Vollzug eines Grundstückskaufvertrags bei Wechsel des Nachlasspflegers
Vollzug eines Grundstückskaufvertrags bei Wechsel des Nachlasspflegers
I. Sachverhalt
Ein Grundstück wurde durch einen Nachlasspfleger verkauft. Die nachlassgerichtliche Genehmigung wurde erteilt und der Kaufpreis gezahlt. Der Nachlasspfleger bestätigt die Kaufpreiszahlung gegenüber dem Notar. Der Nachlasspfleger teilt dem Notar dabei außerdem die Kontaktdaten des neuen Nachlasspflegers mit, da er aus Altersgründen die Nachlasspflegschaft nach Abschluss des Kaufvertrags aufgegeben habe. Nun soll die Eigentumsumschreibung beantragt werden.
II. Fragen
1. Muss derjenige Nachlasspfleger, der den Kaufvertrag abgeschlossen hat, zum Zeitpunkt der Eigentumsumschreibung noch Nachlasspfleger sein, damit der Erwerber wirksam Eigentum erwirbt?
2. Muss der neue Nachlasspfleger alle Erklärungen des Kaufvertrags genehmigen, damit der Vertrag vollzogen werden kann? Ist für diese Genehmigung wiederum eine nachlassgerichtliche Genehmigung erforderlich?
III. Zur Rechtslage
1. Systematische Einordnung der Nachlasspflegschaft
Das Gesetz zur Reform des Vormundschafts- und Betreuungsrechts vom 4.5.2021 hat die Rechtsstellung des Nachlasspflegers grundsätzlich unverändert gelassen. Nach wie vor handelt es sich bei der Nachlasspflegschaft um eine „sonstige Pflegschaft“, die im Erbrecht geregelt ist. Für die Nachlasspflegschaft ist allerdings ab dem 1.1.2023 – sofern sich aus dem Gesetz nichts anders ergibt – das Betreuungsrecht über die Verweisung in
2. Rechtsstellung des Nachlasspflegers; Abgrenzung zum Testamentsvollstrecker
Wesentlich für die Beurteilung der gestellten Rechtsfragen ist das Verständnis der Rechtsstellung des Nachlasspflegers. Dieser ist gesetzlicher Vertreter des endgültigen Erben (BGH
Demgegenüber ist der Testamentsvollstrecker eine „Partei kraft Amtes“. Er übt dieses ihm vom Erblasser verliehene private Amt kraft eigenen Rechts, unabhängig vom Willen der Erben, im eigenen Namen und fremdnützig aus. Der Testamentsvollstrecker ist also weder Vertreter des Erblassers noch – im Gegensatz zum Nachlasspfleger – Vertreter des Erben (grundsätzlich BGH
Dementsprechend ist das Problem eines Wechsels in der Person des Vermögensverwalters beim Testamentsvollstrecker anhand einer anderen rechtlichen Kategorie zu beurteilen als beim Nachlasspfleger. Wechselt die Person des Testamentsvollstreckers, so ist keine Frage des Entfallens der Vertretungsmacht aufgeworfen, da der Testamentsvollstrecker eben nicht gesetzlicher Vertreter der Erben ist. Vielmehr geht es um den Fortbestand der Verfügungsbefugnis einer Partei kraft Amtes. Diese Verfügungsbefugnis muss grundsätzlich bis zur Vollendung des Rechtserwerbs vorliegen. Jedoch stellt sich die Frage, ob zum Schutz des Rechtsverkehrs ein Entfall der Amtsstellung des Testamentsvollstreckers nach dem in
3. Problemverortung beim Nachlasspfleger: Nachträgliches Entfallen der Vertretungsmacht
Demgegenüber stellt sich das Problem bei dem hier einschlägigen Wechsel in der Person des Nachlasspflegers in der Gestalt des nachträglichen Entfallens der Vertretungsmacht des auftretenden gesetzlichen Vertreters (hier: des Nachlasspflegers gem.
„Die verschiedene rechtliche Behandlung des Verwalters kraft Amtes und des Vertreters ist in dem Unterschied begründet, der zwischen beiden Rechtsinstitutionen besteht. Fällt die Vertretungsmacht fort, so bleibt die von einem Bevollmächtigten für den Vollmachtgeber abgegebene Erklärung genauso bestehen, wie wenn sie der Vollmachtgeber selbst abgegeben hätte. Ist dieser im Grundbuch als Berechtigter eingetragen, so ist der angeführte Grundsatz, dass das Recht des Berechtigten bis zur Vollendung der Rechtsänderung fortdauern müsse, nicht verletzt. Anders ist es dagegen, wenn der Verwalter kraft Amtes sein Amt verliert. Dieser hat, wie das KG im Zusammenhang mit der hier behandelten Frage wiederholt für den Konkursverwalter hervorgehoben hat (vgl. KG OLGRspr. 29, 398), nicht die Rechtsstellung eines gesetzlichen Vertreters. Er leitet sein Recht nicht vom Rechtsinhaber ab. Fällt die Verfügungsmacht des Konkursverwalters fort, so ist damit der Eintragung die Grundlage entzogen …“
4. Schlussfolgerungen für den konkreten Sachverhalt
Für den unterbreiteten Sachverhalt folgt daraus:
Es ist nicht erforderlich, dass derjenige Nachlasspfleger (= gesetzlicher Vertreter der Erben), der den Kaufvertrag abgeschlossen hat, noch zum Zeitpunkt der Eigentumsumschreibung Nachlasspfleger ist, damit der Erwerber wirksam Eigentum erwirbt. Die Erklärungen, die der bei Beurkundung des Kaufvertrages auftretende Nachlasspfleger abgegeben hat, wirken vielmehr fort. Wurde die Auflassung bereits mitbeurkundet, so bleiben die Beteiligten darüber hinaus unwiderruflich an die Auflassung gebunden (
198257
Erscheinungsdatum:02.11.2023
RechtsbezugNational
Rechtsgebiete:Annahme und Ausschlagung der Erbschaft
Erschienen in: Normen in Titel:BGB § 1960