28. Mai 2021
BGB § 1460

Gesamtgutverpflichtung bei Vereinbarung einer Bürgschaft ohne Zustimmung des Ehegatten

Gutachten des Deutschen Notarinstituts
Abruf-Nr.: 173974
letzte Aktualisierung: 28. Mai 2021

BGB § 1460
Gesamtgutverpflichtung bei Vereinbarung einer Bürgschaft ohne Zustimmung des
Ehegatten

I. Sachverhalt

M und F sind in Gütergemeinschaft verheiratet. Die Verwaltung des Gesamtguts steht beiden
gemeinsam zu. M hat 2018 die X GmbH gegründet. Bei Gründung wurde ehevertraglich vereinbart,
dass die X GmbH Vorbehaltsgut von M ist. Die X GmbH hat 2019 einen Anteil an einer
anderen GmbH gekauft. Die Bank verlangt für den Finanzierungskredit eine Bürgschaft von M
persönlich (aber keine Unterschrift von F). Nach Angabe der Beteiligten weiß die Bank von der
Gütergemeinschaft. Die Beteiligten überlegen, aus Haftungsgründen von der Gütergemeinschaft
zur Zugewinngemeinschaft zu wechseln.

II. Frage

Haftet das Gesamtgut für Verbindlichkeiten aus der Bürgschaft, wenn die Bürgschaft nur von M
unterzeichnet wurde und F mit der Bürgschaft nicht einverstanden war?

III. Zur Rechtslage

1. Haben Eheleute für ihre Ehe den Güterstand der Gütergemeinschaft vereinbart und hierbei
bestimmt, dass das Gesamtgut – wie hier – von beiden Ehegatten gemeinschaftlich verwaltet
wird, so haftet das Gesamtgut für eine Verbindlichkeit aus einem Rechtsgeschäft, das ein
Ehegatte während der Gütergemeinschaft vornimmt, nach § 1460 Abs. 1 BGB nur dann,
wenn der andere Ehegatte dem Rechtsgeschäft zustimmt oder wenn das Rechtsgeschäft
ohne seine Zustimmung für das Gesamtgut wirksam ist. Diese Haftungsregelung ist Folge
des Grundsatzes der gemeinschaftlichen Verwaltung gem. § 1450 BGB. Auch wenn es nicht
besonders erwähnt ist, gilt, dass die Ehegatten das Gesamtgut grundsätzlich nur gemeinsam
verpflichten können.

§ 1460 Abs. 1 BGB bezweckt, den mitverwaltenden Ehegatten gegen eigenmächtige Verwaltungshandlungen
des anderen Ehegatten zu schützen (BeckOGK-BGB/Mensch, Std.:
1.8.2019, § 1460 Rn. 2; Staudinger/Thiele, BGB, 2018, § 1460 Rn. 1). Das Gesamtgut soll
ohne den Willen beider Ehegatten nicht mit rechtsgeschäftlichen Schulden belastet werden.

§ 1460 BGB enthält insoweit eine Ausnahme von dem Grundsatz des § 1459 BGB, dass die
während der Gütergemeinschaft entstandenen Verbindlichkeiten regelmäßig Gesamtgutsverbindlichkeiten
sind.

Für den Anwendungsbereich des § 1460 Abs. 1 BGB kommt es nicht darauf an, ob sich das
Rechtsgeschäft auf das Gesamtgut bezieht oder nicht. Entscheidend ist vielmehr, dass eine
Verbindlichkeit aus einem Rechtsgeschäft in Rede steht, das während der Gütergemeinschaft
vorgenommen wird (Staudinger/Thiele, § 1460 Rn. 2). Nach § 1460 Abs. 1 BGB
haftet für eine Verbindlichkeit aus einem Rechtsgeschäft, das während der Gütergemeinschaft
vorgenommen wird, das Gesamtgut nur dann, wenn

- das Rechtsgeschäft von beiden Ehegatten gemeinsam vorgenommen wird,
- wenn ein Ehegatte das Rechtsgeschäft im eigenen Namen vornimmt und der andere
Ehegatte zustimmt, oder
- wenn ein von einem Ehegatten abgeschlossenes Rechtsgeschäft ohne Zustimmung des
anderen Ehegatten für das Gesamtgut wirksam ist. Dies ist in den Fällen der §§ 1454,
1455 und 1456 BGB zu bejahen.

Auch soweit das Gesamtgut hiernach für die Verbindlichkeiten aus einem Rechtsgeschäft
nicht haftet, bleibt indessen die Bereicherungshaftung nach § 1457 BGB unberührt
(Staudinger/Thiele, § 1460 Rn. 4; MünchKommBGB/Münch, 8. Aufl. 2019, § 1460 Rn. 3).
2. Liegen – wie hier – die Voraussetzungen des § 1460 Abs. 1 BGB nicht vor, weil ein Ehegatte
das Rechtsgeschäft im eigenen Namen, jedoch ohne Zustimmung des anderen Ehegatten
vorgenommen hat, so ist unklar, welche Rechtsfolgen sich daran anknüpfen.
Nach § 1460 Abs. 1 BGB entsteht in diesem Fall zunächst keine Gesamtgutsverbindlichkeit.
Streitig ist indessen, ob der Ehegatte, der das Rechtsgeschäft abgeschlossen hat, persönlich
haftet. Teils wird hierzu vertreten, das Geschäft sei stets für und gegen den Handelnden
wirksam (MünchKommBGB/Münch, § 1450 Rn. 12 ff.; RGRK/Finke, BGB, 12. Aufl.,
Stand 1978, § 1450 Rn. 5). Nach a. A. bestimme sich die Rechtsfolge nach § 179 BGB (so
wohl Staudinger/Thiele, § 1450 Rn. 20). Unabhängig davon, welcher der beiden vorgenannten
Auffassungen gefolgt wird, haftet der Handelnde stets nur mit seinem Vorbehalts- und
Sondergut (MünchKommBGB/Münch, § 1450 Rn. 12).

3. Als Ergebnis kann festgehalten werden, dass der Ehemann durch Vereinbarung einer Bürgschaft
mit der Bank das Gesamtgut der Gütergemeinschaft nicht wirksam verpflichten
konnte, wenn seine Ehefrau der Bürgschaftsübernahme nicht zugestimmt hat. Anhaltspunkte
dafür, dass die Ausnahmevorschriften der §§ 1454 ff. BGB eingreifen, sind nicht
ersichtlich.

Gutachten/Abruf-Nr:

173974

Erscheinungsdatum:

28.05.2021

Rechtsbezug

National

Rechtsgebiete:

Eheliches Güterrecht

Normen in Titel:

BGB § 1460