01. Januar 1996
GmbHG § 15 Abs. 3; EGBGB Art. 11 Abs. 1

USA: Auslandsbeurkundung; GmbH-Geschäftsanteilsabtretung; notary public

DNotI
Deutsches Notarinstitut

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Gutachten des Deutschen Notarinstitut Dokumentnummer: 1402# letzte Aktualisierung: 14. Juni 2004

Gutachten

EGBGB Art. 11 Abs. 1 GmbHG § 15 Abs. 3 und 4 Auslandsbeurkundung, GmbH-Geschäftsanteilsabtretung, notary public

I. Zum Sachverhalt Sämtliche Anteile an einer deutschen GmbH wurden zunächst von einer englischen Gesellschaft an eine andere englische Gesellschaft, dann von dieser weiter an eine US-amerikanische Gesellschaft übertragen. Beide Vereinbarungen wurden lediglich von einem US-amerikanischen notary public in Kalifornien unterschriftsbeglaubigt. Beide Vereinbarungen enthalten eine Rechtswahl zugunsten des englischen Rechts.

II. Fragestellung

1.

Genügt es dem Wirkungsstatut nach Art. 11 Abs. 1 Variante 1 EGBGB i. V. m. § 15 Abs. 3 GmbHG, wenn die Abtretung von Anteilen an einer deutschen GmbH durch einen US-amerikanischen notary public unterschriftsbeglaubigt wird?

2.

Falls nicht, ist die Abtretung wenigstens als dem Ortsstatut nach Art. 11 Abs. 1 Variante 2 EGBGB genügend formwirksam?

3.

Falls die Abtretungen unwirksam sind, sind wenigstens formwirksame Verpflichtungen zur Abtretung entstanden?

III. Zur Rechtslage

A.

Einhaltung des Wirkungs- bzw. Geschäftsstatutes bei der Abtretung Art. 11 Abs. 1 Variante 1 EGBGB

Zunächst ist zu prüfen, ob die Abtretung dem Wirkungsstatut entsprach, Art. 11 Abs. 1 Variante 1 EGBGB. Für die Verpflichtung wird dies später geprüft werden. 1. Deutsches Gesellschaftsrecht als Personalstatut

Personalstatut der GmbH ist deutsches Recht. Das Personalstatut bestimmt nach einhelliger Meinung auch das auf die Abtretung anwendbare Sachrecht (vgl. etwa Palandt/Heldrich, 54. Aufl. 1995, Anh. zu Art. 12 EGBGB Rn. 14; Hachenburg/Behrens, GmbHG, 7. Aufl. 1975, Einl. Rn. 91; Scholz/Westermann, GmbHG, 8. Aufl. 1993, Einl. Rn. 118).

Für die Abtretung ist das Personalstatut zwingendes Recht. Die Rechtswahl in Art. 5 der beiden Vereinbarungen geht jedenfalls insoweit ins Leere.

2.

Einhaltung von § 15 Abs. 3 GmbHG durch Auslandsbeurkundung a) Das deutsche Recht als Geschäftsstatut schreibt in § 15 Abs. 3 GmbHG notarielle Beurkundung der Abtretung von GmbH-Anteilen vor.

Grundsätzlich können deutsche Formvorschriften auch durch eine gleichwertige Beurkundung im Ausland erfüllt werden, sofern das Gesetz nicht ausnahmsweise Beurkundung im Inland bzw. durch einen deutschen Notar anordnet. Letzteres wird etwa praktisch einhellig zu § 925 BGB vertreten.

Eine entsprechende Ausnahme, nämlich daß eine Beurkundung nach § 15 GmbHG nur vor einem deutschen Notar erfolgen kann, vertritt de lege lata in der neueren Literatur etwa

Keidel/Kunze/Winkler, Freiwillige Gerichtsbarkeit, Teil B, BeurkG, 12. Aufl. 1986, Einl. Rn. 54 (wobei jedoch die dort zustimmend zitierten Quellen z. T. auch eine gleichwertige Auslandsbeurkundung zulassen), ebenso Heckschen, DB 1990, 161, 165. Ebenso argumentiert in der Rechtsprechung nur LG München I (Beschl. v. 05.05.1976, DNotZ 1976, 501).

Zu einem ähnlichen Ergebnis kommt OLG Hamm (Beschl. v. 01.02.1974, NJW 1974, 1057), das - obwohl von der Möglichkeit einer gleichwertigen Auslandsbeurkundung ausgehend - gleichwohl im Ergebnis nur eine Beurkundung vor dem deutschen Notar diesen Erfordernissen genügen läßt (ähnlich streng in den Anforderungen bzgl. der Gleichwertigkeit Brambring, NJW 1975, 1255, 1259; Staudinger/Großfeld; Internationales Gesellschaftsrecht, 13. Aufl. 1993, Rn. 439 ff.).

Bezüglich der Hauptversammlung einer Aktiengesellschaft erfordert § 130 AktG nach Auffassung des OLG Hamburg die Zusicherung eines deutschen Notars (NJW-RR 1993, 1317 = MittBayNot 1994, 80).

Im übrigen gibt es diesbezügliche Vorschläge de lege ferenda (vgl. etwa den seinerzeitigen Vorschlag der BNotK, DNotZ 1973, 326). Möglicherweise kommt es hier im Zusammenhang mit einer Kostenreform zu einer Neuregelung, jedenfalls was Verfassungsfragen (Satzungsänderungen) der Gesellschaften betrifft.

Jedenfalls nach der ganz überwiegenden bisherigen Rechtsprechung gibt es somit diesbezüglich keine ausschließliche Zuständigkeit der deutschen Notare.

b)

Somit ist davon auszugehen, daß die Auslandsbeurkundung dann der Formvorschrift des § 15 Abs. 3 GmbHG entspricht, wenn sie der Beurkundung vor einem deutschen Notar gleichwertig ist.

Gleichwertigkeit ist nach der Rechtsprechung des BGH gegeben, ,,wenn die ausländische Urkundsperson nach Vorbildung und Stellung im Rechtsleben eine der Tätigkeiten des deutschen Notars entsprechende Funktion ausübt und für die Errichtung der Urkunde ein Verfahrensrecht zu beachten hat, das den tragenden Grundsätzen des deutschen Beurkundungsrechts entspricht." (BGH, Beschl. v. 16.02.1981, DNotZ 1981, 451, 452). Das darüber hinausgehende Erfordernis einer ,,genauen Kenntnis des deutschen Gesellschaftsrechts", einschließlich der ,,einschlägigen deutschen

Rechtsprechung und Literatur", wie es das OLG Hamm verlangt (OLG Hamm, Beschl. v. 01.02.1974, NJW 1974, 1057) lehnt der BGH ausdrücklich ab (BGH, a.a.O.). Die beiden Kriterien des BGH, Urkundsperson- und verfahren, möchte Schervier um ein drittes Kriterium ergänzen, nämlich die Haftung der Urkundsperson entsprechend der BNotO (Schervier, NJW 1992, 593, 595 f.). Prüfungsgrundlage sind dabei nach der Rechtsprechung die gesetzlichen Vorschriften des ausländischen Staates, wobei die Literatur zurecht betont, daß auch die Rechtswirklichkeit herangezogen werden müsse (Wolfsteiner, DNotZ 1978, 532; Geimer, DNotZ 1981, 406, 408). Ferner will die Literatur überwiegend den Gegenbeweis zulassen, daß trotz Fehlens ausländischer Vorschriften über eine gleichwertige Beurkundung im Einzelfall doch bei der ausländischen Beurkundung ein dem deutschen gleichwertiges Verfahren eingehalten wurde (MünchKomm-Spellenberg, 2. Aufl. 1990, Art. 11 Rn. 52; Schervier, NJW 1992, 596). c) Das Verfahren vor einem US-amerikanischen notary public entspricht eindeutig nicht einer deutschen Beurkundung, sondern nur einer Unterschriftsbeglaubigung nach deutschem Recht.

Die Person des notary public ist dem deutschen Notar in keiner Weise vergleichbar. Der notary public braucht keine juristische Ausbildung für sein Amt, insbesondere muß er weder eine law school besucht noch ein bar exam abgelegt haben. Kriterium für seine Zulassung ist lediglich, ob er persönlich zuverlässig ist (vgl. Gutachten zum internationalen und ausländischen Privatrecht,

1965/1966, Nr. 68, S. 796, 807). Auch seine Stellung im Rechtsleben entspricht in keinster Weise der eines deutschen Notars - man denke nur an den sprichwörtlichen copy shop mit dem Schild im Fenster ,,notary on premises".

Im Verfahren vor dem notary public findet lediglich eine Identitätsfeststellung der Beteiligten, ein Siegeln und Zeichnen durch den notary public statt, also die Elemente einer deutschen Unterschriftsbeglaubigung. Sämtliche für eine deutsche Beurkundung wesentlichen Elemente fehlen jedoch, insbesondere Prüfungs- und Belehrungspflicht des Notars, Verhandlungsniederschrift und Vorlesen.

Für einer deutschen Beurkundung gleichwertig hielt die Rechtsprechung u. a. die Notare verschiedener Schweizer Kantone, Österreichs und Argentiniens. Für England wird dies diskutiert, für die USA von der Literatur einhellig abgelehnt (vgl. MünchKomm-Ebenroth, a.a.O., nach Art. 10 Rn. 259; MünchKomm-Spellenberg, a.a.O., Art. 11 Rn. 48; Huhn/von Schuckmann, BeurkG, 3. Aufl. 1995, § 1 Rn. 47, 48, je m. w. Nachw. auch zur Rechtsprechung). Die Abtretung genügt somit nicht der Form des Wirkungsstatuts nach Art. 11 Abs. 1 Variante 1 EGBGB.

B.

Einhaltung der Ortsform für die Abtretung Art. 11 Abs. 1 Variante 2 EGBGB

Die Abtretung könnte aber nach Art. 11 Abs. 1 Variante 2 EGBGB wirksam sein, sofern die nach kalifornischem Recht einzuhaltende Ortsform beachtet wurde. 1. Anwendbarkeit der Ortsform für eine GmbH-Anteilsabtretung a) Äußerst umstritten ist, ob Art. 11 Abs. 1 Variante 2 EGBGB auf die Abtretung von Ge sellschaftsanteilen überhaupt anwendbar ist. Die wohl h. M. in der Literatur vertritt nämlich, daß das Personalstatut der Gesellschaft zwingend auch die Form regle und die Einhaltung der Ortsform somit nicht genügen könne.

Zur Begründung wird überwiegend angeführt: Die Gesellschaft als juristische Person entsteht nur durch die sie schaffende Rechtsordnung. Ihre gesamten Rechtsverhältnisse unterliegen damit zwingend dieser Rechtsordnung. Dies umfaßt auch die Formfrage - und zwar sowohl hinsichtlich verfassungsrechtlicher Fragen der Gesellschaft, wie hinsichtlich der Abtretung von Geschäftsanteilen.

Dabei wird auf die Entstehungsgeschichte der IPR-Reform hingewiesen. Der Gesetzgeber habe damals ausdrücklich gesellschaftsrechtliche Fragen nicht regeln wollen. Auch wenn dies ausdrücklich nur hinsichtlich des Schuldrechts in Art. 37 Nr. 2 EGBGB zum Ausdruck kam (Lichtenberger, DNotZ 1986, 644, 653; Schervier, a.a.O., 594). Genau umgekehrt liest allerdings Behrens die Materialien zu Art. 11 Abs. 2 EGBGB a. F. (Hachenburg/Behrens, a.a.O., Einl., Rn. 98).

Zum Teil wird dabei mit dem zwingenden Charakter der lex rei sitae argumentiert, was jedenfalls für die Abtretung als dingliches Rechtsgeschäft gelten müsse. Dabei wird auch eine Analogie zu Art. 11 Abs. 4 und 5 EGBGB herangezogen (vgl. van Randenborgh, BB 1974, 483, 485; Wolfsteiner, DNotZ 1978, 532; ablehnend hierzu jedoch MünchKomm-Spellenberg, a.a.O., Art. 11 Rn. 93).

Schließlich wird auf den Zweck des § 15 Abs. 3 GmbHG abgestellt. Mit dieser Vorschrift habe der Gesetzgeber sicherstellen wollen, daß GmbH-Anteile nicht Gegenstand des freien Handelsverkehrs werden. Er habe deshalb die Veräußerung erschwert (MünchKomm-Ebenroth, a.a.O., nach Art. 10 Rn. 258). Nur die Einhaltung der deutschen Form gewährleistet den Nachweis, der notwendig sei, um die Inhaberschaft der GmbH-Anteile stets nachweisen zu können. Dies sei nicht nur für die Beteiligten selbst, sondern auch darüber hinaus für alle mit der GmbH Befaßten erforderlich (Winkler, Rpfleger 1978, 44; Staudinger/Großfeld, Internationales Gesellschaftsrecht, a.a.O., Rn. 428). Schließlich solle § 15 GmbHG die Belehrung der Beteiligten durch den Notar sicherstellen (Schervier, NJW 1992, 595). All diese Zwecke könnten nur erfüllt werden, bei einer dem deutschen Wirkungsstatut entsprechenden Beurkundung.

b)

Im Ergebnis ähnlich argumentiert Behrens. Zwar hält er die Ortsform stets für zulässig, doch qualifiziert er das Erfordernis einer notariellen Beurkundung nur z. T. als materielle Voraussetzung, nicht als Formstatut, so daß im Ergebnis auch wieder die Voraussetzungen des Geschäftsstatuts einzuhalten sind. Diese Qualifikation als materielle Voraussetzung nimmt er jedoch nur für Verfassungsfragen der Gesellschaft vor, nicht für die Abtretung von Geschäftsanteilen. Insoweit läßt er Ortsform genügen (vgl. Hachenburg/Behrens, a.a.O., Einl. Rn. 98 - 100).

c)

Die Rechtsprechung hat nicht eindeutig entschieden, ob für gesellschaftsrechtliche Vorgänge anstelle des Wirkungsstatuts auch die Einhaltung der Ortsform genügt.

Der BGH hat die Frage ausdrücklich offengelassen (BGH, Beschl. v. 16.02.1981, BGHZ 80, 78 = DNotZ 1981, 451 - zu einer Satzungsänderung im Ausland; BGH, Urt. v. 22.05.1989, GmbHR 1920, 25 = RiW 1989, 649 - zur Auslandsbeurkundung der Abtretung von GmbH-Anteilen). Das RG hatte seinerseits die Einhaltung der Ortsform für eine Abtretung genügen lassen (RG, Urt. v. 22.03.1939, RGZ 160, 225, 231). Im entschiedenen Fall erfolgte die Auslandsbeurkundung jedoch auch vor einem vom BGH als gleichwertig angesehenen Schweizer Notar.

Die Rechtsprechung der Oberlandesgerichte ist gespalten. Soweit die Oberlandesgerichte gesellschaftsrechtliche Vorgänge zwingend dem Wirkungsstatut unterstellten, und die Einhaltung der Ortsform nicht genügen ließen, betrafen die entschiedenen Fälle immer Satzungsänderungen einer GmbH (OLG Hamm, Beschl. v. 01.02.1974, NJW 1974, 1057; OLG Karlsruhe, Beschl. v. 10.04.1979, RiWAWD 1979, 567) bzw. Aktiengesellschaft (OLG Hamburg, NJW-RR 1993, 1317).

Die anderen OLG, die die Ortsform genügen ließen, konnten die ihnen vorgelegten Sachverhalte deshalb leicht davon differenzieren, da diese Sachverhalte immer die Abtretung von GmbHGeschäftsanteilen betrafen (OLG Stuttgart, Vorlagebeschluß v. 03.11.1980, NJW 1981, 1176; BayObLG, Beschl. v. 18.10.1977, NJW 1978, 500; OLG Frankfurt, Beschl. v. 10.04.1981, DNotZ 1982, 186. Zur Entscheidung des BayObLG merkt Wolfsteiner (DNotZ 1978, 532, 533) allerdings an, daß das Gericht dieselbe Entscheidung auf der Grundlage des Wirkungsstatutes wegen der Gleichwertigkeit des ausländischen - Schweizer - Beurkundungsverfahren hätte treffen können). Die Einhaltung der Ortsform ausdrücklich als für die Abtretung nicht genügend bezeichnet allein die Entscheidung eines Untergerichts (LG München, Beschl. v. 05.05.1976, DNotZ 1976, 501).

Ginge man also allein von der bisher in der Rechtsprechung entschiedenen Fällen aus, so könnte man danach differenzieren, daß die Einhaltung der Ortsform für die Abtretung von GmbH-Geschäftsanteilen genügt, nicht aber für Satzungsänderungen. Jedoch ließe dies unberücksichtigt, daß die Rechtsprechung auch bei der Abtretung teilweise ausdrücklich die Gleichwertigkeit diskutiert (so der BGH und das OLG Frankfurt). Ferner betrafen die bisher entschiedenen Fälle alle Abtretungen vor einem österreichischen bzw. Schweizer Notar, die die Rechtsprechung auch als gleichwertig angesehen hat.

Schließlich ist zu berücksichtigen, daß der BGH in anderen Bereichen mittlerweile die Beurkundungspflicht extensiv ausgelegt hat - sie etwa bei Unternehmensverträgen praeter legem eingeführt hat (BGH, Beschl. v. 24.10.1988, BGHZ 105, 324 = GmbHR 1989, 25):

,,Die

Änderung

des

Gesellschaftsvertrages

unterliegt

aus

Beweissicherungs- und

damit

Rechtssicherheitsgründen... aber auch zum Zwecke der materiellen Richtigkeitsgewähr... sowie zur Gewährleistung einer Prüfungs- und Belehrungsfunktion... der Beurkundungspflicht."

Auf die Auslandsbeurkundung übertragen spricht die zitierte ratio dafür, mindestens Gleichwertigkeit zu fordern - d. h. Anwendung des Wirkungsstatutes unter Ausschluß der Ortsform.

d)

Die Literatur unterwirft überwiegend auch die Formerfordernisse zwingend dem Personalstatut der Gesellschaft und läßt die Einhaltung der Ortsform hierfür nicht genügen.

Ganz deutlich wird dies bei den Kommentaren zu Art. 11 EGBGB bzw. zum BeurkG. Hier spricht sich für ein Genügen der Ortsform eigentlich nur Palandt/Heldrich aus (54. Aufl. 1995, Art. 11 EGBGB Rn. 13; daneben wohl auch Soergel/Kegel, 12. Aufl. 1988, Art. 11 EGBGB Rn. 11). Alle anderen Autoren fordern auch für die Abtretung Einhaltung der Form des Wirkungsstatuts (Erman/Hohloch, 9. Aufl. 1993, Art. 11 EGBGB Rn. 19; MünchKomm-Ebenroth, a.a.O., nach Art. 10 Rn. 258; Staudinger/Firsching, 12. Aufl. 1984, Art. 11 EGBGB Rn. 97; Huhn/von Schuckmann, BeurkG, 3. Aufl. 1995, § 1 Rn. 50, sowie die oben zitierten diversen Anmerkungen zu den veröffentlichten Urteilen).

Die Literatur zum Gesellschaftsrecht ist weniger einheitlich. Während alle Autoren zwingend das Wirkungsstatut für Verfassungsfragen der Gesellschaft anwenden, insbesondere für

Satzungsänderungen, halten doch einige Autoren für die Abtretung von GmbH-Anteilen die Ortsform für genügend (Baumbach/Hueck, GmbHG, 15. Aufl. 1988, § 15 Rn. 21; Hachenburg/Behrens, a.a.O., Rn. 100). Andere sehen auch insoweit das Wirkungsstatut als zwingend an (Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 14. Aufl. 1995, § 15 Rn. 19; Rowedder/Rittner, GmbHG, 2. Aufl. 1989, Einl. Rn. 278, 284; Scholz/Westermann, GmbHG, 8. Aufl. 1993, Einl. Rn. 118; Staudinger/Großfeld, Internationales Gesellschaftsrecht, 13. Aufl. 1993 Rn. 427 f. - vgl. auch Ebenroth/Wilkens, JZ 1991, 1061, 1065 f.).

e)

U. E. sind die Argumente dogmatisch und rechtspolitisch überzeugend, die gegen ein Genügenlassen der bloßen Ortsform für die Abtretung von GmbH-Anteilen sprechen. Die GmbH als juristische Person ist künstliche Schöpfung einer bestimmten nationalen Rechtsordnung. Sie muß einheitlich in allen ihren Rechtsbeziehungen dem Personalstatut eben dieser Rechtsordnung unterliegen. Nur so ist auch gewährleistet, daß auch Dritte jederzeit zuverlässig nachprüfen können, wer nun Inhaber der Geschäftsanteile ist - sei dies das Registergericht oder der eine Satzungsänderung beurkundende Notar. Nur so kann der Zweck des § 15 Abs. 3 GmbHG erreicht und verhindert werden, daß GmbHAnteile ebensoleicht wie Aktien übertragbar sind.

Für die beratende Tätigkeit des Notars ist ferner zu berücksichtigen, daß der Notar immer zum sicheren Weg zu raten hat. Von daher weisen Huhn/von Schuckmann zurecht darauf hin, daß ein vorsichtiger Notar immer zu einer Inlandsbeurkundung raten wird bzw. zu einer Beurkundung nach einem sicher gleichwertigen Verfahren im Ausland (a.a.O., § 1 Rn. 50).

2.

Einhaltung der Ortsform nach kalifornischem Recht

Sofern man die Einhaltung der Ortsform nach Art. 11 Abs. 1 Variante 2 EGBGB genügen läßt, fragt sich, ob die Unterschriftsbeglaubigung durch den kalifornischen Notar hier dem dortigen örtlichen Recht entsprach. Das Problem ist, daß das US-Recht die GmbH als eigenständige Gesellschaftsform nicht kennt. Insofern könnte eine Formenleere des anwendbaren Ortsrechtes vorliegen.

a)

Das RG hatte entschieden, daß es in der Schweiz eine Ortsform der Abtretung von GmbH-Anteilen erst ab dem Zeitpunkt der Einführung der GmbH als Gesellschaftsform auch in der Schweiz gab. Mangels Ortsform war also vorher allein das Wirkungsstatut maßgeblich (RGZ 160, 225, 229).

b)

Das Gesellschaftsrecht der verschiedenen Bundesstaaten der USA kennt nur eine einheitliche Form der Kapitalgesellschaft (corporation). Nach dem Vorbild der private company in England hat die Rechtspraxis in einigen Bundesstaaten eine sog. closed corporation entwickelt. Dabei handelt es sich jedoch nur um einen Unterfall der corporation, nicht um eine eigene Rechtsform. Für sie gelten nur

einzelne Sonderbestimmungen. Die wohl präziseste gesetzliche Definition findet sich im Bundesstaat Delaware. Als closed corporation wird dort eine Kapitalgesellschaft definiert, die 1.) nicht mehr als 30 Anteilseigner hat, 2.) bei der die Übertragbarkeit der Gesellschaftsanteile beschränkt ist und 3.) bei der keine öffentliche Zeichnung von Anteilen erfolgte (vgl. Hachenburg/Behrens, a.a.O., Einl. Rn. 601, 651).

U. E. kann die Abtretung von Anteilen an einer US-amerikanischen closed corporation nach dem Recht des US-Bundesstaates Kalifornien nicht als der Abtretung von Anteilen an einer deutschen GmbH entsprechende Ortsform angesehen werden. Zunächst einmal bestehen unseren Wissens in Kalifornien keinerlei Sonderregelungen für eine closed corporation. Soweit diese in anderen Bundesstaaten bestehen, handelt es sich eben nicht wie bei Aktiengesellschaft und GmbH um zwei unterschiedliche Arten von Kapitalgesellschaften, sondern lediglich um die Spielart einer einheitlichen Form von Kapitalgesellschaft.

Nach der eben zitierten Definition einer closed corporation nach dem Recht Delawares, ist ein Merkmal einer closed corporation, daß die Übertragbarkeit ihrer Anteile durch Gesellschaftsvertrag beschränkt ist. Damit stellt sich für das US-amerikanische Gesellschaftsrecht die Frage gar nicht, ob die freie Übertragbarkeit von Anteilen an einer closed corporation durch Gesetz beschränkt werden sollte, also etwa durch das Aufstellen von Formerfordernissen, da die closed corporation ja definitionsgemäß bereits in ihrer Satzung eine entsprechende Beschränkung der Übertragbarkeit aufgenommen hat. Damit sind GmbH und closed corporation jedenfalls insoweit nicht vergleichbar.

Die einzige Literaturstelle, die closed corporation und GmbH im Hinblick auf die Anwendbarkeit von Art. 11 Abs. 1 Variante 2 EGBGB bei der Abtretung von GmbH-Geschäftsanteilen ausdrücklich vergleicht, läßt die Frage letztlich offen. Allerdings will Schervier eine Vergleichbarkeit auch nicht ausschließen, da die Übereinstimmung ja nur die wesentlichen geschäftstypischen Merkmale betreffen müsse (Schervier, NJW 1992, 593, 594).

c)

U. E. scheitert also eine Anwendung von Art. 11 Abs. 1 Variante 2 EGBGB jedenfalls daran, daß das kalifornische Recht kein der Abtretung von GmbH-Geschäftsanteilen entsprechendes Rechtsgeschäft kennt. Insoweit muß es bei Anwendung des Wirkungsstatuts verbleiben.

3.

Formerschleichung

a)

Z. T. wird die Anwendung der Ortsform schließlich unter dem Stichwort einer ,,Formerschleichung" abgelehnt. Dies wird in den älteren Entscheidungen unter dem Stichpunkt eines ordre public diskutiert, in der Literatur z. T. als eigene Kategorie aufgefaßt (Wolfsteiner, DNotZ 1978, 532, 536; skeptisch hierzu MünchKomm-Spellenberg, a.a.O., Art. 11 Rn. 59).

In den diskutierten Fällen liegt meist mit Ausnahme der Auslandsbeurkundung selber kein weiterer Auslandsbezug vor. Vielmehr suchten die Beteiligten die an sich naheliegende Beurkundung im Inland zu umgehen, meist wohl aus Kostenmotiven.

b)

Im Unterschied zu diesen Fällen besteht hier jedoch sicher ein Auslandsbezug. Sämtliche Beteiligten sind ausländische Gesellschaften. Ein Bezug zu den USA besteht jedenfalls bei der zweiten Veräußerung von einer englischen an eine US-amerikanische Ge sellschaft. Nachdem die erste Veräußerung von einer englischen Gesellschaft an eine andere in unmittelbarem zeitlichen und personellen Zusammenhang damit erfolgt, ergibt sich auch insoweit ein Bezug zu den USA.

Eine Formerschleichung - was auch immer darunter zu verstehen sei - liegt hier also sicher nicht vor. Daß unmittelbar hintereinander zweimal dieselben Personen nur mit vertauschten Rollen und für verschiedene Gesellschaften handeln, mag zwar etwas erstaunen. Anhaltspunkte, daß bloße Scheinfirmen oder ein Scheingeschäft vorliegt, ergeben sich daraus aber noch nicht. C. Verpflichtungen zur Übertragung der Anteile

U. E. ist also die Abtretung der Anteile unwirksam. Weder ist das Wirkungsstatut eingehalten, noch besteht ein anwendbares Ortsstatut. Es fragt sich, ob wenigstens die Verpflichtung zur Übertragung der Anteile wirksam vereinbart wurde. 1. Anwendbares Geschäftsrecht

Die Beteiligten haben auch hinsichtlich des Verpflichtungsgeschäfts eine Rechtswahl zugunsten des englischen Rechts getroffen - Art. 5 der jeweiligen Vereinbarung. a) Ob das Personalstatut der Gesellschaft zwingend auch für die schuldrechtliche Verpflichtung zur Übertragung von Geschäftsanteilen gilt, ist in der Literatur strittig (dafür sprechen sich aus: Staudinger/Firsching, a.a.O., Art. 11 Rn. 153 - Scholz/Westermann, a.a.O., Einl. Rn. 119; dagegen Palandt/Heinrich, a.a.O., Anh. zu Art. 12, Rn. 14; Staudinger/Großfeld, a.a.O., Rn. 449; Wolfsteiner, DNotZ 1978, 532).

b)

Das Gesetz läßt sich in beiderlei Richtungen lesen. Sowohl Art. 1 Abs. 2 e des EWGSchuldrechtsübereinkommens v. 19.06.1980, wie der dieses Abkommen umsetzende Art. 37 Abs. 1 Nr. 2 EGBGB, schließen zwar gewisse gesellschaftsrechtliche Geschäfte vom Anwendungsbereich der schuldrechtlichen Rechtswahlfreiheit aus. Die Abtretung von Gesellschaftsanteilen ist dabei jedoch gerade nicht erwähnt.

U. E. ginge es wohl zu weit, auch die Verpflichtung zur Abtretung von GmbH-Geschäftsanteilen zwingend dem deutschen Recht zu unterstellen. Das deutsche Recht kennt jedenfalls einen Grundsatz

der freien Rechtswahl im Schuldrecht. Soweit die Beteiligten ausdrücklich eine andere Rechtsordnung wählen, verzichten sie bewußt auch den Schutz, den ihnen das deutsche Recht möglicherweise geben würde. Dritte sind von der bloßen Verpflichtung nicht betroffen - anders als von der Abtretung selber. Bereits dadurch, daß die Abtretung selber zwingend dem deutschen Recht unterliegt, ist ein freier Handel mit GmbH-Anteilen erschwert. Der Schutzzweck des § 15 Abs. 4 bzw. Abs. 3 GmbHG gebietet also insoweit keine zwingende Anwendung des deutschen Personalstatuts.

c)

Die Rechtsprechung geht wohl auch von der Möglichkeit einer Rechtswahl aus (BGH NJW 1994, 939, 940).

2.

Ortsform für die Verpflichtung zur Abtretung

a)

Die wenigsten Autoren diskutieren gesondert, ob Art. 11 Abs. 1 Variante 2 EGBGB jedenfalls auf die Verpflichtung zur Abtretung anwendbar sei. Soweit sie dies diskutieren, lassen sie jedoch die Einhaltung der Ortsform genügen. Dies gilt selbst dann, wenn sie hinsichtlich der Verpflichtung eine materielle Rechtswahl nicht zulassen (Scholz/Westermann, a.a.O., Einl. Rn. 119; Staudinger/Firsching, a.a.O., Art. 11 Rn. 153; Schervier, NJW 1992, 593, 597 f.).

b)

Dies ist u. E. auch richtig. Sonst ergäbe sich ein Wertungswiderspruch zur herrschenden Auslegung des § 313 BGB, wenn man zwar für die Verpflichtung zur Übertragung von deutschen Grundstücken, nicht aber für die Verpflichtung zur Übertragung von deutschen GmbH-Anteilen die Einhaltung einer ausländischen Ortsform genügen ließe. Es ließe sich kaum begründen, daß bei GmbH-Anteilen ein stärkerer Inlandsbezug bestünde als bei Grundstücken.

3.

Ergebnis

Lediglich die Verpflichtung zur Abtretung der Geschäftsanteile ist somit formwirksam erklärt worden. Aus Art. 4 Abs. 1 der jeweiligen Vereinbarung ergibt sich dann die Verpflichtung des jeweiligen Veräußerers, alles seinerseits für eine formell wirksame Abtretung erforderliche zu veranlassen. U. E. sind also jedenfalls die Abtretungen zu wiederholen durch Beurkundungen vor einem deutschen Notar oder einem diesem gleichwertigen ausländischen Notar. Dieses Gutachten ist nicht zur Weitergabe an Dritte bestimmt.

Gutachten/Abruf-Nr:

1402

Erscheinungsdatum:

01.01.1996

Rechtsbezug

International

Normen in Titel:

GmbHG § 15 Abs. 3; EGBGB Art. 11 Abs. 1