15. November 2019
BGB § 1018; BGB § 1090

Zulässiger Inhalt einer Dienstbarkeit; Belastungsverbot

BGB §§ 1018, 1090
Zulässiger Inhalt einer Dienstbarkeit; Belastungsverbot

I. Sachverhalt
Im Rahmen eines Windparks bestellt der Eigentümer eines Grundstücks eine beschränkte persönliche Dienstbarkeit für den Windparkbetreiber. Hiernach hat der Berechtigte das Recht, das belastete Grundstück für Verlegung, Betrieb, Unterhaltung und ggf. die Ersetzung von elektrischen Versorgungskabeln in Form eines Mittelspannungskabelsystems und in Form von Fernmeldekabeln in Anspruch zu nehmen. Der Verlauf der Trasse ist im Lageplan, der als Anlage zur Bestellungsurkunde genommen ist, farbig eingezeichnet. Der Eigentümer verpflichtet sich, den Bereich links und rechts der zu verlegenden Kabel für einen Schutzstreifen von je 2 m freizuhalten und keine anderen Nutzungsrechte für diesen Bereich zu bewilligen oder zu beantragen.

II. Frage
Ist die Verpflichtung, keine anderen Nutzungsrechte für den Bereich der Leitungen zu bewilligen oder zu beantragen, als Inhalt der Dienstbarkeit (mit-)eintragungsfähig?

III. Zur Rechtslage
1. Zulässiger Inhalt einer beschränkten persönlichen Dienstbarkeit
a) Allgemeines
Die beschränkte persönliche Dienstbarkeit (§ 1090 BGB) kann alles zum Inhalt haben, was Inhalt einer Grunddienstbarkeit sein kann. Über eine Grunddienstbarkeit (§ 1018 BGB) kann dem jeweiligen Eigentümer des herrschenden Grundstücks die Benutzung des dienenden Grundstücks in einzelnen Beziehungen gestattet werden (Benutzungsdienstbarkeit); ferner kann dem jeweiligen Eigentümer des dienenden Grundstücks untersagt werden, gewisse Handlungen auf diesem Grundstück vorzunehmen (Unterlassungsdienstbarkeit) oder bestimmte Rechte auszuüben, die sich aus dem Eigentum am belasteten Grundstück dem anderen gegenüber ergeben (Ausschlussdienstbarkeit).

Die Einordnung einer Dienstbarkeit in die vorgenannten Kategorien und die daraus abgeleiteten Zulässigkeitserfordernisse sind naturgemäß nicht in das Belieben der Beteiligten gestellt, sondern bestimmen sich auf Grundlage einer materiell-rechtlichen Betrachtung nach dem konkreten Regelungsgehalt der Dienstbarkeit. Daher können Unterlassungspflichten u. E. nicht einschränkungslos und mit beliebigem Inhalt als unselbständiges Annexrecht einer Benutzungsdienstbarkeit vereinbart werden, sondern müssen – unabhängig davon, ob es sich bei wirtschaftlicher Betrachtung um untergeordnete Nebenpflichten handelt – den inhaltlichen Anforderungen an eine Unterlassungsdienstbarkeit genügen. Der Sache nach stellt die (einheitliche) Dienstbarkeit in diesem Fall nämlich eine Kombination aus Benutzungs- und Unterlassungsdienstbarkeit dar, sodass abhängig vom konkreten Regelungsgegenstand jeweils die Zulässigkeitserfordernisse der materiell-rechtlich einschlägigen Gestaltungsvariante zu beachten sind.

Bei einer Unterlassungsdienstbarkeit (§ 1018 Var. 2 BGB) darf der Eigentümer des dienenden Grundstücks auf seinem Grundstück gewisse Handlungen nicht vornehmen, die er sonst wegen seines Eigentumsrechts gem. § 903 BGB tätigen dürfte (vgl. Staudinger/Weber, BGB, 2017, § 1018 Rn. 75, 77 m. w. N., Rn. 105). Charakteristisch ist, dass dem Untersagungsrecht des Berechtigten die Unterlassungspflicht des belasteten Eigentümers entspricht. Dabei ergibt sich aus dem Tatbestandsmerkmal „gewisse Handlungen“ (§ 1018 BGB) – neben einer qualitativen und quantitativen Beschränkung nach bestimmten Anforderungen – das Gebot zur Wahrung des sachenrechtlichen Bestimmtheitsgrundsatzes (Staudinger/Weber, § 1018 Rn. 105). In qualitativer Hinsicht dürfen nur bestimmte tatsächliche (grundstücksbezogene) Handlungen verboten, nicht hingegen die rechtsgeschäftlichen Befugnisse – insbesondere die Verfügungsfreiheit – beschränkt werden (Staudinger/Weber, § 1018 Rn. 77, 105). Daneben ist die qualitative Beschränkung zu beachten, dass das Verbot dem Eigentümer nicht sämtliche Nutzungen verwehren darf (Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 15. Aufl. 2012, Rn. 1131 ff.; Staudinger/Weber, § 1018 Rn. 105). Der sachenrechtliche Bestimmtheitsgrundsatz lässt sich z. B. dadurch wahren, dass die verbotenen Handlungen im Detail aufgezählt oder die dem Eigentümer allein noch möglichen Handlungen umschrieben werden (Staudinger/Weber, § 1018 Rn. 105).

b) Vorliegender Fall
Soweit es dem Eigentümer untersagt sein soll, sein Eigentum zu belasten, indem er weitere Nutzungsrechte an einer näher definierten realen Grundstücksteilfläche zur Eintragung in das Grundbuch bewilligt und/oder beantragt, richtet sich der Inhalt der Dienstbarkeit auf eine rechtliche Verfügungsbeschränkung. Dies ist nach oben Gesagtem nicht möglich. Auch eine Einordnung als dinglich wirkende Annexregelung im Zusammenhang mit der (zulässigen) Benutzungsdienstbarkeit zu Verlegung, Betrieb und Unterhaltung von elektrischen Versorgungskabeln kommt aus den vorgenannten Gründen nicht in Betracht.

Insoweit greift vielmehr § 137 S. 1 BGB ein, wonach die Befugnis zur Verfügung über ein veräußerliches Recht nicht durch Rechtsgeschäft ausgeschlossen oder beschränkt werden kann. Verfügung in diesem Sinne ist auch die Belastung eines Grundstücks mit Dienstbarkeiten. Die Wirksamkeit der Verpflichtung, über ein solches Recht nicht zu verfügen, wird durch diese Vorschrift nicht berührt. Zulässig sind also gem. § 137 S. 2 BGB nur schuldrechtlich, nicht dinglich wirkende Verfügungsverbote. Das zwischen den Parteien vereinbarte Belastungsverbot kann folglich allein als schuldrechtliches wirksam sein.

2. Ergebnis
Die Unterlassungsverpflichtung ist inhaltlich unzulässig und kann daher als dinglicher Inhalt einer Dienstbarkeit nicht eingetragen werden.

Gutachten/Abruf-Nr:

173143

Erscheinungsdatum:

15.11.2019

Rechtsbezug

National

Rechtsgebiete:

Dienstbarkeiten und Nießbrauch

Erschienen in:

DNotI-Report 2019, 177-178

Normen in Titel:

BGB § 1018; BGB § 1090