01. Januar 2003
RBerG § 1; BGB § 2197

Ernennung eines Testamentsvollstreckers unter Verletzung des Rechtsberatungsgesetzes; Rechtsfolgen

DNotI
Deutsches Notarinstitut

Dokumentnummer: letzte Aktualisierung:

11285 12.07.2002

RBerG § 1; BGB §§ 2197 ff. Ernennung eines Testamentsvollstreckers unter Verletzung des Rechtsbe ratungsgesetzes; Rechtsfolgen

I.

Sachverhalt Eine Person ist in zahlreichen notariellen Testamenten als Testamentsvollstrecker eingesetzt worden. Der Testamentsvollstecker ist kein Jurist.

II. Frage Angenommen es würde hierdurch ein Verstoß gegen das Rechtsberatungsgesetz aufgrund der geschäftsmäßigen Besorgung von Testamentsvollstreckungen vorliegen: 1. Kann die Person als Testamentsvollstrecker im Rahmen von Vermächtnisauslieferungsverträgen wirksam über Grundstücke verfügen? Ändert sich etwas an der Beantwortung der Frage unter Ziffer 1, wenn ein Testamentsvollstreckerzeugnis vorliegt?

2.

III. Zur Rechtslage 1. Allgemeines Die geschäftsmäßige Durchführung von Testamentsvollstreckungen durch Banken ist nach einer Entscheidung des OLG Karlsruhe (NJW-RR 1994, 136 = WM 1994, 688) ein Verstoß gegen Art. 1 § 1 RberG - ebenso die geschäftsmäßige Testamentsvollstreckung durch Steuerberater (OLG Düsseldorf ZEV 2000, 458 = DStR 2000, 2006; DNotI-Report 2001, 191). Die vorgenannten Urteile sind jedoch nicht auf die Frage eingegangen, welche Folgen die Anordnung einer Testamentsvollstreckung hat, die gegen Art. 1 § 1 RBerG verstößt. Auch die Literatur hat sich bislang nur vereinzelt mit diesem Thema auseinandergesetzt. 2. Rechtsfolgen für eine Testamentsvollstreckung a) Seit BGH NJW 1962, 2010 ist entschieden, dass ein Verstoß gegen das RBerG einen entsprechenden Vertrag zwischen dem ratsuchenden Auftraggeber und dem Rechtsbesorger unwirksam macht, da es sich bei Art. 1 § 1 Abs. 1 RBerG um ein Verbotsgesetz im Sinne des § 134 BGB handele (ständige Rechtsprechung, bestätigt durch BGH, Urt. v. 28.09.2000, DNotZ 2000, 49 = NJW 2001, 70; BGH NJW 2000, 1333; einhellig zustimmend auch die Literatur, vgl. nur Palandt/Heinrichs, 61. Aufl. 2002, § 134 BGB Rn. 21). Denkbar wäre daher, dass auch die Ernennung
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Seite 2 eines Testamentsvollstreckers in einem notariellen Testament gem. § 134 BGB unwirksam ist. b) Diese Schlussfolgerung wird jedoch von der Literatur abgelehnt (Schaub, in: Bengel/Reimann, Handbuch der Testamentsvollstreckung, 3. Aufl. 2002, Kap. 11 Rn. 86; Lorz, in: Münchener Anwalts-Handbuch ­ Erbrecht, 1. Aufl. 2001, § 21 Rn. 47; Stracke, ZEV 2001, 250). Das Rechtsberatungsgesetz, das zur verfassungsmäßigen Ordnung gehöre, sei Berufsordnungsgesetz und regele u. a. die berufsrechtliche Befugnis zur Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten. Sollte daher bei der Ernennung eines Testamentsvollstreckers ein Verstoß gegen Vorschriften des Rechtsberatungsgesetzes festgestellt werden, so sei hiervon lediglich die Übernahme und Durchführung der Testamentsvollstreckungsmaßnahmen im konkreten Einzelfall betroffen. Dies sei nicht anders, als wenn der Testamentsvollstrecker zur gesetzeskonformen Aufgabenerfüllung bestimmte Erlaubnisse ­ etwa gewerberechtlicher Art ­ bedürfe. Werde diese Erlaubnis nicht erteilt, sei lediglich die Durchführung der Aufgaben im konkreten Einzelfall nicht möglich, gleichwohl bleibe die Testamentsvollstreckeranordnung als solche wirksam (Schaub, a. a. O.; Stracke, a. a. O.; Lorz, a. a. O.). c) Sind sich die uns bekannten Literaturstimmen insoweit noch einig, bleibt jedoch teilweise unklar, welche Folgen der Verstoß gegen das RBerG haben soll. aa) Stracke (ZEV, 2001, 250) stellt fest, dass auch die Amtsannahme durch den Testamentsvollstrecker nach § 2202 BGB nicht nach § 1 Abs. 1 RBerG unwirksam sei. Mit der Annahmeerklärung beginne das Amt des Testamentsvollstreckers (vgl. § 2202 Abs. 1, Abs. 2 S. 1 BGB). Mit dieser Erklärung erhalte der Testamentsvollstrecker die in den §§ 2203 ff. BGB vorgesehenen Kompetenzen und Befugnisse, zugleich beginne seine Verantwortlichkeit nach § 2219 BGB. Durch die Anordnung der Testamentsvollstreckung treffe mit dem Erbfall unabhängig von der Amtsannahme einer Aufspaltung der rechtlichen Nachlasszuordnung ein. Träger der Nachlassrechte und Verbindlichkeiten seien die Erben, die tatsächliche und rechtliche Herrschaft über den Nachlass sei ihnen jedoch entzogen. Bei Unwirksamkeit der Amtsannahme wäre der Nachlass nach dem Erbfall damit zunächst handlungsunfähig. Diese Konsequenz verlange der Schutzzweck des RBerG indes nicht. Auch bei Verstoß gegen das RBerG komme damit das Amt durch Annahme zur Entstehung. Jedoch dürfe die gegen Art. 1 § 1 Abs. 1 RBerG verstoßene Durchführung der Testamentsvollstreckung nicht bis zur vollen Erledigung aller Aufgaben ausgeführt werden. Der Verstoß gegen das Rechtsberatungsgesetz stelle schließlich eine Ordnungswidrigkeit gem. Art. 1 § 8 RBerG dar. Daraus folge, dass der Testamentsvollstrecker das Amt nur einstweilen zum Schutze des Nachlasses ausüben dürfe, bis ein Ersatztestamentsvollstrecker gefunden sei. Die im Rahmen der Notgeschäftsführung vorgenommenen Handlungen und Maßnahmen blieben wirksam. Der Schutzzweck des RBerG verlange insoweit nicht deren Unwirksamkeit gem. § 134 BGB, weil dann der Schutz des rechtssuchenden Publikums in sein Gegenteil verkehrt würde. Die Niederlegung des Amtes durch den verhinderten Vollstrecker gem. § 2226 BGB wirke nur ex nunc. Dies ergebe auch eine Parallelwertung zu § 32 FGG. Überträgt man diese Überlegungen auf den vorliegenden Fall, so wäre der Testamentsvollstrecker zwar wirksam ernannt und auch eine Annahme des Amtes

Seite 3 möglich, er wäre aber nicht befugt, über das Grundstück im Rahmen eines Vermächtnisauslieferungsvertrages zu verfügen. Die Verfügung im Ra hmen eines derartigen Vertrages dürfte kaum als Maßnahme der Notgeschäftsführung anzusehen sein, die nach Stracke wohl zulässig ist. bb) Nach Schaub (in: Bengel/Reimann, Kap. 11 Rn. 86) ist hingegen die Testamentsvollstreckungsanordnung regelmäßig dahingehend auszulegen, dass eine Aufgabendelegation durch den Testamentsvollstrecker an Dritte dem Erblasserwillen entspreche. Aber auch dann, wenn dieses Auslegungsergebnis nicht gewonnen werden könne, werde lediglich die entsprechende Aufgabenzuweisung unbeachtlich, ohne dass dies an der Wirksamkeit der Testamentsvollstreckeranordnung selbst etwas ändern würde (ähnlich auch Lorz, a. a. O.). Im übrigen führt er aus, dass durch die Verletzung des Rechtsberatungsgesetzes nur die konkrete Testamentsvollstreckungsmaßnahme im Einzelfall betroffen sei. U. E. dürften diese Ausführungen ebenfalls so zu verstehen sein, dass der Testamentsvollstrecker nicht wirksam über ein Grundstück im Rahmen eines Vermächtnisauslieferungsvertrages verfügen kann. Nach dieser Meinung dürfte es ausreichend sein, wenn der Testamentsvollstrecker eine Person zur Vornahme der entsprechenden Rechtsgeschäft bevollmächtigt, die die Erlaubnis nach dem RBerG besitzt. d) Angesichts fehlender Entscheidungen aus der Rechtsprechung ist uns eine abschließende Beurteilung der vorgenannten Literaturstimmen nicht möglich. Allerdings ist vor dem Hintergrund der Entscheidung des OLG Düsseldorf unseres Erachtens nicht unzweifelhaft davon auszugehen, dass die Ernennung eines Testamentsvollstreckers bzw. die Annahme des Amtes, sofern sie gegen Art. 1 § 1 RBerG verstoßen, wirksam sind. Das OLG Düsseldorf hat ausdrücklich ausgeführt, dass die Testierfreiheit des Erblassers unter dem Vorbehalt der Zulässigkeit nach dem RBerG stehe. Hierdurch werde der Wille des Erblassers nicht unangemessen eingeschränkt; denn ihm bleibe die Möglichkeit, nicht geschäftsmäßig tätige Personen als Testamentsvollstrecker zu benennen oder dem Nachlassgericht nach § 2200 BGB geeignete Persone n vorzuschlagen. Diese Ausführungen lassen sich durchaus dahingehend interpretieren, dass die Ernennung bzw. Annahme des Testamentsvollstreckeramtes bereits unwirksam sind. 3. Wirksamkeit der Verfügungen des Testamentsvollstreckers ? a) Fraglich ist, welche Folgen eine Verfügung eines Testamentsvollstreckers über ein Grundstück im Rahmen eines Vermächtnisauslieferungsvertrages hat, wenn er gegen das RBerG verstößt. U. E. ist die Beantwortung dieser Frage nicht von der vo rgehenden Frage abhängig, ob die Ernennung zum Testamentsvollstrecker bzw. die Annahme des Testamentsvollstreckeramtes bereits unwirksam sind oder der Testamentsvollstrecker nur nicht im konkreten Fall über das Grundstück verfügen kann. b) Ist die Ernennung eines Testamentsvollstreckers von Anfang an unwirksam, so bestimmt sich die Wirksamkeit von Verfügungen des Testamentsvollstreckers nach allgemeiner Auffassung in der Literatur nach den Gutglaubensvorschriften (Staudinger/Reimann, Bearb. 1995, § 2197 BGB Rn. 75; Bengel, in: Bengel/Reimann, Kap. I, Rn. 241; Mayer, in: Testamentsvollstreckung, Mayer/Bohnefeld/Da-ragan, 1. Aufl. 2000, Rn. 49). Sei ein Testamentsvollstreckerzeugnis erteilt, so fänden die

Seite 4 Erbscheinsregeln entsprechend Anwendung (§§ 2365 ff. BGB). Dies gelte auch dann, wenn der im Zeugnis Bezeichnete in Wirklichkeit nicht Testamentsvollstrecker sei. Legitimiere sich der Testamentsvollstrecker auf andere Weise (Vorlage des Testamentes und Ausfertigung der Annahmeerklärung), seien die Grundsätze zur Duldungs- und Anscheinsvollmacht heranzuziehen (Reimann, a. a. O.; Bengel, a. a. O.; Mayer, a. a. O.). Geht man also von einer Unwirksamkeit der Ernennung des Testamentsvollstreckers aus, so kann ein Dritter im Rahmen eines Vermächtnisauslieferungsvertrages gutgläubig ein entsprechendes Grundstück erwerben, sofern die vorgenannten Vo raussetzungen erfüllt sind. Dabei dürfte ­ gleichgültig, ob ein Testamentsvollstreckerzeugnis vorhanden ist oder nicht ­ entscheidend sein, ob die Begünstigten des Vermächtnisauslieferungsvertrages von der Verletzung der Bestimmung des RBerG wissen und somit nicht mehr gutgläubig hinsichtlich der Verfügungsbefugnis des Testamentsvollstreckers sind. c) Gleiches dürfte u. E. auch gelten, wenn die Annahmeerklärung des Testamentsvollstreckers unwirksam ist. Eine andere Bewertung der Rechtslage ist u. E. auch dann nicht möglich, wenn der Testamentsvollstrecker zur Verfügung über das konkrete Grundstück nicht befugt ist. Auch insoweit ist kein Grund erkennbar, warum der Sachverhalt gegenüber dem Fall, dass die Ernennung des Testamentsvollstreckers unwirksam ist, anders behandelt werden sollte.

Gutachten/Abruf-Nr:

11285

Erscheinungsdatum:

01.01.2003

Rechtsbezug

National

Normen in Titel:

RBerG § 1; BGB § 2197