17. Mai 2019
UmwG § 126; UmwG § 17; UmwG § 152

Beurkundung eines Ausgliederungsplans vor Aufstellung einer Schlussbilanz

UmwG §§ 152, 126, 17
Beurkundung eines Ausgliederungsplans vor Aufstellung einer Schlussbilanz

I. Sachverhalt
Eine Mandantin, die ihr Unternehmen bisher als im Handelsregister eingetragenes einzelkaufmännisches Unternehmen betreibt, möchte ab dem Jahreswechsel dieses Unternehmen in eine GmbH umwandeln. Der Vorgang soll im Rahmen einer Ausgliederung zur Neugründung einer GmbH nach dem Umwandlungsgesetz stattfinden.

Umwandlungsstichtag soll der 31.12.2018 sein, damit der Jahresabschluss des einzelkaufmännischen Unternehmens als Umwandlungsbilanz im Rahmen des Ausgliederungsvorgangs verwandt werden kann.

Die Mandantin möchte die notariellen Vorgänge in der ersten Januarwoche beurkunden, um ab diesem Zeitpunkt bereits als GmbH in Gründung firmieren zu können. Der Jahresabschluss für das Geschäftsjahr 2018, auf welchen die Ausgliederungsdokumente abstellen werden, wird zu diesem Zeitpunkt noch nicht vorliegen.

II. Frage
Kann im vorliegend geschilderten Fall der gesamte Ausgliederungsvorgang inkl. der Gründung der GmbH beurkundet werden, obwohl der Jahresabschluss zum Zeitpunkt der Beurkundung noch nicht erstellt worden ist?

III. Zur Rechtslage
1. Nach §§ 125 S. 1, 17 Abs. 2 UmwG hat der Einzelkaufmann eine Schussbilanz des einzelkaufmännischen Unternehmens zu erstellen und diese bei der Anmeldung der Ausgliederung zum Registergericht einzureichen (vgl. nur Mayer, in: Widmann/Mayer, UmwG, Std.: 8/2012, § 152 Rn. 126). Für die Frage, ob eine Schlussbilanz beizufügen ist, ist zwischen der Erfüllung des Bestimmtheitsgrundsatzes im Ausgliederungsvertrag (hierzu unter 1.) und den erforderlichen Anlagen bei der Anmeldung der Ausgliederung (hierzu unter 2.) zu differenzieren:

2. Nach § 126 Abs. 2 UmwG ist auch und gerade bei der „partiellen“ Gesamtrechtsnachfolge der sachenrechtliche Bestimmtheitsgrundsatz einzuhalten.

Es muss eine genaue Abgrenzung des Kreises der übergehenden Aktiva und Passiva erfolgen, und zwar mit der gleichen Genauigkeit, mit der etwa bei der Veräußerung von Unternehmen im Wege der Übertragung von Einzelwirtschaftsgütern verfahren wird (vgl. BGH DNotZ 2008, 468). Das OLG Hamm (NZG 2010, 632) hat in diesem Zusammenhang festgestellt, dass eine Bestimmbarkeit der ausgegliederten Vermögensteile anhand des Ausgliederungsvertrages und ggf. anhand der Anlagen ausreiche. Die Anforderungen dürften insoweit nicht überspannt werden; es genüge, wenn die an der Ausgliederung Beteiligten oder ein sachkundiger Dritter in der Lage seien, eine einwandfreie Zuordnung vorzunehmen. In diese Richtung deutet auch die Begründung zum Regierungsentwurf des Gesetzes zur Bereinigung des Umwandlungsrechts (BR-Drs. 75/94, zu § 126 Abs. 1 Nr. 9 UmwG):

„…Dagegen kann für die Bezeichnung der anderen Grundstücke des Vermögens auf vorhandene Urkunden Bezug genommen werden, sofern sie eine hinreichende Kennzeichnung gestatten und damit die Bestimmbarkeit des Gegenstands ermöglichen sowie dem Spaltungs- und Übernahmevertrag als Anlage beigefügt werden. Bei der Übertragung von Betrieben oder Teilbetrieben wird es häufig ausreichen, dass bei betriebswirtschaftlicher Betrachtungsweise ein Gegenstand oder eine Verbindlichkeit dem Geschäftsbetrieb eines bestimmten Unternehmens zuzurechnen ist. Bei Warenbeständen kann auf die bei Sicherungsübereignung entwickelten Grundsätze zurückgegriffen werden“.

Im Rahmen der Zuweisung kann demnach grundsätzlich auf Urkunden wie Bilanzen und Inventare Bezug genommen werden, deren Inhalt eine Zuweisung des einzelnen Gegenstands ermöglicht (vgl. nur Limmer, Handbuch der Unternehmensumwandlung, 6. Aufl. 2019, Teil 3 Kap 1 Rn. 60). Allerdings wird in der Literatur verbreitet vertreten, dass eine reine, generelle Bezugnahme auf Bilanzen des ausgliedernden Rechtsträgers unzureichend sei. Zur Begründung wird angeführt, dass die Bilanz als solche keine hinreichende Individualisierung der einzelnen zu übertragenden Vermögensgegenstände ermögliche und zumeist auch die nicht bilanzierungsfähigen Wirtschaftsgüter von der Übertragung erfasst sein sollen (vgl. Limmer, Teil 3 Kap 1 Rn. 60 m. w. N.). Eine Ausnahme gelte nur bei einer Totalausgliederung, bei der sämtliche Aktiva und Passiva des übertragenden Rechtsträgers ausgegliedert werden; insoweit solle eine Bezugnahme auf die Schlussbilanz des übertragenden Rechtsträgers ausreichen (Limmer, Teil 3 Kap 1 Rn. 62; Mayer, in: Widmann/Mayer, UmwG, Std.: 6/2014, § 126 Rn. 203).

Die Bezugnahme auf die Bilanz ist zur Erfüllung der aus dem Bestimmtheitsgrundsatz folgenden Anforderungen aber nur eine regelmäßig einfache Möglichkeit. Soweit anderweitig dem Bestimmtheitsgrundsatz Genüge getan werden kann, bedarf es nicht zwingend einer Bezugnahme auf die Schlussbilanz. Dann muss weder dem Ausgliederungsvertrag noch den Ausgliederungsbeschlüssen eine entsprechende Schlussbilanz des einzelkaufmännischen Unternehmens beigefügt werden (Mayer/Weiler, in: Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts Bd. 3, 5. Aufl. 2018, § 73 Rn. 539; Mayer, in: Widmann/Mayer, § 126 Rn. 209; Schröer, in: Semler/Stengel, UmwG, 4. Aufl. 2017, § 126 Rn. 1i). Der Ausgliederungsplan kann somit auf der Grundlage einer noch aufzustellenden Bilanz erfolgen, wenn eine Individualisierung anderweitig gewährleistet ist (Mayer, in: Widmann/Mayer, § 126 Rn. 209, 204). Es soll sogar möglich sein, den beurkundenden Notar zu ermächtigen, vor der Anmeldung der Ausgliederung beim Handelsregister durch notarielle Eigenurkunde festzustellen, dass die entsprechende Spaltungsbilanz zur weiteren Konkretisierung der aufgeführten Vermögensgegenstände vorgelegt wurde (Mayer/Weiler, in: Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts Bd. 3, § 73 Rn. 540; Mayer, in: Widmann/Mayer, § 126 Rn. 204.1 – mit Formulierungsbeispiel). Dies wird man u. E. aber nur dann annehmen können, wenn der beurkundete Ausgliederungsplan für sich genommen hinreichend bestimmt ist. Alternativ ist an eine Nachtragsurkunde mit den Beteiligten oder ihren Vertretern zu denken (vgl. Mayer, in: Widmann/Mayer, § 126 Rn. 20.4.1). Demzufolge ist es möglich, den Ausgliederungsplan zu beurkunden, bevor eine entsprechende Schlussbilanz für den Einzelkaufmann vorliegt.

3. Die Anmeldung zum Handelsregister kann jedoch nach §§ 125 S. 1, 17 Abs. 2 UmwG erst erfolgen, wenn die Schlussbilanz des Einzelkaufmanns vorliegt. Nach § 17 Abs. 2 S. 4 UmwG muss die Bilanz auf einen höchstens acht Monate vor der Anmeldung liegenden Stichtag aufgestellt worden sein. Fallen der Stichtag des Jahresabschlusses und der Stichtag der Schlussbilanz zusammen, kann die Bilanz des Jahresabschlusses als Schlussbilanz verwendet werden (Fronhöfer, in: Widmann/Mayer, UmwG, Std.: 1/2010, § 17 Rn. 71).

Gutachten/Abruf-Nr:

167942

Erscheinungsdatum:

17.05.2019

Rechtsbezug

National

Rechtsgebiete:

Umwandlungsrecht

Erschienen in:

DNotI-Report 2019, 75-77

Normen in Titel:

UmwG § 126; UmwG § 17; UmwG § 152