Rumänien: Güterstatut, Rechtswahl, Gütertrennung, nachehelicher Unterhalt, Versorgungsausgleich
DNotI
Gutachten-Abruf-Dienst
Deutsches Notarinstitut
G u t a c h t e n d e s D e u t s c h e n No t a r i n s t i t u t s Abruf-Nr.: 99607# l e t zt e A k t u a l i s i e r un g : 3 0 . D e ze m b e r 2 0 0 9
Rechtswahl,
Gütertrennung,
nachehelicher
Unterhalt,
I. Sachverhalt Eheleute (der Ehemann ist deutscher und rumänischer Staatsangehöriger, die Ehefrau ist rumänische Staatsangehörige) haben am 14.7.2000 in der Bundesrepublik Deutschland geheiratet und ihren gemeinsamen Wohnsitz in Deutschland. Anlässlich des Kaufes einer Eigentumswohnung in Deutschland zu je ½ Miteigentumsanteil haben sie gemäß
Deutsches Notarinstitut · Gerberstraße 19 · 97070 Würzburg · Telefon (0931) 35576-0 · Fax (0931) 35576-225 email: dnoti@dnoti.de · internet: www.dnoti.de
Seite 2
III. Zur Rechtslage 1. Zur Vereinbarung der Gütertrennung und zum Zugewinnausgleich a) Aus deutscher Sicht Die Eheleute haben gemäß
Seite 3
bestimmt sich das auf die güterrechtlichen Wirkungen der Ehe anwendbare Recht nach den Vorschriften des Gesetzes Nr. 105 zur Regelung der Rechtsverhältnisse des internationalen Privatrechts vom 22.09.1992 (IPRG, in deutscher Übersetzung abgedruckt bei: Leonhardt, in: Bergmann/Ferid/Henrich, Internationales Ehe- und Kindschaftsrecht, Loseblattsammlung, Länderbericht Rumänien, Stand: 31.8.2009) wie folgt:
Art. 20 (1) Die persönlichen und vermögensrechtlichen Beziehungen zwischen den Ehegatten unterliegen dem gemeinsamen Heimatrecht, wenn sie jedoch unterschiedliche Staatsangehörigkeiten besitzen, dem Recht des gemeinsamen Wohnsitzes. (2) Das gemeinsame Heimatrecht oder das gemeinsame Wohnsitzrecht der Ehegatten ist für die Wirkungen der Ehe auch dann weiterhin maßgebend, wenn einer von ihnen die Staatsangehörigkeit oder den Wohnsitz wechselt. (3) Besteht weder eine gemeinsame Staatsangehörigkeit noch ein gemeinsamer Wohnsitz, so unterliegen die persönlichen und vermögensrechtlichen Beziehungen der Ehegatten dem Recht des Staates, auf dessen Gebiet sie ihren gemeinsamen Aufenthalt haben oder gehabt haben oder zu dem sie gemeinsam die engsten Beziehungen unterhalten. Art. 21 (1) Die sachlichen Voraussetzungen des Abschlusses einer güterrechtlichen Vereinbarung werden vom Heimatrecht jedes der künftigen Ehegatten bestimmt. (2) Die Regelung und die Wirkungen der güterrechtlichen Vereinbarung unterliegen dem von den künftigen Ehegatten übereinstimmend gewählten Recht oder, wenn eine solche Wahl nicht getroffen wurde, dem in Art. 20 vorgesehenen Recht. (3) Das gleiche Recht bestimmt auch, ob eine Änderung oder ein Wechsel der güterrechtlichen Vereinbarung während der Ehe möglich sind. Die Änderung oder die neue güterrechtliche Vereinbarung dürfen Dritten keine Nachteile bringen.
Gem. Art. 20 Abs. 1 HS. 1 IPRG wird zur Bestimmung des Ehegüterstatuts somit grundsätzlich ebenfalls an eine übereinstimmende gemeinsame Staatsangehörigkeit der Ehegatten angeknüpft, allerdings gem. Art. 20 Abs. 2 IPRG anders als im deutschen Recht wandelbar, so dass bei Erwerb einer neuen gemeinsamen Staatsangehörigkeit ein Statutenwechsel einträte. Bei mehrfacher Staatsangehörigkeit ist gem. Art. 12 Abs. 2 IPRG stets vorrangig an die rumänische Staatsangehörigkeit anzuknüpfen, so dass es keine Rolle spielt, dass der Ehemann zusätzlich zur rumänischen die deutsche Staatsangehörigkeit hat oder während der Ehe erworben hat. Aus rumänischer Sicht ist somit das rumänische Recht Güterstatut, solange nicht beide Ehegatten ausschließlich deutsche Staatsangehörige sind.
Seite 4
Fraglich ist, ob das rumänische Recht eine Rechtswahl bzw. eine Modifizierung des gesetzlichen Güterstandes anerkennt. Zwar bestimmt Art. 21 Abs. 3, Abs. 2 IPRG, dass die Regelungen und Wirkungen einer güterrechtlichen Vereinbarung dem von den Ehegatten gewählten Recht unterliegen. Allerdings werden die sachlichen Voraussetzungen des Abschlusses einer derartigen Vereinbarung gem. Art. 21 Abs. 3, Abs. 1 IPRG zwingend vom Heimatrecht jedes der Ehegatten bestimmt, also vom rumänischen Recht. Nach rumänischem Recht gilt Folgendes: Aus Art. 30 ff. des rumänischen Familiengesetzbuches vom 29.12.1953 (FamGB) ergibt sich, dass nach rumänischem Recht gesetzlicher Güterstand die Errungenschaftsgemeinschaft ist. Die in der Ehe von jedem Ehegatten erworbenen Gegenstände werden gem. Art. 30 S. 1 FamGB Gesamtgut der Ehegatten. Vorbehaltsgut eines Ehegatten ist dasjenige, was der Betreffende vor Eheschließung hatte, und sind diejenigen Güter, die in Art. 31 FamGB aufgezählt sind (z. B. durch Erbschaft oder Schenkung erworbene Gegenstände, vgl. beigefügte Kopie). Gem. Art. 30 S. 2 FamGB ist der Güterstand der Errungenschaftsgemeinschaft zwingend; jede entgegenstehende Vereinbarung ist ungültig (vgl. auch Barsan, in: Rieck, Ausländisches Familienrecht, Loseblattsammlung, Länderbericht Rumänien, Stand: Februar 2005, Rn. 14; Leonhardt, a. a. O., S. 29). Daraus ergibt sich, dass im vorliegenden Fall die Eheleute auch keine Rechtswahl treffen können. Aus rumänischer Sicht leben sie hinsichtlich ihres gesamten Vermögens im gesetzlich zwingenden Güterstand der Errungenschaftsgemeinschaft des rumänischen Rechts. Es wäre jedoch anlässlich der Scheidung eine Vereinbarung zur Auseinandersetzung des Gesamtgutes gem. Art. 36 FamGB möglich. Hierüber liegen uns leider keine weiteren Informationen vor. 2. Zur Vereinbarung über den nachehelichen Unterhalt a) Aus deutscher Sicht Vereinbarungen über den Unterhalt unterliegen in ihren Voraussetzungen und Wirkungen dem jeweiligen Unterhaltsstatut (Palandt/Thorn, a. a. O.,
Seite 5
Deutschland verlassen werden, wird somit voraussichtlich das deutsche Recht anzuwenden sein. Bei Beibehaltung der maßgeblichen Umstände wäre somit aus deutscher Sicht eine Unverhaltsvereinbarung bzw. ein Unterhaltsverzicht unter Berücksichtigung der Bestimmungen des deutschen Rechts möglich. b) Aus rumänischer Sicht Aus rumänischer Sicht gilt auch für den nachehelichen Unterhalt die Kollisionsregel des Art. 20 IPRG (,,lex matrimonii", vgl. z. B. Leonhardt, a. a. O., S. 21). Ein rumänisches Scheidungsgericht hat auf die Scheidung gem. Art. 22 Abs. 1 IPRG das nach Art. 20 IPRG geltende Recht anzuwenden. Wie oben unter Ziff. 1 b) ausgeführt, gilt somit aus rumänischer Sicht und bei der Durchführung eines Scheidungsverfahrens in Rumänien sofern sich die maßgeblichen Umstände nicht ändern im vorliegenden Fall rumänisches Recht. Nur dann, wenn beide Ehegatten unter Aufgabe der rumänischen eine neue gemeinsame (deutsche) Staatsangehörigkeit erwerben, gilt das neue gemeinsame Heimatrecht. Nach rumänischem Recht hat der geschiedene Ehegatte gem. Art. 41 FamGB einen Anspruch auf Unterhalt, wenn er sich infolge einer vor oder während der Ehe eingetretenen Arbeitsunfähigkeit in Not befindet. Näheres hierzu kann den Ausführungen von Bersan (a. a. O., En. 29 f.) entnommen werden. Eine Unterhaltsvereinbarung bzw. ein Unterhaltsverzicht ist nach rumänischem Recht nicht möglich (vgl. Gralla/Leonhardt, Das Unterhaltsrecht in Osteuropa, 1989, S. 182). 3. Zur Vereinbarung über den Versorgungsausgleich a) Aus deutscher Sicht Aus deutscher Sicht ist betreffend den Versorgungsausgleich gem.
Seite 6
b) Aus rumänischer Sicht Aus rumänischer Sicht wäre wohl wieder die ,,lex matrimonii" des Art. 20 IPRG als Kollisionsnorm heranzuziehen, die bei Zugrundelegung der heutigen Umstände zur Anwendung des rumänischen Rechts führen würde (vgl. oben Ziff. 1 b) und 2 b)). Das rumänische Recht kennt weder einen Versorgungsausgleich noch eine vergleichbare rechtliche Einrichtung (vgl. Barsan, a. a. O., Rn. 32), so dass ein solcher ohnehin nicht durchzuführen wäre. Einem Ausschluss des Versorgungsausgleichs steht daher aus rumänischer Sicht nichts entgegen. 4. Ergebnis Aus deutscher Sicht wäre bei Beibehaltung der derzeitigen Umstände (deutsche Staatsangehörigkeit mindestens eines Ehepartners, gewöhnlicher Aufenthalt beider Ehepartner in Deutschland) auf alle hier angesprochenen Themen deutsches Recht anzuwenden. Lediglich dann, wenn der Ehemann bei Eheschließung nur rumänischer Staatsangehöriger war, wäre rumänisches Recht Güterstatut für das Vermögen mit Ausnahme des deutschen unbeweglichen Vermögens. Diesbezüglich könnte jedoch ebenfalls eine Rechtswahl zugunsten des deutschen Rechts erfolgen. Aus rumänischer Sicht hingegen wäre für alle Fragen rumänisches Recht anzuwenden, es sei denn, beide Eheleute hätten zum maßgeblichen Zeitpunkt unter Aufgabe der rumänischen Staatsangehörigkeit eine neue gemeinsame (deutsche) Staatsangehörigkeit erworben. Das rumänische Recht kennt keinen Versorgungsausgleich, so dass diesbezüglich ein Verzicht nach deutschem Recht unproblematisch wäre. Allerdings lässt es keine Vereinbarungen betreffend den Güterstand (mit Ausnahme der Auseinandersetzung bei Scheidung gem. Art. 36 FamGB) und betreffend den nachehelichen Unterhalt zu. Diese Einschränkungen aus rumänischer Sicht wären in der Praxis von Bedeutung, wenn über die maßgeblichen Punkte von rumänischen Gerichten oder Behörden zu entscheiden wäre (Durchführung des Scheidungsverfahrens bzw. der Scheidungsfolgesachen in Rumänien, Auseinandersetzung über in Rumänien befindliche Vermögenswerte). Sie könnten auch aus deutscher Sicht Bedeutung erlangen, wenn durch eine Änderung der maßgeblichen Umstände (Umzug beider Eheleute aus Deutschland nach Rumänien, Durchführung des Scheidungsverfahrens bzw. der Scheidungsfolgesachen in Rumänien) auch aus deutscher Sicht rumänisches Recht anzuwenden wäre. Hierauf sollte in der Vereinbarung ausdrücklich hingewiesen werden. Auch sollte die Vereinbarung betreffend den Versorgungsausgleich vorsorglich auf den ggf. gem.
99607
Erscheinungsdatum:28.06.2010
RechtsbezugInternational
Normen in Titel:EGBGB Art. 14