02. Dezember 2022
GBO § 17

Prioritätsgrundsatz bei Teilungserklärung und Grundschuld; Erforderlichkeit einer Rangbestimmung

GBO § 17
Prioritätsgrundsatz bei Teilungserklärung und Grundschuld; Erforderlichkeit einer Rangbestimmung

I. Sachverhalt
Ein Grundstückseigentümer hat eine Teilungserklärung nach § 8 WEG errichtet und diese im September 2020 beim Grundbuchamt einreichen lassen. Der grundbuchliche Vollzug ist bisher nicht erfolgt, da die Abgeschlossenheitsbescheinigung noch nicht erteilt wurde. Der Eigentümer beabsichtigt nunmehr die Bestellung einer Grundschuld an dem gesamten Grundstück, diemöglichst kurzfristig, also vor Vollzug der Teilungserklärung, eingetragen werden soll. Das Grundbuchamt teilt mit, dass hierzu wegen § 17 GBO eine Erklärung (Rangbestimmung) des Notars, der den Antrag auf Vollzug der Teilungserklärung eingereicht habe, erforderlich sei. Der Notar müsse darin bestimmen, dass der Antrag auf Eintragung der Grundschuld vor der Teilungserklärung vollzogen werden solle.

II. Frage
Kann die Grundschuld unabhängig von dem noch unerledigten Antrag auf Vollzug der Teilungserklärung eingetragen werden, ohne dass es einer „Rangbestimmung“ oder ähnlichen Erklärung des Antragstellers bedarf?

III. Zur Rechtslage
Nach § 17 GBO darf für den Fall, dass mehrere Eintragungen beantragt werden, durch die dasselbe Recht betroffen wird, die später beantragte Eintragung nicht vor Erledigung des früher gestellten Antrags erfolgen. Dabei ist für die Anwendung von § 17 GBO unerheblich, ob einem der Anträge ein Vollzugshindernis entgegensteht (KEHE/Volmer, GBO, 8. Aufl. 2019, § 17 Rn. 10). § 17 GBO darf dabei nicht wörtlich verstanden werden. Nach Schöner/Stöber (16. Aufl. 2020, Rn. 91 m. w. N. – Hervorhebung i. F. durch die DNotI-Redaktion; s. a. KEHE/Volmer, § 17 Rn. 16) ist von mehreren beantragten Eintragungen nur dann dasselbe Recht i. S. v. § 17 GBO betroffen, wenn

„‒ durch die Eintragungen ein Rangverhältnis zwischen mehreren Rechten (§ 879 BGB; auch § 45 GBO) begründet wird […],

‒ eine Eintragung die andere ausschließt (so bei Eintragung eines Eigentumswechsels und einer Hypothek) oder sonst in irgendeiner Weise beeinflusst oder beschränkt (an weitere Voraussetzungen knüpft), wie bei Anträgen auf Verpfändung und Löschung eines Grundpfandrechts, Eintragung der Auflassung und eines Widerspruchs gegen das Eigentum des Veräußerers,

‒ die früher beantragte Eintragung die später beantragte erst zulässig macht (so bei Eintragung einer Grundschuld an einer nach dem früheren Antrag erst zu bildenden WEG-Einheit); das schließt Zurückweisung des später gestellten Antrags vor Erledigung des früher gestellten aus.“

Die Frage, ob § 17 GBO Anwendung findet, wenn zunächst nur ein Antrag auf Vollzug der Teilungserklärung und später zusätzlich ein Antrag auf Eintragung einer Grundschuld am gesamten Grundstück gestellt wird, war bisher soweit ersichtlich nicht Gegenstand einer Stellungnahme in Rechtsprechung oder Literatur. Die Anwendung des § 17 GBO erscheint zumindest zweifelhaft, da keine der vorgenannten Fallgruppen einschlägig ist:

Eine Rangkonkurrenz im Sinne der erstgenannten Fallgruppe liegt vor, wenn zwischen den beantragten Eintragungen ein Rangverhältnis besteht (KEHE/Volmer, § 17 Rn. 15). Die Eintragung der Aufteilung in Wohnungseigentum einerseits und des Grundpfandrechts andererseits stehen aber nicht in einem Rangverhältnis zueinander. Die WEG-Aufteilung stellt eine inhaltliche Ausgestaltung des Eigentums am Grundstück dar (vgl. BeckOGK-WEG/Monreal, Std.: 1.12.2021, § 5 Rn. 2-14). Das Eigentum als solches hat keinen Grundbuchrang, sodass auch keine Rangkonkurrenz zu dem Grundpfandrecht bestehen kann.
Auch die zweite Fallgruppe ist nicht einschlägig, da sich die beantragten Eintragungen nicht gegenseitig beeinflussen oder ausschließen. Wird zuerst die Grundschuld an dem noch unaufgeteilten Grundstück eingetragen, setzt sie sich an den Wohnungseigentumsrechten als Gesamtrecht fort, ohne dass es der Zustimmung des Grundpfandrechtsgläubigers zur WEG-Aufteilung bedarf (vgl. BGH DNotZ 2012, 531: keine Betroffenheit des Grundpfandrechtsgläubigers i. S. v. §§ 876, 877 BGB). Wird umgekehrt zuerst die WEG-Aufteilung vollzogen, so ist die Grundschuld in sämtlichen Wohnungsgrundbüchern als Gesamtrecht einzutragen. Aus der Sicht eines Grundpfandrechtsgläubigers, der ein Grundpfandrecht am gesamten Grundstück hat, ist die WEG-Aufteilung somit rechtlich irrelevant. Im Falle der WEG-Aufteilung besteht alleine die buchungstechnische Besonderheit, dass das Grundstück im Rechtssinne nicht in einem einzigen „normalen“ Grundbuchblatt, sondern in einer Mehrzahl von Wohnungsgrundbuchblättern gebucht ist.

Auch die dritte Fallgruppe ist nicht gegeben. Die früher beantragte Eintragung (Vollzug der Teilungserklärung) macht die später beantragte (Grundschuld) nicht erst zulässig. Insbesondere liegt hier nicht der Fall vor, dass ein noch nicht eingetragenes Wohnungseigentumsrecht selbständig mit einem Grundpfandrecht belastet werden soll. Vielmehr soll das gesamte Grundstück mit dem Grundpfandrecht belastet werden.

Nach alledem kann die Eintragung der Grundschuld unabhängig von der Eintragung des Vollzugs der WEG-Aufteilung erfolgen. § 17 GBO steht dem nicht entgegen.

Gutachten/Abruf-Nr:

191310

Erscheinungsdatum:

02.12.2022

Rechtsbezug

National

Rechtsgebiete:

Grundbuchrecht

Erschienen in:

DNotI-Report 2022, 181-182

Normen in Titel:

GBO § 17