26. September 2011
EGBGB Art. 14

Moldawien: Güterrecht

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G u t a c h t e n d e s D e u t s c h e n No t a r i n s t i t u t s Abruf-Nr.: 109540 l e t zt e A k t u a l i s i e r un g : 2 6 . S e pt e m b e r 2 0 1 1

EGBGB Art. 14, 15 Moldawien: Güterrecht

I. Sachverhalt Ein ausschließlich moldawischer Staatsangehöriger und eine deutsch-moldawische Doppelstaaterin haben im Mai 1992 in der Republik Moldau die Ehe geschlossen. Den ersten Wohnsitz haben die Eheleute in der Republik Moldau genommen. Den Zweitwohnsitz haben die Eheleute in Deutschland. Der Ehemann hält Geschäftsanteile an einer in Deutschland gegründeten GmbH. Die Eheleute wollen einen Ehevertrag schließen, der ausschließlich einen modifizierten Zugewinnausgleich zum Gegenstand hat. Die Eheleute beabsichtigen, die Geschäftsanteile des Ehemannes an der GmbH aus einem etwaigen Zugewinnausgleich herauszunehmen. II. Fragen 1. 2. Findet deutsches Güterrecht oder das Güterrecht der Republik Moldau Anwendung? Ist eine Modifizierung des Zugewinnausgleichs im Hinblick auf die Anteile des Ehemannes auch nach dem Recht der Republik Moldau möglich? Kann eine solche Vereinbarung wirksam von einem deutschen Notar beurkundet werden? Bedarf es weiterer Wirksamkeitsvoraussetzungen (Registrierungen/Genehmigungen) nach dem Recht der Republik Moldau, sofern die Vereinbarung auch von einem deutschen Notar beurkundet werden kann?

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III. Zur Rechtslage 1. Anwendbares Güterrecht Aus Sicht des deutschen Rechts bestimmt sich mangels einer Rechtswahl das anwendbare Güterrecht gemäß Art. 15 Abs. 1 i.V.m. Art. 14 EGBGB. Dabei verweist Art. 15 Abs. 1 EGBGB auf die Anknüpfung zu einem bestimmten Ehezeitpunkt, nämlich zum Zeitpunkt der Eheschließung.

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Den mitgeteilten Sachverhalt verstehen wir so, dass die Ehefrau bereits zum Zeitpunkt der Eheschließung neben der moldawischen Staatsangehörigkeit auch die deutsche besessen hat. Es handelte sich aus der Sicht des deutschen Rechts daher bereits zu diesem Zeitpunkt um eine gemischt-nationale Ehe, da aus der Sicht des deutschen Rechts gem. Art. 5 Abs. 1 S. 2 EGBGB die deutsche Staatsangehörigkeit stets als vorrangig angesehen wird. Einschlägig ist hier somit Art. 15 Abs. 1 i. V. m. Art. 14 Abs. 1 Nr. 2 EGBGB, so dass auf den gewöhnlichen Aufenthalt zum Zeitpunkt der Eheschließung abzustellen ist. Laut Sachverhalt haben die Eheleute ihren ersten Wohnsitz in der Republik Moldau genommen. Wir gehen davon aus, dass sie dort auch zum Zeitpunkt der Eheschließung ihren gewöhnlichen Aufenthalt hatten, so dass im Ergebnis aus deutscher Sicht auf das Recht der Republik Moldawien verwiesen wird. Bei dieser Verweisung auf das moldawische Recht handelt es sich um eine so genannte Gesamtverweisung (Art. 4 Abs. 1 S. 1 EGBGB), so dass auch das moldawische Kollisionsrecht berufen ist. Das auf die persönliche immateriellen und materiellen Beziehungen der Ehegatten anwendbare Recht ist in Art. 157 des moldawischen Familiengesetzbuchs vom 26.10.2000 (FamGB) geregelt. Nach Art. 157 Abs. 1 FamGB werden die immateriellen und materiellen Rechte der Ehegatten durch das Recht des Staates bestimmt, in dem sie ihren gemeinsamen Wohnsitz haben. Das moldawische Recht knüpft also wandelbar an den jeweiligen gemeinsamen Wohnsitz der Ehegatten an. Geht man davon aus, dass die Eheleute ihren Wohnsitz i. S. d. moldawischen Rechts in Moldawien haben, leben sie hier ­ mangels einer anderweitigen ehevertraglichen Vereinbarung ­ im gesetzlichen Güterstand des moldawischen Rechts. Sollten sie allerdings zu einem späteren Zeitpunkt ihren gemeinsamen Wohnsitz nach Deutschland verlegen, so käme es zu einer Rückverweisung auf das deutsche Recht (h. M., vgl. OLG Hamm MittBayNot 2010, 223 = RNotZ 2010, 206; KG FamRZ 2007, 1564; KG FamRZ 2005, 1676; Henrich, IPRax 2001, 113; Staudinger/Mankowski, Neubearb. 2010, Art. 15 EGBGB Rn. 51; Schotten/Schmellenkamp, Das Internatio-nale Privatrecht in der notariellen Praxis, 2. Aufl. 2007, Rn. 144; AnwKommBGB/Sieghörtner, 1. Aufl. 2005, Art. 15 EGBGB Rn. 2; Hausmann, in: Reithmann/Martiny, Internationales Vertragsrecht, 7. Aufl. 2010, Rn. 5957; MünchKommBGB/Siehr, 5. Aufl. 2010, Art. 15 EGBGB Rn. 125; a. A. jüngst OLG Nürnberg DNotI-Report 2011, 147) 2. Möglichkeit einer Rechtswahl zugunsten des deutschen Rechts a) Vorliegend könnten die Ehegatten jedoch deutsches Recht wählen. Das deutsche IPR gestattet eine güterrechtliche Rechtswahl im Rahmen von Artikel 15 Abs. 2 EGBGB. Hiernach können die Ehegatten zu jeder Zeit der Ehe und ohne weitere Voraussetzungen eine Rechtswahl treffen. Lediglich der Kreis der wählbaren Rechte ist durch Art. 15 Abs. 2 EGBGB beschränkt (vgl. hierzu auch Palandt/Thorn, 70. Aufl. 2011, Art. 15 EGBGB Rn. 21). Vorliegend könnten die Ehegatten gemäß Art. 15 Abs. 2 Nr. 1 EGBGB deutsches Recht als Ehegüterrecht wählen, da die Ehefrau deutsche Staatsangehörige ist (Art. 15 Abs. 2 Nr. 1, 5 Abs. 1 S. 2 EGBGB). Gemäß Art. 15 Abs. 3 i.V.m. Art. 14 Abs. 4 S. 1 EGBGB hätte diese Rechtwahl in einem notariell beurkundeten Ehevertrag zu erfolgen. Damit ist den Ehegatten vorliegend aus Sicht des deutschen IPR eine Rechtswahl zum deutschen Recht möglich.

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b) Gemäß Art. 157 Abs. 3 ZGB können die Ehegatten auch aus moldawischer Sicht das auf den ,,Ehevertrag" (wohl gemeint: Güterstand) anwendbare Recht wählen. Hierfür lässt das moldawische Recht allerdings nur die Wahl des Rechtes eines Staates zu, in dem einer der Ehegatten seinen Wohnsitz hat, so dass eine Rechtswahl zugunsten des deutschen Rechts wohl ausscheidet. 3. Ehevertragliche Vereinbarung nach moldawischem Recht Gesetzlicher Güterstand ist nach dem moldawischen FamGB die Errungenschaftsgemeinschaft. Diese ist in den Art. 19 ff. FamGB geregelt. Nach Art. 20 FamGB fallen grundsätzlich sämtliche von den Ehegatten während der Ehe erworbenen Güter in das gemeinschaftliche Eigentum der Ehegatten. Welche dies im Einzelnen sind, wird in Art. 20 Abs. 2 FamGB nochmals im Einzelnen aufgezählt. Nach Art. 20 Abs. 2 lit. a FamGB zählen dazu insbesondere auch Güter, die mit den von jedem Ehegatten erzielten Einkünften aus einer beruflichen Tätigkeit, aus einer Unternehmertätigkeit und aus einer intellektuellen Tätigkeit erzielt wurden. Im Übrigen sind nach Art. 20 Abs. 3 FamGB gemeinschaftliches Eigentum der Ehegatten bewegliche und unbewegliche Güter, Wertpapiere, Anlagen, Anteile und Kapitalanteile an Kreditinstituten oder Handelsgesellschaften, die aus gemeinsamen Mitteln errichtet, gebildet, erworben oder gemacht wurden, sowie andere Güter, die während der Ehe erworben wurden, unabhängig davon, auf wessen Namen diese erworben und von welchem Ehegatten die Geldmittel aufgebracht wurden. Damit aber dürften die vom Ehemann gehaltenen Geschäftsanteile an der in Deutschland gegründeten GmbH in das gemeinschaftliche Eigentum der Ehegatten gefallen sein. Allerdings sieht das moldawische Recht die Möglichkeit einer vertraglichen Modifizierung des Güterrechtes vor. Die entsprechenden Bestimmungen findet sich in Art. 27 ff. FamGB. Ein entsprechender Ehevertrag kann sowohl vor Eheschließung als auch jederzeit während der Ehe geschlossen werden (Art. 28 Abs. 1 FamGB). Der Ehevertrag muss in schriftlicher Form mit notarieller Beurkundung geschlossen werden (Art. 28 Abs. 3 FamGB). Inhaltlich kann im Ehevertrag vorgesehen werden, dass die von jedem der Ehegatten während der Ehe erworbenen Güter persönliches Eigentum des erwerbenden Ehegatten sind (Art. 29 Abs. 2 FamGB). Damit aber wäre es auch bei Geltung des moldawischen Rechts möglich, die Anteile des Ehemannes an der deutschen GmbH aus dem gemeinschaftlichen Vermögen der Eheleute herauszunehmen und ihm zu Eigengut zuzuordnen. Eine entsprechende Vereinbarung müsste u. E. auch vor einem deutschen Notar wirksam getroffen werden können, wobei sich den uns zur Verfügung stehenden Unterlagen zum moldawischen Recht nichts dazu entnehmen lässt, dass weitere Wirksamkeitsvoraussetzungen (Registrierungen/Genehmigungen) bestehen.

Gutachten/Abruf-Nr:

109540

Erscheinungsdatum:

26.09.2011

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International

Normen in Titel:

EGBGB Art. 14