12. November 2021
BGB § 1018; WEG § 3

WEG § 3; BGB § 1018

WEG § 3; BGB § 1018
Kennzeichnung der im Sondereigentum stehenden Freiflächen; Begrenzung des Ausübungsbereichs einer Grunddienstbarkeit auf Annex-Sondereigentum

I. Sachverhalt
Ein Grundstück soll in je eine Wohnungs- und Teileigentumseinheit aufgeteilt werden. Gem. § 3 Abs. 2 WEG ist beabsichtigt, das Sondereigentum auch auf Teile des Grundstücks zu erstrecken. Ein Grundstücksteil, auf den das Sondereigentum einer Teileigentumseinheit erstreckt werden soll, soll von dem Eigentümer der Wohnungseigentumseinheit zum Befahren und Begehen genutzt werden dürfen. Zu diesem Zweck soll zugunsten des jeweiligen Eigentümers des Wohnungseigentums ein Wegerecht an dem Teileigentum bestellt werden, dessen Ausübungsbereich sich auf die dem Sondereigentum unterliegenden Freiflächen beschränkt. In dem mit Abgeschlossenheitsbescheinigung versehenen Aufteilungsplan sind die dem Sondereigentum zugehörigen Grundstücksflächen durch Schraffierung gekennzeichnet. Es sind Flächenangaben bzgl. des Gesamtgrundstücks im Plan enthalten, die allerdings auch die bebauten Teile des Grundstücks umfassen. Das Grundbuchamt lehnt den Vollzug der Aufteilung im Grundbuch und die Eintragung des Wegerechtes ab. Die Bestellung eines Wegerechtes auf einem Sondereigentum zugunsten eines anderen Sondereigentums sei nicht möglich.

II. Fragen
1. Ist der Aufteilungsplan eine geeignete Grundlage für die Aufteilung, wenn im textlichen Teil der Teilungserklärung klargestellt wird, dass Sondereigentum nur an den nicht bebauten Flächen begründet werden soll und die danach zutreffenden Flächen angegeben werden?

2. Ist die Bestellung eines Wegerechtes an einer zum Sondereigentum gehörenden Freifläche zugunsten eines anderen Wohnungseigentümers möglich?

III. Zur Rechtslage
1. Erstreckung von Sondereigentum auf Freiflächen
Seit der zum 1.12.2020 in Kraft getretenen Reform des Wohnungseigentumsgesetzes (WEMoG, vgl. BGBl. I v. 22.10.2020, S. 2187; s. auch die vollständige Bekanntmachung der Neufassung des WEG v. 12.1.2021, BGBl. I v. 20.1.2021, S. 34) ist es möglich, gem. § 3 Abs. 2 WEG Sondereigentum auf einen außerhalb des Gebäudes liegenden Teil des Grundstücks zu erstrecken, soweit die Wohnung oder die nicht zu Wohnzwecken dienenden Räume dadurch wirtschaftlich nicht ihre Eigenschaft als Hauptsache verlieren. In der Literatur besteht – soweit ersichtlich – Einigkeit dahingehend, dass die Grundstücksfläche, auf der das aufgeteilte Gebäude steht, aber weiterhin zwingend Gemeinschaftseigentum ist (Hügel/Elzer, WEG, 3. Aufl. 2021, § 3 Rn. 66; Lehmann-Richter/Wobst, WEG-Reform, 2020, § 16 Rn. 1690; Dötsch/Schultzky/Zschieschack, WEG-Recht, 2021, Kap. 1 Rn. 24; als offen bezeichnend hingegen Palandt/Wicke, BGB, 80. Aufl. 2021, § 3 Rn. 11). Da sich vorliegend das Sondereigentum ausschließlich auf nicht bebaute Flächen erstrecken soll, ist dies nach dem WEMoG zulässig.

2. Kennzeichnung der im Sondereigentum stehenden Freiflächen
Nach § 3 Abs. 2 Hs. 1 WEG soll Sondereigentum an Räumen nur eingeräumt werden, wenn sie abgeschlossen sind. Da hinsichtlich der außerhalb des Gebäudes liegenden Teile des Grundstücks eine Abgeschlossenheit naturgemäß nicht in Betracht kommt, sieht § 3 Abs. 3 WEG vor, dass korrespondierend zu der Abgeschlossenheit von Räumen außerhalb des Gebäudes liegende Teile des Grundstücks durch Maßangaben im Aufteilungsplan zu bestimmen sind. Die Maßangaben im Plan müssen dabei nach dem Willen des Gesetzgebers derart exakt sein, dass sie ermöglichen, den räumlichen Bereich des Sondereigentums zu bestimmen. Aus dem Plan müssen sich daher regelmäßig auch die Länge und Breite der Fläche sowie ihr Abstand zu den Grundstücksgrenzen ergeben (BT-Drs. 19/18791, S. 39). Da es sich hierbei lediglich um eine Sollvorschrift handelt, lässt ein Verstoß gegen diese Vorschrift zwar die Wirksamkeit der Entstehung des Sondereigentums unberührt (Lehmann-Richter/Wobst, Rn. 1712). § 7 Abs. 4 S. 1 Nr. 1 WEG (Angabe von Lage und Größe des Sondereigentums im Aufteilungsplan) führt aber dazu, dass dies ebenso wie das Vorliegen der Abgeschlossenheitsbescheinigung bei Räumen (vgl. OLG Frankfurt a. M. ZWE 2018, 160 Rn. 14; BeckOK-WEG/Leidner, Std.: 1.7.2021, § 3 Rn. 53) Voraussetzung für die Eintragung im Grundbuch ist.

Ob diese Anforderungen im vorliegenden Fall erfüllt sind, lässt sich von uns mangels Kenntnis aller Umstände des Einzelfalls nicht abschließend beurteilen. Wir würden nach dem uns mitgeteilten Sachverhalt jedoch dazu tendieren, dies zu verneinen. Denn die Flächenangaben im Plan beziehen sich nach unserem Verständnis nicht nur auf die Freiflächen, auf die das Sondereigentum erstreckt werden soll, sondern schließen bebaute Teile des Grundstücks mit ein. Auch bei einer Schraffierung des Plans erscheint uns die Anforderung, dass sich die Länge und Breite der Fläche sowie ihr Abstand zu den Grundstücksgrenzen aus dem Plan ergibt, als nicht erfüllt. Eine bloß optische Kennzeichnung der dem Sondereigentum zugeordneten Freiflächen genügen zu lassen, erscheint uns allenfalls dann denkbar, wenn die nicht bebaute Freifläche vollständig einem Sondereigentum zugeordnet wird und die Maße des Gebäudes angegeben sind, da sich dann die Maße der Freifläche, auf die sich das Sondereigentum erstreckt, zumindest implizit aus dem Plan ergeben. Andernfalls genügt die bloße optische Kennzeichnung der dem Sondereigentum zugeordneten Freiflächen und die Angabe der Fläche insgesamt nach unserer Ansicht aufgrund des ausdrücklichen Wortlauts des § 3 Abs. 3 WEG nicht. Dies gilt u. E. selbst dann, wenn in der Teilungserklärung die genauen Maßangaben der dem Sondereigentum zugeordneten Freiflächen aufgeführt sein sollten, da § 3 Abs. 3 WEG sowie § 7 Abs. 4 Nr. 1 WEG sich nach ihrem Wortlaut ausdrücklich auf den Aufteilungsplan beziehen.

3. Bestellung eines Wegerechts zugunsten eines Wohnungseigentümers
Aufgrund der seit Inkrafttreten des WEMoG gegebenen Möglichkeit, das Sondereigentum auf Freiflächen zu erstrecken (s. hierzu Ziff. 1.), ist zu erwarten, dass – wie im vorliegenden Fall – zukünftig in der Praxis vermehrt ein Bedürfnis dafür bestehen wird, einem anderen Wohnungseigentümer ein Wegerecht an einer dem Sondereigentum zugeordneten Freiflächen einzuräumen. Voraussetzung ist aber, dass die Bestellung einer solchen Grunddienstbarkeit auch rechtlich überhaupt zulässig ist.

a) Zulässigkeit der Bestellung einer Grunddienstbarkeit zugunsten einer anderen Wohnungs- oder Teileigentumseinheit
Es ist allgemein anerkannt, dass eine Grunddienstbarkeit auch zugunsten einer Wohnungseigentumseinheit bestellt werden kann. Denn nach § 1018 BGB ist Berechtigter einer Grunddienstbarkeit der jeweilige Eigentümer eines anderen Grundstücks. Als herrschendes „Grundstück“ i. S. d. § 1018 BGB kommen aber auch grundstücksgleiche Rechte in Betracht, namentlich Wohnungseigentumseinheiten (BGH DNotZ 1990, 493; BayObLG DNotZ 1991, 600, 602; OLG Stuttgart NJW-RR 1990, 659; OLG Hamm BeckRS 1980, 31163836; Meikel/Grziwotz, GBO, 12. Aufl. 2021, Einl. B Rn. 327; Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 16. Aufl. 2020, Rn. 1123). Herrschendes Grundstück i. S. d. § 1018 BGB ist dann die jeweilige Wohnungs- bzw. Teileigentumseinheit, zu deren Gunsten die Grunddienstbarkeit bestellt wurde (Staudinger/Weber, BGB, 2017, § 1018 Rn. 46).

Ein Wohnungseigentum kann mit einer Dienstbarkeit einzeln allerdings nur insoweit belastet werden, als sie die aus dem Sondereigentum fließenden Rechte des Wohnungseigentümers einschränkt. Denn der die Grunddienstbarkeit einräumende Wohnungs- oder Teileigentümer kann dem Dienstbarkeitsberechtigten nicht mehr Befugnisse übertragen als er selbst hat (vgl. jeweils m. w. N. Schöner/Stöber, Rn. 2952; Staudinger/Weber, § 1018 Rn. 58). Bei Wahrung der vorgenannten Vorgaben ist dann auch die Eintragung einer Dienstbarkeit zugunsten des jeweiligen Eigentümers eines anderen Wohnungseigentums zulässig (BGH DNotZ 1990, 493 ff.; OLG Zweibrücken MittBayNot 1993, 86 f.; Staudinger/Weber, § 1018 Rn. 58).

Bei dem vorliegenden Wegerecht handelt es sich um das Recht, den Bereich zu begehen. Das alleinige Betretungsrecht ist dem Sondereigentum immanent. Denn das Sondereigentum bietet Schutz vor äußeren Einwirkungen aller Art, gleichgültig ob es sich um Einwirkungen der Natur handelt oder um Einwirkungen, die von Menschen ausgehen. Insbesondere gewährleistet das Sondereigentum auch den Schutz der Privatsphäre, so dass der Sondereigentümer auf seinem Sondereigentum das alleinige Herrschaftsrecht ausübt (vgl. zum Ganzen Staudinger/Rapp, BGB, 2018, § 5 WEG Rn. 5), zu dem auch ein ausschließliches Betretungsrecht zählt. Eine Einschränkung dieses Rechts kann daher u. E. durch eine Grunddienstbarkeit abgesichert werden.

b) Begrenzung des Ausübungsbereichs der Dienstbarkeit auf die Freifläche
Zwar ist Belastungsgegenstand der Grunddienstbarkeit stets das gesamte Grundstück – bzw. das gesamte Sondereigentum –, die Reichweite des Nutzungsrechts kann jedoch eingeschränkt werden. So ist eine räumliche Beschränkung – was §§ 1023 Abs. 1 S. 2, 1026 BGB als möglich voraussetzt – rechtsgeschäftlich durch Festlegung eines Ausübungsbereichs möglich (Staudinger/Weber, 2017, § 1018 Rn. 65; BeckOK-BGB/Reischl, Std.: 1.5.2021, § 1018 Rn. 42; KG NJW 1973, 1128 m. w. N.). Der Ausübungsbereich wird dann Inhalt der Grunddienstbarkeit und ist ins Grundbuch einzutragen; eine Bezugnahme i. S. d. § 874 BGB auf die Eintragungsbewilligung samt beigefügtem Lageplan ist möglich (KG NJW 1973, 1128 m. w. N.).

Eine Unzulässigkeit des Ausübungsbereichs der Dienstbarkeit auf die Freifläche käme daher nur dann in Betracht, wenn die Besonderheiten des sog. Annex-Sondereigentums (BeckOK-WEG/Leidner, § 3 Rn. 46) einer Begrenzung des Ausübungsbereichs der Dienstbarkeit auf dieses entgegenstehen würden. Rechtsprechung und Literatur hierzu sind – soweit für uns ersichtlich – noch nicht vorhanden. Nach unserer persönlichen Auffassung sind jedoch keine Anhaltspunkte erkennbar, die einer Begrenzung des Ausübungsbereichs einer Grunddienstbarkeit auf Annex-Sondereigentum entgegenstehen würden. Denn dieses unterscheidet sich von „klassischen“ Sondereigentum ausschließlich dadurch, dass es zu einem Sondereigentum gehören muss, welches die wirtschaftliche Hauptsache bildet (vgl. den Wortlaut von § 3 Abs. 2 WEG). Auswirkungen auf den Ausübungsbereich einer Grunddienstbarkeit hat dies aber nicht. Denn wie unter Ziff. 3. a) ausgeführt ist für die Zulässigkeit der Belastung einer einzelnen Wohnungs- oder Teileigentumseinheit mit einer Grunddienstbarkeit allein entscheidend, dass sie allein die aus dem Sondereigentum fließenden Rechte des Wohnungseigentümer beschränkt. Das ausschließliche Betretungsrecht steht dem Wohnungseigentümer aber unabhängig davon zu, ob es sich um Annexsondereigentum handelt oder einen anderen Bereich seines Sondereigentums betrifft, da dem Sondereigentümer hinsichtlich des Annex-Sondereigentums nicht weniger Befugnisse zustehen als für den übrigen Teil seines Sondereigentums. Für die Zulässigkeit der Begrenzung der Grunddienstbarkeit auf Annex-Sondereigentum spricht aus unserer Sicht auch, dass der BGH in seiner Grundsatzentscheidung vom 20.3.2020 – V ZR 317/18 (DNotZ 2021, 37) – entgegen der in der Vergangenheit überwiegend vertretenen Ansicht (vgl. BayObLG DNotZ 1998, 125; BayObLG DNotZ 1990, 496, 497 m. w. N.; OLG Düsseldorf DNotZ 1988, 31; OLG Zweibrücken MittBayNot 1999, 378; OLG Schleswig ZWE 2012, 42; MünchKommBGB/Commichau, 8. Aufl. 2020, § 10 WEG Rn. 35) – die Bestellung einer Dienstbarkeit für zulässig erklärt hat, deren Ausübungsbereich sich (ausschließlich) auf eine Sondernutzungsfläche erstreckt, die dem belasteten Sondereigentum zugeordnet ist. Hieraus folgt nach unserer Auffassung, dass erst recht eine Begrenzung des Ausübungsbereichs einer Grunddienstbarkeit auf Annex-Sondereigentum zulässig sein muss.

4. Ergebnis
Seit Inkrafttreten des WEMoG ist die Erstreckung des Sondereigentums auf Freiflächen möglich. Die Eintragung im Grundbuch setzt jedoch voraus, dass diese im Aufteilungsplan durch so exakte Maßangaben bezeichnet werden, dass sich hierdurch der räumliche Bereich des Sondereigentums bestimmen lässt. Diesen Anforderungen werden aus unserer Sicht weder reine Flächenangaben gerecht, die neben den dem Sondereigentum zugeordneten Flächen auch bebaute Flächen umfassen, noch eine optische Kennzeichnung des Bereichs durch farbliche Markierung / Schraffierung. Bei Einhaltung dieser Anforderungen ist aber nach unserer Auffassung auch die Belastung einer Wohnungs- oder Teileigentumseinheit mit einem Wegerecht zugunsten einer anderen Wohnungs- oder Teileigentumseinheit möglich, deren Ausübungsbereich sich auf eine im Sondereigentum stehende Freifläche beschränkt.

Gutachten/Abruf-Nr:

186451

Erscheinungsdatum:

12.11.2021

Rechtsbezug

National

Rechtsgebiete:

WEG
Dienstbarkeiten und Nießbrauch

Erschienen in:

DNotI-Report 2021, 169-172

Normen in Titel:

BGB § 1018; WEG § 3