Insolvenz des Verkäufers und Vollzug der Eigentumsumschreibung bei beurkundungsrechtlicher oder verfahrensrechtlicher Lösung hinsichtlich der Auflassung
InsO §§ 80, 117; BGB § 878
Insolvenz des Verkäufers und Vollzug der Eigentumsumschreibung bei beurkundungsrechtlicher oder verfahrensrechtlicher Lösung hinsichtlich der Auflassung
I. Sachverhalt
In der notariellen Praxis werden in Grundstückskaufverträgen vor allem zwei verschiedene Gestaltungen gewählt, um die Eigentumsumschreibung für den Käufer abzusichern: Die sog. beurkundungsrechtliche Lösung (Ausfertigungssperre) und die sog. verfahrensrechtliche Lösung (Bewilligungslösung), die mit einer Bevollmächtigung des Notars zur Abgabe der Eintragungsbewilligung nach Nachweis der Kaufpreiszahlung operiert.
II. Frage
Was gilt – in Bezug auf die beurkundungsrechtliche sowie die verfahrensrechtliche Lösung – mit Blick darauf, dass nach § 117 Abs. 1 InsO eine vom Insolvenzschuldner erteilte Vollmacht mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über sein Vermögen insoweit erlischt, als sie sich auf das zur Insolvenzmasse gehörende Vermögen bezieht? Kann der Notar auch im Fall der Insolvenz des Verkäufers die Eigentumsumschreibung für den Käufer noch herbeiführen?
III. Zur Rechtslage
1. Modelle zur Absicherung der Eigentumsumschreibung
Wegen der Bedingungsfeindlichkeit der Auflassung nach § 925 Abs. 2 BGB kann diese nicht unter der aufschiebenden Bedingung der vollständigen Kaufpreiszahlung erklärt werden. Andernfalls wäre sie unwirksam. Um den Käufer hinsichtlich der Kaufpreiszahlung dennoch vor einer ungesicherten Vorleistung zu schützen, sind in der notariellen Praxis derzeit im Wesentlichen zwei Modelle geläufig (hierzu statt aller Krauß, in: Beck'sches Notarhandbuch, 6. Aufl. 2015, A I Rn. 453 ff. und nunmehr – beide gängigen Modelle billigend – BGH
Einerseits wird die beurkundungsrechtliche Lösung der Vollzugs- und Ausfertigungssperre gewählt. Hier wird neben der Auflassung und dem Antrag auf Eigentumsumschreibung auch die entsprechende Eintragungsbewilligung anlässlich des Kaufvertrags bereits mitbeurkundet. Die Beteiligten weisen jedoch den Notar in der Urkunde nach § 53 BeurkG übereinstimmend an, vor Nachweis der Kaufpreiszahlung weder die Eigentumsumschreibung zu beantragen, noch dem Käufer oder dem Grundbuchamt eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift der Urkunde zu erteilen, die die Auflassung enthält.
Andererseits wird die verfahrensrechtliche Lösung gewählt. Hier wird neben der Auflassung die Eintragungsbewilligung anlässlich des Kaufvertrages noch nicht mitbeurkundet. Die Beteiligten stellen dies ausdrücklich klar. Stattdessen weisen die Beteiligten den Notar an, die Eintragung des Eigentumswechsels durch Eigenurkunde zu bewilligen, sobald ihm die Kaufpreiszahlung nachgewiesen ist. Die Eigenurkunde ist dann Bestandteil des gesiegelten Antragsschreibens für den Endvollzug beim Grundbuchamt.
In jüngster Vergangenheit wurde zudem vorgeschlagen, eine aufschiebend bedingte Bewilligung zu beurkunden. Die Bedingung soll eintreten, wenn der Notar die Eigentumsumschreibung im Namen des Veräußerers oder des Erwerbers in notarieller Eigenurkunde beantragt (Weber/Wesiack,
2. Auswirkungen der Verkäuferinsolvenz auf die Bewilligungsvollmacht
Die verfahrensrechtliche Lösung arbeitet für die Eintragungsbewilligung nach dem Ausgeführten mit einer Vollmacht an den Notar, von der dieser erst noch Gebrauch machen muss. Wird jedoch über das Vermögen des Verkäufers das Insolvenzverfahren eröffnet, so erlöschen von ihm erteilte Vollmachten, die sich auf das zur Insolvenzmasse gehörende Vermögen beziehen, durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens (§ 117 Abs. 1 InsO). Dieses Erlöschen von Vollmachten nach § 117 Abs. 1 InsO betrifft grundsätzlich Vollmachten aller Art (Überblick bei Heckschen, in: Reul/Heckschen/Wienberg, Insolvenzrecht in der Gestaltungspraxis, 2. Aufl. 2018, § 7 Rn. 1 ff.; s. auch Uhlenbruck/Sinz, InsO, 15. Aufl. 2019, § 117 Rn. 3 ff.; MünchKommInsO/Ott/Vuia, 3. Aufl. 2013, § 117 Rn. 7 ff.).
Allerdings wird die Anwendbarkeit der
U. E. ist diese neuere Rechtsprechung trotz der damit verbundenen Einbuße an insolvenzfesten Gestaltungsmöglichkeiten wertungsmäßig überzeugend: Aus der öffentlich-rechtlichen Natur der Amtstätigkeit des Notars folgt nicht zwingend, dass auch die vom späteren Insolvenzschuldner durch einseitige Erklärung an den Notar erteilte Vollmacht zur Durchführung eines privatrechtlichen Kaufvertrages ihrerseits öffentlich-rechtlicher Natur ist. Auch wenn man Letzteres annimmt, wäre weiter zu begründen, wieso eine ansonsten im öffentlichen Recht vielfach angeordnete analoge Anwendung privatrechtrechtlicher Grundsätze (etwa durch
3. Auswirkungen der Verkäuferinsolvenz auch bei Wahl der beurkundungsrechtlichen Lösung
Im Ergebnis wird dieses Vollzugsproblem bei Wahl der beurkundungsrechtlichen Lösung der Vollzugs- und Ausfertigungssperre jedoch nach unserer Einschätzung nicht gelöst. Hier sind neben der Auflassung zwar auch Eintragungsbewilligung und Eintragungsantrag schon gemeinsam mit dem Kaufvertrag mitbeurkundet. Um den Verkäufer vor einer ungesicherten Vorleistung zu sichern, werden beide freilich aufgrund übereinstimmender Weisung der Parteien an den Notar noch nicht an das Grundbuchamt eingereicht, ehe die Kaufpreiszahlung nachgewiesen ist (§ 53 BeurkG).
Hier ist der Vollzug der Eigentumsumschreibung auf den Käufer bei vorzeitiger Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Verkäufers ohne weitere Voraussetzungen ebenfalls nicht möglich: Grundsätzlich müssen nämlich die Wirksamkeitsvoraussetzungen für eine Verfügung noch im Zeitpunkt der Vollendung des Rechtserwerbs gegeben sein, also im Zeitpunkt der Eintragung des Eigentumswechsels durch das Grundbuchamt (§ 873 Abs. 1 BGB; BeckOGK-BGB/Kesseler, Std.: 1.1.2019, § 878 Rn. 2; Staudinger/C. Heinze, BGB, 2018, § 878 Rn. 1).
4. Freigabe des Grundstücks aus der Insolvenzmasse
Ein Unterschied kann sich jedoch ergeben, wenn der Insolvenzverwalter das Grundstück aus der Insolvenzmasse freigibt. Ob eine Bewilligungsvollmacht nach Freigabe durch den Insolvenzverwalter wiederauflebt, erscheint indes mehr als zweifelhaft (Weber/Wesiack,
5. Absicherung durch Vormerkung
Die entscheidende Absicherung des Käufers gegenüber der Insolvenz des Verkäufers liegt deswegen in allen Fällen – also sowohl bei der beurkundungsrechtlichen als auch der verfahrensrechtlichen Lösung (und gleichermaßen bei der neuerdings vorgeschlagenen aufschiebend bedingten Bewilligung) – in der Eintragung einer Auflassungsvormerkung nach
In allen hier vorgestellten Fällen der Kaufvertragsgestaltung müsste also der Insolvenzverwalter notfalls (aufgrund von
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Erscheinungsdatum:11.09.2019
RechtsbezugNational
Rechtsgebiete:Insolvenzrecht
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