Aufdach-Fotovoltaikanlage auf selbstbewohntem Wohnhaus; Unternehmereigenschaft des Betreibers; Verkauf des Grundstücks samt Fotovoltaikanlage
BGB §§ 13 f., 474;
Aufdach-Fotovoltaikanlage auf selbstbewohntem Wohnhaus; Unternehmereigenschaft des Betreibers; Verkauf des Grundstücks samt Fotovoltaikanlage
I. Sachverhalt
Es soll ein Grundstückskaufvertrag beurkundet werden. Auf dem Grundstück befindet sich ein ausschließlich privat genutztes Einfamilienhaus, auf dem eine Fotovoltaikanlage aufgebaut, d. h. auf dem Dach aufgeschraubt ist (Aufdachanlage). Die Fotovoltaikanlage könnte auch wieder von dem Dach des Gebäudes entfernt werden, ohne die Gebäudesubstanz dabei zu schädigen. Diese Fotovoltaikanlage dient dazu, Strom u. a. zum Beheizen eines auf dem Grundstück befindlichen Pools zu liefern. Der erzeugte Strom der Fotovoltaikanlage, der nicht verbraucht wird, wird gegen Entgelt direkt in das öffentliche Netz eingespeist. Eine Möglichkeit, den erzeugten Strom zum privaten Verbrauch zu speichern, besteht nicht.
Die Ehefrau ist Alleineigentümerin des Grundstücks. Die Fotovoltaikanlage wurde von ihrem Ehemann angeschafft. Dieser betreibt die Anlage und hat den diesbezüglichen Wartungsvertrag sowie den Einspeisungsvertrag mit dem Energieversorger abgeschlossen. Der Ehemann ist nach eigenen Angaben Eigentümer der Fotovoltaikanlage. Es wird davon ausgegangen, dass es sich bei der Fotovoltaikanlage nicht um einen wesentlichen Bestandteil des Grundstücks handelt und die Fotovoltaikanlage somit als eine bewegliche Sache einzustufen ist.
Die Ehefrau möchte das Grundstück verkaufen. Gleichzeitig soll auch die Fotovoltaikanlage durch den Ehemann mitverkauft werden. Sowohl der Kaufvertrag über das Grundstück als auch der Kaufvertrag über die Fotovoltaikanlage sollen in einer Urkunde zusammengefasst werden.
Unsicherheit herrscht darüber, ob es sich bei dem Verkauf der Fotovoltaikanlage um einen Verbrauchervertrag handelt, mit der Folge, dass neben dem Eingreifen der Verbrauchsgüterkaufvorschriften auch die 14-Tages-Frist gem.
II. Frage
Sind der Ehemann und der Käufer, der in erster Linie das Grundstück erwerben und dieses rein privat nutzen möchte, im Hinblick auf den Kauf der Fotovoltaikanlage als Unternehmer einzustufen oder läge im Hinblick auf den Verkauf der Fotovoltaikanlage ein Verbrauchervertrag vor?
III. Zur Rechtslage
1. Unternehmereigenschaft des Ehemannes
Gem.
a) Gewerbliche oder selbstständige berufliche Tätigkeit
Nach der Rechtsprechung setzen sowohl die gewerbliche als auch die selbstständige berufliche Tätigkeit – jedenfalls – ein selbstständiges und planmäßiges, auf gewisse Dauer angelegtes Anbieten entgeltlicher Leistungen am Markt voraus; eine Gewinnerzielungsabsicht ist dagegen nicht erforderlich (BGH
Dabei setzt ein solchermaßen planvolles Handeln einen gewissen organisatorischen Mindestaufwand und die Notwendigkeit einer geschäftsmäßigen Organisation voraus (BGH
Abzugrenzen von der gewerblichen bzw. selbständigen beruflichen Betätigung ist die Verwaltung eigenen Vermögens, die auch dann grundsätzlich dem privaten Bereich zugerechnet wird, wenn es sich um die Anlage beträchtlichen Kapitals handelt. Das ausschlaggebende Kriterium für die Abgrenzung der privaten von einer gewerblichen bzw. berufsmäßig betriebenen Vermögensverwaltung ist vielmehr der Umfang der mit ihr verbundenen Geschäfte. Erfordern diese einen planmäßigen Geschäftsbetrieb, wie etwa die Unterhaltung eines Büros oder einer Organisation, so liegt eine gewerbliche Betätigung vor (BGH
Handelt es sich etwa um die Vermietung oder Verpachtung von Immobilien, ist dementsprechend nicht deren Größe und Wert entscheidend, sondern Umfang, Komplexität und Anzahl der damit verbundenen Vorgänge. Ein ausgedehntes oder sehr wertvolles Objekt an eine geringe Anzahl von Personen zu vermieten, hält sich daher grundsätzlich im Rahmen der privaten Vermögensverwaltung. Dagegen spricht die Ausrichtung auf eine Vielzahl gleichartiger Geschäfte für ein professionelles Vorgehen. Ob der mit der Vermögensverwaltung verbundene organisatorische und zeitliche Aufwand danach insgesamt das Bild eines planmäßigen Geschäftsbetriebs vermittelt, ist einzelfallabhängig zu beurteilen (BGH
Nach h. M. ist derjenige, der auf seinem eigenen oder selbst bewohnten Privathaus eine Fotovoltaikanlage betreibt, kein Unternehmer i. S. d
Ebenso stelle der Betrieb einer Fotovoltaikanlage auf dem Dach eines Mietshauses in der Regel keine gewerbliche Tätigkeit dar (OLG München, Beschl. v. 13.6.2017 – 19 U 2638/16,
Anders wurde dies allerdings in einem Fall des LG Dortmund entschieden (Urt. v. 17.6.2011 – 25 O 210/11,
Der h. M. in Rechtsprechung und Literatur ist zuzustimmen. Wenn es für die Unternehmereigenschaft gerade nicht auf eine Gewinnerzielungsabsicht oder auf den Umfang des verwalteten Vermögens ankommt, sondern auf den Umfang, die Komplexität und die Anzahl der damit verbundenen Vorgänge und Geschäfte, stellt sich der Betrieb einer Fotovoltaikanlage auf dem Dach des selbstgenutzten Familienheims als private Vermögensverwaltung dar, da dieser in der Regel mit sehr wenig Aufwand verbunden ist. Vor allem wenn man den Betrieb einer einzigen Fotovoltaikanlage mit dem Aufwand für die Vermietung mehrerer Wohnungen vergleicht, welche nach der Rechtsprechung private Vermögensverwaltung darstellen kann (vgl. BGH
Unbeachtlich ist insofern auch, dass der Ehemann nicht Eigentümer des Grundstücks ist. Denn der Verwaltungsaufwand ist für ihn dadurch nicht – jedenfalls nicht deutlich – höher, als wenn er selbst Grundstückseigentümer wäre.
Sofern es sich mithin um eine (einzige) gewöhnliche Fotovoltaikanlage handelt, die nicht Teil eines aus mehreren Anlagen bestehenden Betriebs ist, stellt der Betrieb keine gewerbliche oder selbständige berufliche Tätigkeit i. S. d.
b) In Ausübung der gewerblichen oder selbständigen beruflichen Tätigkeit
Sofern man eine gewerbliche oder selbstständige berufliche Tätigkeit bejaht, müsste der Ehemann den Verkauf „in Ausübung“ der gewerblichen oder selbstständigen beruflichen Tätigkeit vornehmen. Ein Handeln „in Ausübung“ der gewerblichen oder selbstständigen beruflichen Tätigkeit setzt voraus, dass es gerade in einem hinreichend engen, tätigkeitsspezifischen Zusammenhang mit eben dieser erfolgt (BGH
Da der Ehemann nicht Eigentümer des Grundstücks ist, sondern nur die Fotovoltaikanlage verkaufen würde, würde er „in Ausübung“ seiner gewerblichen Tätigkeit handeln, da auch die Veräußerung des Betriebs darunter fällt (Staudinger/Fritzsche, § 14 Rn. 63; MünchKommBGB/Micklitz, 9. Aufl. 2021, § 14 Rn. 18).
Würde man also entgegen der hier vertretenen Auffassung das Vorliegen einer gewerblichen oder selbständigen beruflichen Tätigkeit bejahen, so wäre die Unternehmereigenschaft des Ehemannes zu bejahen.
2. Unternehmer-/ Verbrauchereigenschaft des Käufers
Ferner ist die Unternehmer- bzw. Verbrauchereigenschaft des Käufers zu prüfen.
Sofern der Betrieb der Fotovoltaikanlage tatsächlich einen planmäßigen Geschäftsbetrieb erfordert, würde der Käufer – nur auf die Fotovoltaikanlage bezogen – in Ausübung einer gewerblichen Tätigkeit handeln, da ein Unternehmerhandeln bereits dann vorliegt, wenn das Geschäft im Zuge der Aufnahme einer gewerblichen oder selbstständigen beruflichen Tätigkeit (sog. Existenzgründung) abgeschlossen wird (BGH
Zu beachten wäre jedoch, dass der Käufer hier jedenfalls das Grundstück künftig privat nutzen möchte. Gem.
In der Gesetzesbegründung zu
„Im Hinblick auf den Erwägungsgrund 17 der Verbraucherrechterichtlinie wird ausdrücklich klargestellt, dass es bei Verträgen, die sowohl zu gewerblichen als auch zu nichtgewerblichen Zwecken geschlossen werden (sogenannte Dual-use-Verträge), auf den überwiegenden Zweck ankommt. Schließt eine natürliche Person einen Vertrag nicht überwiegend zu gewerblichen oder selbständigen beruflichen Zwecken, handelt sie mithin als Verbraucher.“
Gem. Erwägungsgrund 17 S. 2 der (Verbraucher-)Richtlinie 2011/83/EU soll, wenn der Vertrag teilweise für gewerbliche und teilweise für nichtgewerbliche Zwecke abgeschlossen wird (Verträge mit doppeltem Zweck) und der gewerbliche Zweck im Gesamtzusammenhang des Vertrags nicht überwiegt, die Person als Verbraucher betrachtet werden.
Sofern also ein Rechtsgeschäft für eine Person sowohl gewerblichen als auch privaten Charakter hat (sog. „dual-use-Fälle“), liegt ein Verbraucherhandeln vor, wenn das Handeln der natürlichen Person Zwecken dient, die nicht überwiegend der gewerblichen oder selbstständigen beruflichen Tätigkeit der Person zugerechnet werden können. Selbst wenn eine Handlung zu gleichen Teilen privaten wie auch gewerblichen Charakter aufweist, liegt noch ein Verbraucherhandeln vor, weil in diesem Fall der gewerbliche Zweck nicht überwiegt (BeckOGK-BGB/Alexander, § 13 Rn. 323; Krauß, Teil 1 Rn. 231).
Fraglich ist allerdings, ob hier nur „ein Rechtsgeschäft“ im Sinne der dual-use-Fälle vorliegt.
Der Begriff des „Rechtsgeschäfts“ i. S. d.
Nach diesem Begriffsverständnis wird der Käufer hier jedoch nicht nur einen, sondern zwei Kaufverträge, also zwei Rechtsgeschäfte i. S. d.
Wenn also der Betrieb der Fotovoltaikanlage tatsächlich einen planmäßigen Geschäftsbetrieb erfordert, wäre der Käufer hinsichtlich der Fotovoltaikanlage als Unternehmer i. S. d.
3. Verbrauchsgüterkauf,
Verbrauchsgüterkäufe sind Verträge, durch die ein Verbraucher von einem Unternehmer eine Ware kauft,
Sog. Aufdach-Fotovoltaikanlagen, die auf dem Dach eines Wohngebäudes montiert werden, stellen – unabhängig von ihrer Zubehöreigenschaft – jedenfalls bewegliche Sachen dar (vgl. OLG Nürnberg
Ein Verbrauchsgüterkauf würde hier jedoch schon deshalb nicht vorliegen, weil der Käufer ebenfalls als Unternehmer einzustufen wäre, wenn der Ehemann als Unternehmer verkauft (sog. b2b-Geschäft). Vorzugswürdiger erscheint es hingegen, aus den in Ziff. 1 lit. a) genannten Gründen sowohl den Ehemann als auch den Käufer als Verbraucher zu betrachten (sog. c2c-Geschäft).
4.
Gem.
An sich unterliegt der Verkauf der Fotovoltaikanlage nicht der Beurkundungspflicht des
Sofern keine wechselseitige Abhängigkeit im vorgenannten Sinne besteht, kommt es darauf an, dass nach dem Willen der Parteien das Grundstücksgeschäft von dem anderen Geschäft abhängt, also mit diesem stehen und fallen soll. Sofern nur das an sich nicht beurkundungsbedürftige Geschäft von dem Grundstücksgeschäft abhängig ist, erstreckt sich die Beurkundungsbedürftigkeit nicht auf das andere Geschäft (BGH
Ein Verbrauchervertrag gem.
5. Ergebnis
Im Ergebnis ist festzuhalten, dass der Betrieb einer Fotovoltaikanlage in einem für einen Privathaushalt üblichen Ausmaß auf dem selbstgenutzten Wohnhaus nicht dazu führt, dass der Ehemann bei Abschluss des Kaufvertrages als Unternehmer i. S. d.
196893
Erscheinungsdatum:11.08.2023
RechtsbezugNational
Rechtsgebiete:
AGB, Verbraucherschutz
Kaufvertrag
Beurkundungsverfahren
BGB § 13; BGB § 474; BeurkG § 17