15. Dezember 2020
BGB § 883; BGB § 462; GBO § 22

Wiederkaufsrecht; Beginn der Ausübungsfrist bei aufschiebend befristetem Wiederkaufsrecht; Löschung einer Auflassungsvormerkung durch Unrichtigkeitsnachweis

BGB §§ 462, 883; GBO § 22
Wiederkaufsrecht; Beginn der Ausübungsfrist bei aufschiebend befristetem Wiederkaufsrecht; Löschung einer Auflassungsvormerkung durch Unrichtigkeitsnachweis

I. Sachverhalt
Im Grundbuch ist in Abt. II eine Vormerkung zur Sicherung eines Wiederkaufsrechts für den (damaligen) Verkäufer oder seine Rechtsnachfolger eingetragen. Die Ausübung des Wiederkaufsrechts ist vor Ablauf von 25 Jahren, gerechnet ab dem 12.4.1975, nur möglich, wenn das Grundstück nicht in einer bestimmten Weise genutzt wird, nach Ablauf von 25 Jahren kann das Wiederkaufsrecht ohne weitere Bedingung ausgeübt werden. Die Zweckbestimmung hat sich nicht geändert.

Der jetzige Eigentümer hat die Grundstücke verkauft und die Löschung des Rechts von dem Erben des Vormerkungsberechtigten verlangt. Die Erben weigern sich und gehen davon aus, dass das Wiederkaufsrecht noch ausgeübt werden könne.

Es soll nun unter Berufung auf § 462 S. 1 BGB ein Antrag auf Berichtigung des Grundbuchs wegen Unrichtigkeit gestellt werden mit der Begründung, dass der Anspruch auf Übertragung verfristet und daher die Vormerkung zu löschen sei.

II. Fragen
1. Wann verfristet eine Wiederkaufsrecht, wenn die Ausübung erst nach Ablauf von 25 Jahren erstmals (bedingungslos) möglich ist?

2. Kann nach Verstreichen der Frist die Vormerkung mittels Unrichtigkeitsnachweises gem. § 22 GBO gelöscht werden?

III. Zur Rechtslage
1. Ausschlussfrist des § 462 BGB
Nach § 462 S. 1 BGB kann das Wiederkaufsrecht bei Grundstücken nur bis zum Ablauf von 30 Jahren nach der Vereinbarung des Vorbehalts ausgeübt werden. Nach der ausdrücklichen Regelung des § 462 S. 2 BGB kann anstelle der gesetzlichen Frist eine andere Frist bestimmt werden. Hiermit ist sowohl eine kürzere als auch eine längere als die 30-jährige Frist gemeint (BGH NJW 1967, 1605, 1607; BeckOGK-BGB/Daum, Std.: 1.10.2020, § 462 Rn. 10). Der Zweck der Vorschrift des § 462 BGB besteht darin, die Möglichkeit einer Rückübereignung der Sache mit den durch sie ausgelösten Wert- und Verwendungsersatzansprüchen, Beseitigungspflichten und Wegnahmerechten nicht zu lange in der Schwebe zu lassen (vgl. Klühs, ZfIR 2010, 265, 266).

Durch vertragliche Vereinbarung kann aber auch der Beginn der gesetzlichen Frist abweichend von § 462 S. 1 BGB auf einen anderen Zeitpunkt verschoben werden (BeckOK-BGB/Faust, Std.: 1.11.2020, § 462 Rn. 3; BeckOGK-BGB/Daum, § 462 Rn. 13; Klühs, ZfIR 2010, 265, 266 f.). Insbesondere für den Fall des aufschiebend befristeten Wiederkaufsrechts entspricht es der h. M., dass der Zeitpunkt eines gewiss eintretenden künftigen Ereignisses sogar ohne (ausdrückliche) Vereinbarung regelmäßig erst den Beginn der 30-Jahres-Frist bestimmt (BGH NJW-RR 2011, 1582 Rz. 10; BayObLG DNotZ 1970, 150, 152; OLG Hamburg MDR 1982, 668, 669 BeckOGK-BGB/Daum, § 462 Rn. 13; Klühs, ZfIR 2010, 265, 266 f.).

Der Fristbeginn kann nach h. M. auch – als aufschiebende Bedingung – an ein zeitlich ungewisses Ereignis anknüpfen, etwa den Tod einer natürlichen Person oder den Bestand einer juristischen Person (vgl. BayObLG MDR 1970, 139, 140 ; OLG Hamburg MDR 1982, 668; OLG Schleswig NJW-RR 1999, 283, 284; Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 16. Aufl. 2020, Rn. 1609; Soergel/Wertenbruch, § 462 Rn. 3). Ist allerdings ungewiss, ob die Bedingung eintritt, so muss nach h. M. ein fester Endtermin vereinbart werden (ganz h. M. vgl. nur OLG Schleswig OLGR 2000, 157; Palandt/Weidenkaff, BGB, 80. Aufl. 2021, § 462 Rn. 4; Staudinger/Schermaier, BGB, 2013, § 462 Rn. 2; RGRK-BGB/Metzger, 2. Aufl. 1978, § 503 Rn. 1). Andernfalls gelte die gesetzliche Fristbestimmung des § 462 S. 1 BGB, sodass das Wiederkaufsrecht erlischt, wenn innerhalb der Frist die Bestimmung nicht eingetreten ist (OLG Schleswig OLGR 2000, 157; OLG Düsseldorf Rpfleger 1986, 255, 256; Hertel, in: Lambert-Lang/Tropf/Frenz, Handbuch der Grundstückspraxis, 2. Aufl. 2005, Teil 2 Rn. 695; Soergel/Wertenbruch, § 462 Rn. 4; a. A. Heinzmann, BWNotZ 2003, 159: ergänzende Vertragsauslegung; differenzierend Klühs, ZfIR 2010, 265, 267).

Die sich danach ergebende Frist kann sich durch eine sog. Ausübungs- oder Entschließungsfrist bei Eintritt des Wiederkaufsfalles noch verlängern. Ist eine Ausübungsfrist nicht vereinbart, wird dem Wiederkaufsberechtigten je nach Auffassung „eine angemessene Frist“ oder gar die Frist „bis zur Grenze der unzulässigen Rechtsausübung“ eingeräumt (vgl. zum Problem der Ausübungs­frist die Ausführungen von Klühs, ZfIR 2010, 265, 269 f.). In der Literatur wird vertreten, dass eine sehr lange Frist im Einzelfall nach § 138 Abs. 1 BGB unwirksam sein kann (vgl. Staudinger/Schermaier, § 462 Rn. 1; Erman/Grunewald, BGB, 16. Aufl. 2020, § 462 Rn. 2; vgl. auch Gutachten DNotI-Report 2001, 61). Dies wird man sicherlich nicht für jeden Fall der Überschreitung der 30-jährigen Ausübungsfrist des § 462 Abs. 1 BGB annehmen können (so aber Erman/Grunewald, § 462 Rn. 2; großzügiger OLG Hamburg MDR 1972, 668; Hertel, Teil 2 Rn. 695; Klühs, ZfIR 2010, 265, 266). Vielmehr wird es hierfür entscheidend darauf ankommen, ob die vereinbarte Frist wegen ihrer Besonderheiten länger einen praktisch nicht mehr überschaubaren Schwebezustand schafft, wobei auch die im Einzelfall zu der Vereinbarung einer langen Frist führenden Motive der Parteien zu berücksichtigen sind (Klühs, ZfIR 2010, 265, 266; vgl. auch MünchKommBGB/Westermann, 8. Aufl. 2019, § 462 Rn. 1).

2. Vorliegender Fall
Der vorliegende Fall ähnelt der Konstellation, die der BGH in seinem Urteil MittBayNot 2012, 123 zu entscheiden hatte. Dort war im Ursprungskaufvertrag ein Wiederkaufsrecht des Verkäufers vereinbart, welches bis zum 31.12.2027 nur unter näher bestimmten Voraussetzungen, in der Zeit vom 1.1.2028 bis zum 31.12.2028 jedoch unbedingt ausgeübt werden konnte.

Der Sache nach handelt es sich sowohl im vom BGH entschiedenen als auch im vorliegenden Fall um eine Kombination von aufschiebend bedingtem (etwaig zweckwidrige Nutzung des Grundstücks) und aufschiebend befristetem (freie Ausübung nach Ablauf von 25 Jahren, gerechnet ab dem 12.4.1975) Wiederkaufsrecht.

a) Aufschiebende Bedingung
Enthält, wie nach dem mitgeteilten Sachverhalt zu vermuten ist, die Vereinbarung des aufschiebend bedingten Wiederkaufsrechts keine ausdrückliche Regelung über einen festen Endtermin, so dürfte – vorbehaltlich eines anderen Auslegungsergebnisses – mit der oben dargestellten h. M. von einem Fristbeginn nicht mit Bedingungseintritt, sondern mit Vereinbarung des Wiederkaufsrechts auszugehen sein. Ist weiter keine vom Gesetz abweichende – längere – Ausübungsfrist i. S. v. § 462 S. 2 BGB vereinbart, so gilt insoweit die 30-jährige Frist des § 462 S. 1 BGB, sodass der aufschiebend bedingte Teil des Wiederkaufsrechts nach 30 Jahren, gerechnet ab Vertragsschluss, erloschen sein dürfte (genauer zum Fristbeginn beim aufschiebend bedingten Wiederkaufsrecht Klühs, ZfIR 2010, 265, 266 f.).

b) Aufschiebende Befristung
Anders dürfte sich die Rechtslage hinsichtlich des aufschiebend befristeten Wiederkaufsrechts darstellen, also dem freien Wiederkaufsrecht, das frühestens ab dem 12.4.2000 ausgeübt werden konnte.

Zwar fehlen auch insoweit nach dem mitgeteilten Sachverhalt ausdrückliche Vereinbarungen zu Beginn und Dauer der Ausübungsfrist. Anders als bei den aufschiebend bedingten Rechten steht, wie unter 1. oben dargestellt, die h. M. hier jedoch auf dem Standpunkt, dass die Ausübungsfrist – auch wenn dies nicht ausdrücklich vereinbart worden sein sollte – regelmäßig erst mit dem Eintritt des künftigen Ereignisses beginnt. Da auch hinsichtlich des aufschiebend befristeten Wiederkaufsrechts keine konkrete Dauer der Ausübungsfrist vereinbart worden ist (insofern unterscheidet sich der vorliegende Sachverhalt von BGH MittBayNot 2012, 123), dürfte insoweit abermals § 462 S. 1 BGB zur Anwendung gelangen, sodass dieses Wiederkaufsrecht erst im Jahr 2030 erlöschen dürfte.

Entsprechendes hat auch der BGH (NJW-RR 2011, 1582 Rn. 8 ff.) zu einem Wiederkaufsrecht entschieden, das in einem Kaufvertrag aus dem Jahr 1925 vereinbart wurde und das – ohne Vereinbarung eines festen Endtermins – erstmals ab dem 1.4.2024 ausgeübt werden konnte. Der BGH führt insoweit aus:

„1. a) Zu Recht nimmt das BerGer. an, dass das im Jahr 1925 vereinbarte Wiederkaufsrecht wirksam ist, so dass die zu Gunsten der Bekl. eingetragene Rückauflassungsvormerkung im Zeitpunkt der Ablösevereinbarung nicht erloschen war.

aa) Dass das Wiederkaufsrecht über die in § 462 S. 1 BGB (§ 503 BGB a. F.) genannte Höchstfrist von 30 Jahren hinaus ausgeübt werden konnte, steht seiner Wirksamkeit nicht entgegen. Diese Frist begrenzt die Ausübung eines Wiederkaufsrechts nur in Fällen, in denen eine Frist nicht vereinbart worden ist. Sie hindert die Vertragsparteien nicht, längere Ausübungsfristen festzulegen (Senat, BGHZ 47, 387 [392] = NJW 1967, 1605) diese treten dann an die Stelle der gesetzlichen Frist (§ 462 S. 2 BGB).

Eine solche, die gesetzliche Regelung verdrängende Ausübungsfrist ist hier vereinbart worden. Zwar sieht der Kaufvertrag von 1925 für die Ausübung des Wiederkaufsrechts nur ein Anfangsdatum (1. 4. 2024), nicht aber – abgesehen von der Möglichkeit, nach dem 1. 4. 2027 eine schriftliche Anfrage an die Bekl. zu richten und die Ausübungsfrist dadurch auf ein Jahr zu verkürzen – ein Enddatum vor. Entgegen der Auffassung der Revision folgt daraus aber nicht, dass mangels Befristung des Wiederkaufrechts die gesetzliche Regelung Platz greift und das Wiederkaufsrecht deshalb nur bis zum Jahr 1955 hätte ausgeübt werden können. Eine andere als die gesetzliche Ausübungsfrist ist nämlich auch dann vereinbart, wenn – wie hier – der Zeitpunkt, zu dem das Wiederkaufsrecht erstmals ausgeübt werden kann, abweichend von § 462 BGB festgelegt worden ist. Fehlt es in einem solchen Fall an einem Endtermin, beginnt die in § 462 BGB bestimmte 30-jährige Frist erst zu dem Zeitpunkt, zu dem das Wiederkaufsrecht vereinbarungsgemäß erstmals ausgeübt werden kann (vgl. OLG Hamburg, MDR 1982, 668 = BeckRS 1981, 31179895; OLG Schleswig, OLG–Report 2000, 157 [158]; Staudinger/Mader, BGB, 2004, § 462 Rdnr. 4; Westermann, in: MünchKomm-BGB, 5. Aufl., § 462 Rdnr. 2).“

(BGH NJW-RR 2011, 1582 Rz. 8 ff., Hervorhebung durch das DNotI)

Auch die Tatsache, dass ein Wiederkaufsrecht damit (vorliegend) nach knapp 55 Jahren noch ausgeübt werden kann, führt für sich betrachtet noch nicht zu dessen Unwirksamkeit, weder als Verstoß gegen die Wertung des § 462 S. 1 BGB noch als Verstoß gegen § 138 BGB (vgl. BGH NJW-RR 2011, 1582 Rz. 8 ff.; BGH MittBayNot 2012, 123 ff.). Anderes könnte aber dann gelten, wenn die Vereinbarung an §§ 307 ff. BGB zu messen wäre.

3. Kein Unrichtigkeitsnachweis gem. § 22 GBO
Sollte – entgegen der hier vertretenen Ansicht – das Wiederkaufsrecht aufgrund Fristablaufs erloschen sein, weil man bspw. durch Vertragsauslegung zu einem anderen Ergebnis gekommen ist, wäre damit ggf. auch die streng akzessorische Vormerkung untergegangen. Dies setzt allerdings weiter voraus, dass das Wiederkaufsrecht nicht innerhalb der Ausübungsfrist tatsächlich ausgeübt worden ist, da die Vormerkung den bedingten Rückübertragungsanspruch sichert. Nur in diesem Fall stünde dem Eigentümer ein Grundbuchberichtigungsanspruch gegen den Vormerkungsberechtigten gem. § 894 BGB zu.

Unabhängig davon könnte die Löschung der Vormerkung – theoretisch – auch mittels Unrichtigkeitsnachweis nach § 22 GBO erfolgen. Nach allgemeiner Meinung sind hierbei an die Führung des Unrichtigkeitsnachweises aber strenge Anforderungen zu stellen. Ein gewisser Grad von Wahrscheinlichkeit genügt nicht. Der Antragsteller muss für die Löschung einer Vormerkung im Wege der Berichtigung in der Form des § 29 GBO nachweisen, dass jede Möglichkeit des Bestehens oder Entstehens des zu sichernden Anspruchs ausgeschlossen ist (BayObLG MittBayNot 1997, 100).

Vorliegend könnte das Grundbuchamt ein Erlöschen des Wiederkaufsrechts nicht allein anhand der Vereinbarung aus dem Jahr 1975 feststellen. Offen bleibt nämlich – jedenfalls in der Form des § 29 GBO –, ob der vormerkungsgesicherte Erfüllungsanspruch aus § 457 BGB (§ 462 BGB gilt für diesen nicht, vgl. Palandt/Weidenkaff, § 462 Rn. 4) durch fristgerechte Ausübung des Wiederkaufsrechts entstanden ist. Das LG München I hilft für diese Fälle zwar insofern, als es nach den Grundsätzen der allgemeinen Lebenserfahrung annimmt, dass der Erfüllungsanspruch des § 457 BGB im Falle der Ausübung des Wiederkaufsrechts innerhalb der Frist des § 462 BGB, spätestens jedoch eine angemessene Zeit danach, verfolgt wird. Werde eine entsprechende Verfolgung des Anspruchs innerhalb von 64 Jahren seit Begründung des Rückübertragungsrechts (bzw. 44 Jahre nach Ende der Ausübungsfrist) nicht bekannt, könne von einer Anspruchsvernichtung durch Nichtgeltendmachung (Verwirkung gem. § 242 BGB) ausgegangen werden (LG München I MittBayNot 1988, 43).

Unabhängig davon, dass die zeitlichen Dimensionen, die das LG München I von einer Anspruchsvernichtung durch Nichtgeltendmachung ausgingen ließen, hier schon nicht vorliegen, ist die Tragfähigkeit der Rechtsprechung des LG München I zweifelhaft. Denn die für den Untergang eines Anspruchs erforderlichen Zeit- und Umstandsmomente sind weder aus der zitierten Entscheidung noch aus dem hier mitgeteilten Sachverhalt ersichtlich. Ein bloßer Zeitablauf reicht für das Rechtsinstitut der Verwirkung grundsätzlich nicht aus (BeckOGK-BGB/Kähler, Std.: 15.7.2020, § 242 Rn. 1645). Zu berücksichtigen ist nach unserer Auffassung insoweit insbesondere, dass alleine die Verjährung des zu sichernden Eigentumsverschaffungsanspruchs nicht automatisch zu einer Gegenstandslosigkeit nach §§ 87, 84 GBO führt, da die Sicherungsfunktion der Vormerkung nicht allein durch den Eintritt der Verjährung entfällt (vgl. auch OLG Köln Rpfleger 1986, 374), vgl. § 886 BGB.

Gutachten/Abruf-Nr:

180541

Erscheinungsdatum:

15.12.2020

Rechtsbezug

National

Rechtsgebiete:

Vorkaufsrecht schuldrechtlich, Wiederkauf
Vormerkung
Grundbuchrecht

Erschienen in:

DNotI-Report 2020, 185-188

Normen in Titel:

BGB § 883; BGB § 462; GBO § 22