18. November 2022
WEG § 3 Abs. 2

Annexeigentum nach § 3 Abs. 2 WEG an Außenstellplätzen

WEG § 3 Abs. 2
Annexeigentum nach § 3 Abs. 2 WEG an Außenstellplätzen

I. Sachverhalt
Der Notar beantragt im Rahmen des Vollzugs einer Teilungserklärung beim Grundbuchamt, das Sondereigentum an einer Wohnung auf einen außerhalb des Gebäudes liegenden Stellplatz als Annex gem. § 3 Abs. 2 WEG zu erstrecken. Das Grundbuchamt widerspricht dem mit der Begründung, dass der Stellplatz als Raum gelte (§ 3 Abs. 1 S. 2 WEG), daher stets als separate Teileigentumseinheit zu buchen sei und die Erstreckung des Sondereigentums nur für Flächen gelte, die außerhalb des Gebäudes liegen.

II. Frage
Ist es nach dem WEMoG möglich, das Sondereigentum an einer Wohnung auf einen Kfz-Außenstellplatz zu erstrecken oder muss das Sondereigentum an einem Kfz-Außenstellplatz, wie das Grundbuchamt meint, immer eine separate Teileigentumseinheit bilden?

III. Zur Rechtslage
1. Möglichkeit der Erstreckung von Sondereigentum (§ 3 Abs. 2 WEG) auf Stellplätze
§ 3 WEG nennt zwei Möglichkeiten zur Begründung von Sondereigentum: Gem. § 3 Abs. 1 S. 1 WEG kann Sondereigentum an „Räumen“ mit einem Miteigentumsanteil am Grundstück verbunden werden. Daneben kann gem. § 3 Abs. 2 WEG Sondereigentum an Räumen auf einen Teil des Grundstücks „erstreckt“ werden, sofern das Sondereigentum an den Räumen weiterhin die Hauptsache darstellt; dies hat praktisch vor allem für Garten- und Freiflächen Bedeutung. Die Einordnung als Annexeigentum stellt dabei sicher, dass die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer von Personen freigehalten wird, die nur über eine Freifläche am Grundstück verfügen, da deren Interessen regelmäßig von denen der Raumeigentümer abweichen (BeckOGK-WEG/M. Müller, Std: 1.9.2022, § 3 Rn. 148).

Stellplätze gelten gem. § 3 Abs. 1 S. 2 WEG als „Räume“, sodass jedenfalls der Weg über die Begründung von Sondereigentum an Räumen (§ 3 Abs. 1 S. 1 WEG) möglich ist. Ob der Weg über Annexeigentum (§ 3 Abs. 2 WEG) auch bei Stellplätzen ermöglicht werden sollte, ist den Gesetzgebungsmaterialien nicht zu entnehmen. Die Frage wird in der Literatur unterschiedlich beantwortet (wohl offen etwa Schneider, in: Skauradszun/Elzer/Hinz/Riecke, Die WEG-Reform 2020/2021, § 3 Rn. 23).

a) Eine Auffassung: Unzulässigkeit des Annexeigentums am Stellplatz
Einige Stellungnahmen in der Literatur gehen – allerdings ohne vertiefte Begründung – davon aus, dass für Stellplätze der Weg über § 3 Abs. 1 WEG abschließend ist, Annexeigentum an Stellplätzen also nicht begründet werden kann, da diese als Räume gelten.

In BeckOGK-WEG/M. Müller, § 3 Rn. 160 heißt es:

„Auch bei ebenerdigen Stellplätzen im Freien handelt es sich nach dem gewöhnlichen Sprachgebrauch um ‚außerhalb des Gebäudes liegende Teile des Grundstücks‘. Es stellt sich jedoch die Frage, ob das Sondereigentum an Räumen auf der Grundlage von Abs. 2 auch auf Stellplätze erstreckt werden kann, ob also für die Überführung von Stellplätzen in Sondereigentum neben dem Weg über Abs. 1 S. 2 auch derjenige über Abs. 2 zur Verfügung steht. Die Gesetzesmaterialien verhalten sich zu dieser Frage nicht ausdrücklich. Im Ergebnis wird man davon ausgehen müssen, dass die Gestaltungsvariante nach Abs. 2 für Stellplätze nicht möglich ist. Nach Abs. 1 S. 2 gelten Stellplätze als ‚Räume‘, es handelt sich bei ihnen also gerade nicht um ‚Teile des Grundstücks‘ nur für diese steht jedoch Abs. 2 bereit.“

Die Stelle findet sich auch fast gleichlautend bei Müller, ZWE 2020 445, 448. Ähnlich heißt es bei Hügel/Elzer, DNotZ 2021, 3, 5:

„Sondereigentum an Stellplätzen kann zudem nur nach § 3 Abs. 1 Satz 2 WEG und nicht als Sondereigentum an Freiflächen gemäß § 3 Abs. 2 WEG begründet werden, weil durch die Fiktion eines Raums für Stellplätze erkennbar nur diese Variante – Begründung von Sondereigentum an Räumen – gesetzlich vorgesehen ist.“

b) Gegenauffassung: Zulässigkeit des Annexeigentums an Stellplätzen
Anderer Ansicht ist Köther (in RNotZ 2021, 377, 386 (Fn. 120)):

„Umgekehrt ist kein Grund dafür ersichtlich, dass zur Bildung von Sondereigentumsstellplätzen unter freiem Himmel (neben Gemeinschaftseigentum) nur Stellplatzeigentum gem. § 3 Abs. 1 S. 2 WEG in Frage käme, nicht aber Freiflächeneigentum gem. § 3 Abs. 2 WEG (so aber M. Müller ZWE 2020, 445 [448]).“

Auch Dressler-Berlin führt aus (in Rpfleger 2021, 193, 194):

„Ob die Möglichkeit besteht, Stellplätze auf dem Grundstück an einzelne Sondereigentumseinheiten im Sinne des § 3 Absatz 2 WEG anzubinden, ist derzeit nicht abschließend geklärt. Müller ist der Auffassung, dass Stellplätze am Grundstück kein Annexeigentum nach § 3 Absatz 2 WEG darstellen können und lediglich Sondereigentum nach § 3 Absatz 1 Satz 2 WEG begründet werden kann. Die Begründung, wonach es sich bei Stellplätzen gerade nicht um Teile des Grundstücks handele, da diese als Räume im Sinne des § 3 Absatz 1 Satz 2 WEG gelten, überzeugt diesbezüglich jedoch nicht. Allein durch die Raumfiktion des § 3 Absatz 1 Satz 2 WEG wird den Stellplätzen an Freiflächen nicht die Qualität der Grundstücksfreifläche genommen. Das deutet zumindest der Gesetzgeber an, wenn er ausführt, dass es nicht möglich sei, einen Miteigentumsanteil ausschließlich mit dem Sondereigentum an einem außerhalb des Gebäudes liegenden Teil des Grundstücks zu verbinden, jedoch eine Ausnahme lediglich für die Stellplätze vorgesehen sei.

Darüber hinaus ist vielmehr zu fragen, ob es nicht einer ausdrücklichen, gesetzlichen Anordnung bedurft hätte, um Sondereigentum an Freiflächen separat als selbständige Einheit zu buchen; der Gesetzgeber geht unter Berufung auf § 3 Absatz 1 Satz 2 WEG von dieser Möglichkeit selbstverständlich aus, wenngleich diese Option dem Gesetz nicht ausdrücklich zu entnehmen ist. § 3 Absatz 1 Satz 2 WEG erweitert sprachlich lediglich § 3 Absatz 2 Satz 2 WEG a. F. und somit die Raumeigenschaft hinsichtlich aller Stellplätze, wenngleich der Begriff des Stellplatzes juristisch unscharf bleibt. Mit § 3 Absatz 1 Satz 2 WEG ist damit noch nichts darüber gesagt, ob überhaupt der Stellplatz auf einem Grundstück als eine selbständige Einheit gebucht werden kann. Es wäre gut gewesen, dieses Regel-Ausnahme-Verhältnis der Eintragung auch gesetzestechnisch zum Ausdruck zu bringen. Im Gesetz findet sich lediglich in § 3 Absatz 2 WEG eine Regelung zur Buchung von Sondereigentum an Grundstücksflächen.

Dann ist es im Ergebnis aber mangels gegenteiliger Regelung auch zulässig, einen Stellplatz am Grundstück nach § 3 Absatz 2 WEG als Annexsondereigentum zu begründen, wenngleich hierunter die Verkehrsfähigkeit leidet.“

Folgt man dieser zweiten Ansicht, würde man § 3 Abs. 1 S. 2 WEG so lesen, dass Stellplätze auch als Räume i. S. d. § 3 Abs. 1 S. 1 WEG gelten. Dies spräche dann nicht dagegen, sie (auch) als Teil des Grundstücks i. S. d. § 3 Abs. 2 WEG anzusehen.

Für die auf § 3 Abs. 1 WEG beschränkte Bedeutung des § 3 Abs. 1 S. 2 WEG spricht auch seine systematische Stellung. Der Wortlaut des § 3 Abs. 2 WEG erlaubt unproblematisch eine Subsumtion auch von Stellplätzen im Freien. Zwingende systematische Gegenargumente sind nicht ersichtlich.

c) Relevanz des Meinungsstreits
Es stellt sich jedoch die Frage, welche Rechtsfolgen ein nach § 3 Abs. 1 WEG begründetes Sondereigentum im Verhältnis zu einem nach § 3 Abs. 2 WEG begründeten hat, insbesondere, ob sich „Annexeigentum“ i. S. d. § 3 Abs. 2 WEG nur auf die Voraussetzungen seiner Begründung bezieht oder ob es sich darüber hinaus um eine besondere Form von Sondereigentum handelt. Von Letzterem geht offenbar Müller (BeckOGK-WEG/M. Müller, § 3 Rn. 160) für den Fall aus, dass man – entgegen der dort vertretenen Ansicht – Annexeigentum nach § 3 Abs. 2 WEG an Stellplätzen für zulässig hält. Es sei dann das nach § 3 Abs. 2 WEG begründete Annexeigentum aufgrund der Anbindung an die Hauptsache weniger verkehrsfähig als das nach § 3 Abs. 1 WEG begründete Sondereigentum. Nicht ganz klar wird, was mit der verminderten Verkehrsfähigkeit gemeint ist. Beschränkte sich die Aussage auf die Feststellung, dass ein Stellplatz, der gemeinsam mit einem Raum zum Sondereigentum in Verbindung mit einem Miteigentumsanteil wird, nicht ohne Weiteres separat veräußert werden kann, dürfte sich noch kein Unterschied zwischen nach § 3 Abs. 1 und Abs. 2 WEG begründetem Sondereigentum ergeben.

Es liegt jedoch näher, die Stelle so zu lesen, dass es um die nachträgliche Trennbarkeit von Stellplatz und (sonstigem) Sondereigentum geht. Denn einen Stellplatz i. S. d. § 3 Abs. 1 S. 2 WEG, der z. B. gemeinsam mit einer Wohnung einem Miteigentumsanteil zugeordnet ist, kann der Sondereigentümer grds. auch ohne Mitwirkung anderer Sondereigentümer abtrennen, indem er seine Sondereigentumseinheit unterteilt.

Es stellt sich folglich die Frage, ob dies im Fall einer Verbindung nach § 3 Abs. 2 WEG anders wäre. Dabei kann nicht schlicht darauf verwiesen werden, dass etwa Gartenflächen (unstreitig) dauerhaft nicht vom Hauptsacheeigentum getrennt werden können. Denn dass Gartenflächen nicht zu alleinigem Sondereigentum gemacht werden können, ergibt sich zweifelsfrei aus § 3 Abs. 1 und Abs. 2 WEG; dass dieser Zustand, der nicht anfänglich begründet werden kann, auch nicht durch nachträgliche Unterteilung herstellbar ist, bedarf keines Rückgriffs auf ein besonderes Annexeigentum. Ein Stellplatz kann gem. § 3 Abs. 1 S. 2 WEG dagegen gerade auch alleiniges Sondereigentum sein. Die Frage sollte daher so formuliert werden: Kann ein Stellplatz – selbst wenn er nach § 3 Abs. 2 WEG durch Erstreckung zu Sondereigentum gemacht wurde – nachträglich durch Unterteilung der Sondereigentumseinheit vom Hauptsacheeigentum abgetrennt und als Raum i. S. d. § 3 Abs. 1 S. 2 WEG zu alleinigem Sondereigentum einer separaten Teileigentumseinheit werden?

Zwar könnte für solche nicht abtrennbare – und damit nicht an Dritte veräußerbare – Stellplätze ein praktisches Bedürfnis bestehen. Dem kann allerdings auch durch Sondernutzungsrechte weitgehend Rechnung getragen werden. Gegen einen besonderen Charakter des „Annexeigentums“ spricht dagegen, dass das Gesetz den Begriff als solchen schon nicht kennt. § 3 Abs. 2 WEG spricht nur von „Sondereigentum“, das sich auch auf Freiflächen erstreckt. Auch wäre diese relevante Information nach § 3 Abs. 1 lit. c Wohnungsgrundbuchverfügung nicht aus dem Grundbuchblatt ersichtlich. In der Tat dürfte auch in der Praxis kaum eine Teilungserklärung eine Aussage dazu enthalten, ob Sondereigentum an Stellplätzen nach § 3 Abs. 1 oder Abs. 2 WEG begründet werden soll; hielte man das Annexeigentum für wesensverschieden von dem nach § 3 Abs. 1 WEG begründeten Sondereigentum, müsste man konsequenterweise bei Sondereigentum an Stellplätzen stets eine solche Angabe fordern. Schließlich wäre es auch befremdlich, wenn die teilenden Eigentümer mit der Klassifizierung des Stellplatzes als „Freifläche“ i. S. d. § 3 Abs. 2 WEG diesem die Raumeigenschaft, die nach dem Gesetz (§ 3 Abs. 1 S. 2 WEG) gerade fingiert wird, nehmen könnten.

Die besseren Gründe sprechen daher dafür, dass kein besonderes Annexeigentum besteht, sondern auch das nach § 3 Abs. 2 WEG begründete Sondereigentum – selbst wenn man es an Stellplätzen zulassen wollte – sich inhaltlich vom Sondereigentum nach § 3 Abs. 1 WEG nicht unterscheidet. Die Rechtslage ist allerdings in der Literatur umstritten und Rechtsprechung liegt zu dieser Frage soweit ersichtlich nicht vor.

d) Ergebnis für die hier interessierende Frage
Geht man davon aus, dass kein Unterschied zwischen Sondereigentum an einem Stellplatz nach § 3 Abs. 1 und Abs. 2 WEG besteht, dürfte es auf den vorgenannten Streit nicht entscheidend ankommen. In der Teilungserklärung wäre dann jedenfalls zum Ausdruck gekommen, dass Sondereigentum an Wohnräumen sowie einem Stellplatz gebildet werden soll. Dieses Ergebnis wäre daher vom Grundbuchamt so einzutragen. Die in § 3 Abs. 1 und Abs. 2 WEG enthaltenen Voraussetzungen wären zwar vom Grundbuchamt zu prüfen (und hier auch – unstreitig – eingehalten, da Sondereigentum jedenfalls nach § 3 Abs. 1 WEG begründet werden kann), müssten aber nicht erklärt werden. Die (überobligatorische) Angabe kann insofern kein Eintragungshindernis begründen.

Selbst wenn man (anders als hier vertreten) von einem besonderen „Annexeigentum“ ausgehen würde, das nicht vom Hauptsacheeigentum getrennt werden kann, spräche dies eher dafür, dass im vorliegenden Fall eine Eintragung vorzunehmen wäre. Es wäre dann nicht nur – wie oben unter lit. b) dargelegt – kein Gegenargument ersichtlich, warum nicht auch an Stellplätzen im Freien Annexeigentum nach § 3 Abs. 2 WEG begründet werden sollte, sondern auch ein praktisches Bedürfnis, solches ausgestalten zu können: So könnte (ohne Rückgriff auf die aus verschiedenen Gründen problematischen Sondernutzungsrechte) sichergestellt werden, dass Stellplätze nicht an Dritte verkauft werden können, denen kein Raumeigentum auf dem Grundstück gehört. Auch in diesem Fall sprechen die besseren Gründe dafür, die beantragte Teilungserklärung einzutragen.

2. Möglichkeiten der Gestaltung von Sondereigentum nach § 3 Abs. 1 S. 2 WEG
Unabhängig davon, zu welchem Ergebnis man bei den vorstehenden Fragen kommt, ist damit noch nicht entschieden, dass Stellplätze stets als separates Sondereigentum gebucht werden müssen. Möglich ist vielmehr auch, dass verschiedene Räume einem Miteigentumsanteil als Sondereigentum nach § 3 Abs. 1 WEG zugeordnet werden. Die Räume sind dabei häufig baulich miteinander verbunden (etwa die Räume einer Wohnung), zwingend ist dies aber nicht. Insbesondere können auch Nebenräume (etwa Kellerräume) gemeinsam mit der Wohnung einem Sondereigentum zugeordnet werden; dies gilt auch für Stellplätze, deren Raumeigenschaft nach § 3 Abs. 1 S. 2 WEG fingiert wird (vgl. explizit zur Möglichkeit, Wohnräume und Stellplätze in einer Sondereigentumseinheit zu verbinden, BeckOGK-WEG/M. Müller, § 3 Rn. 76; Zimmer, ZWE 2021, 436, 438).

Gutachten/Abruf-Nr:

192704

Erscheinungsdatum:

18.11.2022

Rechtsbezug

National

Rechtsgebiete:

WEG

Erschienen in:

DNotI-Report 2022, 169-172

Normen in Titel:

WEG § 3 Abs. 2