gegenstand der Gütergemeinschaft) Gegenstand der Gütergemeinschaft bilden: a) der von beiden Ehegatten gemeinsam oder von jedem einzelnen von ihnen während der Ehe gemachte Erwerb mit Ausnahme des Erwerbs persönlicher Sachen; b) die Früchte der jedem einzelnen Ehegatten gehörenden Sachen, die bei der Auflösung der Gütergemeinschaft noch nicht verbraucht sind; c) die Erträge der von jedem Ehegatten gesondert ausgeübten Tätigkeit, wenn sie bei Auflösung der Gütergemeinschaft noch nicht verbraucht sind; d) die von beiden Ehegatten geführten und nach der Eheschließung gegründeten Betriebe. Handelt es sich um Betriebe, die einem der Ehegatten bereits vor der Eheschließung gehört haben, aber von beiden geführt werden, umfasst die Gütergemeinschaft nur die Gewinne und Zuwächse. Art. 179 (Persönliche Sachen) Nicht Gegenstand der Gütergemeinschaft bilden und persönliche Sachen des Ehegatten sind: a) Sachen, deren Eigentümer der Ehegatte vor der Eheschließung war oder an denen er ein dingliches Nutzungsrecht hatte;

Costituiscono comunione:

oggetto

della

a) gli acquisti compiuti dai due coniugi insieme o separatamente durante il matrimonio, ad esclusione di quelli relativi ai beni personali;

b) i frutti dei beni propri di ciascuno dei coniugi, percepiti e non consumati allo scioglimento della comunione;

c) i proventi dell'attività separata di ciascuno dei coniugi se, allo scioglimento della comunione, non siano stati consumati; d) le aziende gestite da entrambi i coniugi e costituite dopo il matrimonio. Qualora si tratti di aziende appartenenti ad uno dei coniugi anteriormente al matrimonio ma gestite da entrambi, la comunione concerne solo gli utili e gli incrementi. Art. 179 (Beni personali) Non costituiscono oggetto della comunione e sono beni personali del coniuge: a) i beni di cui, prima del matrimonio, il coniuge era proprietario o rispetto ai quali era titolare di un diritto reale di godimento; b) i beni acquisiti successivamente al matrimonio per effetto di donazione o successione, quando nell'atto di liberalità o nel testamento non è specificato che essi sono attribuiti alla comunione; c) i beni di uso strettamente

b) Sachen, die nach der Eheschließung durch Schenkung oder Erbschaft erworben werden, wenn im Zuwendungsakt oder im Testament nicht festgelegt ist, dass sie der Gütergemeinschaft zuzurechnen sind; c) Sachen für den engsten per-

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personale di ciascun coniuge ed i loro accessori; d) i beni che servono all'esercizio della professione del coniuge, tranne quelli destinati alla conduzione di un'azienda facente parte della comunione; e) i beni attenuti a titolo di risarcimento del danno nonché la pensione attinente alla perdita parziale o totale della capacità lavorativa; f) i beni acquisti con il prezzo del trasferimento dei beni personali sopraelevati o col loro scambio, purché ciò sia espressamente dichiarato all'atto dell'acquisto. sönlichen Gebrauch jedes Ehegatten und deren Nebensachen; d) Sachen, die dem Ehegatten zur Berufsausübung dienen, außen jenen, die zur Führung eines Betriebes bestimmt sind, der Bestandteil der Gütergemeinschaft ist; e) Sachen, die aus dem Titel des Schadenersatzes erhalten wurden, sowie die Pension aus dem teilweisen oder gänzlichen Verlust der Arbeitsfähigkeit; f) Sachen, die aus dem Erlös der Übertragung der oben aufgezählten persönlichen Sachen oder durch deren Tausch erworben wurden, wenn dies ausdrücklich beim Erwerbsakt erklärt wurde. Der Erwerb von unbeweglichen oder der in Art. 2683 aufgezählten beweglichen Sachen, der nach der Eheschließung erfolgt, ist von der Gütergemeinschaft gem. den Buchstaben c, d und f des vorhergehenden Absatzes ausgeschlossen, wenn dieser Ausschluss aus dem Erwerbsakt hervorgeht und auch der andere Ehegatte Partei dieses Erwerbsakts ist.

L'acquisto di beni immobili, o di beni mobili elencati nell'articolo 2683, effettuato dopo il matrimonio, è escluso dalla comunione, ai sensi delle lettere c, d ed f del precedente comma, quando tale esclusione risulti dall'atto di acquisto se di esso sia stato parte anche l'altro coniuge.

Geht man davon aus, dass vorliegend bereits die Miteigentumsanteile von A und B (bei unrichtiger Eintragung) in Errungenschaftsgemeinschaft des italienischen Rechts erworben wurden (dafür, dass der Erwerb der Miteigentumsanteile aus dem Eigenvermögen von A bzw. B gem. Art. 179 c.c. erfolgt ist, gibt der Sachverhalt keine Anhaltspunkte), so stellt sich die Frage, ob nunmehr durch ehevertragliche und/oder rechtsgeschäftliche Vereinbarung Alleineigentum der jeweiligen Ehemänner begründet werden kann. Zunächst könnte man daran denken, durch güterrechtliche Vereinbarung die neu gebildeten Grundstücke aus der Errungenschaft herauszunehmen und dem Vorbehaltsgut des jeweiligen Ehemannes zuzuordnen. Freilich ist zu berücksichtigen, dass nach italienischer Rechtsprechung die Vorschrift des Art. 210 Abs. 3 c. c., wonach die Eheleute zwar durch Vertrag die Gütergemeinschaft modifizieren können, die Gleichheit der Anteile an der Gemeinschaft aber nicht abbedungen werden kann, eine Bedeutung dahingehend hat, dass auch (ErstRecht-Schluss) ein Ehegatte nicht auf seinen gesamten Anteil an einem Gegenstand verzichten kann, der in die Gemeinschaft fällt (siehe Emmerling de Oliveira, in: DNotI, 10 Jahre Deutsches Notarinstitut, 2003, S. 356, Kopie anbei). Folglich besteht nach unserer Ansicht nur die Möglichkeit eine eindeutige Zuordnung der Grundstücke zum Alleineigentum der jeweiligen Ehemänner zu erreichen, indem die Gütergemeinschaft beendet wird. Dies kann zunächst in der Weise geschehen, dass die Eheleute

Seite 4 gem. Art. 162 c. c. durch notariellen Ehevertrag insgesamt die Gütertrennung italienischen Rechts herbeiführen. 2. Rechtswahl zugunsten des deutschen Ehegüterrechts a) Deutsches IPR Eine Alternative bestünde aus deutscher Sicht darin, durch Rechtswahlvereinbarung gem. Art. 15 Abs. 2 EGBGB insgesamt in das deutsche Güterstatut zu wechseln, wobei gleichzeitig auch die Errungenschaftsgemeinschaft italienischen Rechts beendet und der Güterstand in die Zugewinngemeinschaft des deutschen Rechts übergeleitet würde. Ab diesem Zeitpunkt hätten B und C dann die Möglichkeit, die Grundstücke zu Alleineigentum zu erwerben. Die Miteigentumsanteile hätten zunächst den jeweiligen Ehegatten in Errungenschaftsgemeinschaft zugestanden, ab Überleitung in die Zugewinngemeinschaft würden sie bzw. das Eigentum an den neu gebildeten Grundstücken den Eheleuten zu Bruchteilseigentum zustehen. Bei dieser Alternative müssten die Ehefrauen die ihnen zustehende Hälfte zum Zweck der Auseinandersetzung auf die Ehemänner übertragen. Soweit die Ehegatten einen allumfassenden Statutenwechsel nicht herbeiführen wollen, könnten die Wirkungen der Rechtswahl gem. Art. 15 Abs. 2 Nr. 3 EGBGB auch auf das in Deutschland belegene Immobiliarvermögen der Ehegatten beschränkt werden. Aus deutscher Sicht würde dadurch Güterrechtsspaltung eintreten und der Güterstand der Errungenschaftsgemeinschaft nur hinsichtlich des in Deutschland belegenen Immobiliarvermögens beendet werden. Im Anschluss an eine derartige Rechtswahl wäre wiederum der aus der Beendigung der Gütergemeinschaft herrührende hälftige Miteigentumsanteil der jeweiligen Ehefrau auf den jeweiligen Ehemann zu übertragen. b) Italienisches IPR Allerdings ist zu beachten, dass die vom deutschen Recht zugelassenen Rechtswahlmöglichkeiten nicht unbedingt auch dem italienischen internationalen Ehegüterrecht entsprechen. Dies gilt jedenfalls für die gegenständlich beschränkte Rechtswahl gem. Art. 15 Abs. 2 Ziff. 3 EGBGB, da das italienische internationale Ehegüterrecht eine gegenständlich beschränkte Rechtswahl nicht zulässt. Aus der Sicht des italienischen Rechts wäre also bei einer bloß gegenständlich begrenzten Rechtswahl die Eigentumswohnung als weiterhin zum Errungenschaftsvermögen zählend zu betrachten. Bei einer umfassend erklärten Rechtswahl gem. Art. 15 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 EGBGB wird die Anerkennung der Rechtswahl jedoch wohl erfolgen, da auch das italienische internationale Ehegüterrecht gem. Art. 30 Abs. 1 S. 2 IPRG eine schriftliche Vereinbarung der Ehegatten zulässt, wonach die güterrechtlichen Verhältnisse durch das Recht des Staates bestimmt werden, dessen Staatsangehörigkeit mindestens einer von ihnen besitzt oder in dem mindestens einer von beiden seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat.

Gutachten/Abruf-Nr:

14214

Erscheinungsdatum:

01.01.2006

Rechtsbezug

International

Normen in Titel:

EGBGB Art. 15; GBO § 32