19. März 2021
BGB § 577

Mietervorkaufsrecht nach Aufhebung der Aufteilung in Wohnungseigentum; Umgehungsgeschäfte

BGB § 577
Mietervorkaufsrecht nach Aufhebung der Aufteilung in Wohnungseigentum; Umgehungsgeschäfte

I. Sachverhalt
Der Verkäufer ist Eigentümer eines Mehrfamilienhauses, das in drei Eigentumswohnungen aufgeteilt ist. Alle Wohnungen sind vermietet und waren dies auch schon zum Zeitpunkt der Aufteilung. Der Verkäufer möchte eine dieser Wohnungen zu einem besonders günstigen Preis an eine gute Bekannte verkaufen. Erst mit dem vom Notar übersandten Entwurf des Kaufvertrages wurden die Beteiligten auf das Mietervorkaufsrecht aufmerksam. Nun überlegen die Beteiligten, die Aufteilung in Wohnungseigentum aufzuheben und die Wohnungsgrundbücher zu schließen. Im Anschluss soll an die Käuferin ein Miteigentumsanteil an dem Gesamtgrundstück veräußert werden.

II. Fragen
1. Besteht bei dem Verkauf eines Miteigentumsanteils an einem mit einem Mehrfamilienhaus bebauten Grundstück ein Mietervorkaufsrecht, wenn das Grundstück zuvor nach dem WEG aufgeteilt war?

2. Ist in diesem Fall ein Umgehungsgeschäft anzunehmen?

3. Existieren mögliche Schadensersatzansprüche des Mieters gegen den bisherigen Eigentümer?

4. Ändert sich die Bewertung, wenn vor dem Verkauf eine Verwaltungs- und Benutzungsregelung nach § 1010 BGB getroffen wird?

III. Zur Rechtslage
1. Analoge Anwendung des § 577 Abs. 1 S. 1 BGB bei Verkauf eines Miteigentumsanteils?
Nach § 577 Abs. 1 S. 1 BGB besteht ein Vorkaufsrecht des Mieters nur dann, wenn vermietete Wohnräume, an denen nach der Überlassung Wohnungseigentum begründet worden ist (Alternative 1) oder begründet werden soll (Alternative 2), an einen Dritten verkauft werden. Dies ist beim Verkauf eines bloßen Miteigentumsanteils nicht der Fall, sodass sich allein die Frage stellt, ob eine analoge Anwendung des § 577 Abs. 1 S. 1 BGB auf den Verkauf eines Miteigentumsanteils an einem Grundstück in Betracht kommt. Der BGH bejaht eine solche für den Fall, dass statt der Aufteilung in Wohnungs- und Teileigentum eine Realteilung eines mit mehreren Gebäuden bebauten Grundstücks erfolgen soll (BGH DNotZ 2008, 771 Rn. 8 f., m. krit. Anm. Langhein; NJW 2010, 3571, Rn. 14; NJW-RR 2016, 910, Rn. 19). Zur Begründung führt der BGH den Zweck des § 577 Abs. 1 S. 1 BGB an. Das Vorkaufsrecht soll den Mieter vor dem Verlust der Wohnung schützen. Hierfür macht es aber keinen Unterschied, ob aufgrund einer Aufteilung in Wohnungseigentum die Gefahr gegeben sei, dass der neue Eigentümer die Kündigung wegen Eigenbedarfs erkläre, oder ob sich dieses Risiko daraus ergebe, dass das einzelne gesamte Wohngebäude einem neuen Eigentümer zustehe (BGH DNotZ 2008, 771, Rn. 9).

Dies kann richtigerweise aber nicht auf den Verkauf eines bloßen Anteils an einem Grundstück übertragen werden. Zwar entsteht auch dann für den Mieter ein höheres Risiko der Eigenbedarfskündigung, da er mehreren Eigentümern gegenübersteht und grundsätzlich jeder von ihnen zur Eigenbedarfskündigung berechtigt ist (OLG Düsseldorf NJW-RR 2010, 228; MüncKommBGB/Häublein, 8. Aufl. 2020, § 573 Rn. 115; Schmidt-Futterer/Blank, 14. Aufl. 2019, § 573 Rn. 43), aber vor dieser Gefahr will § 577 Abs. 1 BGB nicht schützen. Denn das Vorkaufsrecht entsteht nur an solchen Objekten, bei denen die Aufteilung in Wohnungseigentum begründet worden ist oder begründet werden soll. Der Gesetzgeber hat mithin den bloßen Verkauf an mehrere Erwerber nicht in den Anwendungsbereich der Vorschrift einbezogen, was auch der Vergleich mit § 577a Abs. 1a BGB zeigt, der diese Situation erfasst. Ebenso hat der BGH eine analoge Anwendung abgelehnt, wenn mehrere Erwerber das Objekt kaufen und planen, dieses später in Wohnungseigentum aufzuteilen (BGH NJW 2014, 850; NJW-RR 2016, 910). Für § 577 Abs. 1 S. 1 Var. 2 BGB spricht der BGH sogar ausdrücklich aus, dass es nicht Inhalt des Vorkaufsrechts sei, dem Mieter die Möglichkeit zu gewähren, dauerhaft einen ideellen Miteigentumsanteil an einer Bruchteilsgemeinschaft zu erwerben (BGH NJW 2014, 850 Rn. 22; NJW-RR 2016, 910 Rn. 21). Dieser Gedanke ist auf den gesamten § 577 BGB zu erstrecken. Ein bloßer Miteigentumsanteil an einem Grundstück ist mit einem Wohnungseigentum schon deshalb nicht vergleichbar, weil kein Sondereigentum an einzelnen Räumen entsteht und auch keine spezifische Berechtigung für den Eigentümer an einzelnen Räumen gegeben ist (vgl. dazu BGH NJW 2014, 850 Rn. 22; NJW-RR 2016, 910 Rn. 21). Auf den Verkauf eines Miteigentumsanteils an einem Grundstück ist § 577 Abs. 1 S. 1 BGB daher nicht analog anwendbar.

2. Verkauf eines Miteigentumsanteils als Umgehungsgeschäft
Eine analoge Anwendung des § 577 Abs. 1 S. 1 BGB könnte sich jedoch i. V. m. § 242 BGB und damit aus den Geboten von Treu und Glauben ergeben, wenn es sich um eine Gesetzesumgehung handeln würde (vgl. dazu Teichmann, Die Gesetzesumgehung, 1962, S. 67 ff.; ders., JZ 2003, 761, 764 f.). Eine Gesetzesumgehung liegt vor, wenn die Parteien die Gestaltung so wählen, dass hierdurch die gesetzliche Regelung zwar ihrem Buchstaben nach nicht anwendbar ist, allerdings von ihrem Sinn und Zweck her anwendbar sein müsste. Dies lässt sich für die hier zugrunde liegende Situation nicht bejahen. Denn wie oben dargestellt soll § 577 Abs. 1 S. 1 BGB gerade nicht davor schützen, dass ein ideeller Miteigentumsanteil an dem vermieteten Grundstück erworben wird und sich daher der Mieter einer größeren Gefahr gegenübersieht, dass einer der zukünftigen Vermieter die Kündigung wegen Eigenbedarfs erklärt. Erfasst ist nur der spezifische Fall, dass der konkrete Erwerber die Wohnung als solche erwirbt und sich demnach isoliert für diesen Mieter das Risiko der Eigenbedarfskündigung erhöht. Weil die Wirkungen des Geschäfts bei einer Veräußerung eines bloßen ideellen Miteigentumsanteils aber nicht dieselben sind wie beim Erwerb eines Wohnungseigentums, ist die Vorschrift nach ihrem Zweck nicht anwendbar. In der Folge liegt kein Umgehungsgeschäft vor, das eine analoge Anwendung rechtfertigen würde.

Daran ändert auch der Umstand nichts, dass die Aufteilung nach Wohnungseigentum zuvor aufgehoben wurde. Insoweit wird nämlich die spezifische Gefahr gebannt, die § 577 Abs. 1 S. 1 BGB nach seinem Zweck abwehren soll. Infolgedessen entscheiden sich die Beteiligten zu einer Gestaltung, die das besondere vom Gesetzgeber missbilligte Risiko des Mieters vermeidet, weshalb die Anwendung des § 577 Abs. 1 S. 1 BGB auf derartige Gestaltungen nicht gerechtfertigt ist. Auch in der Literatur wird allein diskutiert, ob eine analoge Anwendung dann nötig ist, wenn die Schließung der Wohnungsgrundbücher vor dem Verkauf erfolgt, obgleich eindeutig ist, dass nach dem Verkauf eine Wiederaufteilung gewollt ist (vgl. dazu BeckOGK-BGB/Klühs, § 577 Rn. 55 f.; MünchKommBGB/Häublein, § 577 Rn. 12). Ist dagegen die Wiederaufteilung nicht schon vorher eindeutig beabsichtigt, kann ein Umgehungsgeschäft nicht behauptet werden (ähnlich auch BeckOGK-BGB/Klühs, Std.: 1.1.2021, § 577 Rn. 57; ebenso Krauß, Immobilienkaufverträge in der Praxis, 9. Aufl. 2020, Rn. 2749).

Das DNotI hat bereits zu der Frage Stellung genommen, ob ein Vorkaufsrecht nach § 577 BGB ausgelöst wird, wenn der Verkauf vor der Schließung der Grundbuchblätter erfolgt (DNotI-Report 2006, 48, 49). Ist der Verkäufer nach dem Vertrag verpflichtet ist, die Schließung der Grundbuchblätter vorzunehmen, besteht kein Vorkaufsrecht. Denn dann wäre der Mieter nicht mehr in der Lage, echtes Sondereigentum zu erlangen. An dieser Auffassung halten wir im Grundsatz fest. Etwas anderes kann nur dann gelten, wenn die Regelung rechtsmissbräuchlich erfolgt. Hierfür dürften aber im Regelfall keine Anhaltspunkte bestehen. Zwar hat vielleicht der Verkäufer kein Interesse an der Aufhebung mehr, aber der Käufer, der das gesamte Grundstück erwerben will und daher zukünftig dieses nicht mehr in Wohnungseigentum halten möchte. Aus seiner Sicht ist ein gleichwohl nach dem WEG aufgeteiltes Grundstück letztlich fehlerhaft, so dass eine Vereinbarung, wonach der Verkäufer den gewünschten Zustand herzustellen hat, u. E. nicht rechtsmissbräuchlich ist. Ein Vorkaufsrecht lässt sich auch nicht damit rechtfertigen, dass der vorkaufsberechtigte Mieter an die Regelung nicht gebunden wäre, da es sich um einen Fremdköper (hierzu grundlegend BGH NJW 1980, 2304, 2305) handelt. Denn ein Fremdköper besteht nur, wenn die Regelung weder dem Käufer noch dem Verkäufer einen erkennbaren Vorteil bringt (BGH NJW 1980, 2304, 2305; NJW 1988, 703, 704; NJW 1996, 654, 656). Insoweit besteht aber ein erhebliches Interesse des Erstkäufers an der Aufnahme der Regelung, so dass es sich nicht um eine Vorgabe handelt, die lediglich anlässlich des Kaufvertrages getroffen wurde.

3. Schadensersatzanspruch des Mieters
Vor diesem Hintergrund dürfte auch ein Schadensersatzanspruch des Mieters nicht zu befürchten sein. Ein solcher könnte sich gegen den Vermieter nur aus einer Verletzung einer Nebenpflicht, insbesondere einer Schutzpflicht, gem. §§ 280 Abs. 1, 535 Abs. 1, 241 Abs. 2 BGB ergeben. Dabei erscheint allerdings schon fraglich, ob eine Pflicht zur Rücksichtnahme auf den Vertragspartner dadurch verletzt ist, dass der Tatbestand einer ihn schützenden Norm vermieden wird. Dies könnte man höchstens dann bejahen, wenn man eine allgemeine Loyalitätspflicht annehmen würde, die es dem Vertragspartner verwehrt, die Entstehung gesetzlicher Rechte des anderen Vertragsteils zu verhindern. Dies ist jedoch bereits grundsätzlich zweifelhaft. Spezifische Loyalitäts- und Treuepflichten werden von der h. M. nur in Arbeits- und Gesellschaftsverhältnissen bejaht (s. dazu Staudinger/Olzen, BGB, 2019, § 241 Rn. 515). Das Mietverhältnis ist grundsätzlich aber von einer geringeren persönlichen Verbindung geprägt, weshalb dort die Anforderungen weniger streng ausgestaltet sein dürfen. Mangels diesbezüglicher Rechtsprechung kann dies allerdings nicht abschließend für die Praxis beurteilt werden.

Jedenfalls dürfte es keine Treuwidrigkeit darstellen, wenn durch die Gestaltung der Eintritt des durch den Gesetzgeber missbilligten Risikos verhindert wird. Dies trifft auf die vorliegende Konstellation zu. Der Gesetzgeber möchte durch § 577 Abs. 1 S. 1 BGB lediglich die besonderen Gefahren für den Mieter bei einem Erwerb einer einzelnen Wohnung abwenden, die – wie oben ausgeführt – bei dem Erwerb eines Miteigentumsanteils nicht bestehen. Die besonderen Risiken für den Mieter, die das Vorkaufsrecht rechtfertigen, werden damit also unterbunden. Hierdurch verletzt der Vermieter seine Treuepflichten gegenüber dem Mieter nicht. Es kann ihm nicht angelastet werden, dass er ein vom Gesetzgeber als besonders drängend angesehenes Risiko vermeidet. Das Vorkaufsrecht ist nach der gesetzgeberischen Wertung die Reaktion auf eine erhöhte Gefahr für den Mieter. Tritt diese nicht ein, kann es daher auch nicht treuwidrig sein, wenn dann ebenso das Vorkaufsrecht unterbleibt. Denn dies ist nur die Folge der Vermeidung der besonderen Risiken. Eine eigenstände Berechtigung des Mieters begründet das Vorkaufsrecht aber nicht. Sein Entfallen ist daher auch keine Störung seiner Rechtsposition und erfolgt somit nicht entgegen den sich aus dem Vertrag ergebenden Pflichten.

4. Auswirkungen einer Verwaltungs- und Benutzungsregelung gemäß § 1010 BGB
Problematisch ist allerdings, ob die Ausführungen auch dann gelten, wenn die Parteien eine Verwaltungs- und Benutzungsregelung gem. § 1010 BGB dergestalt treffen, dass mit einem bestimmten Miteigentumsanteil die alleinige Nutzung einer spezifischen Wohnung verbunden sein soll. Die entsprechende Anwendung des § 577 Abs. 1 S. 1 BGB auf Verkäufe eines Miteigentumsanteils, der mit der Nutzungsbefugnis an einer spezifischen Wohnung gem. § 1010 BGB verbunden ist, wird in der Literatur überwiegend bejaht (BeckOGK-BGB/Klühs, § 577 Rn. 10.2; Krauß, Immobilienkaufverträge in der Praxis, Rn. 2739; in dieser Richtung ebenfalls Hueber, NotBZ 2009, 63). Dafür spricht, dass auch in einer solchen Konstellation der Mieter sich isoliert der Gefahr einer Eigenbedarfskündigung ausgesetzt sieht, da der Erwerber spezifischen Zugriff auf die einzelne Wohnung erhält und bei einem Eigenbedarf diese in Anspruch nehmen muss. Zudem hat das OLG Karlsruhe zur Vorgängervorschrift des heutigen § 577a BGB in einer vergleichbaren Konstellation die analoge Anwendung dieser Norm bejaht (OLG Karlsruhe NJW 1993, 405). Da § 577 und § 577a BGB insoweit tatbestandlich identisch sind, lässt sich dies ohne Weiteres auch auf § 577 BGB übertragen.

Unabhängig davon, ob man dieser Ansicht folgen will, dürfte in der konkreten Gestaltung im hier beschriebenen Fall ein Umgehungsgeschäft zu erblicken sein, das die analoge Anwendung des § 577 Abs. 1 S. 1 BGB rechtfertigt. Denn für den Mieter ergibt sich ein vergleichbares Risiko, da eine spezifische Sonderberechtigung des Erwerbers für die konkrete Wohnung besteht. Zudem erreichen auch die Beteiligten des Kaufvertrages eine wirtschaftlich vergleichbare Stellung, da der Erwerber letztlich ebenfalls eine spezifische Nutzungsbefugnis für die einzelne Wohnung erlangt. Aufgrund dieser beiden Aspekte dürfte sich die Konstellation nicht von der unterscheiden, dass die Wohnungseigentumsblätter zunächst geschlossen werden und im Anschluss daran eine erneute Aufteilung durch den Erwerber erfolgt. In diesem Fall ist die entsprechende Anwendung aufgrund eines Umgehungsgeschäfts anerkannt (BeckOGK-BGB/Klühs, § 577 Rn. 55 f.; MünchKommBGB/Häublein, § 577 Rn. 12). Erreicht der Eigentümer durch eine wirtschaftlich für ihn und für den Mieter vergleichbare Gestaltung nämlich eine formale Ausschaltung des Vorkaufsrechts, dürfte sich ein Verstoß gegen § 242 BGB ergeben, der zur entsprechenden Anwendung der Vorschrift zwingt. Rechtsprechung und Literatur liegen zu dieser Gestaltung gleichwohl nicht vor. Bedenkt man aber, dass die überwiegende Ansicht in der Literatur ein Vorkaufsrecht schon isoliert bei der Veräußerung eines Miteigentumsanteils bejaht, der im Wege der Regelung des § 1010 BGB mit einer Nutzungsbefugnis an einer gesonderten Wohnung verbunden ist, dürfte eine rechtssichere Gestaltung auf diesem Weg ausgeschlossen sein.

Nach hier vertretener Ansicht wäre deshalb bei einer Gestaltung derart, dass die Wohnungseigentumsgrundbuchblätter geschlossen werden und im Anschluss daran eine Verwaltungs- und Benutzungsordnung gem. § 1010 BGB mit dem Inhalt, dass einem Miteigentumsanteil die alleinige Nutzung an einer Wohnung zugewiesen wird, ein Mietervorkaufsrecht analog § 577 Abs. 1 S. 1 BGB zu bejahen. Die Aufteilung liegt im konkreten Fall zudem im spezifischen Interesse des Veräußerers. Denn dieser möchte die restlichen Wohnungen und den entsprechenden Miteigentumsanteil selbst behalten und hat daher ein eigenes starkes Interesse daran, dass nur der entsprechende Miteigentumsanteil veräußert wird. Auch dieser Gesichtspunkt spricht stark für die Bejahung des Umgehungsgeschäfts. Denn wirtschaftlich soll dem Eigentümer lediglich der Zugriff auf eine Wohnung entzogen sein, während er ökonomisch weiterhin die unbeschränkte Herrschaft über die restlichen Wohnungen behalten will. Nach einer wirtschaftlichen Betrachtung kommt es deshalb nur zur Veräußerung der einen Wohnung, was sich deutlich von der Veräußerung eines ideellen Miteigentumsanteils am Grundstück insgesamt unterscheidet. Infolge der verdinglichten Verwaltungs- und Benutzungsregelung nach § 1010 BGB verliert der Eigentümer nicht teilweise die Befugnisse über sämtliche Wohnungen, sondern kann seine Zugriffsmöglichkeiten zielgenau steuern, was der Veräußerung einer Wohnungseigentumseinheit nahekommt. Dies begründet eine vergleichbare Lage mit der Veräußerung einer WEG-Einheit und rechtfertigt deshalb die entsprechende Anwendung des § 577 Abs. 1 S. 1 BGB.

5. Ergebnis
Ein Vorkaufsrecht gem. § 577 BGB an einem ideellen Miteigentumsanteil entsteht grundsätzlich auch dann nicht, wenn zuvor die Wohnungsgrundbuchblätter geschlossen und die Aufteilung nach WEG aufgehoben wurde. Anders ist jedoch dann zu beurteilen, wenn zugleich eine Benutzungs- und Verwaltungsregelung nach § 1010 BGB vereinbart wird, die eine Wohnung dem Inhaber eines Miteigentumsanteils exklusiv zuweist. In einem solchen Fall ist die analoge Anwendung des § 577 Abs. 1 S. 1 BGB geboten.

Gutachten/Abruf-Nr:

180520

Erscheinungsdatum:

19.03.2021

Rechtsbezug

National

Rechtsgebiete:

Miete

Erschienen in:

DNotI-Report 2021, 41-44

Normen in Titel:

BGB § 577