Beurkundung der Erbausschlagung; Übermittlung einer Ausfertigung an das Nachlassgericht
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Gutachten des Deutschen Notarinstituts
Abruf-Nr.: 183783
letzte Aktualisierung: 11. Juni 2021
Beurkundung der Erbausschlagung; Übermittlung einer Ausfertigung an das Nachlassgericht
I. Sachverhalt
Eine beurkundete – nicht nur unterschriftsbeglaubigte – Ausschlagungserklärung wurde in Ausfertigung
beim zuständigen Nachlassgericht eingereicht. Dieses fordert nun die Einreichung der
Urschrift der Urkunde, da andernfalls die Einhaltung der Ausschlagungsfrist nicht gewahrt sei.
Das Nachlassgericht verweist insoweit auf einen Beschluss des OLG Celle (
FamFG sei insoweit vorrangig vor den Vorgaben des Beurkundungsgesetzes, insbes. § 45
BeurkG.
II. Frage
Muss die Urkunde dem Nachlassgericht in Urschrift ausgehändigt werden?
III. Zur Rechtslage
1. Formbedürftigkeit der Abgabe der Ausschlagungserklärung
Die Ausschlagungserklärung selbst ist zur Niederschrift des Nachlassgerichts oder in öffentlich
beglaubigter Form abzugeben (
muss den Voraussetzungen des
notarielle Beurkundung genügt gem.
recht (OLG Saarbrücken
2. Formbedürftigkeit des Zugangs der Ausschlagungserklärung
Gemäß
dem Nachlassgericht innerhalb der Ausschlagungsfrist zugehen. Bedarf eine Willenserklärung
zu ihrer Wirksamkeit einer bestimmten Form, muss die Erklärung dem Empfänger
auch in dieser Form zugehen (BeckOGK-BGB/Gomille, Std.: 1.4.2020, § 130 Rn. 90
m. w. N.). Die Ausschlagungserklärung muss das zuständige Nachlassgericht daher in
öffentlich beglaubigter Form erhalten, sofern nicht die Ausschlagungserklärung zur Niederschrift
des Nachlassgerichts abgegeben wird. Die Zusendung einer einfachen Kopie oder
einer beglaubigten Abschrift genügt folglich nicht (
80. Aufl. 2021, § 1945 Rn. 3; vgl. auch allg. zum Erfordernis des Zugangs in der vorgeschriebenen
Form BGH
3. Erfüllung der Formerfordernisse durch Übersendung einer Ausfertigung?
a) Ein Zugang der Ausschlagungserklärung in öffentlich beglaubigter Form erfolgt jedenfalls
dann, wenn das Nachlassgericht die Urschrift der Urkunde erhält. Bei einer
notariell beglaubigten Erklärung ist der Zugang der Urschrift auch die einzige Möglichkeit,
wie die Erklärung in der erforderlichen Form gegenüber dem Nachlassgericht abgegeben
werden kann (OLG Oldenburg
Rn. 3; Ivo, in: Keim/Lehmann, Beck’sches Formularbuch Erbrecht, 4. Aufl. 2019,
J.IV.3. Rn. 3; Wegerhoff, in: Dorsel, Kölner Formularbuch Erbrecht, 3. Aufl. 2020,
Kap. 14 Rn. 35).
b) Nach
Rechtsverkehr. Grundsätzlich kann daher auch durch die Zusendung einer Ausfertigung
der Niederschrift der Zugang einer Erklärung in öffentlich-beglaubigter Form erfolgen.
bleibt die Urschrift der notariellen Urkunde in der Verwahrung des Notars.
c) Die Besonderheiten einer Ausschlagungserklärung könnten jedoch einer Anwendung
dieser Grundsätze entgegenstehen. Für den zwingenden Zugang der Urschrift könnte
in öffentlich-beglaubigter Form an das zuständige Nachlassgericht zu senden.
Das Gericht hat dabei auch stets die Urschrift der Niederschrift zu übersenden
(OLG Celle
ZErb 2011, 109).
Die Vorschrift regelt ausdrücklich jedoch nur die Form, in der das Nachlassgericht des
Wohnsitzes die Erklärung zu übersenden hat, nicht jedoch den Zugang der Ausschlagungserklärung
selbst. Rückschlüsse darauf, dass die Ausfertigung den Anforderungen
nicht genügt, lässt dies ebenfalls nicht zu. Denn der Grund für diese Regelung
ist, dass sich bei einem Nachlassgericht die vollständige Akte über die Nachlasssache
befinden soll und diese nicht auf mehrere Nachlassgerichte verteilt sein soll
(OLG Hamburg
die Konzentration der dem Gericht zugesandten Dokumente bei einem einzigen
Gericht. Ob die Zusendung einer Ausfertigung oder der Urschrift der Ausschlagungserklärung
erfolgt, hat hierauf aber keinen Einfluss.
Auch der Wortlaut der Vorschrift lässt nicht den Schluss zu, dass die Zusendung einer
Ausfertigung durch den Notar nicht genügt. Vielmehr vertritt gem.
Ausfertigung die Urschrift im Rechtsverkehr, sodass die Übersendung einer „Urschrift“
durch das Nachlassgericht des gewöhnlichen Aufenthalts an das zuständige Nachlassgericht
auch durch die Übersendung der Ausfertigung erfolgen kann, sofern es eine
Ausfertigung und nicht eine Urschrift durch den Notar erhalten hat. Darüber hinaus ist
zu berücksichtigen, dass durch eine Beurkundung die Anforderungen an die Form
„übererfüllt“ werden, während auch eine Beglaubigung die Formerfordernisse erfüllen
würde. Da eine Ausfertigung bei einer Beglaubigung nicht möglich ist (Preuß, in:
Armbrüster/Preuß/Renner, BeurkG, 8. Aufl. 2020, § 47 Rn. 1), erscheint die
mangelnde Differenzierung von Urschrift und Ausfertigung durch das Gesetz auch
konsequent, zumal sogar die Anwendbarkeit des
nahme notariell beglaubigter Ausschlagungserklärungen nicht unumstritten ist (ausf.
hierzu Heinemann,
schließt daher nicht aus, dass auch durch die Übersendung einer Ausfertigung einer
beurkundeten Ausschlagungserklärung diese dem Nachlassgericht in öffentlich beglaubigter
Form zugeht.
Darüber hinaus begründet die Rechtsprechung die Forderung, dass das Nachlassgericht
des Wohnsitzes nicht nur eine Ausfertigung übersenden und selbst die Urschrift verwahren
darf, damit, dass
192 f; OLG Hamburg
Entscheidungen lässt sich dann aber der Umkehrschluss ziehen, dass im Anwendungsbereich
des
Dass nicht nur beim Nachlassgericht des gewöhnlichen Aufenthalts, sondern bei Ausschlagungen
generell eine Anwendung des
Literatur und Rechtsprechung – soweit für uns ersichtlich – nicht vertreten. Dies
bedeutet aber, dass die Zusendung der Urschrift an das Nachlassgericht durch den
Notar nicht nur mangels Erforderlichkeit ausscheidet, sondern sogar gegen § 45
BeurkG verstoßen würde, was aufsichtliche und disziplinarrechtliche Folgen haben
kann (vgl. BeckOGK/Regler, Std.: 1.4.2021 BeurkG § 45 Rn. 35).
4. Ergebnis
Auch die Zusendung einer Ausfertigung der notariell beurkundeten Ausschlagungserklärung
an das zuständige Nachlassgericht erfüllt die Anforderungen des
(OLG Saarbrücken
Burandt/Rojahn/Najdecki, BGB 3. Aufl. 2019; BeckOGK-BGB/Heinemann,
Std.: 1.1.2021, § 1945 Rn. 46; Ivo, J.IV.3. Rn. 3). Ein anderes Verständnis lässt sich weder
im klaren Widerspruch zu
183783
Erscheinungsdatum:11.06.2021
RechtsbezugNational
Rechtsgebiete:
Annahme und Ausschlagung der Erbschaft
Verfahrensrecht allgemein (ZPO, FamFG etc.)
FamFG § 344 Abs. 7; BGB § 1945