15. Mai 2020
GBO § 22; GBO § 29; GBO § 52

Löschung eines Testamentsvollstreckervermerks; Anforderungen an den Nachweis der Grundbuchunrichtigkeit bei Wegfall des Testamentsvollstreckers; Anordnung der Testamentsvollstreckung durch privatschriftliches Testament

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Gutachten des Deutschen Notarinstituts
Abruf-Nr.: 175985
letzte Aktualisierung: 15. Mai 2020

GBO §§ 22, 29, 52
Löschung eines Testamentsvollstreckervermerks; Anforderungen an den Nachweis der
Grundbuchunrichtigkeit bei Wegfall des Testamentsvollstreckers; Anordnung der
Testamentsvollstreckung durch privatschriftliches Testament

I. Sachverhalt

Frau M ist am 1.10.1988 verstorben. Sie hinterließ ein notarielles Testament, in dem sie ihre fünf
Kinder zu Erben einsetzte und Vermächtnisse und Teilungsanordnungen anordnete. In einem
weiteren handschriftlichen Testament vom 27.1.1988 ordnete sie an: „Ich Frau M. bestimme
Herrn G. zu meinem Testamentsvollstrecker“. Weitere Bestimmungen sind im handschriftlichen
Testament nicht enthalten. Die beiden Söhne A und B erhielten im Rahmen der Erbauseinandersetzung
das Grundstück in der M. Straße als Miteigentümer zu gleichen Teilen. Im
Grundbuch sind A und B als Miteigentümer zu gleichen Teilen eingetragen. Im Grundbuch ist
ein Testamentsvollstreckervermerk eingetragen. Ferner ist ein Nacherbenvermerk eingetragen,
der bestehen bleiben soll. Der Testamentsvollstrecker ist im Jahr 2013 verstorben. Im Testament
finden sich keine Ausführungen zur Benennung eines Ersatztestamentsvollstreckers oder
zu den Aufgaben des Testamentsvollstreckers.

Es wurde beantragt, den Testamentsvollstreckervermerk zu löschen unter Vorlage einer Sterbeurkunde.
Das Grundbuchamt lehnt die Löschung des Testamentsvollstreckervermerks ab.
Das Grundbuchamt vertritt die Auffassung, dass gemäß § 2225 BGB das Amt des Testamentsvollstreckers
erlischt, wenn dieser stirbt. Vom Erlöschen des Amtes als Testamentsvollstrecker
zu unterscheiden sei das Erlöschen der Testamentsvollstreckung insgesamt. Es könne konkludent
die Anordnung einer Ersatztestamentsvollstreckung im obigen Testament enthalten
sein. Zur Löschung sei entweder ein Erbschein, in dem die Testamentsvollstreckung nicht mehr
genannt ist, oder ein rechtskräftiger Beschluss des Nachlassgerichts, dass ein Bedürfnis für die
Benennung eines Ersatztestamentsvollstreckers nicht bestehe, vorzulegen. Das zuständige
Nachlassgericht teilte schriftlich mit, dass der eingesetzte Testamentsvollstrecker sein Amt
bereits im Jahr 2008 niedergelegt habe. Das Nachlassgericht lege das Testament vom 27.1.1988
auch nicht dahingehend aus, dass dieses ein Ersuchen an das Nachlassgericht enthält, bei Wegfall
des benannten Testamentsvollstreckers einen Ersatztestamentsvollstrecker zu benennen. Für
einen Beschluss, wie vom Grundbuchamt verlangt, fehle die Rechtsgrundlage. Das Grundbuchamt
lehnt die Löschung auch aufgrund des Schreibens des Nachlassgerichts ab. Notfalls
müsse ein Erbschein vorgelegt werden. Die Beteiligten möchten aus Kostengründen keinen
Erbschein erteilen lassen.

II. Fragen

Welche Anforderungen sind an die Löschung eines Testamentsvollstreckersvermerks wegen
offensichtlicher Unrichtigkeit zu stellen?

III. Zur Rechtslage

1. Die Löschung eines Testamentsvollstreckervermerks erfolgt außerhalb des Amtslöschungsverfahrens
nach §§ 84 ff. GBO grundsätzlich nur auf Antrag nach §§ 13, 22 GBO, wenn die
Unrichtigkeit des Grundbuchs i. S. d. § 29 Abs. 1 S. 2 GBO nachgewiesen ist.
Die zur Grundbuchunrichtigkeit führende materiell-rechtliche Beendigung der
Testamentsvollstreckung kann sich dabei u. a. aus folgenden Umständen ergeben (ausf.
Darstellung etwa bei Meikel/Böhringer, GBO, 11. Aufl. 2015, § 52 Rn. 81):

- Eintritt einer vom Erblasser angeordneten auflösenden Bedingung/Ablauf einer
Befristung;

- Erledigung aller dem Testamentsvollstrecker obliegenden Aufgaben (insbesondere
vollständige Auseinandersetzung zwischen den Miterben, wenn lediglich Abwicklungsvollstreckung
angeordnet ist);

- Beendigung des Amtes des Testamentsvollstreckers durch Tod (§ 2225 BGB), Amtsunfähigkeit
(§§ 2225, 2201 BGB), Amtsniederlegung (§ 2226 BGB) oder Entlassung
(§ 2227 BGB), wenn kein weiterer Testamentsvollstrecker vorhanden ist, der Erblasser
für diesen Fall keine Ersatzbestimmungen getroffen, insb. keine Ersuchen an das
Nachlassgericht (§ 2200 Abs. 2 BGB) gerichtet hat.

- Bei Anordnung einer Verwaltungsvollstreckung kann die Beendigung der
Testamentsvollstreckung gem. § 2210 BGB ferner durch Ablauf der dort geregelten 30-
jährigen Höchstfrist eintreten.

- Daneben kann sich die materiell-rechtliche Unrichtigkeit des Grundbuchs insbesondere
dann ergeben, wenn der Testamentsvollstrecker den betreffenden Grundbesitz gemäß
§ 2217 BGB von der Testamentsvollstreckung freigegeben und damit ausdrücklich aus
seiner Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis entlassen hat oder der betreffende
Grundbesitz durch wirksame Veräußerung aus dem Nachlassvermögen ausgeschieden
ist (vgl. BGH NJW 1971, 1805, 1807).

2. Verfahrensrechtlich sind an die Führung des Unrichtigkeitsnachweises nach ständiger
Rechtsprechung grundsätzlich strenge Anforderungen zu stellen; ein gewisser Grad an
Wahrscheinlichkeit reicht nicht. Hiernach obliegt es dem Antragsteller, sämtliche Umstände
gegenüber dem Grundbuchamt nachzuweisen, welche die Unrichtigkeit der Eintragung
begründen und zudem lückenlos alle nicht ganz entfernt liegenden Möglichkeiten ausräumen,
die der Richtigkeit der begehrten neuen Eintragung entgegenstehen können (KG,
Beschl. v. 26.2.2004, BeckRS 2004, 05188).

Der Nachweis ist dabei in der Form des § 29 Abs. 1 S. 2 GBO zu führen und damit durch
öffentliche Urkunde, soweit die nachzuweisende Tatsache für das Grundbuchamt nicht
offenkundig ist (vgl. etwa Bengel/Dietz, in: Bengel/Reimann, Hdb. Testamentsvollstreckung,
6. Aufl. 2017, § 7 Rn. 154; Weidlich, MittBayNot 2007, 513).

a) Als Nachweismittel kommen dabei zunächst der vom Grundbuchamt verlangte Erbschein
ohne Hinweis auf eine Testamentsvollstreckung oder eine § 35 GBO entsprechende
in öffentlicher Urkunde enthaltende Verfügung von Todes wegen mit
Eröffnungsniederschrift in Betracht, aus der sich die Beendigung ergibt (vgl.
Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 15. Aufl. 2012, Rn. 3473, Fn. 27).

Daneben dürfte der Nachweis über die Beendigung der Testamentsvollstreckung auch
über einen mit Rechtskraftvermerk versehenen Beschluss des Nachlassgerichts
(§ 46 FamFG), aus dem sich die Beendigung der Testamentsvollstreckung zweifelsfrei
ergibt, erbracht werden können. Denn auch hierbei handelt es sich um eine öffentliche
Urkunde i. S. v. § 29 Abs. 1 S. 2 GBO, die in Anbetracht der funktionellen
Zuständigkeitsverteilung zwischen Grundbuchamt und Nachlassgericht uneingeschränkt
geeignet ist, die Beendigung der Testamentsvollstreckung zur vollen Überzeugung
des Grundbuchamts nachzuweisen (zu diesem Maßstab vgl. Schöner/Stöber,
Rn. 3464).

Das KG hat dies ausdrücklich für einen Fall angenommen, in dem der Antrag auf Erteilung
eines Testamentsvollstreckerzeugnisses wegen Ablauf der Höchstfrist nach § 2210
S. 1 BGB rechtskräftig zurückgewiesen worden war (KG NJW-RR 2015, 787).

Entsprechendes dürfte u. E. auch für einen Beschluss gelten, der den Antrag auf Ernennung
eines Ersatztestamentsvollstreckers oder eines Pflegers anstelle des
unbekannten Testamentsvollstreckers zurückweist (zur streitigen Frage, nach
welchen Vorschriften die Pflegerbestellung für einen persönlich unbekannten oder
ungewissen Testamentsvollstrecker erfolgen kann, vgl. etwa BeckOGKBGB/
Grotheer, 1.3.2020, § 2197 Rn. 57-59 m. w. N.). Denn auch in diesen Fällen läge
eine Entscheidung des Nachlassgerichts vor, die den Fortbestand der Testamentsvollstreckung
zum Gegenstand hat.

Auch die Herbeiführung eines entsprechenden Beschlusses des Nachlassgerichts würde
jedoch Kosten auslösen, die vorliegend gerade vermieden werden sollen.
b) Fraglich ist, ob der Eintritt der vorliegend in Betracht kommenden Beendigungsgründe
in tauglicher Form nicht auch auf anderem Weg nachgewiesen werden kann.
Danach kommt vor allem die Beendigung wegen des Versterbens des Testamentsvollstreckers
sowie wegen der vollständigen Aufgabenerledigung in Betracht.

Das Versterben an sich dürfte ohne Weiteres nachweisbar sein mittels der vorliegenden
Sterbeurkunde, bei der es sich auch um eine öffentliche Urkunde handelt
(vgl. Meikel/Böhringer, GBO, § 52 Rn. 81). Da die Beendigung des Testamentsvollstreckeramtes
durch den Tod des Testamentsvollstreckers jedoch nur eintritt, wenn
keine Ersatzbestimmungen getroffen sind (s. o.), bedarf es außerdem des Nachweises,
dass solche Ersatzbestimmungen vom Erblasser eben nicht getroffen worden sind. Da
vorliegend die Testamentsvollstreckung jedoch in einem privatschriftlichen Testament
angeordnet worden ist, dürfte ein solcher Nachweis mit den heute zur Verfügung
stehenden Mitteln nicht zu führen sein, denn bei diesem Testament handelt es sich
schließlich nicht um eine öffentliche Urkunde (vgl. dazu etwa Schöner/Stöber,
Rn. 3473; Bengel/Dietz, in: Bengel/Reimann, Rn. 156, 159, die auch beim Vorliegen
einer notariell beurkundeten Verfügung von Todes wegen, mit welcher die Testaments-
vollstreckung angeordnet und ausgestaltet wird, einen Erbschein nur dann entsprechend
§ 35 GBO für entbehrlich halten, wenn sich die Erbrechtslage aus den
beurkundeten Verfügungen ausreichend deutlich ergibt).

Entsprechendes dürfte u. E. für den Nachweis der Erledigung der dem
Testamentsvollstrecker zugewiesenen Aufgaben gelten. Denn auch hier können die
dem Testamentsvollstrecker zugewiesenen Aufgaben nur unter Heranziehung (auch)
des Testaments ermittelt werden, mit welchem die Testamentsvollstreckung angeordnet
ist. Da dieses keine öffentliche Urkunde ist, scheitert insofern ein Nachweis in der
Form des § 29 GBO.

Ausnahmen vom Grundsatz der strengen Formanforderungen aus § 29 GBO dürften
vorliegend nicht in Betracht kommen. Dies wird für den Bereich der Löschung von
Testamentsvollstreckervermerken allenfalls vertreten, wenn es um den Nachweis der
Entgeltlichkeit einer Verfügung des Testamentsvollstreckers geht und dort insb. damit
begründet, dass diese durch öffentliche Urkunden in der Regel gar nicht nachweisbar ist
(vgl. OLG Düsseldorf, Beschl. v. 18.10.2019 - I-3 Wx 99/19, BeckRS 2019, 33579;
Schaub in: Bauer/Schaub, GBO, 4. Aufl. 2018, § 52 Rn. 99 i. V. m. 85ff. und im Allg.
Rn. 175 ff.; Bengel/Dietz, in: Bengel/Reimann, Rn. 154 m. w. N.). Im vorliegenden
Fall besteht jedoch gerade keine solche Beweisnot, da es den Beteiligten offensteht,
den Nachweis durch Beantragung eines neuen Erbscheins zu führen. Reine Kostenerwägungen
können insofern keine Rolle spielen.

Es dürfte auch nicht etwa anzunehmen sein, dass die maßgebliche Erbrechtslage für
das Grundbuchamt bereits offenkundig i. S. v. § 29 Abs. 1 S. 2 GBO wäre. Offenkundigkeit
in diesem Sinne ist anzunehmen, wenn die jeweilige Tatsache gerichtskundig
ist, also dem jeweiligen Rechtspfleger oder Richter allgemein bekannt ist (z. B. wissenschaftliche
Wahrheiten, Daten, Fakten der Weltgeschichte) oder bei dem Gericht
aktenkundig ist, was wiederum voraussetzt, dass die Tatsache in den Akten selbst zu
Entstehung gelangt bzw. in einer bewirkenden Urkunde enthalten ist (dazu eingehend
Bayer/Meier-Wehrsdorfer, in: Bauer/Schaub, GBO, 4. Aufl. 2018, § 29 Rn. 173 f.).

Dies kann jedoch grundsätzlich nicht dazu führen, dass einem privatschriftlichen
Testament nur wegen der Tatsache, dass es sich in den Gerichtsakten befindet, im
Ergebnis die gleichen Wirkungen zuerkannt werden, wie einem in öffentlicher Urkunde
errichtetem Testament. Ansonsten wäre der Grundsatz der Formstrenge aus § 35 GBO
bzw. § 29 GBO praktisch wirkungslos. Vorliegend ist aus den Akten zwar auch ersichtlich,
dass das Nachlassgericht in einer formlosen Erklärung die Auffassung geteilt hat,
dass die Testamentsvollstreckung beendet sei. Aktenkundig ist dadurch aber eben nur
genau diese formfreie Erklärung des Nachlassgerichts geworden sowie die Tatsache,
dass ein solches privatschriftliches Testament existiert; nicht offenkundig oder aktenkundig
ist aber die durch Auslegung des Testaments zu ermittelnde Rechtslage als
solche (vgl. dazu Bayer/Meier-Wehrsdorfer, in: Bauer/Schaub, § 29 Rn. 174).

c) Mithin dürfte im Ergebnis zunächst davon auszugehen sein, dass mit den bisher
bekannten und verfügbaren Mitteln eine Löschung des Testamentsvollstreckervermerks
nicht zu erreichen sein wird.

d) Ergänzend ist jedoch darauf hinzuweisen, dass im Einzelfall die Löschung des
Testamentsvollstreckervermerks auch in Betracht kommen kann, wenn der
Testamentsvollstrecker den betreffenden Grundbesitz gemäß § 2217 BGB von der
Testamentsvollstreckung freigegeben hat (s. o.) und dies in der Form des § 29
GBO erfolgt ist. Eine solche Freigabe kann u. U. auch in der Erfüllung eines Vermächtnisses/
einer Teilungsanordnung liegen (Auslegungsfrage).

Gutachten/Abruf-Nr:

175985

Erscheinungsdatum:

15.05.2020

Rechtsbezug

National

Rechtsgebiete:

Grundbuchrecht

Normen in Titel:

GBO § 22; GBO § 29; GBO § 52