Löschung des Nacherbenvermerks nach Eintritt des Nacherbfalls; Bedeutung einer vom Vorerben erteilten transmortalen Vollmacht
BGB §§ 167, 2139; GBO §§ 19, 22, 51
Löschung des Nacherbenvermerks nach Eintritt des Nacherbfalls; Bedeutung einer vom Vorerben erteilten transmortalen Vollmacht
I. Sachverhalt
Die Beteiligten wünschen die Beurkundung eines Kaufvertrages. In Abt. II des Grundbuchs ist ein Nacherbenvermerk eingetragen, der jetzt insgesamt gelöscht werden soll. Dem liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
– Die frühere Eigentümerin A ist verstorben. Aufgrund festgestellter Erbfolge ist B, die Tochter der A, (nicht befreite) Vorerbin geworden. Nacherben sind die beiden Kinder der Vorerbin C und D. Die Nacherbfolge tritt mit dem Tod der Vorerbin ein.
– Die Vorerbin B ist nun verstorben und die Nacherbfolge eingetreten. Ein Nacherben-Erbschein liegt bisher nicht vor.
– B hat ihren beiden Kindern C und D eine umfassende notarielle Vorsorgevollmacht erteilt, die auch über den Tod hinaus gelten soll. B hatte keine weiteren Kinder.
II. Frage
Können die beiden Nacherben C und D anhand der Vorsorgevollmacht der verstorbenen Vorerbin B für diese noch die Löschung des Nacherbenvermerks im Grundbuch bewilligen, obwohl die Nacherbfolge bereits eingetreten ist?
III. Zur Rechtslage
1. Stellung des transmortal Bevollmächtigten; transmortale Vorsorgevollmacht durch Erblasser
Der transmortal Bevollmächtigte – also hier die Kinder C und D – handelt aus vom Erblasser (Vollmachtgeber) abgeleitetem Recht. Er kann dabei alle Rechtsgeschäfte so vornehmen, wie der Erblasser (Vollmachtgeber) dies selbst zu Lebzeiten hätte tun können (OLG Hamburg
Hätte im unterbreiteten Sachverhalt der die Vor- und Nacherbfolge anordnende Erblasser (A) selbst eine transmortale Vollmacht an den Vorerben erteilt, wäre mithin die Frage aufgeworfen, ob der transmortal bevollmächtigte Vorerbe mit Wirkung auch für die Nacherben handeln und diese bei Abgabe grundbuchtauglicher Erklärungen für die Löschung des Nacherbenvermerks vertreten könnte. Diese Frage, ob der durch den Erblasser transmortal Bevollmächtigte nur den Vorerben, auch den Nacherben oder letzteren nur unter bestimmten Voraussetzungen vertreten kann, ist nach wie vor in Rechtsprechung und Literatur nicht abschließend geklärt. Das OLG Stuttgart (
2. Besonderheit hier: transmortale Vorsorgevollmacht durch Vorerben
Auf diesen vorstehend nur angedeuteten Streitstand zur Reichweite einer durch den Erblasser an den Vorerben mit transmortaler Wirkung erteilten Vorsorgevollmacht kommt es hier aber nicht an, denn nach der Sachverhaltsschilderung wurde hier nicht durch den die Vor- und Nacherbfolge anordnenden Erblasser, sondern durch die Vorerbin eine Vorsorgevollmacht mit transmortaler Wirkung erteilt. Insoweit gilt nach unserer Einschätzung: Die Vorerbin selbst hätte über die vom Erblasser angeordnete Nacherbfolge zu Lebzeiten in keiner Weise disponieren können. Folglich ist dies auch den transmortal bevollmächtigten Kindern C und D, die zugleich Nacherben sind, aufgrund der Vorsorgevollmacht der Vorerbin nicht möglich. Denn sie handeln – wie einleitend gesehen – aus vom Vollmachtgeber (also hier: der Vorerbin) abgeleitetem Recht und haben hinsichtlich der Nacherbfolge und des kundmachenden Nacherbenvermerks gem.
3. Löschung des Nacherbenvermerks nach Eintritt des Nacherbfalls nach allgemeinen Regeln
Daher bleibt es im vorliegenden Sachverhalt bei den allgemeinen Regeln zur Löschung des Nacherbenvermerks nach Eintritt des Nacherbfalls.
Insoweit gilt: Nach Eintritt der Nacherbfolge gem.
Auch eine Löschung aufgrund Löschungsbewilligung der Nacherben gem.
Für beide Wege der Löschung ist nach
Ergibt sich die Nacherbfolge dagegen nach Eintritt des Nacherbfalls eindeutig aus einer notariell beurkundeten Verfügung von Todes wegen, so reicht gem.
Die Zustimmung (Bewilligung) von Ersatzerben gem.
4. Ergebnis
Für den unterbreiteten Sachverhalt folgt hieraus im Ergebnis, dass – falls der Erblasser lediglich eine privatschriftliche Verfügung von Todes wegen hinterlassen hatte – zur Löschung des gem.
190729
Erscheinungsdatum:02.09.2022
RechtsbezugNational
Rechtsgebiete:
Vollmacht, Genehmigung, Ermächtigung
Erbeinsetzung, Vor- und Nacherbfolge
Grundbuchrecht
GBO § 51; GBO § 22; GBO § 19; BGB § 2139; BGB § 167