01. Oktober 2021
BGB § 2033

Übertragung eines zum Nachlass gehörenden Erbteils durch Testamentsvollstrecker

BGB § 2033
Übertragung eines zum Nachlass gehörenden Erbteils durch Testamentsvollstrecker

I. Sachverhalt
Die Erblasserin hat in einem handschriftlichen Testament ihre Beteiligung an einem Grundstück an eine Person vermacht, die nicht Miterbin ist. Es hat sich herausgestellt, dass die Erblasserin keinen Miteigentumsanteil an dem vermachten Grundbesitz hatte, sondern der Grundbesitz im Eigentum einer Erbengemeinschaft steht, an der die Erblasserin beteiligt war. Der betroffene Grundbesitz ist einziger verbliebener Nachlassgegenstand der im Grundbuch eingetragenen Erbengemeinschaft.

Die Beteiligten sind einig, dass der Vermächtnisnehmerin somit der Erbteil vermacht wurde, den die Erblasserin an der im Grundbuch eingetragenen Erbengemeinschaft innehatte.

Im Testament wurde Testamentsvollstreckung angeordnet.

II. Frage
Kann der Testamentsvollstrecker den Vermächtniserfüllungsvertrag in Form der Erbteilsübertragung abschließen oder ist die Mitwirkung der Erben erforderlich?

III. Zur Rechtslage
1. Zum zulässigen Gegenstand eines Vermächtnisses
Gegenstand eines Vermächtnisses i. S. d. §§ 1939, 2147 ff. BGB ist ein Vermögensvorteil. Vermächtnisgegenstand kann damit alles sein, was als Inhalt der Leistungspflicht eines Schuldners nach § 241 BGB vereinbart werden könnte, sofern nur ein Vermögensvorteil zugewendet wird (vgl. nur Palandt/Weidlich, BGB, 80. Aufl. 2021, § 1939 Rn. 4 m. w. N.). Typischerweise fallen darunter Geldbeträge, Grundstücke, Gesellschaftsanteile, aber auch Forderungsrechte oder der Erlass einer Forderung (z. B. aus einem Darlehen). In diesem Zusammenhang ist anerkannt, dass auch ein Erbteil an einer noch ungeteilten Erbschaft einem anderen im Wege des Vermächtnisses zugewandt werden kann (RGZ 105, 246, 251; Soergel/Ludyga, BGB, 14. Aufl. 2020, § 2169 Rn. 4).

2. Zum Vermächtnisgegenstand im vorliegenden Fall
Im vorliegenden Fall wurde nach dem mitgeteilten Wortlaut des privatschriftlichen Testaments nicht der Erbteil im Wege des Vermächtnisses zugewandt, sondern der – rechtlich nicht existente – Anteil der Erblasserin am Grundbesitz, der zum Nachlass gehört, an dem die Erblasserin als Miterbin beteiligt war.

Streng genommen steht wegen der Gesamthandsbindung (vgl. § 2032 Abs. 1 BGB) keinem der Miterben vor Auseinandersetzung des Nachlasses ein „Anteil“ an einem solchen Grundstück zu, über den selbständig verfügt werden könnte. Daher ist das Vermächtnis über den „Anteil“ der Erblasserin an diesem Nachlassgegenstand grundsätzlich nach § 2169 Abs. 1 BGB unwirksam, da der vermachte Gegenstand zum Zeitpunkt des Erbfalls nicht zur Erbschaft gehört. Insoweit könnte es sich allenfalls um ein Verschaffungsvermächtnis i. S. v. § 2170 Abs. 1 BGB handeln (was insbesondere anzunehmen wäre, wenn der Erblasserin die Nichtzugehörigkeit zum Nachlass bekannt war). Der mit dem Vermächtnis beschwerte Erbe wäre dann verpflichtet, dem Vermächtnisnehmer den Gegenstand „zu verschaffen“, d. h. der „Anteil“ am Grundbesitz müsste erst durch Auseinandersetzung der Gesamthandsgemeinschaft bezüglich des Grundstücks gebildet werden, damit er anschließend vom Erben in Erfüllung des Vermächtnisses auf den Vermächtnisnehmer übertragen werden kann (für den Fall, dass eine Verschaffung nicht möglich wäre, hätte der Beschwerte gem. § 2170 Abs. 2 S. 1 BGB Wertersatz zu entrichten).

Da es sich im vorliegenden Fall um ein handschriftliches Testament der Erblasserin handelt, ist u. E. jedoch auch eine Auslegung dahingehend denkbar, dass nicht der „Anteil“ am Grundbesitz, sondern der gesamte Anteil an der Hinterlassenschaft des vorverstorbenen Erblassers (Erbteil) vermacht werden sollte. Dies wird v. a. davon abhängen, was zum Zeitpunkt des Erbfalls im Nachlass des vorverstorbenen Erblassers vorhanden war und ob sich schon zu diesem Zeitpunkt dessen Nachlass in dem darin befindlichen Grundstück „erschöpfte“ (der mitgeteilte Sachverhalt ist insoweit nicht ganz eindeutig). Hierbei handelt es sich aber letztlich um eine reine Auslegungsfrage, die von uns nicht abschließend beurteilt werden kann.

3. Erfüllung des Vermächtnisses
Für den Fall, dass im Wege der Auslegung davon auszugehen ist, dass sich das Vermächtnis auf den Erbteil als solchen bezieht, ist das Vermächtnis durch Übertragung des Erbteils i. S. v. § 2033 Abs. 1 BGB zu erfüllen. Ist die Erblasserin von mehreren Miterben beerbt worden, dann ist hierfür eine gemeinschaftliche Verfügung ihrer Miterben i. S. v. § 2040 Abs. 1 BGB erforderlich, da es sich bei dem Erbteil um einen Einzelgegenstand ihres Nachlasses handelt.

Ausweislich des mitgeteilten Sachverhalts hat die Erblasserin Testamentsvollstreckung angeordnet. Leider ist nicht mitgeteilt, um was für eine Art der Testamentsvollstreckung es sich handelt (Auseinandersetzungsvollstreckung, reine Verwaltungsvollstreckung oder Dauervollstreckung, vgl. § 2209 Abs. 1 BGB).

In jedem Fall unterfallen die einzelnen Nachlassgegenstände – sofern der Erblasser keine einschränkenden Anordnungen getroffen hat – dem Verwaltungs- und Verfügungsrecht des Testamentsvollstreckers (vgl. § 2205 BGB). Dieser schließt im Umfang seiner Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis eine Verfügung der Erben aus (vgl. § 2211 Abs. 1 BGB). Ausgeschlossen vom Verwaltungsrecht des Testamentsvollstreckers sind jedoch die (persönlichen) Rechtsverhältnisse der Erben, die nicht zum Nachlass gehören, sowie die Rechtsstellung des Erben in Bezug auf den Nachlass (vgl. nur MünchKommBGB/Zimmermann, 8. Aufl. 2020, § 2205 Rn. 7). Der Testamentsvollstrecker kann daher bspw. nicht für den Erben die angefallene Erbschaft annehmen oder ausschlagen, da es sich hierbei um eine persönliche Erklärung des Erben handelt. Gleiches gilt für eine Übertragung des Erbteils des Miterben i. S. v. § 2033 Abs. 1 BGB, da dieses Recht allein dem einzelnen Miterben zusteht.

Der Ausschluss von Verfügungen über Erbteile am Nachlass bezieht sich allerdings nur auf den Nachlass des Erblassers, der der Verwaltung des Testamentsvollstreckers unterliegt; hinsichtlich der Erbteile an einem anderen Nachlass, die in den Nachlass des verstorbenen Erblassers fallen, ist der Testamentsvollstrecker nicht von einer Verfügung ausgeschlossen (so explizit BGH NJW 1984, 2464, 2465 = BeckRS 9998, 101563 = FamRZ 1984, 780). Ein Erbteil, der den Erbeserben zugefallen ist und erst für diese der Testamentsvollstreckung unterliegt, kann, ebenso wie sonstige Vermögensgegenstände, als solcher Gegenstand der Verwaltung und damit auch der Verfügung durch den Testamentsvollstrecker sein (BeckOGK-BGB/Grotheer, 1.10.2020, § 2205 Rn. 43.1).

4. Ergebnis
Hinsichtlich des Erbteils an der Erbengemeinschaft, deren Nachlass der Verwaltung des Testamentsvollstreckers unterliegt, hat der Testamentsvollstrecker kein Verfügungs- und Verwaltungsrecht. Er ist daher auch nicht in der Lage, insoweit ein Vermächtnis zu erfüllen, das auf Übertragung des angefallenen Erbteils oder auf dessen Belastung, z. B. durch einen Erbteilsnießbrauch, gerichtet ist (BeckOGK-BGB/Grotheer, § 2205 Rn. 45.1).

Im vorliegenden Fall betrifft die Vermächtniserfüllung aber einen Erbteil an einem Fremd-Nachlass, der in den Nachlass der Erblasserin gefallen ist. Wenn dem Testamentsvollstrecker in Bezug auf den Nachlass der Erblasserin ein Verwaltungs- und Verfügungsrecht zusteht, kann er über Einzelgegenstände dieses Nachlasses – und damit auch über den ererbten Erbteil – verfügen und demzufolge auch ein hierüber ausgesetztes Vermächtnis durch Erbteilsübertragung gem. § 2033 Abs. 1 BGB erfüllen. Einer Mitwirkung der Erben bedarf es hierfür nicht.

Gutachten/Abruf-Nr:

183554

Erscheinungsdatum:

01.10.2021

Rechtsbezug

National

Rechtsgebiete:

Erbteilsveräußerung

Erschienen in:

DNotI-Report 2021, 147-149

Normen in Titel:

BGB § 2033