07. November 2019
BGB § 1984; GBO § 22; BGB § 1981

Löschung des Vermerks über Anordnung einer Nachlassverwaltung im Grundbuch; Unrichtigkeitsnachweis

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Gutachten des Deutschen Notarinstituts
Abruf-Nr.: 172461
letzte Aktualisierung: 7. November 2019

BGB §§ 1981, 1984; GBO § 22
Löschung des Vermerks über Anordnung einer Nachlassverwaltung im Grundbuch; Unrichtigkeitsnachweis

I. Sachverhalt

Im Grundbuch zu einem Grundstück sind C1, C2, und C3 als Erben nach Herrn B als Eigentümer
eingetragen. Herr B hatte das Eigentum laut Grundbuch seinerzeit durch Veräußerung
seitens des über den Nachlass von Herrn A eingesetzten Nachlassverwalters erworben. Der entsprechende
Vermerk ist jedoch noch immer in Abteilung II des Grundbuchs eingetragen
(„Nachlassverwaltung angeordnet über das Vermögen des Herrn A“). Aus der Grundakte zu
dem Grundbuch ergibt sich, dass das Nachlassgericht seinerzeit die Veräußerung durch den
Nachlassverwalter an Herrn B genehmigt hatte. C1, C2 und C3 verkaufen das betreffende
Grundstück an den D. Im Kaufvertrag ist geregelt, dass die Parteien die Löschung aller nicht
übernommenen Rechte und Eintragungen beantragen. Sie beantragen die Löschung der Eintragung
in Abteilung II, und zwar aufgrund Unrichtigkeit des Grundbuches. Das Grundbuchamt
bittet per Zwischenverfügung um Übersendung von „Löschungsunterlagen“.

II. Frage

1. Ist die Zwischenverfügung rechtmäßig ergangen?

2. Könnte ggf. das Nachlassgericht, das die Nachlassverwaltung angeordnet hat, das Grundbuchamt
um Löschung des Vermerks ersuchen?

III. Zur Rechtslage

Die durch Anordnung einer Nachlassverwaltung eintretende Verfügungsbeschränkung (§ 1984
Abs. 1 S. 1 BGB) ist im Grundbuch als dementsprechende Verfügungsbeschränkung in Abt. II
eintragungsfähig und –pflichtig. Taugliche Grundlage hierfür ist jedenfalls ein Antrag des Nachlassverwalters.
Strittig ist, inwieweit darüber hinaus das Nachlassgericht ein Ersuchen nach
§ 38 GBO auf Eintragung des Vermerks stellen kann (zum Ganzen Schöner/Stöber, Grundbuchrecht,
15. Aufl. 2012, Rn. 3135; Demharter, GBO, 31. Aufl. 2018, § 38 Rn. 12;
Burandt/Rojahn/Joachim, BGB, 3. Aufl. 2019, § 1985 Rn. 9 f.; Munzig, in: KEHE, Grundbuchrecht,
8. Aufl. 2019, § 18 GBO Rn. 94). Sinn dieser Eintragung ist die Verhinderung eines gutgläubigen
beschlagnahmefreien Erwerbs durch Veräußerung des Erben, der andernfalls durch
§§ 1984 Abs. 1 S. 2 BGB, 81 Abs. 1 S. 2 InsO, 892 BGB ermöglicht werden würde (Munzig,
§ 19 GBO Rn. 94).

Die Nachlassverwaltung erstreckt sich als Unterart der Nachlasspflegschaft (zu dieser Einordnung
allgemein BeckOGK-BGB/Herzog, Std.: 1.3.2019, § 1975 Rn 102 ff) nur auf das
gemäß § 1922 BGB übergegangene Nachlassvermögen des Erben (s. grundsätzlich BGH NJW
1967, 1961). Hier hat jedoch der Nachlassverwalter das Grundstück mit der nach Pflegschaftsrecht
notwendigen Genehmigung durch das Nachlassgericht (§§ 1975, 1962, 1915 Abs. 1 S. 1,
1821 Abs. 1 Nr. 1 BGB) an Herrn B veräußert. Mit wirksamer Veräußerung durch den Nachlassverwalter
erlischt die Nachlassverwaltung aber ebenso wie die Verfügungsmacht eines
Testamentsvollstreckers, da das veräußerte Grundstück nicht mehr als Nachlassgegenstand der
Verfügungsmacht des Nachlassverwalters unterliegt (zum Testamentsvollstrecker: BGH NJW
1971, 1805, 1807; Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 15. Aufl. 2012, Rn. 3474 m. w. N.). Mit
Eigentumsumschreibung auf B ist folglich die am Grundstück bestehende Nachlassverwaltung
außerhalb des Grundbuches erloschen.

Das Grundbuch, das derzeit die Anordnung der Nachlassverwaltung noch ausweist, ist
aber i. S. v. §§ 22 GBO, 894 BGB unrichtig, wenn - wie hier - die noch eingetragene Verfügungsbeschränkung
außerhalb des Grundbuches erloschen ist. Das Grundstück ist
infolge der Veräußerung nicht mehr Nachlassbestandteil. Auf nachlassfremdes Vermögen kann
sich die angeordnete Nachlassverwaltung nicht mehr erstrecken. Die Grundbuchunrichtigkeit
infolge Veräußerung ergibt sich aus der Kaufvertragsurkunde in Verbindung mit der
Eigentumsumschreibung und ist dadurch in der Form des § 29 Abs. 1 GBO zu öffentlicher
Urkunde nachgewiesen. Wegen des hier geführten Unrichtigkeitsnachweises nach § 22 GBO
bedarf es einer Berichtigungsbewilligung nach § 19 GBO daher nicht. Dieselbe Rechtslage gilt
übrigens bei Grundstücksveräußerungen durch den Insolvenzverwalter; dass es hier einer nach
§ 29 Abs. 1 S. 1 GBO formgebundenen Löschungsbewilligung nicht bedarf, folgt bereits aus
§ 32 Abs. 3 S. 2 GBO (vgl. OLG Dresden ZIP 2011, 1378).

Im Ergebnis ist daher nach unserer Einschätzung die Zwischenverfügung zu Unrecht
ergangen.

Ob daneben das Nachlassgericht die Eintragung und Löschung des die Nachlassverwaltung
ausweisenden Vermerks im Grundbuch durch ein Ersuchen nach § 38 GBO veranlassen kann,
ist – wie bereits ausgeführt – streitig (Schöner/Stöber, Rn. 3135 m. w. N.). Letztlich kommt es
hierauf im vorliegenden Fall aber nicht an, da die Möglichkeit der Führung des Unrichtigkeitsnachweises
nach § 22 GBO und der daraufhin auf Antrag des belasteten Eigentümers vorzunehmenden
Berichtigung des Grundbuches jedenfalls nicht beschränkt wird.

Gutachten/Abruf-Nr:

172461

Erscheinungsdatum:

07.11.2019

Rechtsbezug

National

Rechtsgebiete:

Erbenhaftung
Grundbuchrecht

Normen in Titel:

BGB § 1984; GBO § 22; BGB § 1981