Sozialversicherungspflicht von Gesellschafter-Geschäftsführern einer GmbH & Co. KG, die zugleich Kommanditisten der Kommanditgesellschaft sind
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Gutachten des Deutschen Notarinstituts
Abruf-Nr.: 162298
letzte Aktualisierung: 29. Juli 2019
GmbHG §§ 35, 37;
Sozialversicherungspflicht von Gesellschafter-Geschäftsführern einer GmbH & Co. KG,
die zugleich Kommanditisten der Kommanditgesellschaft sind
I. Sachverhalt
Drei Personen gründen eine GmbH & Co. KG; sie halten als Kommanditisten 50 %, 25 % und
25 % des Kapitals. Als Gesellschafter-Geschäftsführern zahlt die KG ihnen ein Entgelt für die
Geschäftsführung. Alle Gesellschafter sollen sozialversicherungsfrei sein.
II. Frage
Unterliegen die Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH & Co. KG, die zugleich Kommanditisten
der Kommanditgesellschaft sind, der Sozialversicherungspflicht?
III. Zur Rechtslage
1. Allgemeines zur Sozialversicherungspflicht des Gesellschafter-Geschäftsführers
Ausgangspunkt für die Sozialversicherungspflicht ist § 7 Abs. 1 SGB IV mit dem Begriff der
„Beschäftigung“, der durch „nicht selbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis“
gekennzeichnet ist. Anhaltspunkt dafür ist die Weisungsgebundenheit einer
Person und deren Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers. Im
Übrigen ergibt sich der Tatbestand der Beschäftigung aus dem Vertragsverhältnis der
Beteiligten, so wie es im Rahmen des rechtlich Zulässigen tatsächlich vollzogen worden ist
(BSG, Urt. v. 29.8.2012,
aller Umstände, sodass sich die Herauslösung und Bewertung einzelner
Kriterien eigentlich verbietet. Die Beteiligung des Gesellschafter-Geschäftsführers und die
damit verbundene Stimmkraft sowie entsprechende Satzungsregelungen können aber entscheidende
Indizien liefern.
Grundsätzlich liegt kein abhängiges sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis
des Gesellschafter-Geschäftsführers vor, wenn dieser über mindestens 50 % des Stammkapitals
oder aufgrund besonderer Vereinbarungen im Gesellschaftsvertrag über eine
Sperrminorität verfügt (BSG
24.6.1982,
Einfluss auf die Geschicke der Gesellschaft nehmen kann (BSG NZS 2000,
147, 149;
22.11.1974,
73497).
Bei einer Kapitalbeteiligung von unter 50 % kommt es also darauf an, dass der Geschäftsführer
gleichwohl maßgeblichen Einfluss auf die Gesellschaft ausüben kann. Als Indiz dafür
gilt die erwähnte „echte“ oder „qualifizierte“ Sperrminorität, die sich auf alle Angelegenheiten
der Gesellschaft beziehen muss und nicht nur einige bedeutende Angelegenheiten
erfassen darf (z. B. nur die Festlegung der Unternehmenspolitik, Änderungen des Gesellschaftsvertrags,
Auflösung der Gesellschaft). Bloße schuldrechtliche Vereinbarungen (wie
etwa ein Stimmbindungsvertrag) reichen nicht; die Sperrminorität muss sich also aus
statutarischen Regelungen ergeben (vgl. BSG
103, Tz. 18, 22). Bei der Beurteilung im Einzelfall kann zudem die Abbedingung des Selbstkontrahierungsverbots
(
liefern – dies begründet jedoch keineswegs zwingend eine selbständige
Tätigkeit (BSG
Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass nach § 2 Abs. 1 Nr. 9 SGB VI auch selbstständig
tätige Personen der gesetzlichen Rentenversicherung unterfallen können.
2. Sozialversicherungspflicht des GmbH-Geschäftsführers bei Tätigkeit für GmbH &
Co. KG
Grundsätzlich tragen die Gesellschafter einer Personengesellschaft wegen ihrer persönlichen
Haftung für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft das volle Unternehmerrisiko, sodass eine
abhängige Beschäftigung in der Regel ausscheidet. Der Kommanditist einer KG haftet
zwar auch persönlich, aber nur bis zur Höhe seiner nicht geleisteten Einlage; hat er keinen
maßgeblichen Einfluss auf die Gestaltung und Tätigkeit der Gesellschaft, so kann er abhängig
Beschäftigter sein. Wenn der Gesellschafter-Geschäftsführer der Komplementärin
einer GmbH & Co. KG zugleich Kommanditist der KG ist, muss differenziert werden:
Steht er (nur) im Verhältnis zur Komplementär-GmbH in Beschäftigung, dann hat eine
etwaige Kommanditbeteiligung für die Frage der persönlichen Abhängigkeit gegenüber der
GmbH keine Bedeutung (Binz/Sorg, Die GmbH & Co. KG, 12. Aufl. 2018, § 9 Rn. 79).
Besteht das Beschäftigungsverhältnis hingegen unmittelbar mit der KG, so fehlt es an einer
sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung, wenn der Geschäftsführer durch die Gesellschaftsbeteiligung
maßgeblichen Einfluss auf die GmbH & Co. KG ausüben kann
(Binz/Sorg, § 9 Rn. 79). Es gelten hier also die gleichen Maßstäbe wie für den Gesellschafter-
Geschäftsführer einer GmbH im Verhältnis zu dieser. Allein die zusätzliche
Kommanditbeteiligung besagt daher wenig.
Auf Basis des mitgeteilten Sachverhalts können wir nicht beurteilen, ob sich die angestrebte
Sozialversicherungsfreiheit für alle Gesellschafter realisieren lässt. Dies wird maßgeblich von
der Ausgestaltung der Gesellschaftsverträge sowie der „Aufhängung“ des Anstellungsvertrags
abhängen (vgl. Peetz,
Statusfeststellungsverfahren gem. § 7a Abs. 1 SGB IV zur verbindlichen Klärung des
Sozialversicherungsstatus. Insoweit entscheidet die Deutsche Rentenversicherung Bund
(vgl. § 7a Abs. 1 S. 3 SGB IV). Die Träger der gesetzlichen Sozialversicherung sind bei
späteren Streitigkeiten über die Leistungsgewährung an die Entscheidung gebunden
(MünchKommGmbHG/Jaeger/Steinbrück, 3. Aufl. 2019, § 35 Rn. 300a; vgl. auch
Reichert/Breitfeld, GmbH & Co. KG, 7. Aufl. 2015, § 16 Rn. 87).
162298
Erscheinungsdatum:29.07.2019
RechtsbezugNational
Rechtsgebiete:GmbH
Normen in Titel:GmbHG § 37; HGB § 161; SGB IV § 7; GmbHG § 35